22.04.2015 · IWW-Abrufnummer 176339
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 19.02.2015 – 5 Sa 537/14
Die tarifliche Regelung in § 6 Ziff. 2 RTV , wonach ein Arbeitnehmer im Gebäudereinigungshandwerk bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit den durchschnittlichen Lohn der letzten zwölf Monate erhält, ist durch die Öffnungsklausel des § 4 Abs. 4 S. 1 EFZG gedeckt. § 6 Ziff. 2 RTV verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 28. August 2014, Az. 8 Ca 914/14, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Die 1961 geborene Klägerin ist seit 2006 im Gebäudereinigungsunternehmen der Beklagten als Unterhaltsreinigerin mit 20 Wochenstunden teilzeitbeschäftigt. Ihre Arbeitsstelle ist in Ludwigshafen. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung und Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung (RTV) vom 28.06.2011 Anwendung. Der Tariflohn für die Lohngruppe 1 betrug im Tarifgebiet ab 01.01.2013 € 9,00, ab 01.01.2014 € 9,31 brutto.
Die Klägerin war im März 2014 insgesamt 29 Stunden arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte leistete für diese Zeit Entgeltfortzahlung iHv. € 262,45 brutto. Da sie ihrer Berechnung den im RTV geregelten Referenzzeitraum von 12 Monaten zugrunde legte, betrug der Stundenfaktor € 9,05. Die Klägerin begehrt die Differenz zum tariflichen Stundenlohn von € 9,31; mithin € 7,54 brutto (29 Std. x € 0,26). Sie ist der Ansicht, die Beklagte sei verpflichtet, ihr im Arbeitsunfähigkeitszeitraum den aktuellen tariflichen Stundenlohn fortzuzahlen.
Der RTV enthält - soweit vorliegend von Interesse - folgende Regelung:
§ 6
Arbeitsversäumnis bei Arbeitsunfähigkeit
1. ...
2. ...
Bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit bzw. Arbeitsunfall erhält der/die Beschäftigte bis zu einer Dauer von sechs Wochen seinen/ihren durchschnittlichen Lohn der letzten zwölf Monate für seine/ihre regelmäßige aktuelle Arbeitszeit; unberücksichtigt bleiben dabei unverschuldete Fehltage, wie z.B. Krankheitstage außerhalb des gesetzlichen Entgeltfortzahlungszeitraumes, Kurzarbeitszeiten usw. Dies gilt auch für Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation gemäß § 9 des Entgeltfortzahlungsgesetzes.
Bei der Berechnung des Lohns bleiben außer Ansatz: Einmalvergütungen, Aufwendungsersatz wie z.B. Gratifikationen, Fahrtkosten und Auslösung.
3. Sofern der/die Beschäftigte weniger als zwölf Monate im Unternehmen beschäftigt ist, werden diese Monate der Durchschnittsberechnung zugrunde gelegt.
4. Neu eingestellte Beschäftigte erhalten in den ersten vier Wochen der Beschäftigung keine Entgeltfortzahlung.
...
§ 15
Urlaub
1. Urlaubsanspruch
...
2. Urlaubslohn
2.1.Während des Urlaubs erhält der/die Beschäftigte den durchschnittlichen Lohn der letzten zwölf Monate für seine/ihre aktuelle regelmäßige Arbeitszeit; unberücksichtigt bleiben dabei unverschuldete Fehltage, wie z.B. Krankheitstage außerhalb des gesetzlichen Entgeltfortzahlungszeitraumes, Kurzarbeitszeiten, usw.
Bei der Berechnung des Lohnes bleiben außer Ansatz: Einmalvergütungen, Aufwendungsersatz, wie z.B. Gratifikation, Fahrtkosten und Auslösung.
Sofern der/die Beschäftigte weniger als zwölf Monate im Unternehmen beschäftigt ist, werden diese Monate der Durchschnittsberechnung zugrunde gelegt."
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 28.08.2014 die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 4 bis 9 des erstinstanzlichen Urteils vom 28.08.2014 Bezug genommen.
Gegen das am 04.09.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 22.09.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 29.10.2014 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Sie macht zur Begründung der Berufung geltend, die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gem. § 6 Ziff. 2 RTV müsse wie die Berechnung des Urlaubsentgelts gem. § 15 Ziffer 2.1. RTV erfolgen, denn die Tarifnormen seien inhalts- und wortgleich. Dies folge aus dem Zweck und der Systematik des RTV. Die Tarifvertragsparteien hätten durch die wortgleiche Ausgestaltung der Berechnungsmethode für das Urlaubsentgelt und die Entgeltfortzahlung für beide Fallgestaltungen eine identische Höhe des jeweiligen Anspruchs herbeiführen wollen. Beim Urlaubsentgelt sei die Bemessungsgrundlage für den Anspruch gem. § 11 Abs. 1 BUrlG nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG eingeschränkt tarifdispositiv. Die Tarifvertragsparteien müssten im Urlaub mindestens das Entgelt sicherstellen, dass bei Fortführung der Arbeit gewöhnlich verdient würde. Das BAG habe im Urteil vom 21.09.2010 (9 AZR 510/09) festgestellt, dass eine gezielte Herausnahme von Vergütungsbestandteilen, die ohne urlaubsbedingte Freistellung angefallen wären, den Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien überschreite. Übertragen auf den RTV bedeute dies, dass bei Urlaub im Januar 2014 die Tariflohnerhöhung zum 01.01.2014 von 3,44 % keine Berücksichtigung fände. Beim Urlaub widerspräche die Kürzung des Urlaubsentgelts Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/ EG. Die Rechtsprechung des EuGH (Urteil 22.05.2014 - C-539/12) verlange, dass keine Anreize geschaffen werden dürfen, auf den Urlaub zu verzichten. Diese Rechtsprechung sei aufgrund der wortgleichen Ausgestaltung auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall anzuwenden. Im Fall der Entgeltfortzahlung sei die tarifliche Öffnungsklausel, die in § 4 Abs. 4 EFZG verankert sei, noch enger. Die Entgeltfortzahlung dürfe in ihrer Substanz nicht angetastet werden. Auch die Tarifvertragsparteien seien an den Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung (100 %) im Krankheitsfall gebunden. Dieser Grundsatz folge aus dem nichttarifdispositiven § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG iVm. § 4 Abs. 1 EFZG. Damit sei eine Reduzierung auf einen geringeren Prozentsatz des Arbeitsentgelts nicht zulässig (BAG Urteil 24.03.2004 - 5 AZR 346/03). Die Tarifnorm sei nichtig.
Selbst wenn man § 6 Ziff. 2 RTV gesetzeskonform auslegen sollte, stehe ihr der Anspruch zu. Die durch die eingeschränkte Öffnungsklausel des § 4 Abs. 4 EFZG eingeräumte Gestaltungsmacht der Tarifvertragsparteien finde ihre Grenze dort, wo der Anspruch auf Entgeltfortzahlung in der Substanz angetastet werde. Diese Beschränkung sei bei abweichenden tariflichen Regelungen sowohl im Hinblick auf Elemente des Zeitfaktors als auch des Geldfaktors zu beachten. § 6 Ziff. 2 RTV stelle auf die Entgelthöhe der letzten zwölf Monate ab. Die Regelung habe einen generell lohnsenkenden Charakter, da es seit Einführung des RTV nie zu Entgeltsenkungen gekommen sei. Eine Entgeltabsenkung sei im Krankheitsfall nicht zulässig.
Auch bestehe eine Unklarheit über den von den Tarifvertragsparteien in § 6 Ziff. 2 RTV verwandten Begriff der "letzten zwölf Monate". Eine Interpretation als die letzten "zwölf abgerechneten Monate" verbiete der Wortlaut. Dies gelte auch für die auf den ersten Blick naheliegende Auslegung der letzten "zwölf vollen Monate". Damit sei eine taggenaue Abrechnung zu erstellen. Es sei aber auch unklar, ab welchem Datum zu rechnen sei. Wollte man auf den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt für die Entgeltfortzahlung abstellen, wäre dies der 15. des Folgemonats. Stelle man auf den konkreten Tag der Arbeitsunfähigkeit ab, wäre das Durchschnittsentgelt für jeden Tag gesondert zu bestimmen.
§ 6 Ziff. 2 RTV widerspreche dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Der RTV gelte nur für die gewerblichen Beschäftigten, nicht für die Angestellten, für die das EFZG gelte. Das führe zu einer Schlechterstellung der gewerblichen Arbeitnehmer gegenüber den Angestellten. In Bezug auf die Entgeltfortzahlung sei eine sachliche Rechtfertigung nicht erkennbar. Weiterhin führe § 6 Ziff. 2 und Ziff. 3 RTV zu einer Besserstellung der erst kurz Beschäftigten. Für diese habe der niedrigere Tariflohn des Vorjahres bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung keine oder nur geringe Auswirkungen. Dies sei kein zufälliges, sondern ein systematisch angelegtes Ergebnis der Berechnungsmethode. Eine Rechtfertigung hierfür sei nicht ersichtlich.
Die tarifliche Regelung stelle in zweifacher Hinsicht eine nicht akzeptable Diskriminierung dar. Einerseits sei die Fluktuation in der Gebäudereinigungsbranche grundsätzlich bei jüngeren Arbeitnehmern größer, ältere Arbeitnehmer seien zum ganz überwiegenden Teil bereits länger beschäftigt. Darüber hinaus sei bei älteren Arbeitnehmern mit höheren Arbeitsunfähigkeitszeiten und tendenziell höheren Entgeltfortzahlungskosten zu rechnen. Die Kürzung wirke sich daher für ältere Arbeitnehmer stärker aus, so dass eine mittelbare Diskriminierung vorliege. Gleiches gelte für behinderte und schwerbehinderte Menschen, die in den Belegschaften regelmäßig im gewerblichen Bereich überdurchschnittliche Arbeitsunfähigkeitszeiten aufweisen. Diese würden ebenfalls in gleichbehandlungswidriger Weise stärkeren Lohneinbußen ausgesetzt. In diesem Zusammenhang sei auch die Verletzung der Richtlinie 2000/78/EG zu rügen.
Da durch den sehr langen Referenzzeitraum von zwölf Monaten jeweils weite Teile des Vorjahres miterfasst werden, Tariflohnerhöhungen jedoch regelmäßig im Jahresabstand erfolgten, führe die Berechnungsmethode in der Gebäudereinigungsbranche zu einer systematischen Verkürzung der Entgeltfortzahlung. Die tarifliche Regelung in § 6 Ziff. 2 RTV wäre nichtig, wenn keine gesetzeskonforme Auslegung möglich wäre. Diese habe sich am aktuellen Tariflohn zu orientieren.
Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 21.10.2014 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,
Die Beklagte beantragt,
Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 18.12.2014, auf die Bezug genommen wird, als zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die nach § 64 Abs. 1 und Abs. 2a ArbGG infolge Zulassung durch das Arbeitsgericht statthafte Berufung der Klägerin ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und inhaltlich ausreichend begründet worden. Sie ist somit zulässig.
II. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und der Begründung seiner Entscheidung zutreffend erkannt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung restlicher Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den Monat März 2014 iHv. € 7,54 brutto nebst Zinsen hat.
1. Der Anspruch der Klägerin auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für 29 Stunden im Monat März 2014 ergibt sich dem Grunde nach aus § 6 Ziff. 2 RTV iVm. § 3 Abs. 1 EFZG. Die Höhe des Anspruchs folgt aus § 6 Ziff. 2 RTV. Das Arbeitsgericht hat diese Regelung rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass für die Berechnung des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts der durchschnittliche Lohn der letzten zwölf Monate vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zu ermitteln ist. Die Beklagte hat die Höhe der Entgeltfortzahlung nach der tariflichen Regelung richtig berechnet, indem sie für die Höhe des Entgelts einen Durchschnittswert der letzten zwölf Monate gebildet und hierbei einen Satz von € 9,05 brutto pro Stunde errechnet hat. Den tarifvertraglichen Anspruch hat die Beklagte erfüllt.
Eine Auslegung des § 6 Ziff. 2 RTV im Sinne der Klägerin, wonach allein der aktuell gültige Tariflohn (im März 2014 € 9,31 brutto) der Berechnung der Entgeltfortzahlung zugrunde zu legen sei, lässt sich mit dem eindeutigen Wortlaut der tariflichen Regelung nicht vereinbaren. Die Tarifvertragsparteien haben in § 6 Ziff. 2 RTV bestimmt, dass bei der Berechnung der Höhe der Entgeltfortzahlung der Durchschnitt der letzten zwölf Monate zu Grunde zu legen ist. Dies führt zwangsläufig dazu, dass auch geringere Tariflöhne, die in diesem Zwölf-Monats-Zeitraum bestanden, in die Ermittlung der Entgeltfortzahlung einfließen (sog. Referenzprinzip). Der Wortlaut des § 6 Ziff. 2 RTV lässt keinen Raum für eine anderweitige Auslegung.
Die Argumentation der Klägerin, dass aufgrund des gleichen Wortlauts die tarifliche Regelung über die Berechnung des Urlaubsentgelts (§ 15 Ziff. 2.1. RTV) auch auf die Entgeltfortzahlung (§ 6 Ziff. 2 RTV) Anwendung finden müsse, ist schon im Ansatz verfehlt. Die Höhe der Entgeltfortzahlung und die Höhe des Urlaubsentgelts ist vielmehr getrennt nach dem jeweiligen Wortlaut der Tarifnorm und getrennt nach den jeweiligen Öffnungsklauseln in § 4 Abs. 4 EFZG und § 13 Abs. 1 BUrlG zu bestimmen. Es ist nicht zwingend, dass verschiedene gesetzliche und tarifliche Regelungen einheitlich ausgelegt werden müssen.
Auch das Argument der Klägerin zu § 4 Abs. 1 iVm. § 3 Abs. 1 EFZG hinsichtlich der Öffnung des Gesetzes für tarifliche Regelungen verfängt nicht. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass § 4 Abs. 4 EFZG den Tarifvertragsparteien einen gewissen Gestaltungsspielraum eröffnen müsse, sonst mache die Öffnungsklausel keinen Sinn. Wollte man der Ansicht der Klägerin folgen, dass jede tarifliche Regelung, die die Höhe der Entgeltfortzahlung zuungunsten der Arbeitnehmer beeinträchtige, gegen die Bestimmungen des EFZG verstoße, wäre die Öffnungsklausel in § 4 Abs. 4 EFZG überflüssig, was nicht angenommen werden kann.
2. Das Arbeitsgericht hat weiterhin zutreffend erkannt, dass § 6 Ziff. 2 RTV nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Insbesondere hält sich die Vorschrift im Rahmen der gesetzlichen Öffnungsklausel in § 4 Abs. 4 EFZG.
Gemäß § 4 Abs. 1 EFZG ist dem Arbeitnehmer für den in § 3 Abs. 1 EFZG bezeichneten Zeitraum das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Der Entgeltfortzahlung liegt damit ein modifiziertes Lohnausfallprinzip zugrunde. Durch Tarifvertrag kann allerdings nach § 4 Abs. 4 EFZG eine von den Absätzen 1, 1a und 3 des § 4 EFZG abweichende Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts festgelegt werden. "Bemessungsgrundlage" im Sinne dieser Vorschrift ist die Grundlage für die Bestimmung der Höhe der Entgeltfortzahlung. Hierzu gehören sowohl die Berechnungsmethode (Ausfall- oder Referenzprinzip) als auch die Berechnungsgrundlage. Die Berechnungsgrundlage setzt sich aus Geld- und Zeitfaktor zusammen. Sie betrifft Umfang und Bestandteile des der Entgeltfortzahlung zugrunde zu legenden Arbeitsentgelts sowie die Arbeitszeit des Arbeitnehmers (vgl. BAG 16.07.2014 - 10 AZR 242/13 - Rn. 16,17 mwN, [...]).
In diesem Rahmen sind Abweichungen auch zulasten des Arbeitnehmers zulässig. Im Gegensatz zu den Regelungen im BUrlG, namentlich den §§ 13, 1 BUrlG, enthält das EFZG keinerlei Einschränkung der Gestaltungsspielräume der Tarifvertragsparteien. Folglich steht es ihnen frei, in Abweichung von § 4 Abs.1 EFZG die Berechnung nach dem Referenzprinzip statt des gesetzlich vorgesehenen Lohnausfallprinzips vorzunehmen (so auch LAG Düsseldorf 01.07.2014 - 16 Sa 214/14 - Rn. 131, [...]). Zwar müssen die Tarifvertragsparteien bei der Gestaltung der Bemessungsgrundlage darauf achten, dass sie weder unmittelbar noch mittelbar gegen zwingende und nicht tarifdispositive Bestimmungen des EFZG verstoßen. Die Gestaltungsmacht der Tarifvertragsparteien findet dort ihre Grenze, wo der Anspruch auf Entgeltfortzahlung in seiner Substanz angetastet wird. Insbesondere sind die Tarifvertragsparteien an den Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung (100 %) im Krankheitsfall gebunden (vgl. BAG 16.07.2014 - 10 AZR 242/13 - Rn. 18 mwN, [...]). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Tarifvertragsparteien das Referenzprinzip nicht einführen dürfen, weil sonst Tariflohnerhöhungen, die vor der Erkrankung im Referenzzeitraum erfolgt sind, nur anteilig wirksam werden, so dass der erkrankte Arbeitnehmer im Ergebnis schlechter steht, als wenn er gearbeitet hätte. Wie der Wortlaut des § 12 EFZG verdeutlicht, kann durch § 4 Abs. 4 EFZG gerade die Höhe der Entgeltfortzahlung zuungunsten der Arbeitnehmer geregelt werden. Schon mit den unterschiedlichen Berechnungsmethoden wird die Entgelthöhe beeinflusst. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist es zulässig, dass Arbeitnehmer auf Grund der tariflichen Regelung eine geringere Entgeltfortzahlung als bei Anwendung des § 4 Abs. 1, 1a und 3 EFZG erhalten. Im Rahmen ihres zulässigen Anwendungsbereichs darf die beschränkte Tariföffnung ausgeschöpft werden. Ein Referenzzeitraum von zwölf Monaten ist nach der Rechtsprechung des BAG unbedenklich (vgl. BAG 19.01.2010 - 9 AZR 426/09 - Rn. 57, [...]).
3. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass § 6 Ziff. 2 RTV nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.
Die Tarifvertragsparteien sind jedenfalls mittelbar an den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Bei der richterlichen Kontrolle von Tarifverträgen sind die aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG sich ergebenden Einschränkungen zu beachten (vgl. BAG 19.07.2011 - 3 AZR 398/09 - Rn. 25 mwN; [...]). An diesen Maßstäben gemessen ist ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht festzustellen. Der RTV findet nur Anwendung für die gewerblichen Beschäftigten des Gebäudereinigerhandwerks. Für die Angestellten wurde kein Tarifvertag abgeschlossen. Es ist Ausfluss der durch Art. 9 Abs. 3 GG gesicherten Tarifautonomie, wenn die Tarifvertragsparteien bei ihrer Regelung darüber entscheiden, für welchen Personenkreis sie einen Tarifvertrag abschließen. Es ist nicht vorgetragen noch sonst ersichtlich, weshalb die Tarifvertragsparteien für die Angestellten kein tarifliches Regelwerk geschaffen haben. Für die Angestellten gelten die gesetzlichen Regelungen. Somit beruht die unterschiedliche Behandlung der Angestellten gegenüber den Arbeitern nicht auf einer pauschalen Differenzierung zwischen diesen beiden Gruppen von Arbeitnehmern, sondern auf einer gruppenspezifisch ausgestalteten unterschiedlichen Regelung der jeweiligen Arbeitsbedingungen.
4. Die tarifliche Regelung in § 6 Ziff. 2 RTV ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Arbeitnehmer, die bereits länger als zwölf Monate in einem Gebäudereinigungsunternehmen beschäftigt sind, schlechter behandelt werden, als die kürzer beschäftigten. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die tarifliche Regelung diskriminierungsfrei, denn das Referenzprinzip führt weder zu einer unmittelbaren noch einer mittelbaren Benachteiligung wegen des Alters oder der Behinderteneigenschaft der Arbeitnehmer. Die tarifliche Regelung ist vielmehr hinsichtlich der Merkmale "Alter" und "Behinderung" neutral. Für die These der Klägerin, dass unterjährig beschäftigte Arbeitnehmer in der Gebäudereinigungsbranche jünger sind als Arbeitnehmer, die zwölf Monate oder länger beschäftigt sind, gibt es keinen empirisch gesicherten Anhaltspunkt. Dasselbe gilt für ihre These, dass behinderte und schwerbehinderte Menschen durch das in § 6 Ziff. 2 RTV geregelte Referenzprinzip im Krankheitsfall stärkeren Lohneinbußen ausgesetzt seien, als nichtbehinderte Arbeitnehmer.
III. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.
Die Kammer hat gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.