06.05.2015 · IWW-Abrufnummer 144427
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 21.10.2014 – 13 K 1554/12 E
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf
13 K 1554/12 E
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
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Der Kläger erwarb Anfang des Streitjahres zusammen mit seiner Lebensgefährtin, Frau S (S), das Einfamilienhaus A-Straße in B-Stadt. Beide hielten jeweils einen hälftigen Miteigentumsanteil an dem Objekt. In der Folgezeit führten der Kläger und S umfangreiche Umbau- und Renovierungsarbeiten durch. Nach Abschluss dieser Arbeiten stand dem Kläger eine Bürofläche von 71,71 m² zur Verfügung. Die gesamte Wohn- und Nutzfläche belief sich auf 383,09 m². Zur Finanzierung nahmen der Kläger und die S mehrere Darlehen bei der C-Bank auf. Die laufenden Raten (Zins und Tilgung) wurden von einem Konto des Klägers abgebucht. Ab dem 1.8.2008 vermietete die S ihren hälftigen (ideellen) Anteil an den Büroräumen an den Kläger.
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In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2008 erklärte der Kläger einen Gewinn aus seiner freiberuflichen Tätigkeit als … in Höhe von 157.993 €.
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Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) legte im Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 14.10.2010, ergangen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO), einen Gewinn von 158.232 € zugrunde. Die Abweichung zum erklärten Gewinn beruhte darauf, dass das FA lediglich eine AfA von 541 € für den als Betriebsvermögen zu behandelnden Miteigentumsanteil des Kläger an den Büroräumen berücksichtigte.
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Im Veranlagungsverfahren der S für 2008 erkannte das FA den Mietvertrag zwischen dem Kläger und der S über ihren Anteil am Arbeitszimmer nicht an. Insoweit erging am 14.12.2010 eine ablehnende Einspruchsentscheidung.
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Am gleichen Tag erließ das FA gegenüber dem Kläger einen gem. § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid in einem hier nicht relevanten Streitpunkt.
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Mit Schreiben vom 10.2.2011 beantragte der Kläger eine Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 14.12.2010 gem. § 164 Abs. 2 AO. Zur Begründung führte er aus, dass das FA das Mietverhältnis zwischen ihm und der S gemäß der Einspruchsentscheidung im Veranlagungsverfahren der S vom 14.12.2010 nicht anerkannt habe. Die Büroräume seien daher in voller Höhe dem Kläger zuzurechnen. Mit Schriftsatz vom 21.3.2011 überreichte der Kläger eine berichtigte Gewinnermittlung und eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für 2008. Der erklärte Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit belief sich nunmehr auf 155.055,28 € und lag damit um 2.938 € unter dem ursprünglich erklärten Gewinn in Höhe von 157.993 € und um 3.177 € unter dem vom FA angesetzten Gewinn. Die in der berichtigten Umsatzsteuererklärung erklärte Vorsteuer war um 2.851,37 € höher als ursprünglich erklärt. Die Abweichungen in der Gewinnermittlung erläuterte der Kläger wie folgt (Beträge in €):
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Gewinnermittlung alt / Gewinnermittlung neu / Abweichung
Miete A-Straße 2.500,00 / 0,00 / 2.500,00
Raumkosten 301,61 / 603,31 / -301,70
Abschreibung Gebäude 779,77 / 1.154,79 /
-375,02
Vorsteuer 19% 26.729,31 / 29.580,68 / -2.851,37
Zinsen langfristig 1.910,02 / 3.820,58 /
-1.910,56
32.220,71 / 35.159,36 / -2.938,65
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Mit Schreiben vom 6.4.2011 kündigte das FA an, dass es beabsichtige, den Änderungsantrag des Klägers abzulehnen. Bei den geltend gemachten Kosten handle es sich um Drittaufwand im Sinne von R 4 Abs. 7 der Einkommensteuerrichtlinien. Da der Kläger nur zu 50% Eigentümer des Grundstücks sei, könne er auch nur 50% der Kosten geltend machen. Zugleich wies das FA darauf hin, dass es die bisher anerkannten Mietzahlungen an S in Höhe von 2.500 € nicht mehr als Betriebsausgaben anerkennen wolle. Es ergebe sich daher ein Gewinn aus Gewerbebetrieb von 160.732 € (158.232 € + 2.500 €). Hierzu nahm der Kläger im Schreiben vom 16.5.2011, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, Stellung.
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Am 6.6.2011 lehnte das FA den Antrag auf Anerkennung weiterer Betriebsausgaben ab. Dagegen legte der Kläger fristgemäß Einspruch ein.
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Am 17.6.2011 erließ das FA einen geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem es ‑ unter Hinweis auf das Schreiben vom 6.4.2011 – einen Gewinn von 160.732 € zugrunde legte.
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Dagegen legte der Kläger ebenfalls fristgemäß Einspruch ein und beantragte zudem am 21.6.2011 die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Nach Ablehnung der AdV durch das FA, wandte sich der Kläger an das Finanzgericht (FG) Düsseldorf, das mit Beschluss vom 7.10.2011 13 V 2649/11 A (E, AO) in vollem Umfang AdV gewährte.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 23.3.2012 lehnte das FA die Einsprüche gegen den Ablehnungsbescheid vom 6.6.2011 und den geänderten Einkommensteuerbescheid vom 17.6.2011 ab. Zur Begründung führte das FA aus, dass das Mietverhältnis des Klägers mit der S steuerlich nicht anzuerkennen sei. Die auf die Räumlichkeiten entfallenden Aufwendungen seien nur in Höhe des Miteigentumsanteils von 50% abziehbar. Die Zurechnung der Einkünfte und der Ansatz der Werbungskosten ergäben sich aus dem Beteiligungsverhältnis.
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Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage. Zur Begründung führt der Kläger aus: Zum einen sei es höchst fraglich, ob das FA zu Recht die Mietaufwendungen nicht anerkannt habe. Das erkennende Gericht habe im AdV-Verfahren unter Bezugnahme auf umfangreiche Rechtsprechung und Literaturhinweise darauf hingewiesen, dass die zu Ehegattenmietverhältnissen ergangene Rechtsprechung nicht ohne Weiteres auf nichteheliche Lebensgemeinschaften übertragen werden könne. Vorliegend diene der Abschluss eines Mietvertrages auch nicht zur Umgehung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG), da die maßgeblichen Räume den Mittelpunkt der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers bilden würden und damit ohnehin keine Begrenzung des Abzugs der Höhe nach bestehe. Die unreflektierte Übertragung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Vermietung von Wohnraum zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft auf beruflich genutzte Räume stelle zudem eine den Kläger benachteiligende Wertung dar, die weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur als gesicherte Auffassung bezeichnet werden könne. Es erscheine daher geboten, in diesem Verfahren eine Klärung herbeizuführen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Entscheidung des einzelnen, sich nicht dem Institut der Ehe zu unterstellen, ihm die Freiheit eröffnen müsse, seine Rechtsbeziehungen abweichend von einem derartigen Institut regeln zu können. In der familienrechtlichen Literatur finde sich wiederholt der Hinweis darauf, dass Regelungen, die die Ehe beträfen, gerade nicht auf Konflikte zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft angewendet werden könnten. Derjenige, der sich außerhalb des Rechts der Ehe stelle, könne nicht erwarten, dass im Falle eines Konfliktes dieses Recht zu seinen Gunsten streite. Hieraus ergebe sich die Konsequenz, dass der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Befugnis erhalten müsse, seine Rechtsbeziehungen individualvertraglich zu bestimmen. Akzeptiere man dieses Selbstbestimmungsrecht, folge hieraus das Gebot der steuerlichen Anerkennung solcher Verträge.
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Für den Fall, dass das Gericht zu einer anderen Würdigung gelange, sei das Geschehen zumindest dergestalt zu berücksichtigen, dass die zusätzlich geltend gemachten Aufwendungen unter der Wendung „Dritt-AfA“ zu berücksichtigen seien. Das FA habe den Vortrag des Klägers, dass er im Rahmen der bestehenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft die in Rede stehenden Teile der Immobilie alleine nutze und darüber hinaus die Anschaffungskosten des Objekts in der geforderten Höhe getragen habe, nicht bestritten. Folglich stehe ihm unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung die Befugnis zu, sowohl die auf seinen Miteigentumsanteil am Arbeitszimmer als auch die auf den Anteil der Lebensgefährtin entfallende AfA geltend zu machen. Die insoweit erforderliche Voraussetzung, dass der Kläger die entsprechenden Aufwendungen getragen haben müsse, sei als gegeben anzusehen. Der Kläger habe monatlich Zahlungen in Form der Miete an die S geleistet. Zwar habe das FA das Mietverhältnis nicht anerkannt. In dieser Höhe habe das FA aber unstreitig gestellt, dass die betreffenden Aufwendungen im Verhältnis der Parteien der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zueinander ausschließlich vom Kläger gezahlt worden seien.
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Nach einem Hinweis des Berichterstatters auf eine Saldierungsmöglichkeit wegen nicht abziehbarer Vorsteuer hat der Kläger mit Schriftsatz vom 31.7.2013, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, ergänzend ausgeführt: Er habe seine Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid zurückgenommen. Die Vorsteuer, die anteilig auf das Arbeitszimmer entfalle, sei daher nicht abzugsfähig und gewinnerhöhend den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Arbeitszimmers hinzuzurechnen. Mit Schriftsätzen vom 31.7.2013, vom 7.1.2014 und – nach einem weiteren Hinweis des Berichterstatters – vom 4.3.2014 hat der Kläger geänderte Gewinnermittlungen gem. § 4 Abs. 3 EStG übermittelt. In der letztgenannten Gewinnermittlung geht der Kläger von folgender Berechnung aus (Beträge in €):
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Gewinn lt. Einkommensteuerbescheid vom 17.6.0211 160.732,00
Gewinn laut berichtigter Gewinnermittlung des Klägers 155.055,28
Zuzüglich nicht abziehbarer Vorsteuer 5.702,74
Neu ermittelte Abschreibung
AK/HK bisher 54.112,92
AK/HK Arbeitszimmer neu 59.279,25
Differenz 5.166,33
Zuzüglich n.a. Vorsteuer 5.423,67
Zwischensumme 10.590,00
AfA hierauf 108,47 -211,80
Außenanlagen bisher 943,84
Zuzüglich n.a. Vorsteuer 179,33
AfA auf n.a. Vorsteuer 10% -17,93 / -17,93
Vorsteuer Grundschuldbestellung -28,90
Vorsteuer laufende Kosten -70,05
Gewinn neu 160.429,34
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
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den Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 17.6.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.3.2012 dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit die an S gezahlten Mietaufwendungen in Höhe von 2.500 € sowie 50% der auf die Büroräume entfallenden Hauskosten des Einfamilienhauses A-Straße in B-Stadt als Betriebsausgaben berücksichtigt werden,
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hilfsweise, dass 100% der auf die Büroräume entfallenden Hauskosten des Einfamilienhauses A-Straße in B-Stadt als Betriebsausgaben berücksichtigt werden und ein Gewinn aus selbständiger Arbeit in Höhe von 160.429,34 € angesetzt wird,
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sowie für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
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Das FA beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die auf die vom Kläger genutzten Räumlichkeiten entfallenden Aufwendungen seien nur insoweit abzugsfähig, als sie seinem Miteigentumsanteil am Objekt entsprächen. Miteigentümer hätten stets einen Werbungskosten/Betriebsausgabenabzug, wenn sich die einkunftsbezogene Nutzung innerhalb der Miteigentumsanteile halte. Da der Kläger zu 50% Eigentümer des Hauses sei, sei sein Werbungskostenabzug auf 50% beschränkt.
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Beide Beteiligte haben übereinstimmend erklärt, dass sie auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichten.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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I. Der Senat entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung.
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II. Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags bereits unzulässig. Es fehlt an einer Rechtsverletzung und damit am Rechtsschutzbedürfnis. Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Klage, mit der die Festsetzung einer höheren Steuer als im angefochtenen Bescheid begehrt wird, regelmäßig in Ermangelung eines Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 10.1.2007 I R 75/05, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH --BFH/NV-- 2007, 1506; Seer in Tipke/Kruse, AO, FGO, § 40 FGO Rn. 55 m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall, denn hätte der Kläger mit seinem Hauptantrag Erfolg, w äre der Steuerbetrag höher als in dem angefochtenen Ausgangsbescheid festzusetzen.
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Das FA hat die festgesetzte Einkommensteuer im angefochtenen Einkommensteuerbescheid vom 17.6.2011 ausgehend von einem Gewinn des Klägers in Höhe von 160.732 € ermittelt. Bereits in seinem Hinweisschreiben vom 6.2.2014 hat das FG den Kläger darauf hingewiesen, dass sich im Falle einer Anerkennung des Mietvertrages bei vorläufiger Berechnung ein Gewinn in Höhe von 160.975,33 € ergebe. Im Anschluss an die Stellungnahme des Klägers vom 4.3.2014 ist die seinerzeit zugrunde gelegte AfA wie folgt zu modifizieren (Beträge in €):
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Kaufpreis 449.000,00
Makler (brutto) 16.029,30
Notarvertrag (brutto) 2.236,49
Gerichtskasse 943,00
Gerichtskasse 487,50
Stadt B-Stadt 17,00
Kaufpreisschätzung (brutto) 196,35
Grunderwerbsteuer 15.714,00
Summe 484.623,64
Abzüglich Grund- und Boden -276.595,00
Anschaffungskosten Gebäude 208.028,64
Anteil Arbeitszimmer 71,71 m²/ 383,09 m²
38.940,54
Unmittelbar zuzurechnende nachträgliche AK in 2008 laut Aufstellung des FA 3.270,58
Hierauf entfallende Umsatzsteuer 621,41
Anteilig zuzurechnende nachträgliche AK für 2008 laut Aufstellung des FA 73.155,20 € (netto) = 87.054,69 € (brutto) x 71,71/383,09 16.295,63
Zwischensumme 59.128,16
Miteigentumsanteil des Klägers 50% 29.564,08
AfA 2% auf Miteigentumsanteil 591,28
AfA eigener Miteigentumsanteil + AfA ideeller Anteil S 1.182,56
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Bei seiner Berechnung der AfA hat der Senat einen Bodenwert von 276.595 € zugrunde gelegt, der zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Abschreibungen auf die Außenanlagen und die hierauf entfallende nicht abziehbare Vorsteuer sind – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht anzuerkennen, da insoweit kein betrieblicher Veranlassungszusammenhang mit der Büronutzung besteht (Hinweis auf BFH-Urteil vom 6.10.2004 VI R 27/01, Sammlung der Entscheidungen des BFH --BFHE-- 206, 571, Bundessteuerblatt --BStBl-- II 2004, 1071). Unter Einberechnung einer AfA von (aufgerundet) 592 € ergibt sich nunmehr ein Gewinn von ca. 160.933 €, der über dem vom FA angesetzten Gewinn liegt (Beträge in €):
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Position Betrag
Einnahmen 414.082,38
Waren -50.384,50
Löhne/Gehälter -43.642,89
Miete D-Straße etc -13.506,99
Aufwand für gemietete Grundstücke
-6.697,86
Miete Arbeitszimmer -2.500,00
Raumkosten A-Straße -301,61
Versicherung -6.582,23
Kfz-Kosten -29.272,77
Werbekosten -18.343,41
Warenabgabe -177,96
Instandhaltung -968,09
AfA A-Straße -592,00
AfA Außenanlagen 0
AfA Sachanlagen -1.555,00
AfA GWG -418,57
Verschiedene Kosten -13.763,41
Vorsteuer 7% und 16% 394,22
Gezahlte VorSt insgesamt -29.580,68
Gezahlte USt -38.764,55
Hinzurechnung n.a.VSt betreff. Büroanteil
5.603,00
Schuldzinsen kurzfr. -567,41
Schuldzinsen A-Straße -1.910,02
n.a. BA 383,68
160.933,33
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III. Die Klage ist hinsichtlich des Hilfsantrags zulässig, aber unbegründet.
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1. Die Zulässigkeit der Klage folgt daraus, dass sich im Falle eines vollst ändigen Obsiegens des Klägers ein geringerer Gewinn als vom FA angesetzt ergäbe. Dies gilt im Übrigen auch unter Zugrundelegung der durch das FG abweichend berechneten AfA (vgl. II). Für diesen Fall beliefe sich der Gewinn auf einen Betrag von 160.629 €, der sich wie folgt ermittelt:
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Position / Betrag
Einnahmen 414.082,38
Waren -50.384,50
Löhne/Gehälter -43.642,89
Miete D-Straße etc -13.506,99
Aufwand für gemietete Grundstücke -6.697,86
Miete Arbeitszimmer 0,00
Raumkosten A-Straße -603,31
Versicherung -6.582,23
Kfz-Kosten -29.272,77
Werbekosten -18.343,41
Warenabgabe -177,96
Instandhaltung -968,09
AfA A-Straße -1.182,56
AfA Außenanlagen 0
AfA Sachanlagen -1.555,00
AfA GWG -418,57
Verschiedene Kosten -13.763,41
Vorsteuer 7% und 16% 394,22
Gezahlte VorSt insgesamt -29.580,68
Gezahlte USt -38.764,55
Hinzurechnung n.a.VSt betreff. Büroanteil
5.602,22
Schuldzinsen kurzfr. -567,41
Schuldzinsen A-Straße -3.820,58
n.a. BA 383,68
160.629,73
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2. Die Klage ist indes unbegründet. Die vom Kläger im Rahmen des Hilfsantrags zusätzlich geltend gemachten Schuldzinsen in Höhe von 1.910,29 € (50% von 3.820,58 €), sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Diese sind vielmehr nach den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats vom 23.8.1999 GrS 2/97 (BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782) der S zuzurechnen. Ob dem Kläger die sonstigen Raumkosten und die AfA in voller Höhe zustehen, kann dahingestellt bleiben, da allein ihre Berücksichtigung nicht zu einem niedrigeren Gewinn als vom FA angesetzt führen würde.
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a) Betriebsausgaben sind gem. § 4 Abs. 4 EStG die durch den Betrieb veranlassten Aufwendungen. Dazu gehören auch Schuldzinsen für Darlehen, die zur Anschaffung betrieblicher Wirtschaftsgüter verwendet wurden (vgl. etwa BFH-Urteil vom 24.2.2000 IV R 75/98, BFHE 191, 301, BStBl II 2000, 314). Die Regelung im § 4 Abs. 4 EStG ist insofern unvollständig, als sie nicht bestimmt, wer die Aufwendungen getragen haben muss (vgl. etwa BFH-Urteil vom 24.2.2000 IV R 75/98, BFHE 191, 301, BStBl II 2000, 314). Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich nach der zutreffenden Ansicht des BFH aus dem Grundsatz der persönlichen Leistungsfähigkeit und dem daraus abgeleiteten Nettoprinzip, wonach der Steuerpflichtige die Aufwendungen grundsätzlich persönlich tragen muss (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 23.8.1999 GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 unter C.IV.1.b).
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Der Große Senat hat sich in vier grundlegenden Beschlüssen vom 23.8.1999 mit der Abgrenzung von Eigen- und Drittaufwand in den Fällen von Ehegatten-Arbeitszimmern befasst. In diesem Zusammenhang hat sich der Große Senat u.a. mit der Frage beschäftigt, wem die Aufwendungen für die Anschaffung bzw. Herstellung eines Gebäudes in einer bestehenden Ehe zuzurechnen sind, wenn beide Ehegatten Finanzierungsbeiträge geleistet haben oder die Darlehensmittel zu Lasten beider Ehegatten aufgenommen worden sind. Für die auch im Streitfall maßgebliche Konstellation, dass Miteigentum am Grundstück und Gebäude begründet wird, soll nach Ansicht des Großen Senats in einem ersten Schritt davon auszugehen sein, dass jeder der Ehegatten Herstellungskosten entsprechend seinem Miteigentumsanteil getragen habe (vgl. BFH-Beschluss vom 23.8.1999 GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782). Dies gelte unabhängig davon, wie viel er tatsächlich an eigenen Mitteln beigetragen habe. Seien die finanziellen Beiträge unterschiedlich hoch, sei davon auszugehen, dass der Ehegatte, der mehr beigesteuert habe, dieses Mehr seinem Ehepartner habe zuwenden wollen. In einem zweiten Schritt hat der Große Senat diese Zuwendungsvermutung in bestimmten Fällen „korrigiert“, etwa dann, wenn sich der Nichteigentümer-Ehegatte an den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines von ihm genutzten Arbeitszimmers beteiligt (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 23.8.1999 GrS 1/97, BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778 unter C.I.4 unter Hinweis auf den Beschluss des Großen Senats vom 30.1.1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281). In diesen Fällen soll der Abzug der AfA als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten möglich sein, da es sich um im eigenen betrieblichen Interesse getragene Aufwendungen und damit im Ergebnis um Eigenaufwand handeln soll.
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In Bezug auf die laufenden Aufwendungen, die zum einen mit der Anschaffung/Herstellung des Grundstücks und zum anderen mit der Nutzung des Arbeitszimmers eines zusammen hängen, hat der Große Senat in seinem Beschluss vom 23.8.1999 GrS 2/97 (BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782) zwischen den grundstücksorientierten und den nutzungsorientierten Aufwendungen unterschieden. Im Regelfall gelte, dass dann, wenn keine besonderen Vereinbarungen getroffen seien, die Zahlung jeweils für Rechnung desjenigen geleistet werde, der den Betrag schulde. Insofern bestehe kein Unterschied zu den Anschaffungs- oder Herstellungsaufwendungen. Dies gelte grundsätzlich auch dann, wenn sich der Nichteigentümer-Ehegatte an den auf das Arbeitszimmer entfallenden laufenden Kosten beteiligt habe. Von diesem Grundsatz gebe es allerdings zwei Ausnahmen: Zum einen, wenn der Nichteigentümer-Ehegatte in Absprache mit dem anderen Ehepartner Aufwendungen, die das Arbeitszimmer beträfen (nutzungs- und grundstücksorientierte Aufwendungen), selbst übernehme, zum anderen insoweit, als es sich um nutzungsorientierte Aufwendungen handle, die zu Lasten eines gemeinsamen Kontos gezahlt worden seien. Die im letztgenannten Fall angesprochenen nutzungsorientierten Aufwendungen seien, anders als die grundstücksorientierten Aufwendungen, allein durch die berufliche Nutzung verursacht. Dagegen würden grundstücksorientierte Aufwendungen zumindest auch im Interesse des Eigentümers aufgewendet.
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b) Nach Maßgabe der vom Großen Senat aufgestellten Grundsätze kann der Kläger die von ihm zusätzlich geltend gemachten Schuldzinsen nicht als Betriebsausgaben abziehen. Die insgesamt gezahlten Schuldzinsen von ca. 3.820 € sind zur Hälfte dem Kläger und der S zuzurechnen (vgl. aa). Ein Abzug des auf die S entfallenden Anteils der Schuldzinsen durch den Kläger ist ausgeschlossen, da es an der vom Großen Senat hierfür für erforderlich gehaltenen ausdrücklichen Vereinbarung mit S fehlt (vgl. bb).
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aa) Nach den Grundsätzen der Entscheidung des Großen Senats im Beschluss vom 23.8.1999 GrS 2/97 (BFHE 159, 442, BStBl II 1990, 462) sind die insgesamt gezahlten Schuldzinsen, auch wenn diese allein von einem Konto des Klägers bezahlt wurden, zur Hälfte der S zuzurechnen. Der Kläger und die S haben die zur Finanzierung des Hauserwerbs und des Umbaus aufgenommenen Darlehen als Gesamtschuldner aufgenommen. Ebenso wie bei Ehegatten ist auch in der vorliegenden Konstellation einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft davon auszugehen, dass die Zahlung der Schuldzinsen durch den Kläger – entsprechend der h älftigen Miteigentumsanteile – sowohl zu seinen als auch zu Gunsten der S erfolgen sollte. Aus wessen Mitteln die Zahlung im Einzelfall stammt ist unmaßgeblich (so auch ausdrücklich der Große Senat im Zusammenhang mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten in den Ehegatten-Fällen, BFH-Beschluss vom 23.8.1999 GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 unter C.I.1.; vgl. ferner BFH-Urteil vom 29.4.2008 VIII R 98/04, BFHE 221, 129, BStBl II 2008, 749).
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Der Senat folgt nicht der von einem Teil der Literatur vertretenen Auffassung, wonach die vom Großen Senat zu den Ehegattenfällen aufgestellten Grundsätze nicht auf die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft übertragen werden können. Zwar weisen die Vertreter dieser Auffassung zutreffend darauf hin, dass der Große Senat seinen Zuwendungsgedanken ausdrücklich auf eherechtliche Erwägungen gestützt habe (vgl. Kreft in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 9 EStG Anm. 43). So werde etwa im Beschluss vom 23.8.1999 GrS 1/97 (BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778) darauf verwiesen, dass eine Zuwendung des einen an den anderen Ehegatten als Beitrag zur Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne des § 1353 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), also eines gemeinsamen Ziels, anzusehen sei. Dieses Ziel werde u.a. durch die jeweilige berufliche Tätigkeit der Ehegatten verwirklicht.
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Durch diesen Begründungsansatz wird eine sinngemäße Anwendung im Fall der nichtehelichen Lebensgemeinschaft aber nicht ausgeschlossen. Der Senat schließt sich vielmehr der Gegenauffassung in der Literatur an, wonach eine Übertragung der vom Großen Senat in den Ehegatten-Fällen aufgestellten Grundsätze auf die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft möglich ist (vgl. etwa Söffing, Betriebs-Berater --BB-- 2000, 381, 392; ähnlich Gröpl, Deutsche Steuerzeitung 2001, 65, 70). Aus Sicht des Senats besteht in dieser Konstellation kein Grund für eine unterschiedliche Behandlung von Ehe und nichtehelicher Lebensgemeinschaft, da der Zuwendungsgedanke des Großen Senats für beide Lebensformen Gültigkeit beanspruchen kann. Der Große Senat greift zur Begründung seiner Zuwendungsvermutungen zwischen Ehegatten auf das Zivilrecht zurück (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 23.8.1999 GrS 1/97, BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778). Ausdrücklich nimmt der Große Senat in diesem Zusammenhang Bezug auf das BFH-Urteil vom 12.2.1988 VI R 141/85 (BFHE 152, 491, BStBl II 1988, 764), in dem der VI. Senat die aus seiner Sicht einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zitiert hatte (namentlich die BGH-Urteile vom 6.12.1965 II ZR 137/63, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1966, 542; vom 28.4.1983 IX ZR 1/82, NJW 1983, 2449 und vom 17.5.1983 IX ZR 14/82, NJW 1983, 1845). Diese BGH-Rechtsprechung gilt aber gleichermaßen auch für die nichteheliche Lebensgemeinschaft (vgl. BGH-Urteil vom 24.3.1980 II ZR 191/79, NJW 1980, 1520 sowie die Bezugnahme hierauf im Urteil vom 28.4.1983 IX ZR 1/82, NJW 1983, 2449).
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Inhaltlich befasst sich die betreffende BGH-Rechtsprechung vor allem mit der Frage, ob zwischen den Ehegatten bzw. Lebenspartnern Ausgleichsansprüche – insbesondere aus § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB – bestehen, wenn sie ein Grundstück zu je hälftigem Miteigentum erwerben und diesen Erwerb durch eine gesamtschuldnerische Darlehensaufnahme finanzieren, aber nur der Hauptverdiener die Zahlungen auf die Gesamtschuld leistet. Der BGH hat das Bestehen eines solchen Ausgleichsanspruchs sowohl für Ehegatten als auch für Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft für die Zeit des Bestehens der Gemeinschaft verneint (vgl. BGH-Urteile vom 17.5.1983 IX ZR 14/82, NJW 1983, 1845 zu Ehegatten im gesetzlichen Güterstand und vom 24.3.1980 II ZR 191/79, NJW 1980, 1520 zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft). Begründet wird diese Auffassung mit der Überlegung, dass beim Erwerb eines Hausgrundstücks zu hälftigem Miteigentum eine stillschweigende Übereinkunft dahingehend bestehe, dass jeder der gleichberechtigten Ehegatten/Partner gleich viel zum Erwerb beitrage, auch wenn der verdienende Teil die gemeinsamen Schulden abbezahle (vgl. BGH-Urteile vom 17.5.1983 IX ZR 14/82, NJW 1983, 1845 und vom 3.11.1983 IX ZR 104/82, NJW 1984, 795). Die Ausgleichung nach Kopfteilen werde der Lebensgemeinschaft nicht gerecht, da die finanzielle Leistung des einen und die Haushaltsführung durch den anderen gleichwertige Beiträge zur Lebensgemeinschaft bilden würden (vgl. etwa BGH-Urteil vom 3.11.1983 IX ZR 104/82, NJW 1984, 795; vgl. ferner Urteil des OLG Koblenz vom 14.11.2011 12 U 712/10, NJW-RR 2012, 738). In Bezug auf die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche während der Zeit des Bestehens der Gemeinschaft besteht daher kein wesentlicher Unterschied zwischen Ehepartnern und Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (so auch explizit Bydlinski in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 426 Rn. 20). Als unmaßgeblich sieht es der Senat dagegen an, wie sich die Ausgleichsansprüche nach Scheitern der Ehe bzw. nichtehelichen Lebensgemeinschaft gestalten (eingehend hierzu Schulz, Familie – Partnerschaft – Recht 2010, 373).
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bb) Die Voraussetzungen für den vom Großen Senat ausnahmsweise für möglich gehaltenen Abzug der dem anderen Ehegatten (hier Lebenspartner) zuzurechnenden Grundstücksaufwendungen durch denjenigen, der das Arbeitszimmer ausschließlich nutzt, liegen im Streitfall nicht vor.
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Allerdings wird in der Literatur zum Teil die Ansicht vertreten, dass aus den Beschlüssen des Großen Senats vom 23.8.1999 eine volle Abziehbarkeit der Schuldzinsen durch den das Arbeitszimmer nutzenden Ehegatten abgeleitet werden könne. Küffner/Haberstock (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2000, 1672, 1675) vertreten etwa die Auffassung, dass die Schuldzinsen für Darlehen für den betrieblich oder beruflich genutzten Gebäudeteil abgezogen werden können, wenn der Nutzende zumindest Miteigentümer des Gebäudes und (Mit-)Schuldner dieser Aufwendungen sei. Unbeachtlich sei insoweit, wer die grundstücksorientierten Kosten tatsächlich gezahlt habe. Seien die Aufwendungen vom nutzenden Ehegatten allein oder von einem gemeinsamen Konto der Ehegatten entrichtet worden, ergebe sich die Berücksichtigung schon aus den allgemeinen Grundsätzen der Abziehbarkeit von Eigenaufwand. Der nutzende Miteigentümer könne diese Aufwendungen jedoch auch dann abziehen, wenn sie allein vom anderen Miteigentümer-Ehegatten gezahlt worden seien. Auch in diesem Fall handle es sich um betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen des nutzenden Mitschuldners, die der andere Ehegatte für ihn unter Abkürzung des Zahlungswegs geleistet habe. Zu einem gleichen Ergebnis kommt Wolff-Diepenbrock (DStR 1999, 1642), nach dessen Ansicht der Große Senats mit seinen Ausführungen zu den laufenden Aufwendungen im Beschluss vom 23.8.1999 GrS 2/97 (BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782) die Grundsätze des BFH-Urteils vom 3.4.1987 VI R 91/85 (BFHE 149, 572, BStBl II 1987, 623), wonach dem ein Arbeitszimmer nutzenden Miteigentümer der volle Schuldzinsenabzug zusteht, nicht in Frage stellen wollte.
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Der Senat vermag dieser Auffassung nicht zu folgen, da sie seines Erachtens nicht im Einklang mit den Ausführungen des Großen Senats im Beschluss vom 23.8.1999 GrS 2/97 (BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782) steht. Für den Miteigentümer eines Grundstücks sind die Anteile der übrigen Miteigentümer im steuerrechtlichen Sinne ebenso fremde Wirtschaftsgüter, wie es das Alleineigentum eines anderen an einem Grundstück für den Nichteigentümer ist (vgl. Beschluss des Großen Senats vom 23.8.1999 GrS 1/97, BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778). In Bezug auf die den hälftigen Miteigentumsanteil des Klägers übersteigenden Schuldzinsen müssen daher die gleichen Grundsätze Anwendung finden, die der Große Senat in seinem Beschluss vom 23.8.1999 GrS 2/97 (BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782) in Bezug auf das Verhältnis von Nichteigentümer und Alleineigentümer aufgestellt hat. Der Große Senat hat in dieser Entscheidung in einem ersten Schritt geprüft, wem die Zahlung der laufenden Aufwendungen zuzurechnen ist. Insoweit gelte grundsätzlich, dass die Zahlung, sofern keine besondere Vereinbarung getroffen sei, jeweils für Rechnung desjenigen geleistet werde, der den Betrag schulde (vgl. BFH-Beschluss vom 23.8.1999 GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 unter C.V.). Gleiches gilt – wie bereits unter III.2.b.aa dargestellt wurde – auch im Streitfall.
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Im Anschluss hieran führt der Große Senat aus, dass die Zurechnung der Zahlung auf denjenigen, der den Betrag schulde, auch dann erfolgen müsse, wenn sich der Nichteigentümer-Ehegatte an den auf das Arbeitszimmer entfallenden laufenden Kosten beteilige. Damit hat der Große Senat klargestellt, dass auch die tatsächliche Aufwandstragung die im ersten Schritt erfolgte Zuordnungsentscheidung nicht zu verdrängen vermag. Die Behandlung laufender Aufwendungen weicht damit von der Behandlung von Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten ab, denn in den letztgenannten Fällen führt die Kostenbeteiligung des Nichteigentümer-Ehegatten dazu, dass der Steuerpflichtige zur Inanspruchnahme der AfA berechtigt ist (vgl. BFH-Beschluss vom 23.8.1999 GrS 1/97, BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778). Die in Bezug auf die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten ausschlaggebende Erwägung, dass der Nichteigentümer-Ehegatte die betreffenden Aufwendungen im eigenen betrieblichen Interesse trägt, hält der Große Senat daher offenbar nicht für auf laufende Aufwendungen übertragbar. Dies wird durch die nachfolgende Differenzierung des Großen Senats bestätigt, wonach allein die nutzungsorientierten Aufwendungen im Falle einer Kostentragung durch den Nichteigentümer-Ehegatten sachlich und subjektiv durch den Beruf des das Arbeitszimmer nutzenden Ehegatten veranlasst seien, während die grundstücksorientierten Aufwendungen stets auch im Interesse des Eigentümers aufgewendet würden (vgl. BFH-Beschluss vom 23.8.1999 GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 unter C.V.2.b). Nach Auffassung des Senats kann hieraus nur die Schlussfolgerung gezogen werden, dass in Bezug auf die grundstücksorientierten Aufwendungen die BFH-Urteile vom 3.4.1987 VI R 91/85 (BFHE 149, 572, BStBl II 1987, 623) und vom 19.5.1995 VI R 64/93 (BFH/NV 1995, 879) überholt sind. In der erstgenannten Entscheidung hatte der VI. Senat in einem Miteigentumsfall entschieden, dass der das Arbeitszimmer nutzende Ehegatte die anteilig hierauf entfallenden Schuldzinsen nicht nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil zur Hälfte, sondern in voller Höhe als Werbungskosten abziehen könne. Diese Rechtsprechung zu den „Ehegatten-Arbeitszimmer-Fällen“ hatte der VI. Senat sodann mit Urteil vom 19.5.1995 VI R 64/93 (BFH/NV 1995, 879) auch auf die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erstreckt. Übertragen auf den Streitfall folgt hieraus, dass der bloße Umstand, dass der Kläger die gesamten grundstücksorientierten Aufwendungen trägt, nicht ausreicht, um den vollen Betriebsausgabenabzug zu begründen.
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Soweit der Große Senat in Bezug auf die grundstücksbezogenen Aufwendungen ausnahmsweise einen Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug dann für zulässig erachtet hat, wenn der nutzende Nichteigentümer-Ehegatte in Absprache mit dem Eigentümer-Ehegatten die laufenden Aufwendungen übernimmt (vgl. BFH-Beschluss vom 23.8.1999 GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 unter C.V.2.a), liegt diese Ausnahme im Streitfall nicht vor. Dass eine solche Absprache getroffen wurde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Dagegen spricht vielmehr, dass der Kläger mit der S einen Mietvertrag über deren ideelle Hälfte am Grundstück abgeschlossen und S im Rahmen ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung u.a. auch Schuldzinsen als Werbungskosten geltend gemacht hat. Der Kläger und die S gehen daher offenbar selbst davon aus, dass der S die Schuldzinsen zur Hälfte zugewendet werden sollen.
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Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass ein solcher Mietvertrag steuerlich nicht anzuerkennen wäre. Dieser Auffassung, die auch das FA vertritt, könnte der Senat nicht beipflichten. Die Frage, ob ein Mietverhältnis über den ideellen Anteil eines Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft am vom anderen Partner genutzten Arbeitszimmer steuerlich anzuerkennen ist, ist bislang in der Rechtsprechung – soweit ersichtlich – nicht entschieden worden (das FG Hamburg konnte die Frage in seinem Urteil vom 6.9.2005 II 477/03, abrufbar in juris, dahinstehen lassen). Allerdings hat die finanzgerichtliche Rechtsprechung bei einem im Miteigentum von Ehegatten (bzw. im Alleineigentum des anderen Ehegatten) stehenden Einfamilienhaus die steuerliche Anerkennung eines Mietvertrags, den der nutzende Ehegatte mit dem anderen Ehegatten über dessen ideellen Anteil am Arbeitszimmer abgeschlossen hatte, bereits mehrfach versagt (vgl. etwa Urteile des Schleswig-Holsteinischen FG vom 8.10.1999 III 99/99, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2001, 640; des FG Baden-Württemberg vom 31.5.2001 6 K 7/98, abrufbar in juris; des FG Münster vom 5.6.2003 8 K 5960/01 E, 8 K 5961/01 E, EFG 2003, 1374; des FG München vom 8.10.2008 10 K 1573/07, EFG 2009, 153; a.A. FG Hamburg im Urteil vom 11.2.2006 2 K 8/05, abrufbar in juris). Zur Begründung hat sich die Rechtsprechung zum Teil darauf gestützt, dass dem das Arbeitszimmer nutzenden Ehegatten das Recht auf dessen ausschließliche Nutzung bereits aufgrund der Vorschriften über die eheliche Unterhaltsgewährung zustehe (vgl. etwa Urteile des Schleswig-Holsteinischen FG vom 8.10.1999 III 99/99, EFG 2001, 640 und des FG München vom 8.10.2008 10 K 1573/07, EFG 2009, 153). Zum Teil wird dieses Ergebnis darauf gestützt, dass der Abschluss eines solchen Mietvertrags unangemessen und missbräuchlich im Sinne des § 42 AO sei, weil das Mietverhältnis in den betreffenden Fällen nur den Zweck habe, die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zu umgehen (vgl. etwa Urteil des FG München vom 8.10.2008 10 K 1573/07, EFG 2009, 153).
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Beide Erwägungen greifen jedoch im Streitfall nicht. Eine Umgehung im Sinne des § 42 AO liegt bereits deshalb nicht vor, da das Arbeitszimmer des Klägers den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung bildet und daher die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG nicht greift. Soweit aus den ehelichen Unterhaltspflichten die Pflicht zur unentgeltlichen Überlassung der für die Berufsausübung benötigten Räume abgeleitet und hieraus die Unzulässigkeit einer „Verrechtlichung“ des Nutzungsverhältnisses abgeleitet wird, lässt sich diese Überlegung nicht auf die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft übertragen, da zwischen diesen keine entsprechenden Unterhaltspflichten bestehen (im Ergebnis a.A. wohl Grube, DStR 1991, 297 ff.). Zivilrechtlich ist zudem anerkannt, dass der Gebrauch des Miteigentums nicht nur durch eine Nutzungsvereinbarung im Sinne des § 743 Abs. 2 BGB, sondern auch durch einen Mietvertrag geregelt werden kann (vgl. etwa Aderhold in Ermann, BGB, 14. Aufl., § 732 Rn. 9). Soweit der BFH einem Mietvertrag über Teile des Wohnraums zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Anerkennung versagt hat (grundlegend BFH-Urteil vom 30.1.1996 IX R 100/93, BFHE 180, 74, BStBl II 1996, 359; vgl. ferner BFH-Beschlüsse vom 16.11.2001 IX B 55/01, BFH/NV 2002, 345 und vom 12.1.2005 IX B 115/04, BFH/NV 2005, 703; vgl. ferner die Urteile des FG Nürnberg vom 4.5.2006 IV 311/2003, abrufbar in juris, und des FG München vom 23.2.2010 13 K 3571/07, abrufbar in juris), lassen sich die maßgeblichen Erwägungen ebenfalls nicht auf den Streitfall übertragen, da es in diesen Entscheidungen um die Überlassung von gemeinsam genutztem Wohnraum, nicht aber um die Überlassung allein genutzter Räume ging.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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V. Die Zulassung der Revision folgt aus § 115 Abs. 1 Nr. 1 FGO. Die Frage, ob durch die Beschlüsse des Großen Senats vom 23.8.1999 die BFH-Urteile vom 3.4.1987 VI R 91/85 (BFHE 149, 572, BStBl II 1987, 623) und vom 19.5.1995 VI R 64/93 (BFH/NV 1995, 879) überholt sind, hat grundsätzliche Bedeutung.