03.09.2015 · IWW-Abrufnummer 179334
Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 04.03.2014 – 6 Sa 264/12
Eine Klausel in einem auf Initiative des Arbeitnehmers zustande gekommenen, jedoch von dem Arbeitgeber vorformulierten Aufhebungsvertrag, wonach die Parteien auf darüber hinaus gehenden Forderungen verzichten, benachteiligt den Arbeitnehmer nicht unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB auch wenn die von dem Arbeitnehmer aufgegebenen Ansprüche die des Arbeitgebers wirtschaftlich deutlich überwiegen.
Tenor:
A. Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungseinlegungs- und der Berufungsbegründungsfrist gewährt.
B. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 02.05.2012 - 4 Ca 1546/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird für die Klägerin soweit sie Vergütungsansprüche in Höhe von 21.206,31 Euro brutto nebst Zinsen geltend macht zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche der Klägerin nach Maßgabe des Equal-pay-Grundsatzes.
Die Klägerin war vom 10.06.2008 bis 30.09.2011 bei der Beklagten, einem Personaldienstleistungsunternehmen, als Produktionshelferin beschäftigt.
Die Rechtsbeziehungen der Parteien bestimmten sich u. a. nach dem Arbeitsvertrag vom 21.08.2008 (Bl. 8 bis 14 d. A.) sowie nach einem undatierten Arbeitsvertrag (Anlage K 5 - Bl. 18 f d. A.), der die Rechtsbeziehungen der Parteien seit 01.01. bzw. 01.04.2010 regelt.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin weitere Vergütung für den Zeitraum 10.06.2008 bis 30.09.2011 in Höhe von 21.206,31 Euro brutto geltend.
Im maßgeblichen Zeitraum war die Klägerin bei den M GmbH, der V GmbH F, der S Handelsgesellschaft mbH sowie der S als Leiharbeitnehmerin eingesetzt. Auf Basis der von ihr seit 08.06.2011 bei den vorgenannten Unternehmen eingeholten Auskünfte über die dort einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer gezahlte Vergütung errechnet die Klägerin den vorstehend genannten Bruttobetrag. Zu den weiteren Einzelheiten dieses Rechenwerkes wird auf die Anlage K 13 der Klageschrift (Blatt 36 bis 63 d. A.) verwiesen.
Weiter begehrt die Klägerin für die Jahre 2008 bis 2010 die Abgeltung von nicht in natura genommenen insgesamt 20 Urlaubstagen in Höhe von 1.506,89 Euro brutto. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Rechenwerkes wird auf die Klageschrift Seite 5 (Bl. 5 d. A.) verwiesen.
Nach erfolgloser vorprozessualer Geltendmachung mit Schreiben vom 04.11.2011 (Bl. 29 f d. A.) verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche mit der am 09.12.2011 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage weiter.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete zum 30.09.2011 aufgrund eines von den Parteien am 15.09.2011 geschlossenen Aufhebungsvertrages (Bl. 127 d. A.), dem der folgende Inhalt zukommt:
Auf Wunsch von Frau K., geboren am ...1967, wird der mit der Firma G geschlossene Arbeitsvertrag in gegenseitigem Einvernehmen zum 30.09.2011 beendet.
Frau K. erhält bis zum 30.09.2011 ihren Urlaub. Der restliche Urlaubsanspruch gilt als genommen.
Überstunden aus dem Arbeitszeitkonto werden mit der letzten ordentlichen Lohnzahlung zum 20.10.2011 abgerechnet und bezahlt.
Frau K. beräumt ihren Schrank und gibt ihre Arbeitssachen, ein Messer sowie den Spindschlüssel vom M bis zum 20.10.2011 ab.
Beide Parteien verzichten auf darüber hinaus gehende Forderungen.
Dieser Aufhebungsvertrag ist auf Initiative der Klägerin zustande gekommen, der aufgrund eines geplanten Arbeitgeberwechsels an einer kurzfristigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der für sie geltenden Kündigungsfrist gelegen war. Sie hat zu diesem Zweck am 15.09.2011 das Büro des Geschäftsführers der Komplementär GmbH der Beklagten aufgesucht und diesen um eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gebeten. Im Rahmen des sodann geführten Personalgespräches ist jedenfalls über die Abwicklung von Urlaubsansprüchen und den Ausgleich des Arbeitszeitkontos zwischen den Parteien gesprochen worden. Der Geschäftsführer hat die diesbezügliche Erörterung stichwortartig auf einem Notizzettel festgehalten und sodann den vorstehend zitierten Aufhebungsvertrag durch seine Sekretärin fertigen lassen. Im Anschluss daran erfolgte die Unterzeichnung des Vertrages durch beide Parteien. Ob im Rahmen des Personalgespräches auch über Ansprüche der Klägerin auf Equal-pay diskutiert worden ist, ist zwischen den Parteien streitig.
Die Klägerin hat hierzu behauptet, in dem Gespräch sei es hauptsächlich um die Regelung der noch offenen Urlaubsansprüche gegangen. Darüber hinaus sei über den Ausgleich des Arbeitszeitkontos gesprochen worden. Equal-pay-Ansprüche seien nicht Gegenstand des Gespräches gewesen. Allerdings sei dem Geschäftsführer bekannt gewesen, dass sie derartige Ansprüche vorbereite, da dieser von den Entleiherunternehmen über die von ihr eingeholten Auskünfte informiert worden sei. So habe der Geschäftsführer sie bereits im Juni 2011 deshalb angesprochen.
Bei Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages sei sie davon ausgegangen, dass sich die im letzten Absatz geregelte Ausgleichsklausel lediglich auf weitere Urlaubs- und Überstundenvergütungsansprüche beziehe.
Die Klägerin hat, nachdem die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit den vorgenannten Aufhebungsvertrag zur Akte gereicht hatte, mit Schriftsatz vom 15.03.2012 (Bl. 132 f d. A.) die in dem Aufhebungsvertrag enthaltene Verzichtsklausel wegen Irrtums angefochten. Sie hat weiter mit Schriftsatz vom 03.09.2012 (Bl. 227 f d. A.) ihre Willenserklärung, gerichtet auf den Abschluss des Aufhebungsvertrages insgesamt wegen arglistiger Täuschung angefochten. Hierzu vertritt sie die Auffassung, der Irrtum über die Reichweite der Ausgleichsklausel berechtige sie zur Anfechtung gemäß § 119 BGB. Darüber hinaus habe der Geschäftsführer sie aber auch arglistig i. S. d. § 123 BGB bei Abschluss des Aufhebungsvertrages durch Unterlassen getäuscht.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilt, an die Klägerin 22.713,20 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, auf 210,03 € seit dem 21. Juli 2008, auf weitere 655,91 € seit dem 21. August 2008, auf weitere 819,54 € seit dem 21. September 2008, auf weitere 328,12 € seit dem 21. März 2009, auf weitere 618,65 € seit dem 21. April 2009, auf weitere 725,08 € seit dem 21. Mai 2009, auf weitere 788,70 € seit dem 21. Juni 2009, auf weitere 597,87 € seit dem 21. Juli 2009, auf weitere 411,18 € seit dem 21. August 2009, auf weitere 552,72 € seit dem 21. September 2009, auf weitere 579,04 € seit dem 21. Oktober 2009, auf weitere 588,91 € seit dem 21. November 2009, auf weitere 568,70 € seit dem 21. Dezember 2009, auf weitere 711,77 € seit dem 21. Januar 2010, auf weitere 694,25 € seit dem 21. Februar 2010, auf weitere 553,00 € seit dem 21. März 2010, auf weitere 675,44 € seit dem 21. April 2010, auf weitere 707,87 € seit dem 21. Mai 2010, auf weitere 721,29 € seit dem 21. Juni 2010, auf weitere 641,60 € seit dem 21. Juli 2010, auf weitere 454,99 € seit dem 21. August 2010, auf weitere 623,88 € seit dem 21. September 2010, auf weitere 747,14 € seit dem 21. Oktober 2010, auf weitere 650,03 € seit dem 21. November 2010, auf weitere 605,36 € seit dem 21. Dezember 2010, auf weitere 736,96 € seit dem 21. Januar 2011, auf weitere 614,44 € seit dem 21. Februar 2011, auf weitere 526,40 € seit dem 21. März 2011, auf weitere 518,88 € seit dem 21. April 2011, auf weitere 593,78 € seit dem 21. Mai 2011, auf weitere 464,20 € seit dem 21. Juni 2011, auf weitere 573,95 € seit dem 21. Juli 2011, auf weitere 537,67 € seit dem 21. August 2011, auf weitere 579,09 € seit dem 21. September 2011, auf weitere 829,91 € seit dem 21. Oktober 2011, und auf weitere 1.506,89 € seit dem 18. Dezember 2011 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die von der Klägerin im Rahmen ihres Rechenwerkes angegebenen konkreten Einsatzzeiten sowie den Inhalt der von ihr eingeholten Auskünfte bei Entleiherunternehmen bestritten.
Sie hat darüber hinaus die Auffassung vertreten, die Ansprüche seien nach Maßgabe der in den jeweiligen Arbeitsverträgen in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussfristen bzw. gemäß § 14 des Arbeitsvertrages vom 21.08.2008 verfallen. Jedenfalls habe die Klägerin durch Abschluss des Aufhebungsvertrages in Form eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses auf die streitgegenständlichen Ansprüche wirksam verzichtet. Dem Geschäftsführer sei bei Abschluss des Aufhebungsvertrages keineswegs bekannt gewesen, dass die Klägerin konkret eine Klage auf Equal-pay-Vergütung beabsichtige. Allerdings seien in dem Personalgespräch auch Equal-pay-Ansprüche zur Sprache gekommen.
Der von der Klägerin auf dessen Wunsch hin gefertigte und unterzeichnete Aufhebungsvertrag erfasse - so hat die Beklagte weiter gemeint - auch die hier streitgegenständlichen Ansprüche. Sinn und Zweck der Regelung sei es gewesen, die Rechtsbeziehungen der Parteien umfassend und abschließend zu regeln. Ein Recht zur Anfechtung ihrer Willenserklärung wegen Irrtums stehe der Klägerin nicht zu. Ein möglicher Irrtum über die Rechtsfolgen ihrer Willenserklärung berechtige nicht zur Anfechtung.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 02.05.2012 die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob für die Klägerin Ansprüche auf Equal-pay entstanden seien. Diese seien jedenfalls aufgrund der im Aufhebungsvertrag vom 15.09.2011 vereinbarten umfassenden Ausgleichsklausel wieder erloschen. Hierbei handele es sich um ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis, das auch die streitgegenständlichen Ansprüche erfasse. Ein Anfechtungsrecht wegen Irrtums stehe der Klägerin zu. Die von ihr geltend gemachte Fehlvorstellung über den Umfang der Ausgleichsklausel stelle einen unbeachtlichen Rechtsfolgenirrtum dar. Ob die in dem Aufhebungsvertrag vereinbarte Ausgleichsklausel sich als unangemessene Benachteiligung der Klägerin i. S. d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB erweise, könne dahinstehen, da vorliegend eine Inhaltskontrolle nach Maßgabe der AGB-Vorschriften nicht vorzunehmen sei. Dem stehe § 310 Abs. 3 BGB entgegen. Nach dem sich bietenden Sachverhalt sei nicht davon auszugehen, dass die Klägerin auf den Inhalt des Aufhebungsvertrages keinen Einfluss nehmen konnte. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Blatt 151 bis 166 der Akte verwiesen.
Die vorgenannte Entscheidung ist der Klägerin am 28.05.2012 zugestellt worden. Sie hat zwecks Durchführung eines Berufungsverfahrens am 28.06.2012 einen PKH-Antrag gestellt und nach Bewilligung derselben mit Beschluss des Berufungsgerichts vom 06.09.2012 - der Klägerin zugegangen am 10.09.2012 - am 11.09.2012 gegen das vorgenannte Urteil Berufung eingelegt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und die Berufung sogleich begründet.
Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt sie ihr erstinstanzliches Klageziel weiter und vertritt hierzu ergänzend die Rechtsauffassung, dem Aufhebungsvertrag komme wegen der nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils erklärten weiteren Anfechtung der hierauf gerichteten Willenserklärung gem. § 123 Abs. 1 BGB keine Rechtswirksamkeit zu. Angesichts der Verhandlungssituation sei der Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Beklagten aufgrund der ihn treffenden Fürsorgepflicht verpflichtet gewesen, die Klägerin auf den Verlust möglicher Equal-pay-Ansprüche hinzuweisen. Die von der Klägerin beabsichtigte Durchsetzung jener Ansprüche sei dem Geschäftsführer zum damaligen Zeitpunkt bereits - so behauptet die Klägerin - bekannt gewesen. So habe der Geschäftsführer ihr, nachdem er von den Entleiherunternehmen über das Auskunftsverlangen informiert worden sei, in einem Personalgespräch am 16.06.2011 bei Verzicht auf Equal-pay-Ansprüche eine Lohnerhöhung angeboten.
Jedenfalls halte die Ausgleichsklausel einer AGB-Kontrolle nicht stand. Die Klausel sei vielmehr als unklar und überraschend einzustufen und belaste die Klägerin inhaltlich unangemessen. Das von der Beklagten gewährte Entgegenkommen in Form einer Verkürzung der für die Klägerin geltenden Kündigungsfrist um zwei Wochen stehe in keinem Verhältnis zu den von ihr nach Maßgabe der Verzichtsklausel aufgegebenen Equal-pay-Ansprüchen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts seien im vorliegenden Fall die Bestimmungen der §§ 305 ff BGB auch anwendbar, weil die Vertragsbedingungen durch die Beklagte in Person des Geschäftsführers ihrer Komplementär GmbH vorformuliert worden seien. In dem diesbezüglichen Personalgespräch sei - von der Beklagten nicht bestritten - über die in der Vertragsurkunde befindliche Ausgleichsklausel nicht gesprochen worden. Das Gespräch habe sich hauptsächlich um den Ausgleich noch offener Urlaubsansprüche gedreht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 02.05.2011 abzuändern und
die Beklagte zu verurteilt, an die Klägerin 22.713,20 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, auf 210,03 € seit dem 21. Juli 2008, auf weitere 655,91 € seit dem 21. August 2008, auf weitere 819,54 € seit dem 21. September 2008, auf weitere 328,12 € seit dem 21. März 2009, auf weitere 618,65 € seit dem 21. April 2009, auf weitere 725,08 € seit dem 21. Mai 2009, auf weitere 788,70 € seit dem 21. Juni 2009, auf weitere 597,87 € seit dem 21. Juli 2009, auf weitere 411,18 € seit dem 21. August 2009, auf weitere 552,72 € seit dem 21. September 2009, auf weitere 579,04 € seit dem 21. Oktober 2009, auf weitere 588,91 € seit dem 21. November 2009, auf weitere 568,70 € seit dem 21. Dezember 2009, auf weitere 711,77 € seit dem 21. Januar 2010, auf weitere 694,25 € seit dem 21. Februar 2010, auf weitere 553,00 € seit dem 21. März 2010, auf weitere 675,44 € seit dem 21. April 2010, auf weitere 707,87 € seit dem 21. Mai 2010, auf weitere 721,29 € seit dem 21. Juni 2010, auf weitere 641,60 € seit dem 21. Juli 2010, auf weitere 454,99 € seit dem 21. August 2010, auf weitere 623,88 € seit dem 21. September 2010, auf weitere 747,14 € seit dem 21. Oktober 2010, auf weitere 650,03 € seit dem 21. November 2010, auf weitere 605,36 € seit dem 21. Dezember 2010, auf weitere 736,96 € seit dem 21. Januar 2011, auf weitere 614,44 € seit dem 21. Februar 2011, auf weitere 526,40 1€ seit dem 21. März 2011, auf weitere 518,88 € seit dem 21. April 2011, auf weitere 593,78 € seit dem 21. Mai 2011, auf weitere 464,20 € seit dem 21. Juni 2011, auf weitere 573,95 € seit dem 21. Juli 2011, auf weitere 537,67 € seit dem 21. August 2011, auf weitere 579,09 € seit dem 21. September 2011, auf weitere 829,91 € seit dem 21. Oktober 2011, und auf weitere 1.506,89 € seit dem 18. Dezember 2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und bestreitet weiterhin eine Kenntnis des Geschäftsführers ihrer Komplementär GmbH über eine beabsichtigte Equal-pay-Klage der Klägerin bei Abschluss des Aufhebungsvertrages. Das von der Klägerin behauptete Personalgespräch am 16.06.2011 habe nicht stattgefunden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
A.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 02.05.2012 ist zulässig.
I.
Es handelt sich um das gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG statthafte Rechtsmittel.
II.
Zwar hat die Klägerin die Fristen des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG versäumt. Ihr war jedoch gemäß § 233 ZPO auf ihren Antrag bzw. hinsichtlich der Berufungsbegründungsfrist von Amts wegen (§ 236 Abs. 2 Satz 2 2. HS ZPO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie diese Fristen unverschuldet versäumt hat. Die Klägerin konnte vertretbar davon ausgehen, dass ihr die Rechtsverfolgung aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zunächst nicht zumutbar war und hat zur Beseitigung dieses Hindernisses innerhalb der Berufungseinlegungsfrist einen vollständigen PKH-Antrag bei dem Berufungsgericht eingereicht (vgl. BAG 03.07.2013 - 2 AZN 250/13). Sie hat weiterhin die Wiedereinsetzung innerhalb der mit Wegfall des Hindernisses anlaufenden Frist des § 234 ZPO beantragt, sowie die versäumten Prozesshandlungen innerhalb dieser Frist nachgeholt (§ 236 Abs. 2 Satz 2 1. HS ZPO).
B.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
I.
Der Klägerin steht kein Anspruch auf weitere Arbeitsvergütung in Höhe von 21.206,13 Euro brutto für den Zeitraum 10.06.2008 bis 30.09.2011 nach Maßgabe des § 10 Abs. 4 AÜG (Equal-pay-Grundsatz) zu.
Dahinstehen kann, ob dieser Anspruch in streitgegenständlicher Höhe entstanden ist. Der Anspruch ist jedenfalls wieder erloschen.
1.
Allerdings ist ein Erlöschen des Anspruchs nicht nach Maßgabe der in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussfristen bzw. gemäß § 14 des Arbeitsvertrages vom 21.08.2008 eingetreten. Die Parteien haben das Eingreifen von Ausschlussfristen nicht wirksam vereinbart.
a) Die Anwendung tariflicher Ausschlussfristen scheitert bereits daran, dass diese in den Arbeitsverträgen der Parteien nicht wirksam in Bezug genommen worden sind. Die in § 1 Ziffer 4 des Arbeitsvertrages vom 21.08.2008 enthaltene Verweisungsklausel beschränkt sich auf die Inbezugnahme von rechtswirksamen Tarifverträgen. Dies folgt aus einer Auslegung der vertraglichen Bestimmung. Die Beklagte konnte ihr Vertragsziel, ein Abweichen von dem Equal-pay-Gebot, nur bei Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag erreichen (vgl. hierzu BAG 25.09.2013 - 5 AZR 778/12 - Rn. 11 ff). Dem in der Vertragsklausel genannten Tarifvertrag kommt jedoch wegen fehlender Tariffähigkeit der CGZP als vertragsschließender Partei keine Rechtswirksamkeit zu (BAG 13.03.2013 - 5 AZR 242/12 - Rn. 11 ff). Der Verweisung in Ziff. 1 des undatierten Arbeitsvertrages (Anlage K 5) kommt wegen Intransparenz der Regelung (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) keine Rechtswirksamkeit zu. Die dort enthaltene Verweisung auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag entspricht nur dann dem Transparenzgebot, wenn diese mit einer Kollisionsregelung versehen ist (BAG 13.03.2013 - 5 AZR 242/12 - Rn. 18 ff). Eine solche enthält der vorgenannte Arbeitsvertrag jedoch nicht.
b) Die einzelvertraglich vereinbarten Ausschlussfristen in § 14 des Arbeitsvertrages vom 21.08.2008 sind wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB rechtsunwirksam. Die Klausel enthält eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin, weil die Ausschlussfristen eine kürzere Laufzeit als drei Monate aufweisen (BAG 28.09.2005 - 5 AZR 52/05; 25.05.2005 - 5 AZR 572/04).
2.
Die Ansprüche sind jedoch aufgrund der im Aufhebungsvertrag vom 15.09.2011 vereinbarten Verzichtsklausel erloschen.
a) Der Aufhebungsvertrag ist wirksam zustande gekommen. Die auf den Abschluss dieses Vertrages gerichtete Willenserklärung der Klägerin ist nicht gemäß § 142 Abs. 1 BGB nichtig, weil die Klägerin diese Willenserklärung nicht wirksam hat anfechten können.
aa) Die Klägerin hat ihre diesbezügliche Willenserklärung nicht wegen Irrtums gemäß § 119 Abs. 1 BGB wirksam anfechten können.
(1) Es fehlt bereits an einem Anfechtungsgrund i. S. d. vorgenannten Bestimmung. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend auf Seite 14 der Entscheidungsgründe ausgeführt. Hierauf wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.
(2) Darüber hinaus ist die Anfechtungserklärung nicht fristgerecht, nämlich gemäß § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgt. Die Klägerin hat ihre diesbezügliche Erklärung erst am 15.03.2012 und damit ein halbes Jahr nach der den Aufhebungsvertrag betreffenden Willenserklärung abgegeben. Sachvortrag, aus dem auf eine ohne schuldhaftes Zögern abgegebene Erklärung auch nach einem derart langen Zeitraum geschlossen werden könnte, ist von ihr nicht geleistet worden. Die Klage ist bereits am 09.12.2011 anhängig gemacht worden. Aus welchen, von ihr nicht zu vertretenen Umständen die Klägerin dennoch mit der Erklärung einer Anfechtung weitere rund drei Monate zuwarten durfte, hat sie nicht dargetan.
bb) Auch die von der Klägerin erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 Abs. 1 BGB) greift nicht durch.
(1) Eine Täuschungshandlung der Beklagten in Form der unterlassenen Aufklärung liegt nicht vor.
Die Beklagte traf keine Aufklärungspflicht über das Bestehen von Equal-pay-Ansprüchen. Die Existenz jener war der Klägerin unstreitig bekannt.
Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, die Klägerin ungefragt darauf hinzuweisen, dass die vereinbarte Ausgleichsklausel eine umfassende Regelung darstellt, die die Equal-pay-Ansprüche einschließt. Grundsätzlich ist bei Vertragsverhandlungen über die Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses jeder Vertragsteil selbst für die Wahrnehmung seiner Interessen verantwortlich (BAG 03.07.1990 - 3 AZR 382/89 - juris Rn. 33). Dies gilt umso mehr für den Vertragspartner, der den Vertragsschluss initiiert hat.
Auch wenn - wie die Klägerin behauptet - dem Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Beklagten bekannt gewesen ist, dass die Klägerin eine Eqal-pay-Klage vorbereitet, war bei der vorliegenden Konstellation die Beklagte nicht verpflichtet, die Klägerin auf den Umfang der Ausgleichsklausel ungefragt hinzuweisen. Die Klausel ist vom Wortlaut her auf eine umfassende Erledigung von Ansprüchen aus dem Arbeitsvertrag bezogen. Das hiermit auf vertragliche Rechtspositionen verzichtet werden sollte, hatte unstreitig auch die Klägerin erkannt, jedoch nicht auf Eqal-pay-Ansprüche bezogen. Allerdings war ihr die Existenz von Eqal-pay-Ansprüchen zum damaligen Zeitpunkt bereits bekannt. Weiter wusste sie nach ihrem eigenen Sachvortrag, dass der Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Beklagten von einer Rechtsprüfung dieser Ansprüche ihrerseits Kenntnis hatte. Nach dem Vortrag der Klägerin bestand also insoweit ein Informationsgleichgewicht der Parteien. Andererseits war zum Zeitpunkt der Unterschriftsleistung eine Klage noch nicht erhoben. Es lag noch nicht einmal eine Geltendmachung gegenüber der Beklagten unmittelbar vor. Diese erfolgte erst mit Schreiben vom 04.11.2011.
Angesichts dieser Gesamtsituation bestand keine Verpflichtung des Geschäftsführers, die Klägerin von sich aus darauf hinzuweisen, dass ihr durch die Verzichtsklausel die Möglichkeit genommen wird, diese Ansprüche gegenüber der Beklagten (erstmalig) geltend zu machen. Es hätte vielmehr der den Aufhebungsvertrag anstrebenden Klägerin oblegen, konkret nachzufragen, welche Bedeutung der Verzichtsklausel gerade hinsichtlich der von ihr bereits mit anwaltlicher Hilfe verfolgten Ansprüche zukommt.
(2) Weiter scheidet eine Täuschung durch aktives Tun aus. Hierzu trägt die Klägerin nichts vor. Insbesondere ist aus ihrem Sachvortrag nicht ersichtlich, dass der Geschäftsführer durch Äußerungen über den Inhalt des Aufhebungsvertrages bei ihr den Eindruck erweckt hat, Vergütungsansprüche aus Equal-pay, die ganz überwiegend vergangene Zeiträume betreffen, seien von dem Vertrag nicht erfasst. Nach dem Vorbringen der Klägerin wurde über Equal-pay-Ansprüche überhaupt nicht gesprochen.
(3) Im Übrigen fehlt es an hinreichendem Sachvortrag der Klägerin, der auf eine vorsätzliche Täuschung schließen lässt. Aus dem Vorbringen der Kl ägerin lässt sich nicht mit der notwendigen Substanz entnehmen, dass der Geschäftsführer den mit einer Verzichtsklausel versehenen Aufhebungsvertrag in dem Bewusstsein vorgelegt hat, die Klägerin über die Möglichkeit der Verfolgung von Eqal-pay-Ansprüchen zu täuschen. Nach dem Sachvortrag der Klägerin war dem Geschäftsführer bekannt, dass sie zur Vorbereitung von Eqal-pay-Ansprüchen Auskünfte bei den Entleiherunternehmen eingeholt hatte. Dies steht der Annahme entgegen, der Geschäftsführer habe in dem Bewusstsein gehandelt, die Klägerin werde durch sein Schweigen zu Konsequenzen für mögliche von ihr geltend zu machende Equal-pay-Ansprüche zu der unzutreffenden Schlussfolgerung verleitet, der Aufhebungsvertrag lasse diese unberührt.
b) Die Verzichtsklausel ist Vertragsinhalt geworden. Dem steht § 305c Abs. 1 BGB nicht entgegen. Danach werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Überraschenden Klauseln muss ein "Überrumpelungseffekt" innewohnen. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen. Da sich das Überraschungsmoment auch aus dem Erscheinungsbild des Vertrages ergeben kann, ist es möglich, dass auch das Unterbringen einer Klausel an einer unerwarteten Stelle im Text sie deswegen als Überraschungsklausel erscheinen lässt. Das Überraschungsmoment ist umso eher zu bejahen, je belastender die Bestimmung ist. Im Einzelfall muss der Verwender darauf besonders hinweisen oder die Klausel drucktechnisch hervorheben (BAG 17.10.2012 - 10 AZR 620/11 - Rn. 27). Insoweit kann es dahinstehen, ob der Aufhebungsvertrag vom 15.09.2011 Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. d. §§ 305, 310 Abs. 3 BGB enthält und ob die vorstehend zitierten Rechtsgrundsätze als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auch außerhalb des Geltungsbereichs der AGB-Regelungen anwendbar sind. Die Verzichtsklausel ist jedenfalls nicht überraschend. Derartige Klauseln sind vielmehr typisch für Aufhebungsverträge. Die Klausel ist auch nicht an versteckter Stelle im Vertrag enthalten. Sie bildet einen eigenen Absatz, der sich noch dazu am Ende des Textes, also typischerweise direkt über den zu leistenden Unterschriften befindet und damit regelmäßig besonders ins Auge fällt. Zwar ist der Text nicht drucktechnisch hervorgehoben. Hierdurch wird jedoch das Verständnis des Vertragstextes und die "Erkennbarkeit" desselben nicht erschwert. Der Vertrag weist nur wenig Text auf, der durch Absätze übersichtlich gegliedert ist.
c) Die Verzichtsklausel im Aufhebungsvertrag vom 15.09.2011 erfasst inhaltlich die streitgegenständlichen Ansprüche in der Weise, dass diese zum Erlöschen gebracht werden.
Welche Rechtsqualität und welchen Umfang eine Ausgleichsklausel hat, ist durch Auslegung zu ermitteln. Als rechtstechnische Mittel für den Willen der Parteien, ihre Rechtsbeziehungen zu bereinigen, kommen insbesondere der Erlassvertrag, das konstitutive und das deklaratorische Schuldanerkenntnis in Betracht. Ein Erlassvertrag (§ 397 Abs. 1 BGB) ist dann anzunehmen, wenn die Parteien vom Bestehen einer bestimmten Schuld ausgehen, diese aber übereinstimmend als nicht mehr zu erfüllen betrachten. Ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis iSd. § 397 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn der Wille der Parteien darauf gerichtet ist, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen. Ein deklaratorisches negatives Schulanerkenntnis ist anzunehmen, wenn die Parteien nur die von ihnen angenommene Rechtslage eindeutig dokumentieren und damit fixieren wollen. Maßgeblich ist das Verständnis eines redlichen Erklärungsempfängers. Dieser ist nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat. Zu beachten ist ferner der Grundsatz der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (BAG 25.09.2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 20 f).
Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze kommt dem letzten Absatz des Aufhebungsvertrages die Qualität eines konstitutiven negativen auch die hier streitigen Ansprüche auf Equal-pay erfassenden Schuldanerkenntnisses und nicht die eines deklaratorischen, die Existenz des Anspruchs nicht berührenden Schuldanerkenntnisses zu.
Die gewählte Formulierung erschöpft sich gerade nicht darin, eine angenommene Rechtslage lediglich zu bestätigen. Vielmehr erklären die Parteien "aktiv" einen Verzicht auf die nicht im Aufhebungsvertrag geregelten Ansprüche. Weiter kann der systematische Zusammenhang der Klausel nicht außer Acht gelassen werden. Die Regelung ist Teil eines Aufhebungsvertrages, mit dem die Parteien regelmäßig die Absicht verfolgen, ihr Arbeitsverhältnis abschließend und umfassend zu regeln (vgl. BAG 14.05.2013 - 9 AZR 844/11 - Rn. 11 betreffend einen Vergleich).
Die Parteien haben gerade nicht nach einer bereits erfolgten Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Regelung über die Existenz bzw. Nichtexistenz von Ansprüchen im Rahmen einer der Abwicklung dienenden Ausgleichsquittung getroffen, der allenfalls die Bedeutung eines deklaratorischen negativen Schuldanerkenntnisses zukommt (BAG 23.10.2013 - 5 AZR 135/12) und auch nicht lediglich Feststellungen getroffen, dass keine Tatsachen vorliegen, aus denen der Arbeitnehmer Ansprüche herleiten könnte (BAG 25.09.2013 - 5 AZR 936/12), sondern explizit einen Anspruchsverzicht im Zusammenhang mit der konstitutiv vereinbarten Auflösung des Arbeitsverhältnisses erklärt.
Die streitgegenständlichen Ansprüche werden von dem Verzicht erfasst. Dies hat das Arbeitsgericht auf Seite 8 der Entscheidungsgründe zutreffend ausgeführt. Die Berufungskammer nimmt hierauf gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug.
d) Der vereinbarte Verzicht ist nicht gemäß § 307 Abs. 1 BGB rechtsunwirksam.
aa) Allerdings findet entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts bezogen auf die hier streitige Ausgleichsklausel eine Inhaltskontrolle nach Maßgabe der AGB-Vorschriften statt, weil jedenfalls diese Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung einzustufen ist.
(1) Dies ergibt sich zwar nicht aus § 305 BGB, weil der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien individuell zugeschnittene Vertragstext erkennbar nicht zur mehrfachen Verwendung bestimmt war. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend auf Seite 12 der Entscheidungsgründe ausgeführt. Hierauf wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.
(2) Eine AGB-Kontrolle ist aber gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB eröffnet, wonach u. a. § 307 BGB auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann zur Anwendung kommt, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte.
Diese Voraussetzungen sind gegeben. Der Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Beklagten hat unstreitig die Bedingungen des Aufhebungsvertrages vorformuliert. Die Klägerin ist in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmerin auch Verbraucherin (BAG 18.12.2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 20). Sie konnte jedenfalls auf die strittige Klausel keinen Einfluss nehmen. Dieser Begriff entspricht dem "Aushandeln" in § 305 BGB. Aushandeln i. S. v. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB bedeutet mehr als verhandeln. Es genügt nicht, dass der Vertragsinhalt lediglich erläutert oder erörtert wird und den Vorstellungen des Vertragspartners entspricht. "Ausgehandelt" i. S. v. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ist eine Vertragsbedingung nur, wenn der Verwender die betreffende Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrnehmung eigener Interessen einräumt mit der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Das setzt voraus, dass sich der Verwender deutlich und ernsthaft zu gewünschten Änderungen der zu treffenden Vereinbarung bereit erklärt (BAG 01.03.2006 - 5 AZR 363/05 - juris Rn. 21).
Nach dem unstreitigen Sachvortrag ist über die Ausgleichsklausel zwischen den Parteien nicht ernsthaft verhandelt worden. Nach dem Vorbringen der Klägerin sei es in erster Linie um den Ausgleich von Urlaubsansprüchen bei den Verhandlungen gegangen. Von Eqal-pay-Ansprüchen und einer Ausgleichsklausel sei keine Rede gewesen (Berufungsbegründung Seite 3 unten). Dem gegenüber trägt die Beklagte vor, es sei neben den Punkten Urlaub, Arbeitszeitkonto und Herausgabe von Gegenständen (Berufungserwiderung Seite 2) auch - so der Geschäftsführer im Kammertermin am 02.05.2012 - über Equal-pay-Ansprüche gesprochen worden. Dass während der Verhandlung oder aber nach Anfertigung der Vertragsurkunde auch die Ausgleichsklausel zur Disposition gestellt worden ist, wird hingegen von keiner der Parteien vorgetragen.
bb) Die Ausgleichsklausel hält einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.
Ausgleichsklauseln, in denen Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklären sollen, dass Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, nicht bestehen, sind nicht nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen. Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung unterliegen aus Gründen der Vertragsfreiheit regelmäßig ebenso wenig wie Vereinbarungen über das von dem anderen Teil zu erbringende Entgelt einer Inhaltskontrolle. Ausgleichsklauseln sind als Teil eines Aufhebungsvertrags nicht Haupt-, sondern Nebenabrede und deshalb nicht kontrollfrei. Ausgleichsklauseln, die einseitig nur Ansprüche des Arbeitnehmers erfassen und dafür keine entsprechende Gegenleistung gewähren, sind unangemessen benachteiligend i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (BAG 21.06.2011 - 9 AZR 203/10).
Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze erweist sich ein beiderseitiger Anspruchsverzicht in einem auf Initiative des Arbeitnehmers zustande gekommenen Aufhebungsvertrag nicht als unangemessen. Ein einseitiger Verzicht liegt nach dem eindeutigen Wortlaut der Klausel nicht vor. Weiter erhält die Klägerin für den Verzicht eine Kompensation in Form einer vorfristigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Nach Auffassung der Kammer kann jedenfalls bei einem auf Initiative des Arbeitnehmers zustande gekommenen Aufhebungsvertrag in die Angemessenheitsprüfung nicht die wirtschaftliche Relation zwischen dem dem Arbeitnehmer gewährten Vorteil und dem möglichen Umfang der von der Ausgleichsklausel erfassten Ansprüche des Arbeitnehmers einbezogen werden. Vielmehr hat es der Arbeitnehmer in der Hand, bei einem aus seiner Sicht unakzeptablen Angebot des Arbeitgebers von seinem Ansinnen wieder Abstand zu nehmen. Die Verhandlungssituation unterscheidet sich grundlegend von jener, bei der der Arbeitgeber die Unterzeichnung einer Ausgleichsklausel mit der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses (Auszahlung Restlohn, Herausgabe Arbeitspapiere) verknüpft und auch von jener, bei der der Arbeitgeber auf eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses aktiv drängt. Eine irgendwie geartete "Drucksituation" besteht bei der vorliegend zu bewertenden Konstellation typischerweise für den Arbeitnehmer nicht. Demgemäß verweist die Klägerin selbst darauf, sie hätte auch zum Ablauf der Kündigungsfrist eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeiführen können, ohne dass sich hieraus für sie mit Ausnahme geringer Lohneinbußen Nachteile ergeben hätten.
Die Kammer vermag sich daher der Auffassung des LAG Schleswig-Holstein in der Entscheidung vom 24.09.2013 - 1 Sa 61/13, wonach ein in einer Generalquittung anlässlich der Beendigung des Arbeitsverh ältnisses vereinbarter beidseitiger Verzicht auf Ansprüche "gleich aus welchem Rechtsgrund" im Rahmen eines vom Arbeitgeber gestellten Formulars typischerweise eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellt, für den Fall, dass der Aufhebungsvertrag auf Initiative des Arbeitnehmers geschlossen wird, nicht anzuschließen.
cc) Schließlich erweist sich die Klausel auch nicht wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB als rechtsunwirksam. Nach dieser Bestimmung kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebotes ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung (BAG 14.09.2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 22).
Diesen Anforderungen genügt die Ausgleichsklausel. Der verwendete Begriff "Verzicht" ist nach seinem Wortsinn eindeutig. Auch im allgemeinen Sprachgebrauch wird hiermit die Preisgabe von Ansprüchen umschrieben. Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass aus der Formulierung für einen durchschnittlichen Betrachter hinreichend deutlich wird, dass nicht nur auf weitere Urlaubs- und Überstundenvergütungsansprüche verzichtet wird, sondern ein allgemeiner Verzicht vereinbart werden soll. Auf die diesbez üglichen Ausführungen in den Entscheidungsgründen Seite 7 f wird Bezug genommen.
II.
Die Klage konnte auch keinen Erfolg haben, soweit die Klägerin Urlaubsabgeltung für die Jahre 2008 bis 2010 in Höhe von 1.506,89 Euro brutto aus § 10 Abs. 4 AÜG i. V. m. § 7 Abs. 4 BUrlG begehrt.
Ein Anspruch der Klägerin insoweit besteht bereits deshalb nicht, weil die Klägerin hiermit nicht zusätzliche Vergütung für in Anspruch genommenen Urlaub während der Verleihzeiten, sondern die Abgeltung von in den Jahren 2008 bis 2010 nicht in natura genommenen Urlaubstagen begehrt. Der Urlaubsabgeltungsanspruch setzt voraus, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer noch ein Anspruch auf Urlaubsgewährung in natura zustand. Dieser ist wiederum in seiner Existenz auf das Kalenderjahr bzw. auf einen sich anschließenden dreimonatigen Übertragungszeitraum begrenzt (§ 7 Abs. 3 BUrlG). Danach sind die hier maßgeblichen Urlaubsansprüche für die Jahre 2008 bis 2010 spätestens am 31.03.2011 und folglich vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verfallen.
III.
Nach alledem konnte das Rechtsmittel der Klägerin keinen Erfolg haben.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
D.
Die Kammer hat gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG für die Klägerin die Revision hinsichtlich der geltend gemachten Vergütungsansprüche wegen Divergenz zu der Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein vom 24.09.2013 - 1 Sa 61/13 zugelassen. Im Übrigen sind Gründe, die Revision zuzulassen, nicht gegeben. Insoweit wird auf § 72a ArbGG hingewiesen.