26.10.2015 · IWW-Abrufnummer 145620
Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 06.05.2015 – 1 K 3408/13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg
Urt. v. 06.05.2015
Az.: 1 K 3408/13
In dem Finanzrechtsstreit
XXX
gegen
XXX
wegen Einkommensteuer 2004-2006
hat der 1. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. Mai 2015 durch
Vorsitzende Richterin am Finanzgericht
Richter am Finanzgericht
Ehrenamtliche Richter
für Recht erkannt:
Tenor:
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger Aufwendungen für das Halten von Pferden im Rahmen seiner Tätigkeit als selbständiger Versicherungsvertreter als Betriebsausgaben geltend machen kann.
Der verheiratete Kläger betreibt seit dem 1. Dezember 1986 ein -- auf die Versicherung von Pferden spezialisiertes-- Versicherungsbüro und erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Gewinn wird durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Seine Ehefrau ist als Arbeitnehmerin bei ihm beschäftigt, seine Tochter ist freie Mitarbeiterin.
Der Kläger machte in seinen Gewinnermittlungen Aufwendungen für das Halten von zwei Pferden (Boxenmiete, Tierarzt, Hufschmied, Absetzung für Abnutzung und Abschreibung des Restbuchwerts) Betriebsausgaben in Höhe von 7.440,35 € (2004), von 12.778,12 € (2005) und von 11.653,37 € (2006) geltend.
Der Kläger besitzt nach seinen Angaben in der Regel bis zu fünf Pferde, wobei der Betriebsausgabenabzug für zwei erwachsene Pferde (Turnierpferde), nicht aber für die Fohlen in Aufzucht begehrt wird. Er behält die Pferde (mit Ausnahme der Zuchtstuten) höchstens fünf Jahre. Die Pferde werden unter der Woche von seiner Tochter und seinem Schwager geritten. Seine Tochter besitzt selbst keine Pferde. Sein Schwager war früher professioneller Turnierreiter.
Die Pferde nehmen regelmäßig an Turnieren (im Springen) teil, die dort von seiner Tochter oder seinem Schwager geritten werden. Die Aufwendungen für die Teilnahme an den Turnieren (Fahrtkosten, Teilnahmegebühren) werden nicht geltend gemacht. Auf der anderen Seite erklärt der Kläger keine Preisgelder. Er gibt insoweit an, das Preisgeld stünde dem jeweiligen Reiter (also seiner Tochter oder seinem Schwager) zu; die Teilnahmegebühren würden die erzielbaren Preisgelder bei Weitem übersteigen. Er selbst reite altersbedingt keine Turniere mehr.
Der Beklagte (das Finanzamt -- FA-- ) erkannte die Aufwendungen für die Pferde in den Einkommensteuerbescheiden 2004 bis 2006 nicht als Betriebsausgaben an. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 19. September 2013 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der dagegen am 10. Oktober 2013 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er meint, die Pferde dienten seinem Betrieb, damit er weiterhin Pferdeversicherungen abschließen könne. Auf den Turnieren würden viele Vertragsabschlüsse angebahnt. Er sei durch die Teilnahme an den Turnieren glaubwürdig. Er könnte keine Verträge abschließen, wenn er nicht eigene Pferde auf den Turnieren hätte. Seit dem Jahr 2004 habe er seine Umsätze erheblich steigern können.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 14. Juli 2010, den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 14. Juli 2010 und den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 27. August 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. September 2013 dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb weitere Betriebsausgaben in Höhe von 7.440,35 € (2004), von 12.778,12 € (2005) und von 11.653,37 € (2006) anerkannt werden.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verweist das FA auf das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Es handele sich um gemischte Aufwendungen, die insgesamt nicht abziehbar seien, weil es keinen objektiven Aufteilungsmaßstab für die private und berufliche Veranlassung gebe.
In der Sache hat am 9. April 2015 ein Erörterungstermin stattgefunden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. September 2013 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO-- ). Die Aufwendungen für die Pferde sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar.
1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG dürfen Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen den Gewinn nicht mindern. Die Regelung betrifft nach dem Einleitungssatz des § 4 Abs. 5 EStG Betriebsausgaben, also Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG).
Das Abzugsverbot gilt gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.
Weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte dürfen nach § 4 Abs. 5 Satz 3 EStG i.V.m. § 12 Nr. 1 EStG die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge abgezogen werden. Dazu gehören auch die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG).
Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG wurde geschaffen, weil der Gesetzgeber die genannten Ausgaben "ihrer Art nach als überflüssige und unangemessene Repräsentation" ansah und "im Interesse der Steuergerechtigkeit und des sozialen Friedens" den Aufwand "nicht länger durch den Abzug ... vom steuerpflichtigen Gewinn auf die Allgemeinheit abgewälzt" wissen wollte (Begründung zum Regierungsentwurf des Steueränderungsgesetzes 1960, BT-Drucks III/1811, S. 8, zum damaligen § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 -- heute Nr. 4-- EStG). Ungeachtet ihrer betrieblichen Veranlassung dürfen die Ausgaben danach bei der Ermittlung des Gewinns nicht abgezogen werden. Eines konkret feststellbaren Zusammenhangs mit der Lebensführung des Steuerpflichtigen bedarf es dafür nicht. Vielmehr stellt das Gesetz auf den Zusammenhang der Aufwendungen mit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung der Geschäftsfreunde des Steuerpflichtigen ab und unterstellt diesen typisiert bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH-- vom 2. August 2012 IV R 25/09, BFHE 238, 132, BStBl II 2012, 824 [BFH 02.08.2012 - IV R 25/09]).
"Ähnliche Zwecke" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG sind Kosten, die -- wie die genannten Beispiele-- einer überdurchschnittlichen Repräsentation oder sportlichen Unterhaltung dienen. Dazu gehören insbesondere das Halten von Reitpferden und Reit- oder Rennställen (vgl. zur Einkommensteuer: BFH-Beschluss vom 11. August 1994 I B 235/93, BFH/NV 1995, 205; Finanzgericht -- FG-- Hamburg, Urteil vom 13. Dezember 1991 I 203/88, Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG-- 1992, 657; FG Köln, Urteil vom 27. September 1993 13 K 2148-2150/92, EFG 1994, 265 [FG Köln 27.09.1993 - 13 K 2148/92]; zur Umsatzsteuer unter Verweis auf die Einkommensteuer: BFH-Urteil vom 2. Juli 2008 XI R 66/06, BFHE 222, 123, BStBl II 2009, 206 [BFH 02.07.2008 - XI R 66/06]; FG Düsseldorf, Urteil vom 26. Februar 2003 5 K 201/95 U, n.v., [...]).
2. Im Streitfall kann dahinstehen, ob die Pferde (gewillkürtes) Betriebsvermögen sein können. Es greift jedenfalls das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG, weil der Kläger Pferde besitzt und er damit Aufwendungen für "ähnliche Zwecke" trägt. Bei diesen Aufwendungen ist eine untrennbare private Mitveranlassung aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung regelmäßig typisierend anzunehmen oder sogar zu vermuten, mag auch die betriebliche Veranlassung im Einzelfall stärker ausgeprägt sein. Es gibt jedenfalls keine Rechtsnorm und keinen allgemein anerkannten Erfahrungssatz dahingehend, dass man nur mit eigenen Pferden Versicherungen für Pferde vermitteln kann. Eines konkret feststellbaren Zusammenhangs mit der Lebensführung des Klägers bedarf es zwar nicht, dieser ist beim Kläger jedoch offenkundig, da er früher selbst geritten ist und sich auf Versicherungen für Pferde spezialisiert hat.
Darüber hinaus macht der Kläger letztlich Aufwendungen für das Hobby von Familienmitgliedern (Tochter und Schwager) steuerlich geltend. Der Senat folgt nicht der Einschätzung des Klägers, eine private (Mit-)Veranlassung scheide deshalb aus, weil die Pferde ausschließlich turniermäßig und nicht auf Ausritten oder Spaßveranstaltungen geritten würden. Denn keiner der Reiter hat das Reiten zum -- mit Gewinn- oder Überschusserzielungsabsicht ausgeübten-- Beruf gemacht. Ein Zusammenhang mit der privaten Lebensführung des Klägers und seiner Angehörigen lässt sich mithin nicht ausschließen.
Der vorliegende Fall zeigt im Übrigen, dass es beim Halten der Pferde keinen objektiven Aufteilungsmaßstab für die private und berufliche Veranlassung gibt. So erschließt sich nicht, warum die Aufwendungen für zwei Turnierpferde geltend gemacht werden und nicht lediglich ein Pferd für die Glaubwürdigkeit des Klägers genügt hätte. Außerdem ist nicht nachvollziehbar, warum die Aufwendungen erst dann Betriebsausgaben sein sollen, wenn das Pferd auf Turnieren eingesetzt wird, und die Kosten für die Aufzucht als privat veranlasst angesehen werden. Es ist überdies unschlüssig, dass der Kläger die Aufwendungen für die Turniere (Fahrtkosten, Teilnahmegebühren) nicht übernimmt, obwohl nach seinem Vortrag gerade die Teilnahme der Pferde an den Turnieren zur Geschäftsanbahnung erforderlich ist.
Die Pferde sind auch nicht gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Klägers. Der Kläger ist selbständiger Versicherungsvertreter. Er betreibt keinen Rennstall oder Gestüt, mit dem er entsprechende Einkünfte erzielt. Der Streitfall ist auch nicht mit dem vom Kläger angeführten Beispiel eines zu einem Hotel gehörenden Tennisplatzes vergleichbar (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 34. Auflage 2015, § 4 Rn. 567), da die Pferde nicht potentiellen Versicherungsnehmern (Kunden des Klägers) zur Verfügung stehen, sondern ausschließlich von Familienmitgliedern geritten werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.