22.05.2015 · IWW-Abrufnummer 144564
Oberlandesgericht Zweibrücken: Beschluss vom 02.03.2015 – 6 WF 14/15
Werden in einer Kindschaftssache die Akten für Hauptsache und Eilverfahren einheitlich und unter gemeinsamem Aktenzeichen geführt, kann die Auslegung der einheitlich ergangenen Bestellung des Verfahrensbeistandes ergeben, dass diese sich auf beide Gegenstände bezieht.
In der Familiensache
betreffend die elterliche Sorge für das Kind
K..., geboren am ..., ..., ..., vertreten durch den Ergänzungspfleger Jugendamt der Kreisverwaltung ..., ..., ....,
an dem beteiligt sind:
1. Die Großmutter G...., ..., ...,
Antragstellerin,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte ..., ..., ...,
2. Der Vater V..., ..., ...,
Antragsgegner,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte ..., ..., ...,
3. Das Jugendamt ..., ..., ...
4. Rechtsanwältin R..., ..., ... als Verfahrensbeistand des Kindes, Beschwerdeführerin,
wegen Vergütung des Verfahrensbeistandes
hier: Beschwerde
hat der 6. Zivilsenat - Familiensenat - des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken
Beschluss vom 2. März 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Burger, den Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und die Richterin am Landgericht Kopp
ohne mündliche Verhandlung am 2. März 2015
beschlossen:
Tenor:
1.
Auf die Beschwerde der Frau Verfahrensbeistand wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 27. Januar 2014 geändert:
Zugunsten der Rechtsanwältin R. aus ... ist die durch Anträge vom 22. April und 6. September 2013 begehrte Vergütung von insgesamt 1.100 € für die Tätigkeit als Verfahrensbeistand des Kindes in dem einstweiligen Anordnungsverfahren des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein (5g F 315/12) und des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibr ücken (2 UF 66/13) festzusetzen und auszubezahlen.
2.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe
1. Die Beschwerdeführerin begehrt die Festsetzung ihrer Vergütung als Verfahrensbeistand des Kindes für ein auch in der Beschwerdeinstanz geführtes Verfahren der einstweiligen Anordnung.
In dem zugrundeliegenden Verfahren haben die Großmutter und der Vater des Kindes um das Sorgerecht gestritten. Auf den im ordentlichen Verfahren gestellten Antrag der Großmutter hat das Familiengericht am 27. November 2012 einen ersten Termin durchgeführt. Am 11. Januar 2013 wurde eine von der Großmutter zwischenzeitlich begehrte einstweilige Anordnung ohne mündliche Verhandlung erlassen. Das Verfahren der einstweiligen Anordnung wurde seitdem unter demselben Aktenzeichen wie die Hauptsache und ohne aktenmäßige Trennung fortgeführt.
Durch Beschluss vom 21. Januar 2013 wurde die Beschwerdeführerin für das Kind zum Verfahrensbeistand bestellt, wobei die berufsmäßige Ausübung festgestellt und die weiteren Aufgaben nach § 158 Abs. 4 S. 3 FamFG übertragen wurden.
Auf den am 4. Februar 2013 eingegangenen Antrag des Vaters wurde die einstweilige Anordnung durch Beschluss vom 12. April 2014 nach mündlicher Verhandlung in veränderter Form bestätigt. Die hiergegen gerichteten Beschwerden von Vater und Großmutter wurden im Termin des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 26. Juli 2013 (2 UF 66/13) nach Abschluss einer Vereinbarung zurückgenommen.
In der Hauptsache hat das Familiengericht nach Einholung eines Gutachtens durch Beschluss vom 14. Januar 2014 entschieden. Diese Entscheidung hat das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken auf die Beschwerde des Vaters und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2014 durch Beschluss vom 16. Mai 2014 geändert.
Sowohl in dem auf die einstweilige Anordnung bezogenen Verfahren wie auch hinsichtlich der Hauptsache wurde die Beschwerdeführerin von den Gerichten jeweils uneingeschränkt als Verfahrensbeistand hinzugezogen und beteiligt. Sie hat an den jeweils in beiden Instanzen abgehaltenen Terminen teilgenommen und Stellungnahmen zur Sache abgegeben.
Die von der Beschwerdeführerin für das einstweilige Anordnungsverfahren beider Instanzen beantragte Vergütung in Höhe von insgesamt 1.100 € hat das Amtsgericht - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein durch den hier angefochtenen Beschluss vom 27. Januar 2014 versagt. Es handle sich um ein selbständiges Verfahren, für das eine gesonderte Bestellung zum Verfahrensbeistand erforderlich sei, die hier aber nicht vorliege. Der hiergegen gerichteten rechtzeitigen Beschwerde des Verfahrensbeistands wurde gemäß Beschluss vom 27. Januar 2015 nicht abgeholfen.
2. Die zulässige Beschwerde (§§ 58 ff., insbesondere § 61 Abs. 1 FamFG; vgl. insoweit MK-FamFG 2. Aufl. § 158 Rn. 54; § 168 Rn. 35 ff.) führt auch in der Sache zum Erfolg.
Zu Recht geht das Amtsgericht - im Einklang mit den Stellungnahmen der Bezirksrevisorin - davon aus, dass es sich bei dem Hauptsacheverfahren und dem Verfahren der einstweiligen Anordnung gemäß § 51 Abs. 3 FamFG um verschiedene Angelegenheiten handelt, für die der in beider Hinsicht bestellte Verfahrensbeistand gesonderte und nicht aufeinander anzurechnende Gebühren beanspruchen kann (BGH FamRZ 2011, 199 Tz. 11 ff.). Zutreffend zugrunde gelegt wurde auch, dass es für das Entstehen der jeweiligen Vergütungsansprüche nicht darauf ankommt, ob die verschiedenen Angelegenheiten in formal getrennten Verfahren behandelt worden sind, oder ob diese, wie hier, hinsichtlich der Aktenführung und des Aktenzeichens der ersten Instanz einheitlich bearbeitet wurden; für die Reichweite der Bestellung des Verfahrensbeistandes kommt es nicht auf das Verfahren im förmlichen Sinne an, sondern auf die Verschiedenheit der Gegenstände (zum Ganzen: BGH FamRZ 2012, 1630 Tz. 9 ff.).
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts fehlte es hier aber nicht an einer Bestellung des Verfahrensbeistandes auch für das Verfahren der einstweiligen Anordnung. Eine bestimmte Form der Entscheidung schreibt das Gesetz insoweit nicht vor (Bork/Jacoby/Schwab, FamFG 2. Aufl. § 158 Rn. 29); dementsprechend ist die Bestellung des Verfahrensbeistandes einer - ggf. auch berichtigenden - Auslegung zugänglich (vgl. Keidel, FamFG 18. Aufl. § 158 Rn. 34) und kann auch konkludent erfolgen (OLG Nürnberg, MDR 2015, 100 [OLG Nürnberg 25.11.2014 - 7 UF 1819/13]).
Hier ergibt die Auslegung des Bestellungsbeschlusses vom 21. Januar 2013 und der weiteren Verfahrenshandlungen der mit der Sache befassten Gerichte, dass die Beschwerdeführerin jedenfalls konkludent zum Verfahrensbeistand sowohl für die Hauptsache wie auch für das Eilverfahren bestellt worden ist. Auch das Eilverfahren war zum Zeitpunkt der Bestellung bereits anhängig. In der Konsequenz der einheitlichen Aktenführung lag es auch, dass bei der Bestellung nicht zwischen beiden Gegenständen unterschieden wurde. Im weiteren Verfahrensablauf wurde die Beschwerdeführerin von beiden befassten Gerichten uneingeschränkt als Verfahrensbeistand behandelt. Sowohl für das Eilverfahren wie auch in der Hauptsache wurde sie zu den gerichtlichen Terminen jeweils hinzugezogen und hat dort Stellungnahmen abgegeben. Bei der Auslegung dieses Verfahrensgeschehens ist auch das verfassungsrechtliche Gebot zu beachten, eine auskömmliche Vergütung des Verfahrensbeistandes sicherzustellen (BGH FamRZ 2011, 199 Tz. 23).
Die weitere Abwicklung der Auszahlung der Vergütung obliegt dem Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein. Die Kostenentscheidung des Beschwerdeverfahrens richtet sich nach § 81 FamFG.