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21.04.2015 · IWW-Abrufnummer 144271

Landgericht Düsseldorf: Beschluss vom 18.12.2014 – 6 O 455/11

Beauftragt die im Gerichtsbezirk ansässige Partei einen außerhalb des Gerichtsbezirks niedergelassenen Rechtsanwalt, so sind dessen tatsächliche Reisekosten bis zur höchstmöglichen Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks erstattungsfähig.


Landgericht Düsseldorf

Beschl. v. 18.12.2014

Az.: 6 O 455/11

Tenor:

1.

Die Erinnerung der Klägerin vom 27.10.2014 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 01.10.2014 des Landgerichts Düsseldorf (Az.: 6 O 455/11) wird zurückgewiesen.
2.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die außergerichtlichen Kos lein der Erinnerung trägt die Klägerin.

Sachverhalt

Die in Düsseldorf ansässigen Beklagten hatten mit ihrer Prozessvertretung in einem Verfahren vor dem LG Düsseldorf und dem nachfolgenden Berufungsverfahren vor dem OLG Düsseldorf einen Anwalt aus N., das außerhalb der jeweiligen Gerichtsbezirke liegt, beauftragt. Nachdem die Reisekosten bei der Kostenausgleichung nicht angemeldet und damit nicht berücksichtigt worden waren, meldeten die Beklagten die Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten nachträglich zur Festsetzung an. Dabei begehrten sie erstinstanzlich die Erstattung der tatsächlich angefallenen Reisekosten bis zur höchstmöglichen Entfernung innerhalb des Landgerichtsbezirk Düsseldorf (Korschenbroich-Düsseldorf und zurück) und für das Berufungsverfahren vor dem OLG Düsseldorf die tatsächliche Entfernung N.-Düsseldorf und zurück, da diese kürzer ist als die höchstmögliche Entfernung innerhalb des Bezirks des OLG Düsseldorf.

Dem Antrag wurde von der Rechtspflegerin entsprochen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin. Sie ist der Ansicht, dass die Reisekosten der Prozessbevollmächtigten der Beklagten grundsätzlich nicht erstattungsfähig seien, da die Beklagten ihren Wohnsitz in Düsseldorf hätten und sie daher gehalten gewesen seien, einen wohnortansässigen Rechtsanwalt zu mandatieren. Die Reisekosten eines Prozessbevollmächtigten, der weder am Ort des Prozessgerichts, noch am Wohnort der Partei ansässig ist, seien nur dann erstattungsfähig, wenn ein ortsansässiger Rechtsanwalt nicht beauftragt werden könne. Allenfalls seien die fiktiven Reisekosten vom Wohnort zum Gericht anzusetzen, die vorliegend 0,00 EUR betragen würden.

Die Beklagten sind der Ansicht, die Kosten eines Anwaltes aus dem Gerichtsbezirk seien stets erstattungsfähig. Dementsprechend seien auch die Kosten eines auswärtigen Anwalts in der Höhe bis zur Grenze des Gerichtsbezirkes ohne Notwendigkeitsprüfung zu erstatten.

Dem hat sich die Rechtspflegerin angeschlossen und der Erinnerung nicht abgeholfen.

Die Erinnerung hatte auch vor dem Richter keinen Erfolg.
Aus den Gründen

I.

Die Klägerin wendet sich im Wege der Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der zuständigen Rechtspflegerin vom 08.10.2014.

Unter dem 20.05.2014 wurden die Kosten der 1. und 2. Instanz festgesetzt. Mit Schriftsatz vom 21.07.2014 beantragte der Beklagtenvertreter eine Nachfestsetzung bezüglich seiner Reisekosten. Der in Neunkirchen ansässige Prozessbevollmächtigte beantragte dabei die Festsetzung seiner Reisekosten für das landgerichtliche Verfahren anhand der höchstmöglichen Entfernung im Landgerichtsbezirk Düsseldorf, für das Berufungsverfahren die tatsächliche Entfernung Düsseldorf-Neunkirchen, da diese kürzer ist als die höchstmögliche Entfernung im Bezirk des Oberlandesgerichts Düsseldorf.

Dem Antrag wurde mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 08.10.2014 entsprochen.

Hiergegen wendet sich die Klägerseite. Sie ist der Ansicht, dass die Reisekosten der Prozessbevollmächtigten der Beklagten grundsätzlich nicht erstattungsfähig seien, da die Beklagte ihren Wohnsitz in Düsseldorf hat und sie daher gehalten gewesen sei, einen wohnortansässigen Rechtsanwalt zu mandatieren. Die Reisekosten eines Prozessbevollmächtigten, der weder am Ort des Prozessgerichts, noch am Wohnort der Partei ansässig ist, seien nur dann erstattungsfähig, wenn ein ortsansässiger Rechtsanwalt nicht beauftragt werden könne. Allenfalls seien die fiktiven Reisekosten vom Wohnort zum Gericht anzusetzen, die vorliegend 0,00 EUR betragen.

Die Beklagten sind der Ansicht, die Kosten eines Anwaltes aus dem Gerichtsbezirk seien stets erstattungsfähig. Dementsprechend seien auch die Kosten eines auswärtigen Anwalts in der Höhe bis zur Grenze des Gerichtsbezirkes ohne Notwendigkeitsprüfung zu erstatten.

Dem hat sich die Rechtspflegerin angeschlossen und der Erinnerung nicht abgeholfen. Die Sache wurde durch Beschluss vom 10.12.2014 dem zuständigen Einzelrichter zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die zulässige Erinnerung hat in der Sache keinen Erfolg. Sie war daher zurückzuweisen.

1.

a) Die Erinnerung ist statthaft.

Gemäß § 104 Abs. 3 ZPO ist zwar grundsätzlich gegen die Entscheidung der Kostenfestsetzung das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statthaft. Ist die sofortige Beschwerde jedoch unzulässig, z.B., weil, wie hier, der Wert des Beschwerdegegenstandes unterhalb von 200,00 EUR liegt (§ 567 Abs. 2 ZPO), findet nach der Auffangbestimmung des § 11 Abs. 2 S. 1, S. 3 RPflG die Erinnerung zum Richter derselben Instanz statt (Schulz, in Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013, § 104, Rn. 80).

b) Die nach § 11 Abs. 2 S. 1 RPflG iVm. § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO zu wahrende zweiwöchige Notfrist zwischen Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschluss und Erinnerungseinlegung ist gewahrt. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde am 13.10.2014 zugestellt, die Erinnerung ist vorab per Fax am 27.10.2014 bei Gericht eingegangen.

2.

Die Beschwerde hat in der Sache allerdings keinen Erfolg. Das Gericht schließt sich insoweit der Rechtsauffassung der Beklagten und der Rechtspflegerin an.

a)

Zwar sind gemäß § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO die Reisekosten eines bezirksansässigen Rechtsanwalts stets, die Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts jedoch lediglich insoweit erstattungsfähig, als seine Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war.

§ 91 Abs. 2 S. 1 ZPO bezieht sich aber gerade nicht auf dem wohntortsansässigen, sondern auf den im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalt. Dementsprechend ist zu konstatieren, dass gemäß § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO der Rechtssuchende grundsätzlich nicht gehalten ist, mit der Rechtsverfolgung einen innerhalb seines Wohnortes sitzenden Rechtsanwalt zu mandatieren. Grundsätzlich ist es ihm, ohne Erfordernis einer Notwendigkeitsprüfung, gestattet, sich einen Anwalt innerhalb des Gerichtsbezirkes zu suchen. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung ist im Einzelfall erst dann zu prüfen, wenn der Anwalt weder im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist noch am Ort des Prozessgerichts wohnt (Jaspersen/Wache, in Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Hrsg: Vorwerk/Wolf, Stand: 15.09.2014, § 91, Rn. 168; Lackmann, in Musielak, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 91, Rn. 17; LG Krefeld: Beschluss vom 30.11.2010 -5 O 384/09; LG Krefeld: Beschluss vom 26.03.2014-2 O 294/13).

Dies entspricht der Regelung des § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO und ist im Übrigen auch im Rahmen der Gewährung von Prozesskostenhilfe schon lange ständige Rechtsprechung und entspricht dementsprechend auch der Regelung des § 121 Abs. 3 ZPO. So sind dem beigeordneten Rechtsanwalt Reisekosten, die dadurch entstehen, dass der im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassene Rechtsanwalt seine Kanzlei oder Wohnung nicht am Gerichtsort unterhält, grundsätzlich immer zu erstatten (Reichling, in Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Hrsg: Vorwerk/Wolf, Stand: 15.09.2014, § 121, Rn. 33). Auch § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO nimmt insoweit ausdrücklich Bezug auf den Bezirk des Prozessgerichts. Erst wenn dieser verlassen wird, kommt es auf die Notwendigkeit seiner Mandatierung an.

b)

Nicht überzeugen kann daher die Rechtsauffassung, dass auch die Reisekosten des bezirksansässigen Rechtsanwalts analog § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO einer Notwendigkeitsprüfung unterzogen werden müssen, da dies dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des spezielleren § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO widerspricht und eine auszufüllende Regelungslücke nicht gegeben ist (LG Gera, Beschluss vom 05.06.2013-2 O 1640/11).

Damit ist festzuhalten, dass der außerhalb des Gerichts- oder Wohnorts, aber innerhalb des Gerichtsbezirks ansässige Rechtsanwalt seine Reisekosten ohne Notwendigkeitsprüfung verlangen kann.

c)

Würde man aber diesem Prozessbevollmächtigten innerhalb des Gerichtsbezirkes Reisekosten bis zur Bezirksgrenze ohne Notwendigkeitsprüfung zusprechen, dem gänzlich auswärtigen Anwalt, wie es vorliegend der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ist, indes nicht einmal diesen anteiligen Betrag, so wäre dieser grundlos schlechter gestellt. Würde man § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO so verstehen käme man zu dem merkwürdig anmutenden Ergebnis, dass eine Partei sich ohne weiteres - auch in großen Gerichtsbezirken - einen Anwalt am äußersten Ende des Bezirkes suchen dürfte und dessen Reisekosten voll verlangen kann, nicht aber einen möglicherweise sogar näher liegenden Anwalt außerhalb des Gerichtsbezirks, weil sie dessen Reisekosten gar nicht ansetzen, allenfalls fiktiv vom Gericht bis zu ihrem Wohnort ansetzen könnte.

Daher ist das Kriterium der Notwendigkeit i.S.v. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO für auswärtige Rechtsanwälte so auszulegen, dass zumindest die Fahrtkosten bis zur Gerichtsbezirksgrenze als erforderlich anzusehen und ohne Notwendigkeitsprüfung zuzusprechen sind (AG Marbach, Beschluss vom 6.11.2013 - 3 C 32/12; AG Kiel, Beschluss vom 14.2.2013 - 59 F 12/11; Jaspersen/Wache, in Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Hrsg: Vorwerk/Wolf, Stand: 15.09.2014, § 91, Rn. 168).

Genau dies begehren die Prozessbevollmächtigten der Beklagten vorliegend, so dass gegen dien entsprechende Kostenfestsetzung der zuständigen Rechtspflegerin keine Einwende bestehen.

d)

Dem steht auch die von Klägerseite zitierte Rechtsprechung des BGH, insbesondere nicht die Entscheidung vom 20.12.2011 (XI ZB 13/11) entgegen. Dort hat der BGH zwar die über den zuerkannten Betrag hinaus geltend gemachten Reisekosten bis zum Sitz des Anwalts als nicht erstattungsfähig angesehen, weil sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig waren, jedoch befasst sich der BGH hier gar nicht mit der Frage, ob alternativ die Kosten bis zur Bezirksgrenze angesetzt werden können, da solche nicht begehrt wurden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 11 Abs. 4 RPflG i.V.m. § 91 ZPO.

RechtsgebieteZPO, RVGVorschriften§ 91 Abs. 2 S. 1 ZPO; Nr. 7003 ff . VV RVG

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