18.09.2015 · IWW-Abrufnummer 179642
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 14.07.2015 – 5 Sa 279/14
1. Die Zuordnung zum wissenschaftlichen Personal im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG kann sich bereits aus einem wissenschaftlichen Zuschnitt der abzuhaltenden Lehrveranstaltungen ergeben. Die Anleitung von Studierenden zu wissenschaftlichem Arbeiten impliziert regelmäßig eine wissenschaftliche Tätigkeit der Lehrkraft.
2. Die Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG tritt automatisch ein, ohne dass es des Abschlusses eines neuen Arbeitsvertrags bedarf. Das hierzu erforderliche Einverständnis der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters unterliegt nicht dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG ; es kann somit auch mündlich erklärt werden.
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 27.11.2014 - 2 Ca 95/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses nach dem WissZeitVG.
Die am 10.12.1972 geborene Klägerin schloss nach ihrer Ausbildung zur Diplom-Pädagogin mit dem beklagten Land zum 15.10.2008 einen auf den 31.12.2010 befristeten Arbeitsvertrag als Lehrkraft für besondere Aufgaben mit einer Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit, d. h. mit 20 Wochenstunden bzw. einer Unterrichtsverpflichtung von acht Semesterwochenstunden. Gemäß Stellenbeschreibung vom 08./14.10.2008 übertrug das beklagte Land ihr an der Universität B-Stadt, Philosophische Fakultät, Institut für Pädagogische Psychologie, folgende Aufgaben:
"...
5. Darstellung der Tätigkeit
..."
Kurz nach der Einstellung schloss die Klägerin das Promotionsverfahren zum Dr. phil. erfolgreich ab.
Mit dem Änderungsvertrag vom 27.07./05.08.2010 verlängerten die Parteien das Arbeitsverhältnis unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 1 WissZeitVG über den 31.12.2010 hinaus um weitere zwei Jahre bis zum 31.12.2013. Die Arbeitsaufgaben blieben unverändert. Der Zeitanteil betrug zuletzt wiederum 50 % der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer Vollbeschäftigten.
Ab dem 10.10.2010 unterlag die Klägerin einem Beschäftigungsverbot. Ab dem 30.05.2011 befand sie sich im Mutterschutz. Im unmittelbaren Anschluss daran beantragte sie Elternzeit.
Daraufhin unterrichtete das beklagte Land sie mit Schreiben vom 28.07.2011 wie folgt über die Verlängerung des Arbeitsvertrages:
"...
Verlängerung des Arbeitsvertrages
Sehr geehrte Frau Dr. ...,
Ihr derzeitiger Arbeitsvertrag endet am 31.12.2013. Mit Ihrer Zustimmung verlängert sich Ihr Arbeitsvertrag gemäß § 2 Abs. 5 Nr. 3 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) um die Zeit und in dem Umfang, in der eine Erwerbstätigkeit aufgrund Ihres Beschäftigungsverbotes, Ihres Mutterschutzes und Ihrer Elternzeit nicht erfolgt ist.
Diese Verlängerung wird wie folgt berechnet:
Ihr Arbeitsverhältnis endet somit erst mit Ablauf des 23.01.2016.
..."
Die Klägerin setzte ihre Arbeit über das ursprüngliche Befristungsdatum 31.12.2013 hinaus unverändert fort, nachdem sie bereits zuvor entsprechende Termine und Arbeiten eingeplant hatte. Die Klägerin erhält die Vergütung der Entgeltgruppe 13 TV-L, was unter Berücksichtigung der Teilzeitquote einem monatlichen Bruttogehalt von rund € 2.000,- entspricht.
Mit Schreiben vom 16.01.2014 wandte sie sich an das beklagte Land und forderte eine unbefristete Fortbeschäftigung unter Hinweis auf das Fehlen einer schriftlichen Verlängerungsvereinbarung und eines Befristungsgrundes. Mit Schriftsatz vom 21.01.2014, eingegangen beim Arbeitsgericht am gleichen Tag, erhob sie Klage auf Entfristung des Arbeitsverhältnisses.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Befristung des Arbeitsverhältnisses sei unwirksam. Es fehle an einem Befristungsgrund, weil sie als Lehrkraft für besondere Aufgaben nicht zum wissenschaftlichen Personal im Sinne von § 2 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehöre, sodass die Befristung nicht auf das WissZeitVG gestützt werden könne. Sie sei weder in der Forschung tätig, noch unterrichte sie Forschungsmethoden. Eine Lehrtätigkeit sei nur dann wissenschaftlich, wenn dem Lehrenden die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion während der Arbeitszeit verbleibe. Dies sei bei ihr nicht der Fall. Sie vermittle den Studierenden keine eigenen Forschungserkenntnisse, sondern nur Forschungsergebnisse anderer. Wissenschaftsbasierende Lehre stelle noch keine wissenschaftliche Tätigkeit dar. An Forschungsprojekten der Universität sei sie nicht beteiligt. Der Arbeitsvertrag diene auch nicht ihrer wissenschaftlichen Weiterqualifizierung.
Abgesehen davon sei gemäß § 15 Abs. 5 TzBfG im Januar 2014 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden, da das beklagte Land es versäumt habe, die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses zuvor schriftlich zu vereinbaren. Die Verlängerungsmitteilung als solche genüge nicht der Schriftform des § 14 Abs. 4 TzBfG. Zudem habe die Klägerin ihr Einverständnis nicht vor Ablauf der Befristung erteilt.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 31.12.2013 hinaus zu im Übrigen unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Es hat die Ansicht vertreten, die Klägerin gehöre zum wissenschaftlichen Personal. Zu den wissenschaftlichen Dienstleistungen zähle auch die Vermittlung von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten an Studierende und deren Unterweisung in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden. Die universitäre Lehre sei ihrem Selbstverständnis nach ein wesentlicher Teil der wissenschaftlichen Betätigung. Das in der Lehre stattfindende wissenschaftliche Gespräch befruchte wiederum die Forschungsarbeit. Die Klägerin habe durchaus die Möglichkeit zur eigenständigen Reflexion und Forschung, da sie die Seminare selbst konzipiere und eigenverantwortlich durchführe. Die Lehrtätigkeit sei keine rein repetierende und reproduktive Wissensvermittlung.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.11.2014 abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Befristung wirksam sei, weil die Klägerin zum wissenschaftlichen Personal der Universität gehöre. Ihr Unterricht diene der wissenschaftlichen Vertiefung und nicht der reinen Wissensvermittlung. Die Klägerin müsse sich gemeinsam mit den Studierenden über verschiedene Lehrmeinungen austauschen und sich hiermit auseinandersetzen. Zudem habe sich das befristete Arbeitsverhältnis nicht im Januar 2014 in ein unbefristetes umgewandelt. Soweit die Klägerin über den 31.12.2013 hinaus gearbeitet habe, beruhe dies auf der automatischen Verlängerung nach § 2 Abs. 5 WissZeitVG. Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG greife nicht. Eine formfreie, ggf. konkludente, Einverständniserklärung genüge im Rahmen des § 2 Abs. 5 WissZeitVG.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Das Arbeitsgericht habe die Klägerin fehlerhaft dem wissenschaftlichen Personal zugeordnet. Den Befristungsmöglichkeiten nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG liege der Gedanke zugrunde, dass eine regelmäßige Personalfluktuation zur Sicherung der Innovationsfähigkeit und zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses notwendig sei. Das treffe aber auf die Klägerin nicht zu, da sie nicht selbst forsche, sondern nur praktische Fertigkeiten durch Wiedergabe von gesicherten und vorgegebenen Inhalten vermittle. Die Klägerin setze sich in den Seminaren nicht mit den Lehrmeinungen Dritter auseinander. Ebenso wenig seien die Seminare darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten.
Im Übrigen sei aufgrund der Fortbeschäftigung über den 31.12.2013 hinaus gemäß § 15 Abs. 5 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden, da das beklagte Land nicht unverzüglich widersprochen habe. Die Klägerin habe den Willen gehabt, in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis weiterzuarbeiten. Zudem sei die Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG nicht eingehalten.
Die Klägerin beantragt,
das am 27.11.2014 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Rostock, Aktenzeichen 2 Ca 95/14, abzuändern,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht auf Grund der Befristung zum 31.12.2013 bzw. unter Berücksichtigung der Verlängerungsmitteilung vom 28.07.2011 zum 23.01.2016 endet,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 31.12.2013 bzw. 23.01.2016 hinaus zu im Übrigen unveränderten Bedingungen fortbesteht,
und klageerweiternd, für den Fall des Obsiegens mit einem der vorstehenden Anträge, das beklagte Land zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen über den 23.01.2016 hinaus bis zur Rechtskraft der Entscheidung fortzubeschäftigen.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und den im Wege der Klageerweiterung gestellten Antrag abzuweisen.
Es verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und verweist darauf, dass die Lehrtätigkeit der Klägerin Wissenschaftsbezug habe. Das gelte auch für die Grundlagenseminare, deren Ziel es sei, die Studierenden zu befähigen, selbst einmal wissenschaftlich arbeiten zu können. Die Klägerin müsse die Seminarinhalte auf die jeweilige Zielgruppe und die dazugehörigen Vorlesungen abstimmen sowie die aktuellen wissenschaftlichen und bildungspolitischen Entwicklungen berücksichtigen. All das erfordere eine eigenständige Reflexion. Das genüge im Sinne des Humboldtschen Prinzips der Einheit von Forschung und Lehre. Auf die Gewinnung neuer Erkenntnisse komme es nicht an.
Die Weiterbeschäftigung über den 31.12.2013 hinaus habe nicht zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis geführt. Vielmehr habe sich das Arbeitsverhältnis automatisch verlängert, womit die Klägerin einverstanden gewesen sei, was sie mit der Fortsetzung ihrer Tätigkeit zum Ausdruck gebracht habe. Dementsprechend habe sie auch nach dem 31.12.2013 Arbeiten und Termine geplant und eben nicht ihren Arbeitsplatz geräumt sowie die laufenden Arbeiten übergeben und sich verabschiedet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die im Änderungsvertrag vom 27.07./05.08.2010 vereinbarte Befristung ist nicht unwirksam. Die Fortsetzung der Tätigkeit über den 31.12.2013 hinaus hat kein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet. Über den Hilfsantrag ist demnach nicht zu entscheiden.
1. Befristungsabrede vom 27.07./05.08.2010
Die Befristungsabrede im Änderungsvertrag vom 27.07./05.08.2010 ist nach dem WissZeitVG wirksam. Der befristete Arbeitsvertrag gilt daher nicht als auf unbestimmte Zeit geschlossen (§ 16 Satz 1 TzBfG).
Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG ist die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG genannten Personals nach abgeschlossener Promotion bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig. Diese Befristungsmöglichkeit gilt - mit Ausnahme von Hochschullehrern - für wissenschaftliches und künstlerisches Personal an Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG).
Der Begriff des "wissenschaftlichen und künstlerischen Personals" ist nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 01.06.2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 35 - [...] = NZA 2011, 1280
[BAG 01.06.2011 - 7 AZR 827/09]
) inhaltlich-aufgabenbezogen zu bestimmen. Anknüpfungspunkt ist die Art der zu erbringenden Dienstleistung. Zum "wissenschaftlichen Personal" nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehört derjenige Arbeitnehmer, der wissenschaftliche Dienstleistungen erbringt. Es kommt nicht auf die formelle Bezeichnung des Arbeitnehmers an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Bei Mischtätigkeiten ist erforderlich, dass die wissenschaftlichen Dienstleistungen zeitlich überwiegen oder zumindest das Arbeitsverhältnis prägen. Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Sie ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern. Zur wissenschaftlichen Dienstleistung kann auch die Vermittlung von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten an Studierende und deren Unterweisung in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden gehören. Wissenschaftliche Betätigung ist eine Lehrtätigkeit aber nur dann, wenn dem Lehrenden die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibt; die wissenschaftliche Lehrtätigkeit ist insofern von einer unterrichtenden Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug abzugrenzen (BAG, Urteil vom 01.06.2011, aaO.).
Das WissZeitVG trägt als Sonderbefristungsrecht den spezifischen Bedürfnissen wissenschaftlicher Einrichtungen Rechnung. Die mit befristeten Arbeitsverhältnissen verbundene personelle Fluktuation soll einerseits eine Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ermöglichen und andererseits die Innovationskraft von Forschung und Lehre sichern. Das trifft jedoch nicht auf Arbeitsverhältnisse zu, die weder der eigenen Qualifikation des Lehrenden noch der eigenverantwortlichen Entwicklung neuer Erkenntnisse dienen (BAG, Urteil vom 01.06.2011, aaO., Rn. 37). Die weitere Qualifizierung in der Post-Doc-Phase muss nicht eine Habilitation zum Gegenstand haben. Sie kann auch darin bestehen, dass sich die akademischen Beschäftigten in der Post-Doc-Phase durch die Mitwirkung an wissenschaftlichen Lehrveranstaltungen und Projekten eine bessere Startposition für eine Beschäftigung in der Wirtschaft oder der öffentlichen Verwaltung verschaffen (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Februar 2014 - 1 Sa 8/13 - Rn. 68, [...] = LAGE § 2 WissZeitVG Nr. 2).
Lehrtätigkeiten können sowohl wissenschaftlicher als auch nichtwissenschaftlicher Natur sein. Maßgeblich sind dabei die Qualifikation der Lehrkraft und die Zielrichtung der Lehrtätigkeit. Geht es darum, wissenschaftliche Methoden und deren Anwendung zu vermitteln, ist der aktuelle Forschungsstand darzustellen, zu bewerten und zu hinterfragen. Wenn auch die Studierenden in Seminaren durchaus Fachwissen und praktische Fertigkeiten erlernen, so haben sie sich dennoch stets mit den verschiedenen Lehrmeinungen kritisch auseinanderzusetzen, um eigene Ideen für die spätere berufliche Tätigkeit zu entwickeln und Ansätze für die Gewinnung neuer Erkenntnisse herauszuarbeiten. In diesem Sinne trägt die Lehre auch zur Fortentwicklung der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin bei. Lehrkräfte, die im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit an der Sicherung und Ausweitung des Erkenntnisstandes einer wissenschaftlichen Disziplin mitwirken, genießen den besonderen Schutz des Art. 5 Abs. 3 GG. Die Lehrkräfte unterliegen bei der Gestaltung ihrer Seminare regelmäßig den Weisungen des verantwortlichen Wissenschaftlers, an dessen Lehrveranstaltungen sich die Seminare zu orientieren haben. Die Lehrkräfte leisten zu der typischerweise wissenschaftlichen Lehrtätigkeit des verantwortlichen Hochschullehrers einen wesentlichen inhaltlichen Beitrag (vgl. BAG, Urteil vom 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - Rn. 40 - [...] = NZA 2004, 1399
[BAG 27.05.2004 - 6 AZR 129/03]
).
Die Zuordnung zum wissenschaftlichen Personal kann sich bereits aus einem wissenschaftlichen Zuschnitt der abzuhaltenden Lehrveranstaltungen ergeben (LAG Hamm, Urteil vom 28. Januar 2015 - 5 Sa 251/14 - Rn. 50, [...]; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30. Juli 2014 - 2 Sa 224/13 - Rn. 30, [...] = ZTR 2015, 220
[LAG Mecklenburg-Vorpommern 30.07.2014 - 2 Sa 224/13]
; LAG Hessen, Urteil vom 28. Mai 2014 - 2 Sa 835/13 - Rn. 51, [...]; LAG Hamburg, Urteil vom 31. Oktober 2012 - 3 Sa 66/12 - Rn. 36, [...] = öAT 2013, 131). Die Anleitung von Studierenden zu wissenschaftlichem Arbeiten impliziert eine wissenschaftliche Tätigkeit der Lehrkraft (LAG Hessen, Urteil vom 28. Mai 2014, aaO.).
Die Lehrveranstaltungen der Klägerin sind entsprechend ihrer Qualifikation wissenschaftlich ausgerichtet. Entscheidend ist dabei, welche Aufgaben das beklagte Land ihr bei Abschluss des befristeten Vertrages übertragen hat. Diese Aufgaben ergeben sich aus der Stellenbeschreibung vom 08./14.10.2008. Danach ist die Klägerin insbesondere in der Lehrerausbildung eingesetzt. Ihre Lehrveranstaltungen haben sich u. a. an der Verordnung über die Erste Staatsprüfung für Lehrämter an Schulen im Lande Mecklenburg-Vorpommern ab Matrikel 2000 (LehPrVO 2000 M-V) zu orientieren. Die Erste Staatsprüfung ist der berufsqualifizierende Abschluss eines wissenschaftlichen Studiengangs (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LehPrVO 2000 M-V). In der Prüfung soll der Bewerber in ausgewählten Bereichen exemplarisch nachweisen, ob er Gegenstände und Fragen aus seinen Prüfungsfächern selbstständig und methodisch zu bearbeiten und zu beurteilen sowie angemessen darzustellen vermag und ob er die wissenschaftliche und ggf. die künstlerische oder praktische Befähigung als Voraussetzung für die schulpraktische Ausbildung zu dem von ihm gewählten Lehramt besitzt (§ 2 Abs. 1 Satz 2 LehPrVO 2000 M-V). Die Klägerin hat sowohl Grundlagen- als auch Vertiefungsseminare abzuhalten. Stets haben diese Seminare wissenschaftlichen Anspruch, da andernfalls das gesetzlich vorgegebene Lernziel, die selbstständige und methodische Bearbeitung und Beurteilung von Gegenständen des Prüfungsfachs sowie die wissenschaftliche Befähigung für die schulpraktische Ausbildung, nicht zu erreichen ist. Das gilt auch für die Grundlagenseminare. In diesen werden die Grundlagen für das wissenschaftliche Arbeiten gelegt. Dabei kommen zwangsläufig Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens zur Sprache. Die Klägerin muss nach ihrer Stellenbeschreibung die aktuellen psychologischen Theorien einbeziehen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss sie die Ergebnisse laufender Forschungsvorhaben im Blick behalten und sich mit diesen auseinandersetzen. Eine allein didaktische Aufbereitung der neuen Theorien für das Seminar genügt nicht. Des Weiteren hat sie die Inhalte der vom Institut angebotenen Vorlesungen zu beachten und sich regelmäßig mit dem zuständigen Hochschullehrer abzustimmen. Der damit verbundene wechselseitige Austausch ist geeignet, zur Gewinnung neuer Erkenntnisse und zur Fortentwicklung des konkreten Fachgebiets beizutragen.
Soweit die Klägerin als Prüferin tätig ist und bei der Erstellung von Studienmaterialien mitwirkt, gilt nichts anderes. Diese Aufgaben hängen unmittelbar mit der Lehrtätigkeit zusammen und finden auf dem gleichen Niveau statt. Sie haben den gleichen wissenschaftlichen Anspruch wie die Lehrtätigkeit, da sie aufeinander aufbauen und eine Einheit bilden.
2. Fortbeschäftigung nach Ablauf der Befristung am 31.12.2013
Das Arbeitsverhältnis der Klägerin gilt nicht gemäß § 15 Abs. 5 TzBfG i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG als auf unbestimmte Zeit verlängert, weil die Parteien es über das ursprüngliche Befristungsdatum 31.12.2013 hinaus fortgesetzt haben.
Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt (§ 15 Abs. 5 TzBfG). Die Vorschrift regelt eine stillschweigende Verlängerung von Arbeitsverhältnissen unabhängig vom Willen der Parteien in Form einer unwiderleglichen gesetzlichen Vermutung (BAG, Urteil vom 18. Oktober 2006 - 7 AZR 749/05 - Rn. 15 - [...]).
Voraussetzung ist zunächst, dass die Zeit, für die das Arbeitsverhältnis eingegangen ist, abgelaufen ist. Haben die Parteien das Arbeitsverhältnis vorher oder nachher auf der Grundlage eines weiteren Vertrages verlängert, greift § 15 Abs. 5 TzBfG nicht (BAG, Urteil vom 18. Oktober 2006 - 7 AZR 749/05 - Rn. 15 - [...]). Wird die befristete Beschäftigung auf einer anderen Rechtsgrundlage fortgesetzt, ist für die Fiktion einer Verlängerung auf unbestimmte Zeit kein Raum. Vielmehr kommt es dann darauf an, ob die neue Rechtsgrundlage die Befristung trägt. Das gilt nicht nur für Verlängerungen aufgrund eines Vertrages, sondern gleichermaßen für gesetzliche Regelungen zur Verlängerung.
Das Arbeitsverhältnis der Klägerin hat sich auf gesetzlicher Grundlage gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WissZeitVG über das ursprüngliche Datum 31.12.2013 hinaus auf den 23.01.2016 verlängert.
Die jeweilige Dauer eines befristeten Arbeitsvertrages verlängert sich nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WissZeitVG im Einverständnis mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter um Zeiten einer Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach den §§ 3, 4, 6 und 8 des Mutterschutzgesetzes in dem Umfang, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht erfolgt ist. Die Verlängerung wird nicht auf die zulässige Befristungsdauer von sechs Jahren angerechnet (§ 2 Abs. 5 Satz 2 WissZeitVG).
Die Verlängerung nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG tritt automatisch ein, ohne dass es einer Neubegründung des Arbeitsvertrags bedarf (BAG, Urteil vom 28. Mai 2014 - 7 AZR 456/12 - Rn. 13 - [...] = ZTR 2014, 672; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 26. Februar 2015 - 5 Sa 166/14 - Rn. 64 - [...]; Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 4. Aufl. 2012, § 2 WZVG, Rn. 60; ErfK/Müller-Glöge, 14. Aufl. 2014, § 2 WZVG, Rn. 17; KR/Treber, 10. Aufl. 2013, § 2 WissZeitVG, Rn. 86; Laux/Schlachter, TzBfG, 2. Aufl. 2011, Anhang 2 G, § 2 WZVG, Rn. 23). Hinzutreten muss lediglich das Einverständnis des Mitarbeiters.
Der Gesetzeswortlaut verpflichtet den Arbeitgeber nicht zum Abschluss eines neuen Vertrages, indem er ihm etwa aufgibt, den Vertrag um den entsprechenden Zeitraum zu verlängern. Stattdessen heißt es dort: "Die jeweilige Dauer eines befristeten Arbeitsvertrages nach Absatz 1 verlängert sich ..." [Hervorhebung vom Verfasser]. Das Reflexivpronomen macht deutlich, dass sich die Dauer des befristeten Vertrages ohne ein weiteres Zutun des Arbeitgebers hinausschiebt.
Die Gesetzeshistorie bestätigt diese Auslegung. In § 57 c Abs. 6 HRG in der bis zum 22.02.2002 geltenden Fassung war noch festgelegt, dass die Zeiten einer Beurlaubung zur Kinderbetreuung etc. auf die jeweilige Dauer eines befristeten Arbeitsvertrages nicht anzurechnen sind. Eine automatische Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Anschluss an den jeweiligen Zeitvertrag war damit nicht verbunden; der Arbeitnehmer hatte lediglich einen Anspruch auf Abschluss eines entsprechenden Verlängerungsvertrages (BAG, Urteil vom 12.01.2000 - 7 AZR 764/98 - RzK I 9d Nr. 70). Diese Formulierung hat der Gesetzgeber zum 23.02.2002 geändert und in § 57 b Abs. 4 Satz 1 HRG geregelt, dass die jeweilige Dauer eines befristeten Arbeitsvertrages sich verlängert. Der Gesetzgeber verfolgte damit das Ziel, die Beendigung des Arbeitsvertrages um die nicht anzurechnende Zeit hinauszuschieben (BT-Drucks 15/4132, Seite 21).
Die Klägerin war mit der Verlängerung über den 31.12.2013 einverstanden.
Das Einverständnis unterliegt nicht dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG; es kann somit auch mündlich erklärt werden (APS/Schmidt, 4. Aufl. 2012, § 2 WissZeitVG, Rn. 61; Boecken/Joussen, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 2 WissZeitVG, Rn. 20; ErfK/Müller-Glöge, 15. Aufl. 2015, § 2 WissZeitVG, Rn. 17; Lehmann-Wandschneider, Das Sonderbefristungsrecht an Hochschulen und Forschungseinrichtungen nach dem WissZeitVG, Diss. 2008, S. 155; Laux/Schlachter, TzBfG, 2. Aufl. 2011, § 23 Anhang 2 WissZeitVG, Rn. 23; KR/Treber, 10. Aufl. 2013, § 2 WissZeitVG, Rn. 90; a. A. Boemke, Anmerkung zu LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 26.02.2015 - 5 Sa 166/14 -, jurisPR-ArbR 28/2015 Anm. 3).
§ 14 Abs. 4 TzBfG gilt dem Wortlaut nach nur f ür die Befristung eines Arbeitsvertrages. Der Gesetzgeber hat den Arbeitsvertrag der Schriftform unterworfen, nicht aber das Arbeitsverhältnis (vgl. BAG, Urteil vom 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 37 - [...] = NZA 2014, 1341
[BAG 23.07.2014 - 7 AZR 771/12]
). Die Verlängerung nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG erfolgt nicht durch Arbeitsvertrag. Vielmehr tritt sie automatisch ein, ohne dass es einer neuen Befristungsabrede bedarf. Erforderlich ist lediglich das Einverständnis der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters. Das Einverständnis ist ein Korrektiv zur gesetzlich angeordneten Verlängerung, um eine zwangsweise Verlängerung, die nicht dem Willen des Mitarbeiters entspricht, auszuschließen. Dem Mitarbeiter steht es frei, auf die in seinem Interesse angeordnete Verlängerung zu verzichten. Dieses Einverständnis hat der Gesetzgeber gerade nicht der Schriftform unterworfen; er hat lediglich ein Einverständnis, nicht aber ein schriftliches Einverständnis verlangt.
Der Sinn und Zweck des § 14 Abs. 4 TzBfG gebietet es nicht, das Schriftformerfordernis auf das Einverständnis im Sinne des § 2 Abs. 5 WissZeitVG zu erstrecken. Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG dient dazu, angesichts der besonderen Bedeutung der Befristung, die automatisch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, größtmögliche Rechtssicherheit zu gewährleisten (BAG, Urteil vom 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 40 - [...] = NZA 2014, 1341
[BAG 23.07.2014 - 7 AZR 771/12]
). Es hat aber nicht nur eine Klarstellungs- und Beweisfunktion, sondern auch eine Warnfunktion. Dem Arbeitnehmer soll deutlich vor Augen geführt werden, dass sein Arbeitsverhältnis - anders als bei dem Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages - zu einem bestimmten Zeitpunkt automatisch enden wird (BAG, Urteil vom 23. Juli 2014, aaO., Rn. 34).
Im Falle einer Verlängerung nach § 2 Abs. 5 WissZeitVG muss dem Arbeitnehmer nicht mehr die Befristung seines Arbeitsverhältnisses vor Augen geführt werden. Da er bereits einen befristeten Arbeitsvertrag geschlossen hat, weiß er um den geringeren Bestandsschutz seines Arbeitsverhältnisses. Im Übrigen hat der Gesetzgeber die bis zum 22.02.2002 geltenden Regelungen, nach der dem Arbeitnehmer lediglich ein Anspruch auf Abschluss eines Verlängerungsvertrages zustand, bewusst geändert, um die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zu vereinfachen. Seitdem richtet sich das neue Beendigungsdatum nicht mehr nach einem noch abzuschließenden Änderungsvertrag, sondern allein nach den gesetzlichen Berechnungsregeln. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass sich das neue Beendigungsdatum automatisch anhand des Kalenders ergibt. Ob die Arbeitsvertragsparteien das Datum richtig bestimmt haben, ist unerheblich. Eine fehlerhafte mündliche oder schriftliche Angabe des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers ändert daran nichts. Die Äußerungen der Arbeitsvertragsparteien hierzu haben nur deklaratorische Bedeutung. In Zweifelsfällen besteht die Möglichkeit, aus Gründen der Rechtssicherheit das neue Datum einvernehmlich festzuschreiben oder ggf. gerichtlich klären zu lassen.
Ob das Einverständnis vor Ablauf der ursprünglichen Befristung erklärt werden muss (so z. B. Boemke, Anmerkung zu LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 26.02.2015 - 5 Sa 166/14 -, jurisPR-ArbR 28/2015 Anm. 3; ErfK/Müller-Glöge, 15. Aufl. 2015, § 2 WissZeitVG, Rn. 17), kann dahinstehen. Die Klägerin hat ihr Einverständnis jedenfalls noch vor Vertragsablauf konkludent erklärt. Das beklagte Land hat in dem Schreiben vom 28.07.2011 ausdrücklich auf den Verlängerungstatbestand des § 2 Abs. 5 WissZeitVG hingewiesen, das neue Beendigungsdatum berechnet und über die Erforderlichkeit des Einverständnisses belehrt. Die Klägerin hat in Kenntnis dieser Verlängerungsmitteilung die Arbeit nach Ablauf der Elternzeit Anfang 2013 wieder aufgenommen und fortgeführt, ohne in irgendeiner Weise deutlich zu machen, dass sie ihr Einverständnis nicht erteilen möchte. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, die darauf schließen lassen, sie wolle den gesetzlichen Verlängerungstatbestand eben doch nicht nutzen, sondern das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2013 beenden. Vielmehr ließ sie sich weiterhin widerspruchslos in die Abläufe der Fakultät einplanen und einbinden bzw. plante selbst Termine und Arbeiten über den 31.12.2013 hinaus. Die Klägerin hatte erkennbar den Willen, das Arbeitsverhältnis über den 31.12.2013 hinaus fortzusetzen und von den Verlängerungsmöglichkeiten des § 2 Abs. 5 WissZeitVG, so wie im Schreiben vom 28.07.2011 mitgeteilt, Gebrauch zu machen. Einwände gegen die Befristung hat sie erst mit dem Schreiben vom 16.01.2014 erhoben, nicht jedoch um ein ggf. fehlgedeutetes Einverständnis zur Verlängerung nach dem WissZeitVG zurückzuziehen, sondern um den Wechsel in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu erreichen.
Ob und wann die Personalabteilung der Universität hiervon erfahren hat, ist unerheblich. Es genügt, wenn das Einverständnis vorliegt. Auf den Zugang bei einer zum Vertragsschluss bevollmächtigten Person kommt es nicht an, da hierauf verzichtet werden kann (vgl. § 151 BGB).
Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Klägerin zu tragen. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.