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05.10.2005 · IWW-Abrufnummer 052820

Oberlandesgericht Rostock: Urteil vom 18.04.2001 – 2 U 10/95

Für Leistungen im Zusammenhang mit einer Bauvoranfrage kommt es auf alle Umstände des Einzelfalls an, um zu klären, ob es sich um Akquisitions- oder Planungsleistungen handelt.


OLG Rostock

Urteil vom 18.04.2001 - 2 U 10/95

In dem Rechtsstreit

.......

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Richter am Oberlandesgericht Möllenkamp,
den Richter am Landgericht Theede
und die Richterin am Oberlandesgericht Memmel

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.03.2001

für R e c h t erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.12.1994 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Stralsund (Az.: 6 O 92/93) geändert und neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von DM 40.000,00 abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Das Urteil beschwert die Klägerin in Höhe von DM 71.959,35.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Architektenhonorar für eine sogenannte Bauvoranfrage sowie für Planungsleistungen in Anspruch.

Wegen des Tatbestandes des Rechtsstreites in der Berufung wird zunächst auf das in dieser Sache ergangene Urteil des 2. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Rostock vom 06.03.1996, Bl. 423 ff. d.A. Bezug genommen. In diesem Urteil wurde das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Stralsund (Az.: 6 0 92/93) vom 6.03.1996 geändert und - unter Zurückweisung des Rechtsmittels der Beklagten und der Anschlussberufung der Klägerin - die Beklagte verurteilt, an die Klägerin DM 71.959,35 nebst Zinsen zu zahlen. Wegen der Einzelheiten dieser Entscheidung wird ebenfalls Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil haben sowohl die Beklagte als auch die Klägerin Revision eingelegt. Die Revision der Kläger wurde nicht angenommen. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 05.06.1997 das Senatsurteil insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Entscheidung wird auf das Urteil des 7. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 5.06.1997 - Az. VII ZR 124/96 (Bd. IV Bl. 77 ff.) Bezug genommen.

Die Klägerin (im Folgenden: die Kläger) trägt nunmehr - unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen und bisherigen zweitinstanzlichen Vortrages - ergänzend vor, die mit der Honorarrechnung Nr. 1 abgerechnete Tätigkeit habe sie im Rahmen eines mit der Beklagten geschlossenen Architektenvertrages ausgeführt.

Die Tätigkeit der Kläger für die Beklagte habe entgeltlich erfolgen sollen. Sie hätten bei dem Abschluss des Planungsvertrages über den Bauvorbescheid zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Vergütung in Höhe der an der HOAI orientierten üblichen Vergütung für diese Tätigkeit beanspruchen und keinesfalls für die Beklagte im Rahmen kostenloser Akquisition tätig sein wollen. Zwischen dem ursprünglichen Vorplanungsauftrag und dem erst erheblich später, nämlich am 14.12.1991 geschlossenen schriftlichen Architektenvertrag habe kein Zusammenhang derart bestanden, dass die Erbringung der Leistungen in der Vorplanungsphase in Erwartung oder zur Akquisition des späteren schriftlichen Architektenvertrages erbracht worden seien.

Sie seien seinerzeit während des herrschenden Baubooms mit Planungsaufträgen voll ausgelastet gewesen. Sie hätten deswegen keinerlei Veranlassung gehabt, für irgendeinen realen oder potentiellen Auftraggeber in irgendeiner Form kostenlos tätig zu sein.

Es treffe zwar zu, dass die Parteien für die Vorplanungsleistungen zwar keine Unentgeltlichkeit, jedoch auch keine bestimmte Vergütung vereinbart hätten. Da es an Umständen fehle, aus denen sich der Wille zur Erbringung unentgeltlicher Leistungen ergebe, sei vorliegend deswegen von einer stillschweigenden Vergütungsvereinbarung auszugehen, wonach die Beklagten den Klägern für deren Tätigkeit in der Vorplanungsphase die übliche Vergütung schuldeten.

Der von den Klägern verlangte Betrag von DM 6.250,05 habe der seinerzeit auf der Insel Rügen üblichen Vergütung für gleich gelagerte Leistungen entsprochen.

Hinsichtlich der Honorarrechnung Nr. 2 tragen die Kläger vor, die von ihnen für die Beklagte erbrachten Leistungen wiesen keine Mängel auf. Die Leistungen verstießen weder gegen vertragliche Vorgaben der Beklagten noch läge insoweit eine Mangelhaftigkeit vor, als die Planungsleistungen nicht an den Vorstellungen der Beklagten als Auftraggeberin ausgerichtet gewesen seien. Die von ihr erbrachten Leistungen seien auch genehmigungsfähig gewesen.

Die Beklagte habe seinerzeit zum Ausdruck gebracht, mit der Errichtung des streitgegenständlichen Gebäudes ein Renditeobjekt errichten zu wollen. Das von dem Architekten in einem solchen Fall regelmäßig zu beachtende wirtschaftliche Interesse des Auftraggebers liege also in der Erzielung eines höchstmöglichen Ertrages. Die Ertragserzielung mit einer Renditeimmobilie sei desto höher, je größer das Maß der baulichen Nutzung innerhalb der Grundstücksgrenze sei. Die Beklagte habe von den Klägern die maximale Ausnutzung des zur Verfügung stehenden Grundstückes verlangt. Das vor dem Abschluss des Architektenvertrages durchgeführte Vorbescheidverfahren habe dann auch einzig und allein dem Zweck gedient, die nach Art und Maß der baulichen Nutzung maximale Ausnutzbarkeit des Grundstücks der Beklagten in Erfahrung zu bringen.

Das Vorbescheidsverfahren habe ergeben, dass nach Ansicht der zuständigen Behörde auf dem Grundstück der Beklagten ein Gebäude mit zwei Vollgeschossen für genehmigungsfähig erklärt worden sei.

Am 16.04.1992 hätten sie das von der Beklagten gewünschte Baugesuch unterschriftsreif fertiggestellt. Das Baugesuch habe aus dem zweiseitigen Formular "Bauantrag" und zahlreichen Zeichnungen, Grundflächenberechnung, Schnitten und Ansichten bestanden. Auf S. 2 oben des Bauantrages sei der Bauwert nach DIN 276 angegeben, und zwar mit 8.623 m3 Rauminhalt, woraus sich bei Kosten von DM 465,00 pro m3 umbauten Raumes insgesamt ein Bauwert von DM 4.009.722,00 errechnet habe.

Durch die Praktikantin Sch. sei das so vorbereitete Baugesuch am 16.04.1992 gegen 14.00 Uhr vorgelegt worden. Frau Sch. habe um dessen Durchsicht und Unterzeichnung gebeten. Herr Dr. H., der Geschäftsführer der Beklagten, habe das Baugesuch an sich genommen, den Text durchgesehen und habe das vollständig ausgefüllte Baugesuch in Gegenwart von Frau Sch. mit der firmenmäßigen Unterschrift der Beklagten versehen.

Durch Leistung seiner Unterschrift unter das Baugesuch und jeden einzelnen der von den Klägern gefertigten Pläne habe der Geschäftsführer der Beklagten zu erkennen gegeben, dass er diese von den Klägern gefertigte Planung billigte und mit der von diesen vorgenommenen Art und Maß der baulichen Nutzung und insbesondere auch den von den Klägern ermittelten Bauwert von rund 4,0 Mio DM einverstanden gewesen sei.

Nach dem hier maßgeblichen Empfängerhorizont hätten die Kläger von einer Billigung der Planung durch den Geschäftsführer Dr. H. der Beklagten u. a. deswegen ausgehen dürfen, weil der Bauherr durch Unterzeichnung des Baugesuchs mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen gegeben habe, dass er das von den Architekten geplante Bauwerk tatsächlich auch errichten wolle. Die Planung der Kläger sei insoweit mangelfrei gewesen.

Eine Mangelhaftigkeit ergebe sich auch nicht daraus, dass die Stadtverwaltung B. mit Schreiben vom 24.06.1992 mitgeteilt habe, "aufgrund der Flächenausnutzung im obersten Geschoss" hätten die Kläger ein Baugesuch mit drei Vollgeschossen eingereicht. Tatsächlich hätten sie kein Baugesuch für ein Gebäude mit drei Vollgeschossen eingereicht.

Bei dem Dachgeschoss habe es sich nicht um ein Vollgeschoss gehandelt, weil das Dachgeschoss eine lichte Höhe von mehr als 2,30 m bei weniger als 2/3 der Grundfläche ausgewiesen habe. Die Kläger hätten einen entsprechenden Nachweis gefertigt und der zuständigen Baugenehmigungsbehörde eingereicht.

Da ihre Leistung mangelfrei gewesen sei, sei eine Kürzung auf einen Vomhundertsatz von 2 % nicht gerechtfertigt gewesen. Da sie im Hinblick auf die Rechtskraft des Urteils des Senates nur noch insgesamt DM 71.959,35 verlangen könnten, stützten sie ihren - weitergehenden - Zahlungsanspruch für den Fall, dass der Senat ihnen einen Vergütungsanspruch für die Bauvoranfrage nicht zusprechen wolle, hilfsweise auf ihren Anspruch auf Vergütung nach dem vollen Vonhundertsatz der Leistungsphase 4 aus dem Leistungsbild des § 15 HOAI gem. der klägerischen Schlussrechnung vom 07.12.1992 (Honorarrechnung 2).

Die Kläger seien bei ihren Kostenermittlungen auch nicht über die Kosten hinausgegangen, die in dem Bauantrag als Bauwert mit dem Betrag von DM 4.009.722,00 beziffert worden seien. Der Bauwert sei nämlich eine andere Größe als die sogenannten anrechenbaren Kosten oder die nach der DIN 276 Teil 3 zu ermittelnden geschätzten "Gesamtkosten".

Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gläubiger zur gesamten Hand DM 71.959,35 nebst 4 % Jahreszinsen hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen.

Die Beklagte trägt hinsichtlich der Honorarrechnung Nr. 1 vor, die Parteien hätten einen Architektenvertrag hinsichtlich der Bauvoranfrage nicht geschlossen.

Die Tätigkeit der Kläger sei darauf gerichtet gewesen, einen Auftrag von einem hier bisher nicht bekannten Investor zu akquirieren. Dem Werben der Kläger entsprechend sei die Beklagte nur unter der Bedingung mit der Stellung einer Bauvoranfrage durch die Kläger einverstanden gewesen, wenn ihr hierdurch keinerlei Kosten entstünden, insbesondere sie hier nicht mit Honoraransprüchen belastet würde. Nur unter dieser Voraussetzung habe die Beklagte auch die Erteilung eines späteren Architektenauftrages zur Planung eines konkreten Gebäudes in Aussicht gestellt. In Anbetracht dessen seien die Kläger damit einverstanden gewesen, die Aufwendungen für die Bauvoranfrage selbst zu tragen.

Hinsichtlich der Honorarrechnung Nr. 2 trägt die Beklagte vor, die Leistung der Klägerin sei mit erheblichen, schwerwiegenden Mängeln behaftet gewesen.

Sie habe nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie durch die Errichtung eines Bauwerkes das Grundstück maximal habe ausnutzen wollen. Sie habe auch nicht erklärt, das es ihr in erster Linie um die Errichtung der größtmöglichen Nutzfläche gehe, um hierdurch einen höchstmöglichen Ertrag zu erzielen. Sie habe das hier maßgebliche Grundstück mit notariellem Kaufvertrag vom 13.12.1991 von der Treuhandanstalt erworben. Im Rahmen dieses Vertrages habe sie sich verpflichtet, eine Investition von 3 Mio DM vorzunehmen und das Bauvorhaben bis zum 30.06.1994 fertigzustellen. Dieses sei den Klägern bestens bekannt gewesen. Die Investitionssumme von 3 Mio DM habe die Beklagte in Anbetracht der von den Klägern erstellten Kostenschätzung vom 20.09.1991 angegeben und auch zur Grundlage ihrer Finanzierung gemacht. Dementsprechend seien zu Ziff. 3.2 des Architektenvertrages vom 14.12.1991 die anrechenbaren Kosten gem. der Kostenschätzung vom 20.09.1991 mit 3 Mio DM vereinbart worden.

Am 27.05.1992 hätten die Kläger sodann einen Kostenanschlag vorgelegt, aus dem sich Kosten i. H. v. 5,5 Mio DM ergaben. Das sei darauf zurückzuführen, dass die Kläger ein wesentlich größeres Gebäude geplant hätten, als dies vereinbart gewesen sei. Insbesondere habe das von den Klägern geplante Gebäude nicht der Bauvoranfrage entsprochen. Dort sei von einer GRZ von 0,6 und einer GFZ 1,2 ausgegangen worden. Im Bauantrag sei von den Klägern eine GRZ von 0,8 und eine GFZ von 1,6 zugrunde gelegt worden.

Es könne keine Rede davon sein, dass sie durch Abzeichnung des Bauantrages die veränderte Planung gebilligt und genehmigt habe. Frau Sch. habe Herrn Dr. H. am 16.04.1992 aufgesucht, und ihm als Vertreter des Bauherrn den Bauantrag, wie es im Baugenehmigungsverfahren üblich sei, zur Unterschrift vorgelegt. Sie habe allerdings mit keinem Wort darauf hingewiesen, dass von den Klägern hier eigenmächtig irgendwelche Änderungen gegenüber der Bauvoranfrage, insbesondere im Hinblick auf die Ausnutzung des Grundstückes und die Baukosten vorgenommen worden seien. Herr Dr. H. sei vielmehr davon ausgegangen, dass sich die Kläger bei der Erstellung des Bauantrages im Rahmen des vertraglich Vereinbarten gehalten hätten. Die Unterzeichnung des Bauvorantrages habe aus den genannten Gründen keinerlei Erklärung enthalten, welche die Kläger dahin hätten verstehen dürfen, dass die Beklagte mit der Errichtung eines größeren Gebäudes bzw. mit einer Kostensteigerung auf ca. 4 Mio DM und später 5,5 Mio DM einverstanden gewesen sei.

Die Planung der Kläger im Rahmen der Baugenehmigung habe an einem weiteren schwerwiegenden Mangel gelitten. Die Planung sei von vornherein nicht genehmigungsfähig gewesen. Das habe der Bauamtsleiter der Stadtverwaltung B. Z. mit Anschreiben vom 19.06.1992 mitgeteilt. Genehmigt worden sei ein zweigeschossiges Bauwerk, nicht aber ein dreigeschossiger Baukörper.

Die Kläger hätten auch in Anbetracht dessen keinerlei Veranlassung gesehen, ihren Bauantrag zu ändern und mit der Baugenehmigungsbehörde Gespräche aufzunehmen. Sie hätten vielmehr Herrn Z. mit Anschreiben vom 29.06.1992 mit Schadensersatzforderungen gedroht und sein Verhalten im Übrigen als blamabel bezeichnet. Die Kläger seien bis heute der Meinung, keinen anders lautenden Bauantrag einreichen zu müssen. Sie seien somit zu keiner Zeit bereit gewesen, nachzubessern.

Die von den Klägern erbrachten Planungsleistungen seien für die Beklagte wertlos, da sie bei Errichtung des geplanten Gebäudes ihre vertraglichen Verpflichtungen gegebenüber der Treuhandanstalt nicht hätte einhalten können. Einzig und allein aus diesem Grunde habe die Beklagte nach Kündigung des Architektenvertrages ein anderes Architekturbüro mit der Planung des von Anfang an gewünschten kleineren Gebäudes beauftragt. Im Rahmen der Errichtung des heute auf dem Grundstück vorhandenen Gebäudes habe die Planung der Kläger nicht verwendet werden können.

Sie hätten die Kläger im Hinblick auf die Haltung der Stadtverwaltung B. unter dem 24.06.1992 angeschrieben und erklärt, dass weitere Abstimmungen notwendig seien. Ein Architekt sei verpflichtet, sofern die Baugenehmigungsbehörde darauf hinweise, dass ein Antrag nicht genehmigungsfähig sei und Abstimmungsgespräche anbiete, solche auch wahrzunehmen. Dieses hätten die Kläger nicht getan.

Die Kläger seien bereits mit anwaltlichem Schreiben vom 07.07.1992 aufgefordert worden, die Mängel ihrer Leistung zu beseitigen bzw. eine genehmigungsfähige Planung zum 15.07.1992 vorzulegen. Für den Fall, das diese Frist verstreiche, sei Wandlung bzw. Rückgängigmachung des Architektenvertrages angedroht worden.

In der mündlichen Verhandlung vom 16.02.2000 hat der Senat die Zeugin Barbara P. vernommen. Sie hat ausgesagt, hinsichtlich einer Vergütung zu einer Bauvoranfrage aus ihrer Erinnerung nichts beisteuern zu können. Wegen des weiteren Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 16.02.2000 (Bl. 549 d.A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteienvorbringens in der Berufung wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist - nachdem der 7. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes durch Urteil vom 5.06.1997 das Urteil des 2. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Rostock vom 6.03.1996 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben hat, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist - in vollem Umfang begründet.

1. Den Klägern steht aus der Honorarrechnung 1 ein Anspruch auf Zahlung von Architektenhonorar in Höhe von DM 6.250,05 nicht zu.

Dass zwischen den Parteien hinsichtlich der Tätigkeit der Kläger zur Stellung einer Bauvoranfrage ein Architektenvertrag zustande gekommen ist, kann nicht festgestellt werden.

Die Voraussetzungen eines Vertragsschlusses haben die Kläger nicht dargelegt.

Der Bundesgerichtshof hat in der genannten Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, in dem Vortrag der Beklagten, sie habe vorgetragen und unter Beweis gestellt, sie habe den Klägern zweifelsfrei vor Erarbeitung der Bauvoranfrage zu verstehen gegeben, dass die Kläger honorarfrei arbeiten, diesen sei klar gewesen, dass sie bei Nichteinhaltung der abgesprochenen Honorarfreiheit niemals den Auftrag erhalten hätten, könne das Bestreiten eines Vertragsschlusses liegen.

Die Beklagte hat hierauf ausdrücklich vorgetragen, es habe sich um eine Akquisitionstätigkeit der Kläger gehandelt.

Die Grenze zwischen Auftrag und Akquisition kann nicht generell festgelegt werden. Es bedarf im Einzelfall der Auslegung anhand der gesamten Umstände. Ein Auftrag wird meist anzunehmen sein, wenn der Architekt mit Willen des Bauherren Leistungen der Entwurfsplanung (Leistungsphase 3) erbringt. Dagegen muss dies bei lediglich vorbereitender Tätigkeit (Leistungsphase 1) in aller Regel verneint werden, zumal dann, wenn die Verwirklichung des Objekts noch nicht feststeht. Sind Leistungen der Vorplanung (Leistungsphase 2) erbracht worden, kommt es auf deren Umfang und die sonstigen Umstände an (vgl. Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, 7. Aufl. 1996, Einl. 26 m.w.N.).

Die - insoweit unstreitigen - Umstände der Erstellung der Bauvoranfrage sprechen für einen Vertragsschluss nicht. Die Leistungen der Kläger waren geringfügig und ausschließlich den Leistungsphasen 1 und 2 zugeordnet. Die Beklagte wollte ihre Entscheidung, das Grundstück von der Treuhand zu kaufen und zu bebauen, von dem Ergebnis der Bauvoranfrage abhängig machen. Ein nicht unerheblicher Teil der zur Bauvoranfrage erforderlichen Leistungen sind von der Beklagten selbst erbracht worden (so die Antragstellung selbst, die schriftlichen Erläuterungen und die Auflistung der Eigentümerfolge).

Desungeachtet haben die Kläger den Abschluss eines Architektenvertrages nicht substantiiert vorgetragen. Einen einlassungsfähigen Lebenssachverhalt haben sie hierzu - trotz eines weiteren rechtlichen Hinweises des Senates - nicht dargelegt. Sie haben insbesondere, obwohl sie hierzu die Darlegungs- und Beweislast trifft, keinen Beweis für den Abschluss eines Architektenvertrages angeboten.

Der Vortrag der Kläger hierzu ist sogar widersprüchlich.

Sie haben in der Berufung zunächst vorgetragen, die Tätigkeit der Kläger für die Beklagte habe auch entgeltlich erfolgen sollen. Die Kläger hätten bei dem Abschluss des Planungsvertrages im Bauvorbescheid zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Vergütung i.H.d. an der HOAI orientierten üblichen Vergütung für diese Tätigkeit beanspruchten und keinesfalls für die Beklagte im Rahmen kostenloser Akquisition tätig sein wollten (Bl. 458 d.A.).

Im gleichen Schriftsatz haben sie - an späterer Stelle - vorgetragen, es treffe zu, dass die Parteien für die Vorplanungsleistung zwar keine Unentgeltlichkeit, jedoch auch keine bestimmte Vergütung vereinbart hätten. Da es an Umständen fehle, aus denen sich der Wille zur Erbringung unentgeltlicher Leistungen ergebe, sei vorliegend deswegen von einer stillschweigenden Vergütungsvereinbarung auszugehen, wonach die Beklagten den Klägern für deren Tätigkeit in der Vorplanungsphase die übliche Vergütung schulde (Bl. 463 d.A.).

Die Überlegung, ob ein Architekt grundsätzlich entgeltlich tätig werde, ist der Frage, ob überhaupt ein Architektenvertrag zustande gekommen ist, nachrangig. Dem steht auch die Entscheidung des BGH BauR 1987, 454 nicht entgegen, da dort ausdrücklich ausgeführt ist, dass der Abschluss eines Architektenvertrages festgestellt worden sei.

2) Die Kläger können auch aus der Honorarrechnung Nr. 2 die in Höhe eines Restbetrag von DM 65.709,30 geltend gemachten Ansprüche nicht herleiten.

Der - nach Rechtskräftigwerden des die Klage teilweise abweisenden Urteils des Senates vom 6.03.1996 - verbleibende Resthonoraranspruch der Kläger aus dieser Honorarrechnung ist nicht begründet.

Eine Vergütung für die Leistungen der Kläger schuldete die Beklagte im Hinblick darauf, dass das Werk der Kläger mangelhaft und für die Beklagte unbrauchbar und damit wertlos war, nicht mehr.

In dem Architektenvertrag vom 14.12.1991 vereinbarten die Parteien unter Ziff. 3.2. "Als anrechenbare Kosten werden DM 3.000.000,00 nach der Kostenschätzung vom 20.09.1991 zugrunde gelegt". Die genannte Kostenschätzung ermittelte Kosten von DM 3.300.000,00.

Damit haben sie zwar keine verbindliche Kostenobergrenze, jedoch einen auch nicht unverbindlichen Kostenrahmen vereinbart. Der Toleranzrahmen ist in einem solchen Fall bei ca. 30% anzusetzen (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, Rn. 1788).

Die Kostenberechnung vom 26.05.1992 (Bd. II., Bl. 214 - 225 d.A.) ermittelte Kosten von DM 5,5 Mio. DM. Eine solche Kostenüberschreitung bedeutet einen Werkmangel.

Die Unterzeichnung des Bauantrages vom 16.04.1992 durch den Komplementär der Beklagten steht einer solchen Feststellung auch dann nicht entgegen, wenn dieser die dort genannten Kosten von DM 4.009.722,00 wahrgenommen hätte. Die Unterzeichnung des Bauantrages änderte den vertraglich vereinbarten Kostenrahmen noch nicht ab. Die Kostenangaben im Bauantrag dienen anderen Zwecken als der Vereinbarung einer Kostenobergrenze. Darüber hinaus müsste die - von der Beklagten behauptete - "Unterschiebung" eines nicht vereinbarten Planungs- und Kostenumfangs der Wirksamkeit einer solchen Abänderungsvereinbarung entgegenstehen. Hierauf muss es jedoch im Ergebnis nicht ankommen.

Die Kläger haben nicht substantiiert vorgetragen, dass die Beklagte den erhöhten Planungs- und Kostenaufwand vor dem 16.04.1992 gekannt hätte. Sie behaupten dies zwar ohne Schilderung eines entsprechenden Lebenssachverhaltes, stellen jedoch selbst darauf ab, dass die Beklagten mit ihrer Unterschrift vom 16.04.1992 die geänderte Planung genehmigt habe. Ergänzend tragen sie vor, das Anwachsen der Kosten beruhe ausschließlich darauf, dass nach der Vermessung des Grundstückes ein größerer Baukörper habe realisiert werden können, als er der ursprünglichen Planung zugrunde lag.

Der vermaßte Lageplan ist unstreitig erst am 8.04.1992 den Klägern zur Verfügung gestellt worden. Dass die erhebliche Ausweitung des Bauvolumens in der Zeit vom 8.04. bis zum 16.04.1992 erfolgt und besprochen sein sollte, haben die Kläger selbst nicht vorgetragen.

Die Kläger gingen jedoch nach dem 16.04.1992 offenkundig selbst nicht davon aus, dass die Beklagte über die zwischenzeitliche Kostensteigerung unterrichtet war. Mit Fax vom 11.05.1992 teilte der Dipl.-Ing. Eberhard J. der Beklagten auf deren entsprechende Anfrage u.a. mit, "Zu der Baukostenermittlung habe ich - was ich bereits am 6. Mai gesagt habe - keine Veranlassung, von niedrigeren Kosten auszugehen, als ich sie in der Kostenschätzung vom 20.09.1991 ermittelt habe. Ich meine, wir sollten diese Kosten zunächst auch so stehen lassen, bis wir tatsächlich bessere Erkenntnisse aus den Ausschreibungsergebnissen gewonnen haben".

Der klägerischen Behauptung, das Ergebnis des Bauantrages sei mit der Beklagten abgesprochen, steht auch entgegen, dass sie mit Schreiben vom 26.05.1992 "2 Satz Entwurfspläne und 2 Ausfertigungen der Finanzierungsunterlagen" übersandten und darauf hinwiesen, dass "die nunmehr im Rahmen der Kostenberechnung ermittelten Gesamtkosten" zwar höher lägen als "die im Rahmen der Kostenschätzung ermittelten", im Verhältnis zu den ebenfalls gestiegenen Nutzflächen jedoch gleichgeblieben seien. Auch der werbende Ton in diesem Schreiben stützt die klägerische Behauptung einer von der Beklagten zuvor gewünschten Kostenausweitung nicht.

Dem nachfolgenden Kostenanschlag vom 27.05.1992 mit einer Bausumme von 5,5 Mio. DM widersprach die Beklagte mit Schreiben vom 29.05.1992 umgehend und vehement. Die Kläger wurden aufgefordert, den Kostenanschlag umgehend auf 3,86 Mio. DM zu reduzieren. Auch diese Reaktion steht der Annahme, die Beklagte habe am 16.04.1992 eine Erhöhung des Kostenrahmens wirksam gebilligt, entgegen.

Eine abgestimmte schriftliche Vorplanung nebst Kostenermittlung haben die Kläger vor dem 16.04.1992 unstreitig nicht erstellt. Bereits nach dem Vortrag der Kläger stellte der Bauantrag vom 16.04.1992 die erste zeichnerische Darstellung der von der Bauvoranfrage abweichenden Bauplanung dar. Da die Kläger in dieser Korrespondenz für die geänderte Bauplanung und die erhöhten Kosten warben, kann davon ausgegangen werden, dass eine vorherige Absprache zwischen den Parteien hierzu nicht vorlag. Hätte eine solche kontinuierliche Absprache vorgelegen, wären die Ausführungen der Kläger hierzu nicht nachvollziehbar. Die Beklagte hat der Kostenberechnung auch unverzüglich widersprochen, was ebenfalls für eine fehlende Vorinformation und Vorabsprache spricht.

Die für die Mangelfreiheit ihres Werkes beweisbelasteten Kläger haben darüber hinaus während des gesamten Rechtsstreites nicht unter Beweis gestellt, dass sie die von ihnen vorgenommene erhebliche Ausweitung der Flächen und Kosten mit der Beklagten abgestimmt haben.

Die Kläger sind in dem Hinweisbeschluss vom 25.11.1999 auf die Ergänzungsbedürftigkeit ihres entsprechenden Vortrages hingewiesen worden. Ihr Vortrag erlaubt die Feststellung der Mangelfreiheit ihrer Leistungen nicht.

Da die Leistung der Kläger insofern insgesamt mängelbehaftet ist, kommt eine Vergütung nicht in Betracht.

Auf die Frage, ob der Beklagten eine Verwertung der klägerischen Leistung zumutbar gewesen ist, muss es - obwohl diese Frage im Hinblick auf das soeben Gesagte zu bejahen sein dürfte - nicht mehr ankommen.

Die Berufung der Beklagten hat insofern vollumfänglich Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs.1 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711,546 Abs. 2 ZPO.

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 632 Abs. 2

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