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10.09.2015 · IWW-Abrufnummer 179493

Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 05.05.2015 – 12 Sa 1154/14


Tenor:
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgericht Köln vom 16.08.2011 - 14 Ca 10177/10 - abgeändert und


1. festgestellt, dass der Kläger über den 01.09.2009 hinaus einen Anspruch auf monatliche Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung in Höhe 990,37 € hat;


2. die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.025,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 68,37 seit dem 01.10.2009, 01.11.2009, 01.12.2009, 01.01.2010, 01.02.2010, 01.03.2010, 01.04.2010, 01.05.2010, 01.06.2010, 01.07.2010, 01.08.2010, 01.09.2010, 01.10.2010, 01.11.2010 und 01.12.2010 zu zahlen;


3. die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 478,59 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 68,37 seit dem 01.01.2011, 01.02.2011, 01.03.2011, 01.04.2011, 01.05.2011, 01.06.2011, 01.07.2011 zu zahlen;


4. die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere1.640,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 68,37 seit dem 01.08.2011, 01.09.2011, 01.10.2011, 01.11.2011, 01.12.2011, 01.01.2012, 01.02.2012, 01.03.2012, 01.04.2012, 01.05.2012, 01.06.2012, 01.07.2012, 01.08.2012, 01.09.2012, 01.10.2012, 01.11.2012, 01.12.2012, 01.01.2013, 01.02.2013, 01.03.2013, 01.04.2013, 01.05.2013, 01.06.2013 und 01.07.2013 zu zahlen;


5. die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere1.162,29 € nebst Zinsen in Höhe von5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 68,37 seit dem 01.08.2013, 01.09.2013, 01.10.2013, 01.11.2013, 01.12.2013, 01.01.2014, 01.02.2014, 01.03.2014, 01.04.2014, 01.05.2014, 01.06.2014, 01.07.2014, 01.08.2014, 01.09.2014, 01.10.2014, 01.11.2014 und 01.12.2014 zu zahlen.


II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.


III. Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.



Der am 1933 geborene Kläger war vom 20.04.1953 bis zum 31.12.1996 bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund eines Schreibens der Beklagten vom 06.11.1995, wonach der Kläger zum 31.12.1996 aus dem Unternehmen ausscheiden sollte. Der Kläger erklärte sich am 09.11.1995 damit einverstanden (Anlage 1, Bl. 70 d.A.).



Die Beklagte sagte dem Kläger Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den Richtlinien für betriebliche Altersversorgung (Fassung vom 06.05.1968) für Arbeiter und Angestellte (im Folgenden: RL 68). Die RL 68 bestimmen unter anderem:

"I. Art der Versorgungsleistungen Wir gewähren nach Erfüllung der Wartezeit 1. Erwerbsunfähigkeitsrente 2. Altersrente 3. Witwenrente 4. Waisenrente II. Wartezeit Die Wartezeit ist erfüllt, wenn der Arbeiter oder Angestellte eine anrechnungsfähige Dienstzeit von 10 Jahren in unserem Unternehmen abgeleistet hat. In besonderen Fällen, z. B. bei Unfalltod oder Unfallerwerbsunfähigkeit kann die Wartezeit herabgesetzt werden. III. Anrechnungsfähige Dienstzeit Anrechnungsfähig sind solche Dienstjahre, die der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines20. Lebensjahres und vor Vollendung seines65. Lebensjahres ununterbrochen in unserem Unternehmen abgeleistet hat. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von weniger als 6 Monaten bleiben unberücksichtigt, es sei denn, dass der Arbeitgeber oder Angestellte dieses Dienstjahr noch voll ableistet. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von mehr als 6 Monaten gelten als volle Jahre. IV. Voraussetzungen für die einzelnen Leistungsarten Es werden gewährt 1. Erwerbsunfähigkeitsrente, wenn der Arbeiter oder Angestellte infolge einer Erwerbsunfähigkeit im Sine der gesetzlichen Rentenversicherung aus unserem Unternehmen ausscheidet. Die Tatsache der Erwerbsunfähigkeit ist durch Vorlage eines Rentenbescheides des zuständigen Versicherungsträgers nachzuweisen. 2. Altersrente, wenn der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines 65. Lebensjahres aus unserem Unternehmen ausscheidet. (...) VI. Zahlungsweise Die Renten werden monatlich nachträglich gezahlt. (...) VIII. Höhe der Leistungen (...) B) Bei Angestellten: 1. a) Die Erwerbsunfähigkeits- und Altersrente beträgt bei Ablauf der Wartezeit monatlich 15 % des letzten Grundgehaltes und steigt für jedes nach Erfüllung der Wartezeit im Unternehmen abgeleistete anrechnungsfähige Dienstjahr um monatlich 1 % des letzten Grundgehaltes. Zum Grundgehalt rechnen auch die darüberhinausgehenden, regelmäßigen monatlichen Bezüge; jedoch nicht fallweise bezahlte Überstunden, Sondervergütungen, Abschlussvergütungen, Weihnachtsvergütungen und ähnliche nicht regelmäßig Bezüge. (...) 2. a) Die Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt begrenzt: Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Jahren auf65 % des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,75 % bis zu höchstens80 % bei 45 Dienstjahren. Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilliger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unberücksichtigt. b) Unabhängig von der Bestimmung in 2 a) wird die betriebliche Rente in jedem Fall mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von40 % der gemäß 1) ermittelten Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente gewährt. (...)"



In einem von der Beklagten und dem Betriebsrat unterschriebenen Aushang vom 10. Dezember 1986 wurde Folgendes bekanntgegeben:

"Gewährung von Betriebsrenten Die C GmbH gewährt abweichend vom Wortlaut der Altersversorgungszusagen die Firmenrente auch schon vor dem Erreichen des65. Lebensjahres, ohne versicherungsmathematische Abschläge vorzunehmen. Im Rahmen der steuerlichen Betriebsprüfung ist verlangt worden, die Altersversorgungszusagen entsprechend zu ändern. Aus diesem Grunde werden die Richtlinien für die betriebliche Altersversorgung in den Fassungen vom 06.05.1968 und 01.01.1974 wie folgt ergänzt: IV. 2. Die Altersrente wird gezahlt, wenn der Mitarbeiter nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Dienstverhältnis mit der C ausscheidet. Sie wird auch gezahlt, wenn der Mitarbeiter vorher ausscheidet und Altersruhegeld oder vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. In diesen Fällen werden keine versicherungsmathematischen Abschläge vorgenommen."



Mit Schreiben vom 07.05.1993 schlossen der Betriebsrat und die Beklagte eine Betriebsvereinbarung, mit der die wirtschaftlichen Nachteile ausgeglichen und gemildert werden sollten, die für die Beschäftigte der Beklagten bei Durchführung des Interessenausgleiches vom 07.05.1993 entstehen. Darin ist unter Buchstabe E) das Folgende geregelt:

"E) Frühpensionierungen Für Mitarbeiter, die im Jahre des Ausscheidens das 55. Lebensjahr vollendet haben bzw. vollenden, geltend die folgenden Regelungen: Das Arbeitsverhältnis wird durch Aufhebungsvertrag oder durch Kündigung durch CF beendet. (...) Bei gewerblichen Arbeitnehmern und Tarifangestellten, deren Altersversorgung sich nach der Altersversorgungsrichtlinie von 1974 richtet, wird die Firmenrente zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechnet. Hierbei wird die Zeit bis zum frühestmöglichen Zeitpunkt, zu dem Sozialversicherungsrente erlangt werden kann, als Dienstzeit berücksichtigt. Bei Tarifangestellten, deren Altersversorgung sich nach der Altersversorgungsrichtlinie in der Fassung von 1968 richtet sowie bei Außertarifangestellten erfolgt die Berechnung der Anwartschaft gemäß § 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung. Als rechnerische Obergrenze wird nicht das 65., sondern das vollendete 63. Lebensjahr zugrundegelegt. Mitarbeiter, denen aus persönlichen oder verhaltensbedingten Gründen gekündigt wird, erhalten keine Leistungen. Dasselbe gilt für Mitarbeiter, die bereits berechtigt sind, eine Sozialversicherungsrente in Anspruch zu nehmen. Sie erhalten jedoch die Leistungen nach E), Absatz 8."



Am 04.12.1993 fasste eine betriebliche Einigungsstelle zur Änderung der betrieblichen Altersversorgung bei der Beklagten folgenden Spruch:

"Spruch Die Berechnungsvorschrift in Abschnitt VIII B Ziffer 2 a der "Richtlinien für die Betriebliche Altersversorgung (Fassung vom 06.05.1968) für Arbeiter und Angestellte (TA)" wird wie folgt geändert: 2.a) Die Bezüge der Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt begrenzt: Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Jahren auf 59 % des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,6 % bis zu höchstens 71 % bei 45 Dienstjahren. Bezüge der Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilliger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unberücksichtigt. b) Unabhängig von der Bestimmung in 2. a) wird die betriebliche Rente in jedem Falle mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von 40 % der gemäß 1. Ermittelten Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente gewährt; sie darf jedoch zusammen mit der Sozialversicherungsrente 100 % des pensionsfähigen Nettoentgelts nicht überschreiten."



Begründet wurde der Spruch der Einigungsstelle unter anderem mit der eingetretenen planwidrigen Überversorgung, wodurch die Geschäftsgrundlage der Richtlinie 68 weggefallen sei.



Mit Schreiben vom 14.02.1997 (Anlage 4, Bl. 99 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Kläger einen Anspruch auf eine Werkrente in Höhe von 1.812,00 DM habe. Diesem Schreiben fügte die Beklagte eine Berechnung der Betriebsrente bei. Am 21.09.2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Neuberechnung seiner Werksrente zu erfolgen habe, da das Bundesarbeitsgericht in einem vergleichbaren Fall entschieden habe, dass zunächst nicht berücksichtigte übertarifliche Entgeltbestandteile in die Betriebsrentenberechnung einfließen müssten (Anlage 5, Bl. 101 f. d. A.). Der Kläger habe nunmehr ab 01.01.1997 einen Anspruch auf eine Betriebsrente in Höhe von 1.937,00 DM.



Ab dem Fälligkeitstermin vom 01.09.2009 zahlte die Beklagte dem Kläger nur noch eine monatliche Altersrente in Höhe von 922,00 €, worauf sie ihn mit Schrieben vom 31.07.2009 (Bl. 4 f. d. A.) hinwies. Die Reduzierung des Auszahlungsbetrages beruhte darauf, dass die Beklagte nunmehr eine mögliche anrechnungsfähige Beschäftigungszeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zugrunde legte, die anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung fiktiv auf die bei einer Inanspruchnahme ab der Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbaren Rente hochrechnete und den sich ergebenden Betrag im Verhältnis der tatsächlichen zu der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum 65. Lebensjahr kürzte.



Mit seiner der Beklagten am 15.01.2011 zugestellten Klage hat der Kläger eine monatliche Altersrente in Höhe von 990,97 € sowie die Zahlung der rückständigen Beträge ab 01.09.2009 in Höhe von insgesamt 1.025,55 € verlangt.



Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nicht zur Neuberechnung seiner Betriebsrente berechtigt. Die Berechnung der Rente sei aufgrund jahrzehntelanger betrieblicher Übung vorgenommen worden. Er hat behauptet, mindestens seit 1970 seien Männer mit 63 Jahren ohne Abschläge auf die Betriebsrente aus dem Betrieb ausgeschieden. Dies sei auch in allen Sozialplänen so gehandhabt worden. Zudem sei die ihm bei seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zur Kenntnis gebrachte Berechnung vom 14.02.1997 Basis seiner Entscheidung gewesen, mit 63. Jahren in Rente zu gehen.



Mit Schriftsatz vom 12.07.2011 hat der Kläger die Klage erweitert.



Erstinstanzlich hat der Kläger zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass er über den 01.09.2009 hinaus einen Anspruch auf monatliche Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 990,37 € hat; 2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.025,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 68,37 € seit dem 01.10.2009, 01.11.2009, 01.12.2009, 01.01.2010, 01.02.2010, 01.03.2010, 01.04.2010, 01.05.2010, 01.06.2010, 01.07.2010, 01.08.2010, 01.09.2010, 01.10.2010, 01.11.2010 und 01.12.2010 zu zahlen; 3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 478,59 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 68,37 € seit dem 01.01.2011, 01.02.2011, 01.03.2011, 01.04.2011, 01.05.2011, 01.06.2011, 01.07.2001 zu zahlen.



Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.



Die Beklagte hat behauptet, die Neuberechnung der Betriebsrente des Klägers sei erforderlich gewesen, da sie davon ausgegangen sei, der Begriff der Altersgrenze beziehe sich nicht auf die Versorgungszusage, sondern auf die im Rentenversicherungsrecht vorgesehenen Altersgrenzen. Dies habe dazu geführt, dass bei den Mitarbeitern, die bis zu der vorzeitigen Inanspruchnahme der Betriebsrente betriebstreu gewesen seien, wegen des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis vor der Vollendung des 65. Lebensjahres eine zeitratierliche Kürzung des Betriebsrentenanspruchs nicht vorgenommen worden sei. Aus dem gleichen Grund sei auch keine fiktive Hochrechnung der Sozialversicherungsrente erfolgt.



Mit ihrer Neuberechnung vollziehe sie nunmehr die geänderte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach. Sie hat die Ansicht vertreten, ein Anspruch auf betriebliche Übung begründe das bisherige Verhalten der Beklagten nicht, da bloßer Normenvollzug vorliege.



Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 16.08.2011 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch aus betrieblicher Übung. Zwar habe die Beklagte die Berechnung der Betriebsrente in der Vergangenheit anders vorgenommen als sie durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nahegelegt worden sei. Dies habe aber nicht zu einer entsprechenden Selbstbindung geführt. Das gleiche gelte für das Schreiben vom 14.02.1997, mit dem die Beklagten dem Kläger die Höhe der Betriebsrente bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mitgeteilt habe. Die nunmehr mit ihrem Schreiben vom 31.07.2009 vorgenommene Berechnung der monatlichen Betriebsrente auf 922,00 € sei zutreffend. Der Kläger nehme eine vorzeitige Altersrente in Anspruch, da er mit seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres und damit vor Eintritt des Versorgungsfall gemäß Ziffer IV 2. der RL 68 bezogen habe.



Gegen dieses dem Kläger am 01.09.2011 zugestellte Urteil hat er am 29.09.2011 Berufung eingelegt, die er mittels eines am 31.10.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangen Schriftsatz begründet hat.



Der Kläger meint, eine Kürzung der Betriebsrente entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG könne nicht erfolgen. Er hat behauptet, bei der Beklagten sei schon immer das Rentenalter 63 maßgeblich gewesen. In allen Sozialplänen seien die zusätzlich vereinbarten Leistungen stets mit dem Rentenalter 63 verbunden worden. Schließlich habe auch die Beklagte den Kläger mit einem einjährigen Vorlauf angeschrieben und ihn auf die Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente mit 63 Jahren hingewiesen. Auch in diesem Schreiben werde ausdrücklich das 63. Lebensjahr als maßgebliche Altersgrenze genannt. Er ist der Ansicht, der Anspruch folge auch aus betrieblicher Übung. Jedenfalls ergebe sich der Anspruch aber aus einer Auslegung der Versorgungsordnung RL 68 unter Berücksichtigung des Aushangs vom 10.12.1986. Da er unmittelbar nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten vorgezogenes Altersruhegeld bezogen habe, folge die Berechnung seiner Betriebsrente aus der eigenständigen Regelung des VII. B 1 a), 2 a) und b) der RL 68.



Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.08.2011 - 14 Ca 10177/10 -, abzuändern und 1. festzustellen, dass er über den 01.09.2009 hinaus einen Anspruch auf monatliche Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 990,37 € hat; 2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.025,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 68,37 € seit dem 01.10.2009, 01.11.2009, 01.12.2009, 01.01.2010, 01.02.2010, 01.03.2010, 01.04.2010, 01.05.2010, 01.06.2010, 01.07.2010, 01.08.2010, 01.09.2010, 01.10.2010, 01.11.2010 und 01.12.2010 zu zahlen; 3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 478,59 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 68,37 € seit dem 01.01.2011, 01.02.2011, 01.03.2011, 01.04.2011, 01.05.2011, 01.06.2011, 01.07.2001 zu zahlen; 4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.640,88 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen p. a. über Basiszinssatz aus jeweils 68,37 € seit dem 01.08.2011, 01.09.2011, 01.10.2011, 01.11.2011, 01.12.2011, 01.01.2012, 01.02.2012, 01.03.2012, 01.04.2012, 01.05.2012, 01.06.2012, 01.07.2012, 01.08.2012, 01.09.2012, 01.10.2012, 01.11.2012, 01.12.2012, 01.01.2013, 01.02.2013, 01.03.2013, 01.04.2013, 01.05.2013. 01.06.2013 und 01.07.2013 zu zahlen; 5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.162,29 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen p. a. über Basiszinssatz aus jeweils 68,37 € seit dem 01.08.2013, 01.09.2013, 01.10.2013, 01.11.2013, 01.12.2013, 01.01.2014, 01.02.2014, 01.03.2014, 01.04.2014, 01.05.2014, 01.06.2014, 01.07.2014, 01.08.2014, 01.09.2014, 01.10.2014, 01.11.2014 und 01.12.2014 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.



Die Beklagte ist der Auffassung, dem Aushang vom 10. Dezember 1986 könne lediglich der Verzicht auf versicherungsmathematische Abschläge bei der vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente entnommen werden. Dies habe das Bundesarbeitsgericht auch in seiner Entscheidung vom 10. Dezember 2013 (3 AZR 832/11, [...], Rz. 65), die nochmals mit Urteil vom 12.08.2014 (3 AZR 194/12, [...], Rz. 54) bestätigt worden sei, ausdrücklich so gesehen. Bereits aus dem Wortlaut des Aushangs ergebe sich, dass dieser allein auf das Betreiben des Wirtschaftsprüfers sowie allein wegen der nicht vorgenommenen versicherungsmathematischen Abschläge bei der vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente erfolgt sei. Dies sei Sinn und Zweck des Aushangs gewesen. Die Beklagte habe kein eigenständiges oder besonderes Versorgungsversprechen konzipieren wollen. Denn schon lange vor dem Datum des Aushangs habe die Beklagte nach § 6 BetrAVG die Zahlung von Firmenrenten auch schon vor Erreichung des 65. Lebensjahres geschuldet.



Einer Auslegung des Aushangs als Versorgungszusage stehe auch dessen Wortlaut entgegen. Der Versorgungsfall sei gekennzeichnet durch die Formulierung "es werden gewährt", während demgegenüber im zweiten Satz lediglich davon die Rede sei "wird gezahlt". Daraus folge, dass nur ein abstrakter Zahlungsfall aufgeführt worden sei, ohne einen Rechtsgrund für die Zahlung zu schaffen. Zudem sei erforderlich, dass ein Verzicht auf eine § 2 Abs. 1 BetrAVG entsprechende Quotierung deutlich in der Versorgungsregelung zum Ausdruck gebracht werden müsse. Dies sei jedoch in der RL 68 nicht geschehen.



Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des gegenseitigen Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind, sowie das Sitzungsprotokoll verwiesen.



Entscheidungsgründe



Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.



A. Die Berufung des Klägers ist nach §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b) ArbGG statthaft und wurde gemäß §§ 66 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet.



B. Die Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger auch über den 31.08.2009 hinaus eine monatliche Altersrente in Höhe von 990,37 € zu zahlen.



I. Die in der Berufungsinstanz erfolgte Klageerweiterung ist zulässig. Es liegt ein Fall des § 264 Nr. 2 ZPO i. V. m. § 525 Satz 2 ZPO, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG vor, bei dem schon nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung eine Antragsänderung nicht als Klageänderung anzusehen ist. Diese gesetzliche Definition des Begriffs der Klageänderung gilt auch in der Berufungsinstanz (vgl. BAG, 28.10.2008, 3 AZR 903/07 [...], Randnummer 21). § 264 Nr. 2 ZPO bestimmt, dass keine Klageänderung u.a. dann vorliegt, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache erweitert wird. So liegt der Fall hier. Der Kläger begehrt aufgrund desselben Tatsachenkomplexes für weitere Monate die Nachzahlung seiner Betriebsrente.



II. Die Klage ist zulässig.



Dies gilt insbesondere auch für den Klageantrag zu 1). Die Voraussetzungen des § 256 ZPO sind erfüllt.



Der Antrag ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses i. S. d. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie - wie vorliegend - auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 15. Mai 2012, 3 AZR 11/10, [...], Randziffer 19).



Soweit der Feststellungsantrag sich auf die Zeit vom 01.09.2009 bis zum 30.11.2014 bezieht, handelt es sich um eine Zwischenfeststellungsklage im Sinne des § 256 Abs. 2 ZPO, für die ein besonderes Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO nicht erforderlich ist. Im Übrigen hat der Kläger ein Interesse an der begehrten Feststellung, da die Beklagte ihre Verpflichtung zur Zahlung einer Betriebsrente in Höhe von 990,37 € bestreitet.



III. Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger auch weiterhin eine monatliche zusätzliche Altersrente in Höhe von 990,37 € zu zahlen. Daher schuldet die Beklagte dem Kläger für die Monate August 2009 bis November 2014 eine rückständige Betriebsrente in Höhe von 68,37 € monatlich. Die Neuberechnung der Altersrente des Klägers entspricht nicht den Vorgaben der Richtlinie 68 in der Fassung des Aushangs vom 10.12.1986 (im Folgenden: RL 68). Die Beklagte ist nicht berechtigt, bei der Berechnung der Altersrente des Klägers nach IV Nr. 2 Satz 2 RL 86 in Verbindung mit § 6 BetrAVG die fiktiv auf die Vollendung des 65. Lebensjahres hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen und eine Quotierung entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG durchzuführen.



1. Die Altersrente des Klägers berechnet sich nach IV Nr. 2 Satz 2 in Verbindung mit VIII B) Nr. 1 a) und Nr. 2 b) der in RL 86 getroffenen Regelung und entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts unter entsprechender Anwendung von § 2 BetrAVG.



a Die vom Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 23.01.2001 (3 AZR 164/00) entwickelten allgemeinen Grundsätze des Betriebsrentenrechts, nach denen der Arbeitgeber berechtigt ist, eine Quotierung entsprechend § 2 BetrAVG wegen der fehlenden Betriebszugehörigkeit und gegebenenfalls eine weitere Kürzung wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme vorzunehmen, finden bereits deshalb keine Anwendung, weil sie nur für die Berechnung der Höhe der Leistung der betrieblichen Altersvorsorge bei vorgezogener Inanspruchnahme der Betriebsrente nach vorzeitigem Ausscheiden gelten. Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben. Der Erblasser ist nicht vorzeitig ausgeschieden. Er schied erst mit Eintritt des in IV Nr. 2 Satz 2 RL 86 geregelten Versorgungsfall mit Ablauf des 31.12.1996 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagte aus und hat ab dem 01.01.1997 im Alter von 63 Jahren die gesetzliche Altersrente als Vollrente und die Altersrente nach der RL 86 vorgezogen in Anspruch genommen. Bei dem durch den Aushang des Jahres 1986 in die RL 68 eingefügten Satz 2 des IV Nr. 2 handelt es sich um einen Versorgungsfall. Zwar hängt es vom Rechtscharakter der RL 86 ab, welche Auslegungsgrundsätze anzuwenden sind. Beide Auslegungsmethoden führen jedoch zu demselben Ergebnis.



aa. Betriebsvereinbarungen sind nach den für Gesetze und Tarifverträge geltenden Grundsätzen auszulegen. Dabei ist vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn auszugehen. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Betriebsparteien geben kann. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. etwa BAG, 9. Oktober 2012, 3 AZR 539/10, [...], Rz. 21; BAG, 14. Dezember 2010, 3 AZR 939/08, [...], Rz. 18 mwN).



bb. Eine Gesamtzusage ist als an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtete Erklärung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind. (vgl. etwa BAG, 15. Mai 2012, 3 AZR 610/11, [...], Rz. 51; BAG, 11. November 2014, 3 AZR 848/11, [...], Rz. 36).



b. Die Auslegung der RL 68 in der Fassung des Aushangs vom 10. Dezember 1986 (also RL 86) führt nach beiden Grundsätzen zu dem Ergebnis, dass IV Nr. 2 Satz 2 einen eigenständigen Versorgungsfall darstellt.



aa. Mit dem Aushang wurde die Richtlinie 68 um zweiweitere Sätze ergänzt und damit auch inhaltlich verändert. Nach der sprachlichen Fassung beschränkt sich der Aushang nicht alleine darauf festzustellen, dass im Falle der vorzeitigen Inanspruchnahme des Altersruhegeldes keine versicherungsmathematischen Abschläge vorgenommen werden. Vielmehr wird durch den Aushang in den Wortlaut der Versorgungsordnung eingegriffen, in dem neben dem bereits geregelten Versorgungsfall (Vollendung des 65. Lebensjahres) ausdrücklich ein weiterer Versorgungsfall eingefügt wird. Dem steht auch nicht entgegen, dass nunmehr formuliert wird "Sie wird auch gezahlt". Es erfolgt in der RL 68 sowie dem Aushang vom 10.12.1986 keine einheitliche Unterscheidung zwischen den Verben "Gewähren" oder "Zahlen" bezogen auf die beiden Fälle der Inanspruchnahme der Altersrente. Denn in dem Einleitungssatz des Aushangs wird ausdrücklich formuliert: "Die Chemische Fabrik Kalk GmbH gewährt abweichend vom Wortlaut der Altersversorgungszusagen die Firmenrente auch schon vor Erreichen des 65. Lebensjahres (...)." Die im Übrigen andere sprachliche Formulierung ist darüber hinaus den Besonderheiten einer Inanspruchnahme einer Firmenrente gemäß § 6 BetrAVG geschuldet.



bb. Dem stehen auch nicht die Entscheidungen des BAG vom 10. Dezember 2013 (3 AZR 832/11, [...], Rz. 65) sowie vom 12.08.2014 (3 AZR 194/12, [...], Rz. 54) entgegen. Dort führte das Bundesarbeitsgericht im Rahmen eines Anspruch aus der betrieblicher Übung aus, dass aus dem Aushang vom 10. Dezember 1986 die später mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschiedenen Arbeitnehmer nicht schließen könnten, dass die Beklagte bei der Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente bewusst zu ihren Gunsten von den Bestimmungen in der BV 93 abweichen und von der Ermittlung der fiktiven Vollrente bezogen auf das 63. Lebensjahr unter Anrechnung der auf diesen Zeitpunkt fiktiv hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung absehen wollte. Der Aushang betreffe ausdrücklich nur den Verzicht auf versicherungsmathematische Abschläge bei der vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente. Gleichwohl steht dies nicht einer Auslegung des mit dem Aushang eingefügten Zusatzes als Versorgungsfall für diejenigen Mitarbeiter entgegen, die bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme betriebstreu geblieben sind. Dies ergibt sich aus dem mit dem Aushang vom 10.12.1986 erkennbar verfolgten Regelungszweck.



Die aus der Zeit vor Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610) stammenden RL 68 waren durch die Einführung von § 6 BetrAVG zum 22. Dezember 1974 lückenhaft geworden. IV Nr. 2 RL 68 bestimmte lediglich, dass der Arbeitnehmer eine Altersrente erhält, wenn er nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Unternehmen ausscheidet. Nach VIII B Nr. 1 RL 68 hing die Höhe dieser Altersrente von der Anzahl der anrechnungsfähigen Dienstjahre ab. Danach betrug die mit Vollendung des 65. Lebensjahres zu zahlende Altersrente nach Ablauf der Wartezeit 15 % des letzten Grundgehalts und stieg für jedes weitere anrechnungsfähige Dienstjahr um 1 %. Demgegenüber regelten die RL 68 nicht, wie sich die nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch genommene Altersrente des gleichzeitig aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausscheidenden Arbeitnehmers berechnete. Die Beklagte war daher - unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats - befugt, die wegen des vorzeitigen und möglicherweise längeren Rentenbezugs in der Versorgungsordnung entstandene Lücke an die geänderte Rechtslage anzupassen. Dies ist durch den Aushang vom 10. Dezember 1986 geschehen. Wie sich aus dem Aushang ergibt, sollte durch die Ergänzung der RL 68 der in § 6 BetrAVG geregelte Versorgungsfall ausdrücklich in IV Nr. 2 der RL 68 aufgenommen werden. Gleichzeitig wurde dadurch die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente nach § 6 BetrAVG - einschließlich des Verzichts auf versicherungsmathematische Abschläge in diesen Fällen - in den RL 68 geregelt und damit die bis dahin vorhandene Lücke in den RL 68 geschlossen (vgl. BAG, 11. November 2014, 3 AZR 191/12, [...], Rz. 32).



cc. Ferner hat die Beklagten auch einem Teil der Mitarbeiter, die unter die Betriebsvereinbarung 1993 fielen und eine Versorgungszusage nach der RL 68 erhalten hatten, zugesagt, dass bei der Berechnung der Werksrente das vollendete 63. Lebensjahr als rechnerische Obergrenze maßgeblich sei. Auch wenn der Kläger von diesen Regelungen, aufgrund seiner Berechtigung Sozialversicherungsrente in Anspruch zu nehmen, ausgeschlossen war, hätte dies im Falle des Klägers zu dem gleichen Ergebnis geführt, wie wenn man die im Aushang erfolgte Ergänzung des IV Nr. 2 der RL 68 als eigenständigen Versorgungsfall auslegt. Eine Kürzung der Betriebsrente bei einem Verbleiben im Betrieb bis zum 63. Lebensjahr ist in beiden Varianten unschädlich. Das Auslegungsergebnis fügt sich daher auch in das generelle Versorgungskonzept der Beklagten ein.



dd. Mit dem durch den Aushang vom 10. Dezember 1986 eingefügten Satz 2 des IV Nr. 2 verspricht die Beklagte eine Altersrente, wenn der Mitarbeiter ausscheidet und Altersruhegeld oder vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. An die Stelle der bisher genannten Altersgrenze (Vollendung des 65. Lebensjahres) treten durch Bezugnahme die weiteren Altersgrenzen der gesetzlichen Rentenversicherung zur Gewährung von Altersruhegeld (vgl. dazu BAG, 25. Oktober 1988, 3 AZR 598/86, [...], Rz. 43). Damit sieht die Versorgungszusage vor, dass der begünstigte Arbeitnehmer grundsätzlich zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Vollendung des 65. Lebensjahres mit einer ungekürzten Betriebsrente in den Ruhestand treten kann (vgl. BAG, 23. Januar 2001, 3 AZR 164/00, [...], Rz. 18).



Da der Kläger aufgrund der Versorgungsordnung der Beklagten bereits mit Vollendung des 63. Lebensjahres die Betriebsrente beanspruchen konnte, läuft § 6 BetrAVG in seinem Fall ins Leere. Das gesetzliche Recht, vor Vollendung des 65. Lebensjahres Betriebsrente verlangen zu können, ist für ihn gegenstandslos; er darf es schon nach der Versorgungsordnung (BAG, 25.10.1988, 3 AZR 598/86, [...], Rz. 48).



b. Eine entsprechende Anwendung von § 2 BetrAVG ist auch nicht aus anderen Gründen veranlasst. Die Berechnung der nach § 6 BetrAVG vorgezogenen in Anspruch genommenen Betriebsrente eines bis dahin betriebstreuen Arbeitnehmers entsprechend § 2 BetrAVG kommt nur in Betracht, wenn die Versorgungsordnung selbst keine Regelung zur Berechnung der Betriebsrente bei vorgezogener Inanspruchnahme enthält. Die Höhe der Altersrente bei vorgezogener Inanspruchnahme der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist vorliegend jedoch in IV Nr. 2 Satz 3 und VIII B Nr. 1 a) und Nr. 2 b) Richtlinie 86 eigenständig und abschließend geregelt. Der durch das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 11.11.2014 (3 AZR 191/12 [...], Randziffer 23 ff.) gefundenen Auslegung schließt sich die Kammer ausdrücklich an. Daraus folgt, dass die Versorgungsordnung dem Umstand der verkürzten Betriebszugehörigkeit sowie dem längeren Bezug der Altersrente bei vorgezogener Inanspruchnahme nach § 6 BetrAVG nicht mit einer entsprechende Anwendung von § 2 BetrAVG unter Einführung versicherungsmathematischer Abschläge Rechnung tragen wollte, sondern ausschließlich dadurch, dass die Jahre zwischen dem Ausscheiden des Arbeitnehmers und dem 65. Lebensjahr als anrechnungsfähige Dienstjahre unberücksichtigt bleiben.



3. Dies führt im Rahmen der vorgesehenen Gesamtversorgung dazu, dass die vom Kläger tatsächlich bezogene, nach den Richtlinien 86 anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt wird. Danach hat die Beklagte dem Kläger bis zum 31.08.2009 zu Recht eine monatliche Altersrente in Höhe von 990,37 € gezahlt. Dieser Betrag stand ihm auch über den 31.08.2009 hinaus zu. Die Beklagte hat die dem Kläger zustehende Altersrente mit Schreiben vom 21.09.2000 zutreffend berechnet. Der Erblasser hatte mit Eintritt des Versorgungsfalls am 01.01.1997 gemäß IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinie 86 in der Fassung nach dem Spruch der Einigungsstelle vom 04.12.1993 einen Anspruch auf Altersrente gerundet auf 1.937,00 DM.



Der Kläger hat vom 20.04.1953 bis zum 31.12.1996 53 mögliche Dienstjahre bei der Beklagten zurückgelegt. Damit belief sich die Altersrente bei Zugrundelegung eines pensionsfähigen Gehalts von 7.575,00 DM auf 48 % dieses Betrages, mithin 3.636,00 DM (15 % für die ersten 10 Jahre und die 1 % für jedes weitere Jahr). Ausgehend von 43 Dienstjahren ergab sich nach VIII B Nr. 2 a) Richtlinie 86 in der Fassung des Spruchs der Einigungsstelle vom 04.12.1993 eine Gesamtversorgungsobergrenze von 69,8 % (59 % für die ersten 25 Dienstjahre und 0,6 % für jedes weitere Dienstjahr), mithin ein Betrag von 5.287,35 DM (69,8 % von 7.575,00 DM). Bei Eintritt in den Ruhestand am 01.01.1997 hat der Kläger aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente in Höhe von 3.351,18 DM bezogen auf die maximale Gesamtversorgung von 5.287,35 DM ist dieser Betrag anzurechnen. Daraus ergibt sich bei Eintritt des Versorgungsfalls am 01.01.1997 eine Altersrente in Höhe von 1.936,17 DM (gerundet auf 1.937 DM), was einem Betrag von 990,37 € entspricht.



IV. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 288 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB. Die nach Ziffer VI der RL 68 monatlich nachträglich zu zahlende Rente war erstmalig am 02.09.2009 fällig. Nach § 308 Abs. 1 ZPO sind dem Kläger daher die beginnend mit dem 01.10.2009 beantragten Zinsen zuzusprechen.



C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.



D. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen, da aufgrund der von der Beklagten erhobenen und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht beschiedenen Verfassungsbeschwerde noch nicht endgültig feststeht, ob die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 11.11.2014 (3 AZR 191/12), an der sich das vorliegende Urteil orientiert, Bestand haben wird.

Parallelentscheidung zu BAG, 11.11.2014, 3 AZR 191/14.

Vorschriften§ 2 Abs. 1 BetrAVG, § 6 BetrAVG, §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b) ArbGG, §§ 66 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 264 Nr. 2 ZPO, § 525 Satz 2 ZPO, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 256 ZPO, § 256 Abs. 2 ZPO, § 256 Abs. 1 ZPO, § 2 BetrAVG, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 288 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB, § 308 Abs. 1 ZPO, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG

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