17.12.2014 · IWW-Abrufnummer 143521
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 12.09.2014 – L 24 KA 48/13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urt. v. 12.09.2014
Az.: L 24 KA 48/13
Tenor:
Das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 20. März 2013 wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Änderung des Kostenfestsetzungsbescheides vom 13. Mai 2011 verpflichtet, weitere Kosten in Höhe von insgesamt 579,63 Euro als Erstattung festzusetzen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt 90 % und der Beklagte 10 % der Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist die Höhe der Festsetzung des Kostenerstattungsanspruches der Klägerin gegen die Beigeladenen zu 2 bis 7 durch den Beklagten.
Die Prüfungsstelle Arbeitsgemeinschaft Wirtschaftlichkeitsprüfung Brandenburg GbR (Prüfungsstelle) setzte mit Bescheid vom 08. Dezember 2008 im Verfahren zur Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 106 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) gegen die Klägerin einen Regress wegen Überschreitung des Richtgrößenvolumens im Bereich von Arznei- und Verbandmitteln im Jahr 2006 in Höhe von 38.648,32 Euro fest.
Hiergegen erhoben sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene zu 3 sowie die Rechtsvorgängerin der heutigen Beigeladenen zu 2, die AOK Brandenburg (nachfolgend nur noch: "Beigeladene zu 2") Widerspruch. Die Klägerin wurde dabei seit 15. Januar 2009 von ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten.
Die Beigeladene zu 3 führte im Widerspruchsverfahren u. a. aus, der Abzug von Opioiden in Höhe von 4.831,53 Euro sei abzulehnen. Die Beigeladene zu 2 trug vor, im Bescheid seien unter Punkt II diverse Therapien mit Arzneimitteln als Praxisbesonderheiten anerkannt worden, obgleich diese zum allgemeinen Spektrum einer neurologischen Praxis gehörten. Sie gab ferner zur Vorbereitung der Sitzung des Beklagten eine ergänzende Stellungnahme ab. Darin gelangte sie zu dem Fazit, dass weitere Maßnahmen geboten seien.
Aufgrund der Beschlüsse in seiner Sitzung vom 17. Februar 2010 gab der Beklagte dem Widerspruch der Klägerin teilweise statt und setzte (nur) eine Beratung fest. Die Widersprüche der Beigeladenen zu 2 und 3 wurden zurückgewiesen. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, insgesamt erkenne der Beklagte Praxisbesonderheiten in Höhe von 435.527,65 Euro an. Das Richtgrößenvolumen werde damit um mehr als 15 Prozent, jedoch mit 24,94 Prozent um weniger als 25 Prozent überschritten.
Die Klägerin beantragte mit Schriftsatz vom 03. Mai 2010 8.234,80 Euro als (zu ihren Gunsten) erstattungsfähige Kosten festzusetzen. Der Gegenstandswert betrage 435.141,60 Euro. Zwar sei gegen die Klägerin nur ein Regress in Höhe von 38.648,32 Euro ausgesprochen worden. Zu berücksichtigen seien jedoch auch die Widersprüche der Krankenkassen, welche mit dem Ziel der Erhöhung des Regresses in Höhe des gesamten Überschreitungsbetrages erfolgt seien. Beantragt wurden konkret 2,5 Geschäftsgebühren sowie die Post- und Telekommunikationspauschale und Umsatzsteuer. Zur Höhe der Gebühren wurde darauf hingewiesen, dass es sich um ein durchaus die Existenz bedrohendes Verfahren mit erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung handele. Die Sache sei komplex, daher sei die Zugrundelegung einer Höchstgebühr unter Beachtung der mündlichen Verhandlung sachgerecht.
Der Beklagte setzte mit dem hier streitgegenständlichen Kostenfestsetzungsbescheid vom 13. Mai 2011 die von ihm selbst zu tragenden Kosten auf 1.100,70 Euro und die von den Widerspruchsführern zu 2 und 3 als Gesamtschuldner auf 1.241,22 Euro fest (zusammen 2.341,92 Euro). Der dem zu Grunde liegende Streitwert wurde auf 43.648,32 Euro festgesetzt. Zur Begründung führte er aus, der Streitwert richte sich nach § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Er bestimme sich nach der sich für die Partei aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen. Das Interesse der Klägerin sei es gewesen, keinen Regress zu beschließen. Insoweit sei deshalb der von der Prüfungsstelle beschlossene Regress in Höhe von 38.648,32 Euro als Streitwert maßgeblich. Zusätzlich sei das Interesse der Beigeladenen zu 2 und 3 als weiterer Widerspruchsführer zu beachten. Da deren Begründungen jedoch nichts Bezifferbares enthalten habe, sei mangels genügender Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwertes der Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG in Höhe von 5.000 Euro anzusetzen. Die Festsetzung eines darüber hinausgehenden Streitwertes könne nur dann in Betracht kommen, wenn sich aus der Widerspruchsbegründung eindeutig ergebe, welcher Betrag mit dem Widerspruch mindestens verlangt werde. Die Klägerin habe ganz überwiegend obsiegt. Zur Anwendung komme insoweit § 92 Abs. 2 Nr. 1 Zivilprozessordnung. Zur Kostenhöhe sei von einer 1,3 Gebühr als der Regelgebühr auszugehen. Eine erhöhte Gebühr könne bei schwierigen und umfangreichen Sachverhalten angenommen werden. Auch die besondere Bedeutung der Angelegenheit erhöhe die Gebühr. Weitere zu beachtende Umstände könnten ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwaltes oder die Vermögens- und Einkommensverhältnisse sein. Da das Kassenarztrecht eine schwierige Materie sei und sich der Bevollmächtigte der Klägerin dezidiert mit den Praxisbesonderheiten auseinandergesetzt habe, könne hier aufgrund der Schwierigkeit und des Umfangs der Materie eine Erhöhung vom Regelsatz erfolgen. Eine erhöhte Gebühr von 2,0 sei sachgerecht.
Gegen diese ihr am 16. Mai 2011 zugestellte Entscheidung richtet sich die Klage der Klägerin beim Sozialgericht Potsdam vom 14. Juni 2011. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Beklagte berufe sich zu Unrecht auf einen Beschluss des hiesigen LSG. Maßgeblich für die Streitwertfestsetzung sei das wirtschaftliche Interesse des Klägers (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 19. Februar 1996, 6 R KA 40/93 - SozR 3-1930 § 8 Nr. 2). Das Interesse der widerspruchsführenden Beigeladenen zu 2 sei der regelmäßig zu erzielende Regress als des Betrages, der über der Grenze von 25 Prozent liege, bei dem schon die Praxisbesonderheiten nach Anlage 2 herausgenommen worden seien. Auch sei die Korrektur der Gebührenhöhe von 2,5 auf 2,0 unzutreffend. Die Höchstgebühr sei im vorliegenden Fall gerechtfertigt angesichts des Arbeitsaufwandes und der wirtschaftlichen Relevanz sowie der Schwierigkeit der Materie. Es sei anerkannt, dass die vertragsarztrechtliche Tätigkeit eine äußerst rechtlich schwierige sei, welche die Höchstgebühr rechtfertige. Berücksichtige man weiter, dass es neben dem ausgesprochenen Regress um das Risiko, dass sich dieser auf über 400.000 Euro erhöhe, gehe, sei die wirtschaftliche Bedeutung für die Klägerin evident.
Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Beigeladenen zu 2 und 3 im Widerspruchsverfahren keinen bezifferten Antrag gestellt hätten. Auch die Festsetzung der Gebühr innerhalb des Gebührenrahmens sei rechtmäßig erfolgt. Eine Geb ühr von mehr als 1,3 könne nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig sei. Die Höchstgebühr sei nur gerechtfertigt, wenn der Umfang oder die Schwierigkeit der Tätigkeit des Rechtsanwalts weit über den Normalfall hinausgegangen sei (Bezugnahme auf Madert in Gerold-Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, VV 2300 Rdnr. 27). Dem Beklagten sei nicht bekannt, dass im Kassenarztrecht allgemein die Höchstgebühr anerkannt sei. Der Beklagte hat sich ferner auf den Gerichtsbescheid des SG vom 26. März 2012 (S 1 KR 50/11) berufen.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 20. März 2013 beantragt, den Beklagten zu verpflichten, über die im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss zugesprochene Kostenerstattung von 2.341,92 Euro hinaus weitere Kosten in Höhe von 5.892,88 Euro zu erstatten.
Das SG hat diese Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Ein höherer Streitwert als vom Beklagten sei nicht zugrunde zu legen, weil den Widerspr üchen der Beigeladenen zu 2 und 3 kein bezifferbarer Wert zu entnehmen sei. Hier sei eine Gebühr über 1,3 anzusetzen, da im Widerspruchsverfahren zwei längere Schriftsätze eingereicht wurden und auch zu den Widersprüchen der Beigeladenen zu 2 und 3 Äußerungen erfolgten. Gleichwohl sei nicht die Höchstgebühr anzusetzen. Anders als die Klägerin meine, sei bei der Beurteilung, ob eine anwaltliche Tätigkeit rechtlich schwierig oder umfangreich sei, nicht nach einzelnen Rechtsgebieten zu differenzieren (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 05. Mai 2010 - B 11 AL 14/09 R m. w. N.). Abzustellen sei auch bei einer Streitigkeit auf dem Gebiet des Vertragsarztrechts auf die Vorgaben des § 14 Abs. 1 RVG, also auf den konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände. Insoweit sei die Kostennote als unbillig anzusehen, soweit sie über das Zweifache hinausgehe. Bei der Richtgrößenüberprüfung könne ein Regress bei Überschreitung des Richtgrößenvolumens grundsätzlich nur abgewendet werden, wenn Praxisbesonderheiten vorlägen. Die Geltendmachung solcher Praxisbesonderheiten könne jedoch vordergründig nur unter erheblicher Zuarbeit des betroffenen Vertragsarztes - des Auftraggebers - erfolgen. Hier habe die Prüfungsstelle jedoch grundsätzlich bereits alle von der Klägerin selbst geltend gemachten Praxisbesonderheiten berücksichtigt, nur nicht in dem von ihr begehrten Umfang. Insofern sei die Tätigkeit ihres Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren als umfangreich und schwierig anzusehen, jedoch nicht im Maße, dass eine Höchstgebühr gerechtfertigt sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Zu deren Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Sie hat ergänzend ausgeführt, dass auf den Widerspruch der Krankenkasse hin das Verordnungsvolumen des Vertragsarztes in der Regressprüfung erneut vollumfänglich einer neuen Wirtschaftlichkeitsüberprüfung unterliege. Der Widerspruch wirke zugunsten bzw. zu Lasten sämtlicher Krankenkassen. Dies sei bei der Wertermittlung zu beachten. Ziel des Widerspruchsverfahrens sei es gewesen, sämtliche Beträge über der Grenze von plus 25 oberhalb der Richtgröße als Regress auszusprechen.
Sie beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Potsdam vom 20. März 2013 den Beklagten zu verpflichten, über die im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17. Februar 2010 zugesprochene Kostenerstattung in Höhe von 2.341,92 Euro hinaus weitere Kosten in Höhe von 5.892,88 Euro als Erstattung festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch er wiederholt sein bisheriges Vorbringen. Es sei falsch, dass die Beigeladenen zu 2 und 3 sämtliche Beträge über der Grenze von 25 Prozent zur Richtgröße als Regress ausgesprochen haben wollten. Vielmehr seien vorrangig Begründungsmängel des Prüfungsstellenbescheides gerügt worden.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat nur zu einem geringen Teil Erfolg. Die Klage ist zulässig. Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht. Die Kostenfestsetzung ist ein Annexverfahren des Widerspruchsverfahrens (BSG, SozR 1300 § 63 Nr. 12). Es handelt sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Klage ist teilweise begründet. Die Kostenfestsetzung durch den Beklagten verletzt die Klägerin in ihren Rechten, da ein etwas höherer Betrag festzusetzen gewesen wäre.
Rechtsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch ist § 63 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) analog.
Diese Vorschrift findet zwar nicht direkt Anwendung, weil nach § 63 Abs. 1 SGB X (nur) für den Fall, dass der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten hat. Gemäß § 63 Abs. 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Dies hat der Beklagte im (Widerspruch-)Bescheid vom 17. Februar 2010 bestandskräftig festgestellt. Die Klägerin hat hier jedoch nur hinsichtlich ihres eigenen Widerspruchs (überwiegend) Erfolg im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Denn soweit die Widersprüche der Beigeladenen zu 2 und 3 zurückgewiesen wurden, sind diese und nicht sie Widerspruchsführer im Sinne der Vorschrift.
Die Notwendigkeit und Zulässigkeit einer erweiterten Auslegung des § 63 Abs. 1 SGB X, die hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs die erfolgreiche Abwehr eines Drittwiderspruchs dem Erfolg des eigenen Widerspruchs gleichstellen, ist aber bereits seit längerem jedenfalls im Bereich des Vertragsarztrechts anerkannt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 18. Dezember 1996 - 6 RKa 33/05 - juris Rdnr. 12 mit Nachweisen früherer Entscheidungen). Das Gebot der Gleichbehandlung aufgrund der Interessengleichheit zwischen einem erfolgreichen eigenen Widerspruch und der erfolgreichen Abwehr eines Drittwiderspruches gebietet eine erweiternde Anwendung und entspricht der Wertentscheidung des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) (bestätigt auch vom BSG, Urteil vom 31. Mai 2006 - B 6 KR 62/04 R - Rdnr. 14 für Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung). Es besteht eine planwidrige Regelungslücke und eine Gleichartigkeit der zu regelnden Sachverhalte. Denn eine Krankenkasse, die formal als Dritte erfolglos Widerspruch erhebt, kann sinngemäß dem "Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat" im Wege einer Analogie gleichgestellt werden. Sie ist als öffentlich-rechtliche Körperschaft ein Hoheitsträger und gehört zum Kreis der Kassen bzw. vertragsärztlichen Institutionen. In dem letztgenannten Urteil hat das BSG lediglich eine "dreifache Analogie", nämlich die Anwendung dieser Überlegungen auch auf das Widerspruchsverfahren eines konkurrierenden Arztes in einem Zulassungsstreit abgelehnt.
Die Höhe der anwaltlichen Vergütung bemisst sich nach § 2 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) am Gegenstandswert, also dem Wert, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat. Nach § 23 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 RVG ist für die Bestimmung dieses Gegenstandswertes im sozialgerichtlichen Verwaltungs- und Vorverfahren § 52 Abs. 1 GKG heranzuziehen.
Maßgeblich ist danach die sich aus dem jeweiligen Antrag des Klägers (hier entsprechend: des Widerspruchsführers) im konkreten Einzelfall für diesen ergebende Bedeutung der Sache, was nach Ermessen zu bestimmen ist. Betrifft der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 53 Abs. 3 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG).
Hier war das Widerspruchsbegehren der Beigeladenen zu 2 und 3, in verständiger Würdigung unspezifisch und damit nicht hinreichend bestimmt darauf gerichtet (irgendeine) eine höhere Regressfestsetzung zu erstreiten. Zudem ist der objektive Wert ihres Begehrens nur auf den Anteil beschränkt, der ihnen jeweils an der Regresssumme zustände, auch wenn ihr Widerspruch bei Erfolg nicht nur sie selbst beträfe:
Der mögliche Wert des Begehrens kann sich maximal aus der Bruttoüberschreitung um 25 Prozent gegenüber der Richtgröße ergeben. Bis zu diesem Maximalwert wäre die Regressfestsetzung möglich gewesen. Jedenfalls das Vorbringen der Beigeladenen zu 2 (AOK) kann auch dahingehend interpretiert werden, dass jede Anerkennung von Praxisbesonderheiten ausgeschlossen sein sollte (vgl. für die Zugrundelegung des Maximalwertes in diesem Fall Beschluss des Senats vom 11. Dezember 2012 - L 24 KA 37/12- juris-Rdnr. 28). Das entsprechende Vorbringen in der Stellungnahme für die entscheidende Sitzung des Beklagten deutet darauf hin. Dieses endet dann aber mit dem unspezifischen Fazit, weitere Maßnahmen seien sinnvoll. Die Einwände der Beigeladenen zu 1) waren von vornherein auf die Kritik an der Anerkennung einzelner Praxisbesonderheiten (Neuroleptika, Opioide) beschränkt.
Die mangelnde Bestimmtheit ist ferner aber auch die Folge des Umstands, dass sich der objektive Wert der Widersprüche der Beigeladenen zu 2) und 3) nur auf den ihnen zustehenden Bruchteil am Gesamtregress beziehen kann (soweit die Zahlungspflicht im Vordergrund steht und nicht nur der Einwirkungscharakter, der von vornherein nicht bezifferbar wäre, ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Juni 2008 - L 7 B 20/08 KA -). Der konkrete Anteil der Widerspruchsführer könnte hier allerdings nicht ohne größeren Aufwand ermittelt werden, da sich die Beteiligten selbst hierzu nicht in der Lage sehen. Umfangreiche Ermittlungen zur Streitwertermittlung entsprechen aber nicht sachgerechter Ermessensausübung, wie dies dem Gesetz selbst zum Beispiel der Vorschrift des § 42 Abs. 1 S. 2 GKG entnommen werden kann. Die Höhe der Vergütung bemisst sich nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i. V. m. dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1. Aufgrund VV 2300 ist ein Gebührenrahmen von 0,2 bis 2,5 zugrunde zu legen. Die Gebührennummer enthält den ausdrücklichen Zusatz, dass eine Gebühr für mehr als 1,3 nur gefordert werden könne, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die jeweils angefallenen Gebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers (vgl. BSG, Urteil vom 01. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R - BSGE 104, 30) und zwar nach billigem Ermessen. Nach dem Regelungskonzept stellt der Rechtsanwalt der erstattungspflichtigen Behörde eine Gebührenrechnung, die diese im Rahmen der Quote der Kostengrundentscheidung zu erstatten hat, wenn die Festsetzung durch den Rechtsanwalt nicht unbillig ist. Der Rechtsanwalt hat ein Recht zur Gebührenbestimmung (Mutschler, Kasseler Kommentar, § 63 SGB X Rdnr. 28 f. unter Bezugnahme in Roos in: von Wulffen, SGB X, Anhang zu § 63 Rdnr. 42 b). Dem Rechtsanwalt steht ein Spielraum im Rahmen einer Toleranzgrenze zu, der von dem erstattungspflichtigen Dritten wie auch von den Gerichten zu beachten ist (BSG, Urteil vom 01. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R -). Unbillig ist eine Gebühr erst, wenn ihre Festsetzung die Toleranzgrenze überschreitet.
Dies ist im vorliegenden Einzelfall nicht ersichtlich. Die Geltendmachung des Maximalsteigerungssatzes von 2,5 hält sich unter Berücksichtigung des Spielraums noch im Rahmen des Angemessenen.
Zusätzlich zu den bereits vom Beklagten und vom SG aufgelisteten Umstände, die im konkreten Einzelfall für einen hohen Steigerungssatz sprechen, ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass bei Wirtschaftlichkeitsprüfung der bevollmächtigte Rechtsanwalt auf die Vorarbeit bzw. Zuarbeit seines Auftraggebers, des Arztes, angewiesen ist, die Komplexität der mit der Interessenwahrnehmung verbundenen Aufgaben nicht mindert. Die Klägerin kann ferner im konkreten Einzelfall auf den Umstand verweisen, dass eine existenzgefährdende Regresssumme im Raum stand, auch wenn der Maximalwert von über 400.000 Euro eher theoretischer Natur gewesen ist. Sie hat ferner zutreffend darauf hingewiesen, dass zu den anwaltlichen Tätigkeiten auch ihre Vertretung in der mündlichen Beratung des Beklagten gehört hat.
Die Höhe des konkreten Gebührenerstattungsanspruch ergibt sich in Anwendung der Übergangsvorschrift des § 60 RVG noch nach § 13 RVG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung. Zur konkreten Berechnung wird nach §§ 153 Abs. 1 i. V. m. 136 Abs. 3 SGG auf die Darstellung im angegriffenen Bescheid verwiesen (bei 2,5fachem Satz: 2.435 EUR; + 20 EUR = 2.455,- EUR; + 19% Umsatzsteuer= 2.921,45 EUR; Differenz: 579,63 Euro; Erfolgsquote: 9,84 %)
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG i. V. m. §§ 155 Abs. 1 S. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.