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29.09.2015 · IWW-Abrufnummer 179814

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 02.06.2015 – 1 Sa 452 c/14

1. Für die Eingruppierung eines Arbeitnehmers der D. P. AG ist bei beiderseitiger Tarifbindung - ohne vertragliche Bezugnahme auf die einschlägigen Tarifverträge - ausschließlich § 3 ETV Post-AG maßgeblich und damit die ausgeübte Tätigkeit.

2. Ausgeübte Tätigkeit in diesem Sinn ist die im Arbeitsvertrag genannte Tätigkeit, wenn diese zuletzt noch tatsächlich ausgeübt wurde. Ist dem Arbeitnehmer zwischenzeitlich - vor Beginn der beiderseitigen Tarifbindung - eine andere Tätigkeit zugewiesen worden, kommt es auf diese Tätigkeit für die Eingruppierung nur an, wenn die Zuweisung rechtmäßig war, also von § 106 GewO oder einem vertraglich vereinbarten Versetzungsrecht gedeckt war.

3. Die Reichweite des Direktionsrechts und eines vertraglichen Versetzungsrechts ist auf die Zuweisung gleichwertiger Tätigkeiten beschränkt. Ob eine Tätigkeit gleichwertig ist, richtet sich nach der auf den Betrieb abzustellenden Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild ( BAG v. 30.8.1995, 1 AZR 47/95 , [...], Rn. 25).

4. Nach diesem Sozialbild ist die Tätigkeit einer Filialleiterin weder mit der einer Mitarbeiterin im Verkauf, noch mit der einer Sortiererin in einem Zustellstützpunkt der D. P. AG vergleichbar.

5. Vereinbaren die Vertragsparteien einen Urlaubsanspruch von 36 Werktagen auf "Basis einer 6-Tage-Woche", so ist dieser auf Arbeitstage umzurechnen, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr an 6 Tagen in der Woche eingesetzt wird.


In dem Rechtsstreit
pp.
hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 02.06.2015 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 28.08.2014 - 2 Ca 734 c/14 - teilweise geändert:

Der Antrag zu 2) wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 1/3, die Beklagte 2/3 der Kosten des Rechtsstreits (beide Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über die Höhe des Vergütungsanspruchs und den Umfang des Urlaubsanspruchs der Klägerin.



Diese war auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags mit einer Rechtsvorgängerin der Beklagten (Anlage K1, Bl. 4 - 7 d. A.) seit 07.08.2000 als Verkaufsstellenverwalterin einer Filiale dieser Rechtsvorgängerin beschäftigt. Nach § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags verpflichtet sich die Klägerin nach Bedarf auch andere oder zusätzliche Arbeiten zu übernehmen und sich ggf. in eine andere Filiale des Arbeitgebers versetzen zu lassen. Nach § 6 des Arbeitsvertrags beträgt der Jahresurlaubsanspruch der Klägerin 36 Werktage auf Basis einer 6-Tage-Woche. Eine Tarifbindung bestand bei Abschluss des Arbeitsvertrags nicht. Die Klägerin erhielt und erhält ein Festgehalt in Höhe von 2.699,63 € brutto. Die Tätigkeit der Verkaufsstellenverwalterin entspricht der einer Filialleiterin.



Ein im Oktober 2005 von einer weiteren Rechtsvorgängerin der Beklagten unterbreitetes Angebot auf Änderung ihres Arbeitsvertrags und Vereinbarung einer Verweisungsklausel auf die bei der Rechtsvorgängerin einschlägigen Tarifverträge lehnte die Klägerin ab. Zum 01.01.2006 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin, die mittlerweile als Filialleiterin in Q. tätig war, auf die Beklagte über. Auch gegenüber dieser lehnte die Klägerin die Unterzeichnung eines ihr angebotenen neuen schriftlichen Arbeitsvertrags mit Tarifbindung ab.



Nach Auflösung der Filiale in Q. setzte die Beklagte die Klägerin als Mitarbeiterin im Verkauf in R. ein. Nach Auflösung dieser Filiale im Juli 2010 und einer Nichtbeschäftigung für einige Wochen ist die Klägerin seither im Zustellstützpunkt P. in der Sortierung beschäftigt. Sie arbeitet im Wechsel in einer Woche an 5 und in der anderen Woche an 6 Tagen und erhält 33 Tage Urlaub. Nach dem Entgelttarifvertrag (ETV) den die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossen hat, ist die Tätigkeit der Klägerin mit der Entgeltgruppe 2 (EG 2) bewertet.



Seit August 2012 ist die Klägerin Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Ab August 2013 betrug die Vergütung in der Entgeltgruppe 4 ETV 2.761,64 € brutto und überstieg damit erstmals die der Klägerin gezahlte Vergütung. Mit Schreiben vom 16.09.2013 (Bl. 71 f. d. A.) forderte die Klägerin die Beklagte zur Anpassung ihrer Vergütung nach der EG 4 auf.



Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin im Berufungsverfahren nur noch die Feststellung, dass sie in die EG 4 ETV eingruppiert ist sowie die Klärung des Umfangs ihres Urlaubsanspruchs.



Sie hat vorgetragen:



Sie habe Anspruch auf eine Vergütung nach der EG 4 ETV. So habe die Beklagte - unstreitig - ihre Tätigkeiten im Vertragsangebot aus dem Jahre 2006 bewertet. Bis zum Jahre 2013 habe ihr Gehalt auch der EG 4 ETV entsprochen.



Nach ihrem unverändert gültigen Arbeitsvertrag stehe ihr auch ein Jahresurlaubsanspruch von 36 Werktagen zu.



Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin für die Zeit ab dem 01.01.2005 bis auf weiteres nach dem Entgelt- tarifvertrag der D. P. AG beginnend ab 01.01.2005 nach der Entgeltgruppe 4 des Tarifvertrages in der jeweils gel- tenden Fassung zu vergüten und die sich zur bezahlten Vergütung ergebenden Differenzbeträge nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; 2. festzustellen, dass der Klägerin jährlich 36 Urlaubstage zustehen.



Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.



Sie hat vorgetragen:



Die Klägerin übe Tätigkeiten aus, die den Merkmalen der EG 2 entsprächen. Von einer Tarifbindung der Klägerin habe sie erst im Laufe des Verfahrens erfahren. Nach § 25 des Manteltarifvertrags (MTV) stehe der Klägerin, die durchschnittlich an 5,5 Tagen in der Woche arbeite, ein Urlaubsanspruch von 33,11 Tagen zu.



Das Arbeitsgericht hat durch Urteil festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin für die Zeit ab dem 01.03.2013 bis auf weiteres nach dem Entgelttarifvertrag der D. P. AG nach der Entgeltgruppe 4 zu vergüten. Ferner hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Klägerin jährlich ein Urlaubsanspruch von 36 Werktagen zusteht und im Übrigen die Klage abgewiesen.



Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt:



Bei der EG 4 handele es sich um die niedrigste Entgeltgruppe, nach der bei der Beklagten Filialleiterinnen zu vergüten seien. Als Filialleiterin sei die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten eingestellt worden, eine Änderung des Arbeitsvertrags hinsichtlich der geschuldeten Tätigkeit sei rechtswirksam nicht herbeigeführt worden. Nach § 6 ihres Arbeitsvertrags habe die Klägerin auch Anspruch auf Jahresurlaub von 36 Werktagen.



Wegen der weiteren Begründung des Arbeitsgerichts im Einzelnen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.



Gegen das ihr am 05.12.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.12.2014 Berufung eingelegt und diese am 30.01.2015 begründet.



Sie trägt vor:



Ein vertraglicher Anspruch auf Vergütung nach der EG 4 ETV sei nicht vereinbart worden. Der unverändert maßgebliche Arbeitsvertrag vom 09.06.2000 weise keine Berührungspunkte zum ETV auf. Erst seit August 2012 gelte der ETV normativ. Maßgeblich für die Eingruppierung seien daher die zu jenem Zeitpunkt von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten. Die Klägerin habe im August 2012 Tätigkeiten ausgeübt, die der EG 2 zuzuordnen seien. Schließlich habe die Klägerin auch keinen Anspruch darauf, eine übertarifliche Vergütung nach EG 4 zu erhalten, obwohl sie Tätigkeiten der EG 2 wahrnehme. Die Klägerin habe alle Angebote, die eine Bezugnahme auf den ETV oder Vorgängertarifverträge vorgesehen hätten, ausdrücklich abgelehnt. Auch könne aus der tatsächlichen Übertragung der Tätigkeit als Filialleiterin an die Klägerin nicht geschlossen werden, dass dieser nur Tätigkeiten der EG 4 ETV zugewiesen werden dürften. Ihr Direktionsrecht sei auch vertraglich nicht eingeschränkt, schon gar nicht dahin, dass der Klägerin nur Tätigkeiten im Sinn der Richtbeispiele zur EG 4 ETV zugewiesen werden dürften. Bei Abschluss des Arbeitsvertrags hätten die Parteien den ETV gar nicht gekannt. Schließlich habe sich die Tätigkeit der Klägerin auch nicht auf Tätigkeiten nach der EG 4 ETV konkretisiert.



Da die Klägerin mittlerweile im Schichtsystem tätig sei, müsse die arbeitsvertragliche Regelung zum Urlaub an die aktuelle Arbeitstätigkeit der Klägerin angepasst werden. Erkennbar hätten die Parteien im Arbeitsvertrag auf das Bundesurlaubsgesetz Bezug genommen, indem sie an Werk-, nicht an Arbeitstage angeknüpft hätten. Im Übrigen betrage der Urlaub auch nach § 25 MTV lediglich 33 Tage.



Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn - 2 Ca 734 c/14 - vom 28.08.2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.



Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.



Sie erwidert:



Ihr seien im Laufe der Zeit immer einfachere Tätigkeiten zugewiesen worden, die sie klaglos ausgeführt habe. Sie habe wiederholt versucht, höherwertige Tätigkeiten zu erhalten und Tätigkeiten zu übernehmen, die ihrem Fähigkeitsprofil entsprächen. Die Eingruppierung in die EG 4 bedeute nichts anderes als die Teilhabe an regelmäßigen Gehaltssteigerungen, die sie seit fast 11 Jahren nicht mehr erhalten habe.



Auch stehe ihr ein Urlaubsanspruch von 36 Werktagen zu. Bei Umstellung der Urlaubsregelung zum 01.01.2012 sei ausdrücklich eine Besitzstandsregelung vereinbart worden.



Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird ergänzend auf den Inhalt der Akte verwiesen.



Entscheidungsgründe



Die gemäß § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statthafte, form- und fristgemäß eingelegte und begründete und damit zulässige Berufung ist nur zum Teil begründet. Sie ist unbegründet, soweit das Arbeitsgericht dem Klagantrag zu 1. stattgegeben hat, begründet hingegen bezüglich der Stattgabe des Antrags zu 2.. Während der Antrag zu 1. der Klägerin begründet ist, ist der Antrag zu 2. unbegründet.



I.



Der Antrag zu 1. ist, soweit er in das Berufungsverfahren gelangt ist, begründet.



1. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch die Frage, wie die Klägerin seit dem 01.03.2013 eingruppiert ist. Dieser Antrag ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Eingruppierungsfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Einwendungen hiergegen sind auch von der Beklagten nicht erhoben worden.



2. Der Antrag ist begründet. Der Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach der EG 4 ETV folgt aus den §§ 611 Abs. 1 BGB, 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG.



a) Aus dem Arbeitsvertrag der Parteien ergibt sich für die Eingruppierung der Klägerin nichts. Der Arbeitsvertrag sagt über die Anwendung des ETV nichts aus. Er ist von einem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahre 2000 nicht tarifgebundenen Tochterunternehmen der Beklagten geschlossen worden. Er verhält sich nicht zur Anwendung von Tarifrecht auf das Arbeitsverhältnis.



b) Die Eingruppierung der Klägerin richtet sich demnach ausschließlich nach den tariflichen Vorschriften. Diese lauten, soweit hier von Interesse:



aa) Ausgeübte Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 ETV ist die aktuell vom Arbeitnehmer wahrgenommene Tätigkeit. Das ist diejenige, deren Zuweisung sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt oder die dem Arbeitnehmer in Ausübung eines vertraglich vereinbarten Versetzungsrechts oder des Direktionsrechts zugewiesen worden ist. Dabei gestattet § 106 GewO als Rechtsgrundlage des Direktionsrechts lediglich die durch den Arbeitsvertrag vorgegebenen Pflichten zu konkretisieren (Erfurter Komm., 14. Aufl. 2014, § 106 GewO, Rn 5).



Die unter Überschreitung des Direktionsrechts oder eines vertraglichen Versetzungsrechts vertragswidrig zugewiesene Tätigkeit ist für die Eingruppierung demgegenüber unerheblich. Eine rechtswidrig zugewiesene Tätigkeit ist nicht Grundlage der Eingruppierung. Anderenfalls könnte der Arbeitgeber im Bereich tariflicher Eingruppierungsvorschriften im Hinblick auf die "Eingruppierungsautomatik" einseitig in den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers und damit in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung eingreifen, indem er dem Arbeitnehmer - regelmäßig unter Überschreitung des Direktionsrechts - tariflich niedriger bewertete Tätigkeiten zuweist. Eine solche Vorgehensweise würde auf eine Umgehung des Änderungskündigungsschutzes hinauslaufen und wäre rechtswidrig. Unerheblich ist, ob der betroffene Arbeitnehmer sich gegen die rechtswidrige Zuweisung niedriger bewerteter Tätigkeiten wehrt; ein bloßes Hinnehmen einer Weisung ersetzt nicht die erforderliche einvernehmliche Änderung der vertraglich vereinbarten Tätigkeit. Das gilt auch, wenn die rechtswidrig zugewiesene Tätigkeit über mehrere Jahre tatsächlich ausgeübt wird.



Eine Ausnahme ist allenfalls bei Fällen der Verwirkung denkbar, für die hier nichts ersichtlich ist. Der Arbeitgeber ist vielmehr gehalten, eine Vertragsänderung hinsichtlich der ausgeübten Beschäftigung zu vereinbaren oder diese im Wege der Änderungskündigung durchzusetzen.



bb) Maßgeblich für die Eingruppierung der Klägerin ist danach die von ihr bis März 2009 ausgeübte Tätigkeit als Filialleiterin.



(1) Die im März 2009 erfolgte Zuweisung einer Tätigkeit als Mitarbeiterin im Verkauf war nicht mehr von einer Rechtsgrundlage gedeckt, und zwar unabhängig davon, ob auf § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags und das darin geregelte Versetzungsrecht oder auf § 106 GewO abgestellt wird.



(a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann zwar bei entsprechender Fassung des Arbeitsvertrags die Übertragung unterschiedlicher Tätigkeiten kraft Weisung zulässig sein. Voraussetzung ist aber auch bei einer arbeitsvertraglichen Regelung, dass die zugewiesenen Tätigkeiten als gleichwertig anzusehen sind. Die Gleichwertigkeit bestimmt sich mangels anderer Anhaltspunkte grundsätzlich aus der auf den Betrieb abgestellten Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild. Bei Anwendung eines tariflichen Vergütungsgruppensystems orientiert sie sich zwar in der Regel an diesem System, sie wird aber nicht allein durch die Vergütung hergestellt. Das Arbeitsverhältnis genießt Bestandsschutz auch gegen eine inhaltliche Änderung der Tätigkeit. Der Arbeitgeber kann deshalb dem Arbeitnehmer auch dann keine niedriger zu bewertenden Tätigkeiten zuweisen, wenn er dennoch die höhere Vergütung zahlt, die der bisherigen Tätigkeit entspricht (BAG, Urt. v. 30.08.1995 - 1 AZR 47/95 - [...], Rn 25).



(b) Entsprechend dieser Rechtsprechung kann die Beklagte der Klägerin demnach nur diejenigen Tätigkeiten zuweisen, die als gleichwertig anzusehen sind. Insoweit bestand auch Einvernehmen im Berufungstermin, dass § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags die Zuweisung "geringerwertiger" Tätigkeiten nicht erlaube.



Zutreffend ist auch die Auffassung der Beklagten, dass für die Wertigkeit mangels Anwendbarkeit des tariflichen Vergütungsgruppenschemas im Jahr 2009 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf das tarifliche Vergütungsgruppensystem und den Umstand abzustellen ist, dass die Tätigkeit einer Mitarbeiterin im Verkauf zwei Entgeltgruppen niedriger zugeordnet ist, als die von der Klägerin zuvor wahrgenommene Tätigkeit als Filialleiterin.



Maßgeblich ist vielmehr die auf den Betrieb abzustellende Verkehrsauffassung und das sich daraus ergebende Sozialbild. Maßgeblich ist also, ob die Tätigkeit einer Filialleiterin im Einzelhandel mit der einer Verkaufsmitarbeiterin in einer Filiale gleichwertig ist. Das ist nicht der Fall. Ein Filialleiter hat typischerweise Vorgesetztenfunktion gegenüber den Verkaufsmitarbeitern in der Filiale. Er ist neben Verkaufsaufgaben regelmäßig mit Organisationstätigkeiten befasst, die über den ausschließlichen Verkauf hinausgehen. Durch die Bezeichnung als "Leiter" wird eine herausgehobene Position beschrieben. Eine Versetzung auf eine Tätigkeit als Verkaufsmitarbeiter würde sich nach der Verkehrsauffassung als Degradierung darstellen.



Jedenfalls indiziell fließt in diese Betrachtung auch ein, dass die Tarifvertragsparteien die Position eines Verkaufsmitarbeiters um zwei Tarifgruppen niedriger bewertet haben als die einer Filialleiterin.



Danach war die Zuweisung der Tätigkeiten als Mitarbeiter im Verkauf an die Klägerin im Jahr 2009 vertragswidrig und verstieß auch gegen § 106 GewO.



(c) Ob damit für die Versetzungsklausel in § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags der Parteien tatsächlich kein Raum bleibt, weil es keine einer Filialleiterin gleichwertigen Tätigkeiten bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die den Arbeitsvertrag geschlossen hat, gab, braucht hier nicht entschieden zu werden. Letztlich obliegt es der Organisationshoheit des Arbeitgebers, welche Kompetenzen er welchen Hierarchieebenen im Betrieb zuweist. Allein der Umstand, dass die Filialleiterin an der Spitze der Hierarchie steht, führt nicht dazu, dass ihr durch eine vertragliche Versetzungsklausel geringer bewertete Tätigkeiten übertragen werden dürfen.



(2) Auch für die der Klägerin ab Juli 2010 zugewiesene Tätigkeit als Sortiererin im Zustellstützpunkt P. gilt nichts anderes. Sie durften der Klägerin ebenfalls nicht zugewiesen werden.



Auch die Tätigkeit einer Sortiererin ist nach der Verkehrsauffassung gegenüber der Arbeit einer Filialleiterin und dem sich daraus ergebenden Sozialbild geringer bewertet. Leitungsaufgaben, Führungsverantwortung oder Organisationsbefugnisse werden einer Sortiererin typischerweise nicht zugeschrieben. Fehlen sie, erweist sich die Tätigkeit einer Sortiererin als geringerwertig.



c) Als Filialleiterin ist die Klägerin in die Entgeltgruppe 4 eingruppiert, da sie das entsprechende Richtbeispiel des Tarifvertrags erfüllt. Das hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend festgestellt. Hiergegen sind Einwendungen nicht erhoben worden. Im Übrigen ist die Beklagte selbst bei ihrem Vertragsangebot im Jahr 2006 davon ausgegangen, dass die Tätigkeit der Klägerin als Filialleiterin die Merkmale der EG 4 ETV erfüllt.



d) Der Antrag der Klägerin ist auch nicht deswegen unbegründet, weil ihr nach § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags jedenfalls auch Tätigkeiten zugewiesen werden könnten, die der Entgeltgruppe 3 entsprächen.



Dem steht entgegen, dass es für die Eingruppierung auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit ankommt. Zuletzt vor Inkrafttreten des Tarifvertrags waren der Klägerin, wie oben ausgeführt, rechtmäßig nur Tätigkeiten der EG 4 ETV zugewiesen worden. Nach Inkrafttreten des Tarifvertrags ist das Direktionsrecht und auch das arbeitsvertragliche Versetzungsrecht der Beklagten entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dahin beschränkt, dass der Klägerin nunmehr nur noch Tätigkeiten zugewiesen werden dürfen, die ihrer Entgeltgruppe entsprechen. Insoweit mag der ETV die Klägerin günstiger stellen als die Verkehrsauffassung, wenn man der Beklagten in ihrer Ansicht folgt, dass nach der Verkehrsauffassung jedenfalls Tätigkeiten der Entgeltgruppe 3 zuweisbar wären.



e) Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Vergütungspflicht beginnend mit März 2013 einsetzt. Einwände hiergegen sind auch im Berufungsverfahren nicht erhoben worden.



II.



Der als Feststellungsantrag (Elementenfeststellungsklage) gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässige Antrag zu 2. ist hingegen unbegründet. Der Klägerin steht kein Urlaubsanspruch im Umfang von 36 Urlaubstagen zu.



1. Nach § 6 Abs. 1 ihres Arbeitsvertrags beträgt der Jahresurlaubsanspruch der Klägerin 36 Werktage auf der Basis einer 6-Tage-Woche.



Mit der Bezugnahme auf eine 6-Tage-Woche haben die Vertragspartner klargestellt, dass der Klägerin 36 Werktage Urlaub bei einer 6-Tage-Woche gewährt werden. Die Klägerin muss demzufolge für jeden Werktag Urlaub beantragen. Im Ergebnis, so auch das Arbeitsgericht, stehen der Klägerin 6 Wochen Urlaub zu. Mit dem Abschluss auf Werktage knüpfen die Parteien an die Regelung in § 3 Abs. 1 BUrlG an, nach der der (gesetzliche) Urlaub 24 Werktage beträgt.



2. Ein entsprechender Jahresurlaubsanspruch ist aber umzurechnen, wenn sich dessen "Basis" ändert, wie dies hier der Fall ist. Die Klägerin arbeitet nicht mehr auf der Basis einer 6-Tage-Woche, sondern ist im 2-Wochen-Rhythmus einmal 5 und einmal 6 Tage tätig. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist in Fällen, in denen der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nach Werktagen bemessen ist, dieser in Arbeitstage umzurechnen, wenn die Arbeitszeit für den Arbeitnehmer nicht auf alle Werktage einer Woche verteilt ist (BAG, Urt. v. 27.01.1987 - 8 AZR 579/84 -; ausführlich dazu Schaub/Linck, Arbeitsrechtshandbuch, 15. Aufl., § 104, Rn 46).



Bei durchschnittlich 5,5 Arbeitstagen in der Woche ergibt sich damit ein Urlaubsanspruch von 33 Arbeitstagen. Für arbeitsfreie Tage muss die Klägerin keinen Urlaub nehmen, weil sie an diesen Tagen nicht von der Arbeitsleistung befreit werden kann. Für den Fall der Klägerin, die jeden zweiten Montag frei hat, heißt das, dass sie in einer Woche mit einem freien Montag 5 Urlaubstage beantragen muss, um die Woche über frei zu haben. In einer Woche mit 6 Arbeitstagen muss sie entsprechend für 6 Tage Urlaub beantragen. Damit ist auch gewährleistet, dass die Klägerin insgesamt nicht mehr oder weniger als 6 Wochen Jahresurlaub bekommt.



Auch aus § 25 MTV ergibt sich nichts anderes. Unstreitig beträgt der Urlaubsanspruch der Klägerin nach dieser Vorschrift 33,11 Tage. Er ist nach § 25 Abs. 3 S. 2 MTV auf 33 Tage abzurunden.



3. Soweit sich die Klägerin auf die im Berufungsverfahren vorgelegte Bestandsschutzregelung beruft, hat diese erkennbar mit den vorstehenden Fragen nichts zu tun. Die neuen Urlaubsregelungen tragen nur dem Umstand Rechnung, dass sich der Urlaub bei der Beklagten nicht mehr wie in der Vergangenheit nach dem Lebensalter richtet, sondern nach der Betriebszugehörigkeit und insoweit ein Besitzstand vereinbart worden ist.



III.



Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Verkündet am 02.06.2015

Vorschriften§ 25 MTV, § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG, § 256 Abs. 1 ZPO, §§ 611 Abs. 1 BGB, 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG, § 106 GewO, § 3 Abs. 1 BUrlG, § 25 Abs. 3 S. 2 MTV, § 92 Abs. 1 ZPO

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