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07.10.2015 · IWW-Abrufnummer 145520

Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 14.05.2014 – 2 K 1454/13

Für die Entnahme von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens bedarf es einer ausdrücklichen oder schlüssigen Entnahmehandlung oder eines Rechtsvorgangs.


Finanzgericht Rheinland-Pfalz

Urt. v. 14.05.2014

Az.: 2 K 1454/13

In dem Finanzrechtsstreit
XXX
gegen
XXX
wegen Einkommensteuer 2008 und 2009
hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 2. Senat - am 14. Mai 2014 durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht Burkhart,
den Richter am Finanzgericht Weirich,
die Richterin am Finanzgericht Scharte,
die ehrenamtlicher Richter Verwaltungsangestellter Cato und
den ehrenamtliche Richterin Dipl. Kauffrau Vollmer-Uhl
für Recht erkannt:
Tenor:

I.

Die Klage wird abgewiesen.
II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob und - falls ja - in welcher Höhe ein Entnahmegewinn im Zusammenhang mit einer Grundstücksübertragung entstanden ist.

Der Kläger ist der Alleinerbe seiner in 2010 verstorbenen Ehefrau. Diese hatte bis zu ihrem Tod aus der Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen und auch einer noch in geringem Umfang betriebenen Eigenbewirtschaftung (Traubengeld) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Stückländerei) erzielt, die sie nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte.

Die Ehefrau des Klägers war bereits seit Anfang der 60iger Jahre Alleineigentümerin der in der Gemarkung N liegenden Ackerflächen mit den Flurstücksnummern ...9 und ...9/2 gewesen. Nach deren Einbringung in ein in 1972 durchgeführtes Umlegungsverfahren gingen hieraus ausweislich des Grundbuches von N, Bl. 333 (Bl. 22 ff. Vertragsakten) die Flächen ...9/4 (Ackerland) sowie ...0/1 (Bauplatz) und ...0/2 (ebenfalls Bauplatz) hervor. Die Ackerfläche ...9/4 wurde in 1984 aufgeteilt in die Freifläche F-Straße, Fl.St.Nr. ...9/5 (Streifen von 120 qm) und in den Weingarten S über 1895 qm, Fl.St.Nr. ...9/6.

Mit notariellem Vertrag vom 3. Januar 1984 hatte Frau G (die Ehefrau) die Grundstücke mit den Flurstücksnrn. ...2/4 (Ackerland, später Bauplatz von 556 qm) sowie ...0/3 (Weingarten M zu 1.023 qm) im Wege des Tausches gegen den o.g. Bauplatz mit der Flurstücksnr. ...0/1 sowie den o.g. 120 qm großen Streifen Ackerlandes erworben. Gemäß III. der notariellen Urkunde waren die Beteiligten des Grundstückstausches von einem Wert der Tauschobjekte in Höhe von jeweils 50.000,00 DM ausgegangen.

Stille Reserven waren in diesem Zusammenhang nicht aufgedeckt worden.

Der Kläger und seine Ehefrau waren nach mehreren sog. Nullfestsetzungen auf ihren Antrag hin ab dem Veranlagungszeitraum 1999 nicht mehr zur Einkommensteuer veranlagt worden. Zur Überprüfung des Flächenbestandes, d.h. der Zu- bzw. Abgänge der zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücke, bat das Finanzamt jedoch in 2002 um die Übermittlung eines aktuellen Flächenverzeichnisses. Da die in dem daraufhin von dem Kläger und seiner Ehefrau am 27. Januar 2003 (Eingang beim Finanzamt) eingereichten Auszug aus dem Liegenschaftskataster vorhandenen Flächen von den zuletzt mit der Einkommensteuererklärung 1998 angegebenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen abwichen und zudem das Grundstück mit der Flurstücksnr. ...2/4 auf dem Katasterauszug handschriftlich als "Privatvermögen" bezeichnet worden war, bat das Finanzamt mit Schreiben vom 28. Januar 2003 um die Erläuterung aller Flächenveränderungen sowie um den "genauen Zeitpunkt der Entnahme der Flurnr. ...2/4".

Der Kläger und seine Ehefrau hatten hierauf wissen lassen, dass nichts verkauft worden sei. Wenn in der Erklärung für 1998 Mehrflächen angegeben gewesen seien, müsse es sich um einen Fehler oder um eine Zupachtung gehandelt haben. Außerdem habe es auf Grund einer Flurbereinigung Änderungen gegeben (Bl. 62 Vertragsakten).

Mit notariell beurkundetem Übergabevertrag vom 4. August 2008 hatte Frau G die Grundstücke mit dem Flurstücksnrn. ...9/6 (Weinberg zu 1.895 qm) sowie ...2/4 (ursprünglich Ackerland, später Bauplatz zu 556 qm) unentgeltlich auf den Sohn M übertragen.

In seiner auf eine in 2010 erfolgte Anforderung des Finanzamtes "wegen Entnahme von Grund und Boden aus dem Betriebsvermögen mit Urkunde vom 4. August 2008" in 2011 abgegebenen Einkommensteuererklärung 2008 hatte der Kläger die Grundstücksübertragung auf den Sohn unberücksichtigt gelassen. Er meinte, die Fläche ...2/4 sei nie selbst bewirtschaftet worden und somit von Anfang an Privatvermögen gewesen. Lediglich die Übertragung des Grundstücks ...9/6 habe eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen bewirkt. Allerdings liege insoweit der Bodenrichtwert unter dem Buchwert gem. § 55 EStG, so dass sich kein Entnahmegewinn ergebe.

Das Finanzamt vermochte sich dem nur teilweise anzuschließen. Es vertrat die Auffassung, dass der Bauplatz ...2/4 nicht zum Privatvermögen, da im Austausch gegen zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörende Grundstücke erworben worden sei. Die Übertragung auf den Sohn stelle daher eine Entnahme dar, die auf einen Wert von 106.057,00 € zu beziffern sei (556 qm x 195,00 € pro Quadratmeter abzgl. eines nach § 55 EStG ermittelten Buchwertes von 2.363,00 €, vgl. die Berechnungen Bl. 49 ESt-Akten 2008). Dagegen ließ es die gleichzeitig erfolgte Übertragung des Weinberges auf den Sohn erklärungsgemäß unberücksichtigt, da sich hieraus ein gem. § 55 Abs. 6 EStG nicht abzugsfähiger Entnahmeverlust ergab.

Dementsprechend erhöhte es mit Einkommensteuerbescheiden 2008 und 2009, jeweils vom 19. März 2012, die erklärten Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft nach § 4 a Abs. 2 Nr. 1 EStG um je die Hälfte des o.g. Entnahmegewinnes.

Mit hiergegen fristgerecht eingelegtem Einspruch wendete der Kläger ein, das Grundstück ...2/4 sei von Anfang an notwendiges Privatvermögen gewesen. Es sei zu keinem Zeitpunkt dazu vorgesehen gewesen, dem Betrieb zu dienen, und sei auch tatsächlich niemals betrieblich genutzt worden. Der Fall liege anders als bei einem Flurbereinigungsverfahren. Das Grundstück sei auch von Anfang an weder als Acker noch als Weinberg zu nutzen gewesen. Die im Rahmen des Tausches erfolgte Veräußerung von Grund und Boden hätte in 1984 überprüft werden müssen. Beim Tausch erfolge die Gewinnrealisierung im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Vertragserfüllung. Insoweit sei inzwischen jedoch wohl Verjährung eingetreten.

Nach entsprechendem Verböserungshinweis erließ das Finanzamt unter dem 14. März 2013 eine Einspruchsentscheidung, mit der es die Einkommensteuer für die Streitjahre höher als bis dahin geschehen, nämlich unter Berücksichtigung niedrigerer Anschaffungskosten für das eingetauschte und später auf den Sohn übertragene Grundstück ...2/4, ansetzte.

Zur Begründung führte es aus, ein Vermögensgegenstand, den ein Landwirt statt Geld als Entgelt für eine betriebliche Leistung erhalte, gelange auch dann mit der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums in sein Betriebsvermögen, wenn eine betriebliche Verwendung weder vorgesehen noch möglich sei. Auch die buchmäßige Behandlung des eingetauschten Wirtschaftsgutes sei insoweit unbeachtlich. Eine ausdrückliche Zuordnung zum Betriebsvermögen in Form einer eindeutigen und unmissverständlichen Willkürung sei ebenfalls nicht erforderlich. Folglich führe der Grundstückstausch auch nicht zu einer Zwangsentnahme des hingegebenen Grundstückes.

Die in 1984 eingetauschten Grundstücke hätten zum Betriebsvermögen der Ehefrau des Klägers gehört. Somit seien die eingetauschten Grundstücke zwangsläufig notwendiges Betriebsvermögen geworden. Dies seien sie auch bis zur Übertragung auf den Sohn geblieben. Eine zwischenzeitliche Entnahme habe nicht stattgefunden. Hierfür fehlten jegliche Anhaltspunkte, insbesondere sei ein Entnahmegewinn weder erklärt noch gar versteuert worden.

Seien im Rahmen des Tausches keine stillen Reserven aufgedeckt worden, so sei der fortentwickelte Buchwert des weggetauschten Grundstückes als Bemessungsgrundlage für die Anschaffungskosten des eingetauschten Grundstückes maßgebend. Insofern sei das BFH-Urteil vom 14. Dezember 1999, BStBl II 2000, 656 [BFH 14.12.1999 - IX R 62/96] analog anzuwenden.

(Wegen der rechnerischen Ermittlung des Entnahmegewinnes, insbesondere des Ansatzes des abzusetzenden Buchwertes, wird auf Bl. 39 Rb-Akten verwiesen.)

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Der Kläger trägt vor, das Grundstück ...9/6 habe bis zur Übertragung auf den Sohn unstrittig zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen von Frau G gehört. Hinsichtlich der im Wege des Tausches hingegebenen Grundstücke bedürfe es dagegen erst noch der Ermittlung, ob es sich insoweit überhaupt um Betriebsvermögen gehandelt habe. Im Übrigen habe betreffend das Grundstück ...2/4 bereits bei Abschluss des Tauschvertrages ein Entnahmewille bestanden, da die Fläche im Hinblick auf eine private Nutzung als Bauplatz und ohne die Absicht einer landwirtschaftlichen Nutzung erworben worden sei. Sie habe bis 2004 brach gelegen und sei danach bis zur Übertragung auf den Sohn von Dritten unentgeltlich als Pferdekoppel genutzt worden. Hieraus könne zwar noch keine Entnahmehandlung abgeleitet werden, diese ergebe sich jedoch aus der Bezeichnung als Privatvermögen in der o.g. Grundstücksaufstellung. Auch das Finanzamt habe dies als Entnahme erkannt, wie sich aus dessen Schreiben vom 28. Januar 2003 ergebe. Für eine Entnahmehandlung reiche ein schlüssiges Verhalten des Steuerpflichtigen, durch das die Verknüpfung des Wirtschaftsgutes mit dem Betriebsvermögen gelöst werde. Die Zuordnung eines Grundstückes zum Privatvermögen, wie das hier mit der Bezeichnung der Fläche ...2/4 als Privatvermögen geschehen sei, stelle eine unmissverständliche Entnahmehandlung dar. Der Wille oder auch nur das Bewusstsein einer Gewinnverwirklichung aus der Entnahme sei dagegen nicht notwendig. Es könne dem Kläger nicht angelastet werden, dass das beklagte Finanzamt die rechtlichen Folgen aus der im Januar 2003 erfolgten Entnahmehandlung nicht gezogen habe.

Im Übrigen seien die Anschaffungskosten für das Grundstück ...2/4 vom Finanzamt falsch ermittelt worden. Das vom Beklagten in diesem Zusammenhang zitierte BFH-Urteil sowie weitere ähnliche Entscheidungen beträfen lediglich Sachverhalte, bei denen ein Grundstück zwischen Betriebs- und Privatvermögen wechsele. Hier liege der Fall jedoch anders. Bei einem Tausch bestimmten sich die Anschaffungskosten nach dem gemeinen Wert der hingegebenen Wirtschaftsgüter. Diese lägen gem. III. des Tauschvertrages bei insgesamt 50.000,00 DM. Die Anschaffungskosten für das Grundstück ...2/4 seien hieraus herauszurechnen. Sie betrügen schätzungsweise 39.770,00 DM bzw. 20.334,00 € (vgl. die hierzu angestellten Berechnungen des Klägers auf Seite 4 seines Schriftsatzes vom 14. Juli 2013, Bl. 59 PA).

Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

die Einkommensteuerbescheide 2008 und 2009, jeweils vom 19. März 2012 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. März 2013, dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft wie erklärt zum Ansatz kommen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er nimmt Bezug auf seine Einspruchsentscheidung und bemerkt ergänzend, die Flächen, die für das Grundstück ...2/4 hingegeben worden seien, resultierten letztendlich aus Ackerflächen mit den Flurnrn. ...9 und ...9/2, die ihrerseits Betriebsvermögen der Ehefrau des Klägers gewesen seien. Dies sei auch in der Vergangenheit von dem Kläger selbst bestätigt worden, indem dieser die Betriebsvermögenseigenschaft der Flurnr. ...9/6, die ebenfalls aus den Grundstücken ...9 sowie ...9/2 hervorgegangen sei, eingeräumt habe. Entgegen der Darstellung des Klägers sei eine Entnahme bis zur Übertragung auf den Sohn weder konkret nachvollziehbar noch widerspruchsfrei dargelegt worden. Ausgehend von dem eigenen klägerischen Vortrag, dass das streitbefangene Grundstück ...2/4 von Anfang an dem Privatvermögen zuzuordnen gewesen sei, könne in der Folgezeit kein Entnahmebewusstsein, mithin kein Entnahmewille vorhanden gewesen sein. Auch dem von dem Kläger ins Feld geführten Vermerk "Privatvermögen" auf dem Auszug aus dem Liegenschaftskataster könne keine wirksame Entnahmehandlung entnommen werden. Voraussetzung einer Entnahme sei ein konkreter Willensentschluss zur Überführung des entsprechenden Wirtschaftsgutes in das Privatvermögen mit Aufdeckung der stillen Reserven. Die bloße erfolgsneutrale Ausbuchung in einer Bilanz stelle ebenso wenig eine wirksame Entnahmeerklärung dar wie eine steuerfreie Ausbuchung. Gleiches gelte, wenn der Steuerpflichtige hinsichtlich der Zuordnung eines Grundstückes zum Privatvermögen eine fehlerhafte Rechtsansicht vertrete oder Einnahmen aus der Überlassung eines betriebliches Grundstückes als solche aus Vermietung und Verpachtung erkläre. Zusammenfassend sei eine ausdrückliche, unmissverständliche und von dem Bewusstsein der Aufdeckung der stillen Reserven getragene Entnahmeerklärung gegenüber der zuständigen Veranlagungsstelle erforderlich. Eine solche sei hier nicht erkennbar. Auch eine eindeutige Entnahmehandlung oder ein anderes schlüssiges Verhalten, von dem unmissverständlich auf eine Entnahme geschlossen werden könne, liege nicht vor. Die Einordnung als "Privatvermögen" auf dem Ausdruck aus dem Liegenschaftskataster dokumentiere lediglich die damalige Rechtsauffassung hinsichtlich der Zuordnung dieses Grundstückes. Dieser Angabe könne nicht einmal ansatzweise entnommen werden, aus welchen Gründen, wann und mit welchem Wert das strittige Grundstück aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt worden sein sollte. Dementsprechend habe das Finanzamt nach dem Zeitpunkt der "Entnahme" gefragt. In der Verwendung dieses Begriffes liege keinesfalls die Anerkennung einer Entnahme im Januar 2003.

Die Anschaffungskosten des in 1984 eingetauschten stritten Grundstückes seien mit dem Buchwert anzusetzen, der für die weggetauschten Grundstücke zu verzeichnen gewesen sei. Nach den z.Zt. des streitbefangenen Tausches geltenden ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen zum Grundstückstausch seien die im Rahmen des Tausches an sich aufzudeckenden stillen Reserven auf das im Tauschwege erworbene Grundstück übertragen worden, wenn das veräußerte Grundstück mindestens 6 Jahre zum Anlagevermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gehört habe. Dadurch habe sich im Ergebnis eine betragsmäßig unveränderte Fortführung des zuvor für das hingegebene Grundstück bestehenden Buchwertes ergeben.

Im Übrigen habe der landwirtschaftliche Sachverständige des Beklagten die gemeinen Werte der streitinvolvierten Flächen zum Stichtag 3. Januar 1984 sowie den Buchwert für das Grundstück Nr. ...9/6 ermittelt. Unter Zugrundelegung der Feststellungen des Sachverständigen ergebe sich ein geringfügig höherer Buchwert für die auf den Sohn übertragenen Flächen. Die Differenz führe jedoch nicht zu einer Änderung der streitbefangenen Einkommensteuerfestsetzungen.

(Wegen der durch den landwirtschaftlichen Sachverständigen des Beklagten angestellten Wertermittlungen wird auf dessen Gutachten vom 2. September 2013, Bl. 79 ff. PA, Bezug genommen.)

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet (Bl. 51 und 60 PA).
Entscheidungsgründe

Die Klage, über die der Senat nach § 90 Abs. 2 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist unbegründet. Das Finanzamt hat die mit notariellem Vertrag vom 04. August 2008 erfolgte Übertragung von Grundstücken zu Recht als Entnahme aus dem Betriebsvermögen der verstorbenen Ehefrau des Klägers angesehen und den sich hieraus ergebenden Gewinn auch in zutreffender Höhe erfasst.

Der als solcher genutzte (verpachtete) Weingarten "S", Flurstücksnummer ...9/6, zu 1.895 qm war nach Abtrennung des o.g. Streifens von 120 qm aus dem Ackerland Flurstücksnr. ...9/4 (2.015 qm) entstanden, das wiederum (zusammen mit den o.g. weiteren Flächen) als Surrogat aus einem Anfang der 70er Jahre durchgeführten Umlegungsverfahren hervorging, in das die Ehefrau des Klägers die ihr laut Grundbuch seit den 60er Jahren zu Alleineigentum gehörenden Äcker mit den Flurstücksnrn. ...9 und ...9/2 eingebracht hatte. Die sich hieraus zwanglos ergebende Einordnung als Betriebsvermögen/Anlagevermögen der Ehefrau des Klägers bis zur Übertragung auf den Sohn wird auch von dem Kläger geteilt.

Der Bauplatz Flurstücksnr. ...2/4 wurde mit dem in 1984 stattgefundenen Tausch notwendiges Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der Ehefrau und verlor diese Eigenschaft ebenfalls erst mit der Übertragung auf den Sohn.

Zum Betriebsvermögen rechnen in Orientierung an der in § 4 Abs. 4 EStG für die Betriebsausgaben gefundenen Definition alle Wirtschaftsgüter, die betrieblich veranlasst angeschafft (oder hergestellt oder eingelegt) werden. Dabei ist es unerheblich, ob die Anschaffung im Wege eines Kaufes oder eines Tausches erfolgt. Der Tausch von Wirtschaftsgütern wurde seit jeher (also auch schon vor Geltung des § 6 Abs. 6 EStG, der lediglich die Anschaffungskosten für ein im Tauschwege erworbenes Wirtschaftsgut beschreibt) wie die Veräußerung gegen Geld bei Vorhandensein stiller Reserven als gewinnverwirklichender Tatbestand erkannt (vgl. bereits BFH, Urteil vom 14. Dezember 1982, VIII R 53/81, BStBl. II 1983, 303).

Eine betriebliche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver wirtschaftlicher und/oder tatsächlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Ein betrieblicher Veranlassungszusammenhang ist nicht nur dann zu verzeichnen, wenn das erworbene Wirtschaftsgut für betriebliche Zweck eingesetzt oder eine Nutzung für betriebliche Zwecke für die Zukunft vorgesehen ist. Der Veranlassungszusammenhang kann sich vielmehr auch bereits aus dem Anschaffungsvorgang selbst ergeben, beispielsweise wenn ein Steuerpflichtiger für eine betriebliche Leistung einen Gegenstand statt Geld erhält. Dann fällt das erworbene Wirtschaftsgut, quasi als Surrogat, selbst in dem Fall in das Betriebsvermögen, dass eine Verwendung im Betrieb nicht vorgesehen oder sogar unmöglich ist (BFH, Urteil vom 09. August 1989, X R 20/86, BStBl. II 1990, 128; BFH, Urteil vom 29. Juni 1995, VIII R 2/94, BStBl. II 1996, 60; BFH, Urteil vom 18. Dezember 1996, XI R 52/95, BStBl. II 1997, 351). Mit anderen Worten: Die Gegenleistung für veräußertes/weggetauschtes Betriebsvermögen ist selbst Betriebsvermögen. Das gilt auch dann, wenn eine entsprechende Bilanzierung oder sonstige Erfassung in den Büchern des Steuerpflichtigen - aus welchen Gründen auch immer - unterblieben ist (BFH, Urteil vom 09. August 1989, X R 20/86, BStBl. II 1990, 128).

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz soll nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. das Urteil vom 11. November 1987, I R 7/84, BStBl. II 1988, 424) dann gerechtfertigt sein, wenn das erworbene Wirtschaftsgut ausschließlich für private Zwecke genutzt werden kann oder wenn es von Anfang an ausschließlich für private Zwecke bestimmt wird, was allerdings anhand objektiver Umstände eindeutig festzustellen sein muss (vgl. auch BFH, Urteil vom 28. Juli 1994, IV R 80/92, BFH/NV 1995, 288).

Im Streitfall hatte Frau G das Grundstück Flurstücksnr. ...2/4 im Tauschwege gegen Hingabe von Wirtschaftsgütern ihres Betriebsvermögens erworben, nämlich von Ackerland Flurstücksnr. ...9/5 (Streifen von 120 qm) sowie des Bauplatzes mit der Flurstücksnr. ...0/1, der seinerseits aus dem Umlegungsverfahren aus dem Jahr 1972 nach Einlegung von Äckern entstanden war, damit als Surrogat deren steuerrechtliches Schicksal teilte und notwendiges Betriebsvermögen geworden war.

Die Fläche ...2/4 fiel daher bei dem Eintausch ihrerseits in das Betriebsvermögen der verstorbenen Ehefrau des Klägers. Dafür, dass sie nicht für betriebliche Zwecke bzw. nur für private Zwecke einsetzbar gewesen wäre oder von vornherein ausschließlich für private Zwecke bestimmt gewesen sein könnte, fehlen jegliche Anhaltspunkte. So wurde das Grundstück im Zeitpunkt seines Erwerbes laut notariellem Tauschvertrag noch als Acker bezeichnet. Selbst wenn es bereits zu diesem Zeitpunkt Baulandeigenschaft gehabt haben sollte, führte das nicht zur Annahme von notwendigem Privatvermögen, denn eine landwirtschaftliche Nutzung war hierdurch nicht ausgeschlossen. Zudem konnte die Fläche - ähnlich Barmitteln oder Bankguthaben - als Liquiditätsreserve des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes dienen (vgl. BFH, Urteil vom 23. September 2009, IV R 14/07, BStBl. II 2010, 227).

Die somit zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücke mit den Flurnrn. ...2/4 und ...9/6 haben ihre Betriebsvermögenseigenschaft auch erst mit der Übertragung auf den Sohn verloren. Eine bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfolgte Überführung in das Privatvermögen ist nicht festzustellen.

Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens können nur durch ausdrückliche oder schlüssige Entnahmehandlung oder durch Rechtsvorgang entnommen werden. Dabei ist zu beachten, dass die Entnahme als tatsächlicher Vorgang nicht rückbezogen oder rückgängig gemacht werden kann.

Eine Entnahme durch Rechtsvorgang liegt vor, wenn ein zum Betriebsvermögen gehörendes Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen nach steuerlichen Grundsätzen nicht mehr zuzurechnen ist.

Eine schlüssige Entnahmehandlung ist dann anzunehmen, wenn sich die Nutzung eines Wirtschaftsgutes des Betriebsvermögens derart ändert, dass es danach unter keinen Umständen mehr Betriebsvermögen sein kann, also die Voraussetzungen als notwendiges Privatvermögen erfüllt.

Liegt weder eine Entnahme durch Rechtsvorgang noch durch schlüssige Handlung im o.g. Sinne vor, bedarf es einer ausdrücklichen, auf die Zuordnung des Wirtschaftsgutes zum Privatvermögen gerichteten Entnahmehandlung des Steuerpflichtigen, die auf einer Willensentscheidung beruht und nach außen hin in objektiv nachprüfbarer Weise in Erscheinung getreten, d.h. gerade als Entnahmehandlung dokumentiert ist (BFH, Urteil vom 07. März 1985, IV R 98/82, BFH/NV 1985, 29). Wegen der mit einer Entnahme verbundenen steuerlichen Rechtsfolgen (Aufdeckung stiller Reserven), ohne dass - wie z.B. bei einer Veräußerung - Mittel zufließen, mit denen die auf den Entnahmegewinn entfallende Einkommensteuer entrichtet werden könnte, ist es gerade im Interesse des Steuerpflichtigen geboten, dass sich aus seinem Verhalten klar und unmissverständlich der Wille erkennen lässt, dass das Wirtschaftsgut unter Auflösung und Versteuerung der stillen Reserven fortan nicht mehr für betriebliche Zwecke eingesetzt werden soll. Hierfür trägt nach den im Steuerverfahren allgemein geltenden Grundsätzen der Steuerpflichtige, der die Tatsache einer Entnahme für sich in Anspruch nimmt, die Darlegungs- und Beweislast.

Im Streitfall greift keine der drei o.g. Entnahmevarianten ein.

Es ist kein Rechtsvorgang ersichtlich, nach dem die streitbefangenen Flächen nicht mehr dem Betriebsvermögen, sondern einem Privatvermögen zuzurechnen sein könnten. Die fehlende betriebliche Nutzung (Bauplatz) führte zu keinem Rechtsübergang, der eine anderweitige Zurechnung zur Folge hätte.

Auch eine Entnahme durch schlüssige Handlung scheidet aus. Es ist nicht erkennbar, dass das Grundstück ...2/4 unter keinen Umständen mehr hätte betrieblich (ggfs. als Liquiditätsreserve) genutzt werden können.

Im Streitfall mangelt es auch an einer ausdrücklichen und vom Willen der Aufdeckung stiller Reserven getragenen unmissverständlichen Entnahmehandlung. Eine solche lässt sich insbesondere nicht dem von dem Kläger ins Feld geführten Schriftverkehr mit dem Finanzamt aus dem Januar 2003 entnehmen. Insofern mangelt es an der Auseinandersetzung mit der Frage der Aufdeckung stiller Reserven, d.h. an einer unmissverständlichen Erklärung dahin, dass hiermit eine Überführung in das Privatvermögen stattfinden sollte.

Vor dem Hintergrund der von dem Kläger bereits in der Einkommensteuererklärung 2008 und auch noch später im Rechtsbehelfsverfahren geäußerten Auffassung, das Grundstück ...2/4 sei schon im Zeitpunkt des Tausches Privatvermögen der Ehefrau des Klägers geworden, ist die handschriftliche Notiz "Privatvermögen" auf dem von der steuerlichen Beraterin eingereichten Auszug aus dem Liegenschaftskataster, bei der im Übrigen unklar ist, von wem sie stammt, nur so zu verstehen, dass damit kundgetan wird, dass die fragliche Fläche bereits zuvor zum Privatvermögen gehörte. Eine Entnahme durch dieses Schriftstück scheidet aus.

Unter Geltung dieser Rechtsmeinung können zu einem späteren Zeitpunkt gar keine Überlegungen in Richtung der Überführung des Grundstückes vom Betriebsvermögen ins Privatvermögen angestellt worden sein. Erweist sich aber der rechtliche Standpunkt eines Steuerpflichtigen im Nachhinein als unzutreffend, kann das nicht dazu führen, dass tatsächlich nicht stattgefundene Vorgänge - wie z.B. eine Entnahme - nunmehr fingiert werden.

Die deshalb dem Grunde nach gerechtfertigte Entnahmebesteuerung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

Bei der Entnahme eines Gegenstandes aus dem Betriebsvermögen realisiert sich ein steuerlicher Gewinn i.H. der Differenz zwischen dem (hier unstreitigen) Teilwert des entnommenen Wirtschaftsgutes (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG), der vorliegend 108.225,00 € beträgt, und dessen Buchwert. Der Buchwert ist entweder der tatsächlich in einer Bilanz angesetzte (und damit i.d.R. tatsächlich der Besteuerung unterworfene) Wert oder, falls - wie beim § 4 Abs. 3-Rechner - keine Bilanz erstellt wird, ein fiktiver Buchwert. Letzterer ist i.H. der fortgeführten Anschaffungskosten des entnommenen Wirtschaftsgutes anzusetzen (vgl. Werndl in Kirchhof/Söhn, EStG, § 6 Rdnr. E 37), d.h. i.H. der für die Überführung in das Vermögen des Steuerpflichtigen erfolgten Aufwendungen abzüglich der AfA (bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern) und vermindert um Abzüge nach § 6 b EStG und ähnliche Wertminderungen (vgl. Strahl in Korn, EStG, § 6 Rdz. 283).

Da auch in diesem Zusammenhang die Gleichbehandlung von Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch Bilanzierung ermitteln, mit solchen, die hierfür auf die § 4 Abs. 3-Rechnung zurückgreifen, geboten ist und Bilanzierende den tatsächlich angesetzten Buchwert und damit den sich aus einer tatsächlich erfolgten Besteuerung ergebenden Wert als Anschaffungskosten abziehen können, ist bei der Ermittlung des für § 4 Abs. 3-Rechner maßgeblichen fiktiven Buchwertes von den Anschaffungskosten auszugehen, wie diese sich unter Berücksichtigung der Fallumstände bei ordnungsgemäßer Handhabung ergeben.

Zur Ermittlung der Anschaffungskosten des im Tauschwege erworbenen Grundstückes ...2/4 ist danach zwar (nach allgemeinen, bereits vor Einführung des § 6 Abs. 6 EStG geltenden Grundsätzen) von dem gemeinen Wert der hierfür weggetauschten Flächen ...0/1 und ...9/5 (120 qm-Streifen von 1259/4) auszugehen, dieser ist aber so fortzuführen, wie dies auch im Falle einer ordnungsgemäßen Bilanzierung geschehen wäre.

Da der Kläger und seine verstorbene Ehefrau die in den weggetauschten Flächen gebildeten stillen Reserven, die sich (mit dem Erwerb entsprechend werthaltiger Tauschgrundstücke) im Tauschvorgang realisierten, nicht erklärt hatten und mithin nicht versteuern wollten, war die Ehefrau des Klägers so zu stellen, als hätte sie (als Bilanzierende) von der Wahlmöglichkeit des § 6 b Abs. 1 EStG, der nach § 6 c EStG auch einem § 4 Abs. 3-Rechner zur Verfügung steht, Gebrauch gemacht. Die Anschaffungskosten des eingetauschten Grund und Bodens sind dementsprechend i.H. der beim Tausch realisierten stillen Reserven zu vermindern, so dass - im Ergebnis - der vom Finanzamt errechnete Buchwert als Anschaffungskosten zum Abzug zu bringen ist.

Vor diesem Hintergrund ist es irrelevant, ob der gemeine Wert der weggetauschten Wirtschaftsgüter mit 50.000,00 DM (siehe Tauschvereinbarung) oder mit einem höheren oder aber einem niedrigeren Betrag anzusetzen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO rechtfertigt, sind nicht ersichtlich.

RechtsgebietEStGVorschriften§ 4 Abs. 2 EStG; § 6 Abs. 6 EStG

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