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02.12.2014 · IWW-Abrufnummer 143322

Kammergericht Berlin: Beschluss vom 17.02.2014 – 2 W 165/13

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Kammergericht

Beschluss

Geschäftsnummer: 2 W 165/13 17.02.2014
101 O 5/13 Landgericht Berlin

In dem Rechtsstreit
xxx
hat der 2. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Richter am Amtsgericht Dr. Messer als Einzelrichter am 17. Februar 2014 b e s c h l o s s e n :

1) Auf die sofortige Beschwerde der Antragsstellerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 23.9.2013 – 101 O 5/13 – unter Zurückweisung des weitergehenden Festsetzungsantrags der Antragsgegnerin im Übrigen teilweise geändert:

Die nach dem Urteil des Landgerichts Berlin vom 29.4.2013 sowie im Wege der Rückfestsetzung von der Antragsstellerin an die Antragsgegnerin zu erstattenden, in den Anträgen vom 8.5.2013 und 19.7.2013 berechneten Kosten werden auf 7.051,83 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.5.2013 auf 5.867,83 € sowie seit dem 22.7.2013 auf 1.184.- € festgesetzt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

2) Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsstellerin 67 % und die Antragsgegnerin 33 % zu tragen.

3) Der Beschwerdewert wird auf 1.758,62 € festgesetzt.

Gründe

I) Die Antragsstellerin wehrt sich gegen die Festsetzung von Übersetzungskosten.
II)
Die Antragsstellerin beantragte mit Schriftsatz vom 7.1.2013 den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin wegen Wettbewerbsverstoßes. Mit Beschluss vom 9.1.2013 erließ das Landgericht eine entsprechende einstweilige Verfügung. Die Antragsgegnerin, bei der es sich um eine in Hong Kong ansässige Gesellschaft mit der Unternehmenssprache Englisch handelte, legte hiergegen Widerspruch ein und begründete diesen mit Schriftsatz vom 19.4.2013. Hierzu nahm die Antragsstellerin mit Schriftsatz vom 23.4.2013 Stellung. Das Landgericht hob die einstweilige Verfügung auf und erlegte die Kosten der Antragsstellerin auf. Die dagegen gerichtete Berufung nahm die Antragsstellerin zurück.

Mit Schriftsatz vom 8.5.2013 hat die Antragsgegnerin die Rückfestsetzung der von ihr zuvor an die Antragsstellerin erstatteten Beträge sowie die Festsetzung ihrer Anwaltskosten beantragt. Mit Schriftsatz vom 19.7.2013 hat sie die Kostenfestsetzung von eigenen Übersetzungskosten i.H. von 1.758,62 € beantragt. Mit Beschluss vom 23.9.2013 hat das Landgericht antragsgemäß Kosten i.H. von 7.626,45 € festgesetzt. Insbesondere hat das Gericht insoweit die geltend gemachten Übersetzungskosten berücksichtigt, da die Tätigkeit der Rechtsanwaltssozietät über die übliche Tätigkeit eines Anwalts hinausgegangen sei. Mit Schriftsatz vom 26.9.2013 – eingegangen bei Gericht am 27.9.2013 – hat die Klägerin sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung der Übersetzungskosten eingelegt.

Nach Nichtabhilfe hat das Landgericht die Sache zur Entscheidung dem Kammergericht vorgelegt.

Die Antragsstellerin bestreitet mit Nichtwissen, dass es Übersetzungstätigkeiten wie im Antrag vom 19.7.2013 angegeben, gegeben habe. Die Übersetzungstätigkeit sei nicht belegt. Zudem träfe die von der Antragsgegnerin angegebene Zeilenanzahl nicht zu. Im Übrigen seien die Über-setzungskosten nicht festsetzungsfähig. Es habe hier nämlich keiner wörtlichen Übersetzung der einzelnen Schriftsätze bedurft.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass die Übersetzungskosten erstattungsfähig seien, da es sich nur um die Übersetzung wesentlicher Schriftstücke gehandelt habe. Die Antragsgegnerin hat die gefertigten Übersetzungen in Kopie eingereicht. Der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin hat die Entstehung der festgesetzten Übersetzungskosten anwaltlich versichert.

II) Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht bei der Kostenfestsetzung die von der Antragsgegnerin geltend gemachten Übersetzungskosten berücksichtigt. Allerdings sind diese nicht in voller Höhe berücksichtigungsfähig.

1) a) Gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren.

Um solche zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten handelt es sich grundsätzlich bei Übersetzungskosten für eine der deutschen Sprache nicht mächtige Partei (h.M.; vgl. MK-Schulz, ZPO, 4. Auflage 2013, § 91, Rn. 188; Zöller-Herget, ZPO, 30. Auflage 2014, § 91, Rn. 13 „Übersetzungskosten”; Rehberg/Schons/Vogt/Feller/Hellstab/Jungbauer/ Bestelmeyer/ Frankenberg, RVG, 5. Auflage, 2013, „Übersetzung“; HansOLG MDR 1969, 853; OLG Celle, OLGR 2008, 758; OLG Düsseldorf, BeckRS 2009, 25832; LAG Rheinland-Pfalz, BeckRS 2013, 66644). Denn ohne die entsprechenden Übersetzungen der wesentlichen Schriftstücke und gerichtlichen Entscheidungen wäre die Partei nicht in der Lage, ihren Prozessbevollmächtigten hinreichend zu informieren und den Fortgang des Rechtsstreits zu verfolgen (vgl. HansOLG, a.a.O.). Die wörtliche Kenntnis des Inhaltes wesentlicher Schriftstücke ist unerlässlich, um der Partei eine möglichst genaue und vollständige Kenntnis über den aktuellen Sach- und Streitstand des Verfahrens und eine Entscheidungsgrundlage über das weitere Vorgehen im Prozess zu verschaffen (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.). Es kommt daher nicht darauf an, in welchem Umfang die Antrags-gegnerin bereits vor dem Verfügungsverfahren über die Art der Ansprüche und die Argumentation der Antragsstellerin informiert gewesen ist.

Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin auch nur Kosten für die Übersetzung von für das gerichtliche Verfahren wesentlicher Dokumente geltend gemacht. Es sind jedenfalls nicht sämtliche, im Rechtsstreit entstandene schriftliche Unterlagen übersetzt worden.

Insbesondere handelt es sich bei der Widerspruchsbegründung vom 19.4.2013 um ein für das gerichtliche Verfahren wesentliches Dokument. Denn nachdem vom Landgericht zunächst eine einstweilige Verfügung erlassen worden war, enthielt dieser Schriftsatz die Sachverhaltsschilderung der Antragsgegnerin sowie die von ihr gegen die einstweilige Verfügung vorgebrachten Argumente. Dieser Schriftsatz ist auch nicht vollständig übersetzt worden, sondern ausweislich der von der Antragsgegnerin eingereichten Übersetzung nur in Teilen. Dass es sich dabei um unwesentliche Teile des Schriftsatzes gehandelt hätte, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen war es zum damaligen Zeitpunkt auch nicht absehbar, dass es im weiteren Verfahren allein auf die fehlende Passivlegitimation bzw. eine Rubrumsberichtigung ankommen würde. Daher stellt sich auch die vollständige Übersetzung des Schriftsatzes der Antragsstellerin vom 23.4.2013, in dem die Antragsstellerin umfassend zur Widerspruchsbegründung der Antragsgegnerin Stellung nahm, als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig dar. Dies gilt auch hinsichtlich der voll-ständigen Übersetzung des Urteils vom 29.4.2013, zumindest nachdem die Antragsstellerin gegen das Urteil Berufung eingelegt hatte (vgl. OLG Düsseldorf GRUR-RR 2012, 493, 494, wonach die Übersetzung eines Urteils auch ohne Einlegung eines Rechtsmittels erstattungsfähig ist).

b) Gegen die Erstattung von Übersetzungskosten spricht auch nicht, dass die Übersetzungen hier von bei der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin beschäftigten Übersetzern vorgenommen worden sind. Insoweit handelt es sich nämlich um besondere Auslagen der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin, die diese von ihrem Auftraggeber erstattet verlangen können (Vorbemerkung 7 Abs. 1 Satz 2 VV-RVG). Von den Gebühren des Rechtsanwalts sind nämlich nur allgemeine Geschäftskosten gedeckt (Vorbemerkung 7 Abs. 1 Satz 1 VV-RVG). Auf-wendungen, die für eine über den allgemeinen Bürobetrieb hinausgehende Tätigkeit entstehen, sind dagegen gesondert zu vergüten (vgl. Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, 21. Auflage 2013, VV Vorb. 7, Rn. 10). Um eine solche zusätzliche Tätigkeit handelt es sich bei der Vornahme von Über-setzungen. Denn wie auch die Vornahme von Übersetzungen durch den Rechtsanwalt selbst (vgl. insoweit Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 21. Auflage 2013, VV 3100, Rn. 26; Zöller-Herget, a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O.) gehört die Übersetzung von Dokumenten – anders als die Anwendung von Sprachkenntnissen im mündlichen und schriftlichen Verkehr – nicht zu den einer Rechtsanwaltskanzlei im allgemeinen Bürobetrieb obliegenden Aufgaben.

2) a) Die Antragsgegnerin hat das Entstehen von Übersetzungskosten auch gem. § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht. Hierfür ist nämlich lediglich erforderlich, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostentatbestands mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen (BGH NJW 2007, 2493). Das Gericht geht hier mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass der Antragsgegnerin die Übersetzungskosten entstanden sind. Zum Einen geht das Gericht nach Vorlage der Kopien der Übersetzungen davon aus, dass die entsprechenden Übersetzungen tatsächlich seitens der Kanzlei der Antragsgegnerin vorgenommen worden sind. Zum Anderen hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 18.10.2013 anwaltlich versichert, dass der Antragsgegnerin die Kosten der Übersetzung entstanden sind. Das Gericht sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Versicherung zu zweifeln, auch wenn die Antragsgegnerin keine Rechnung vorgelegt hat, aus der sich ergibt, dass ihr diese Kosten in Rechnung gestellt worden wären.

Entgegen der Ansicht der Antragsstellerin setzt eine Kostenerstattung auch nicht voraus, dass der Erstattungsberechtigte die entsprechenden Kosten bereits gezahlt hat. Als Entstehungstatbestand genügt insoweit grundsätzlich die Zahlungspflicht (Musielak-Lackmann, ZPO, 10. Auflage, § 104, Rn. 6).

b) Die Antragsgegnerin hat jedoch die Höhe der Übersetzungskosten nur zum Teil glaubhaft gemacht. Die Höhe der erstattungsfähigen Übersetzungskosten ist in entsprechender Anwendung des § 11 JVEG nämlich auf die dort genannten Beträge begrenzt (OLG Celle, a.a.O., 759; Zöller-Herget, a.a.O.). Dies rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass sich die Sätze des § 11 JVEG an der Vergütung orientieren, die im außergerichtlichen und außerbehördlichen Bereich für Über-setzungen gezahlt werden (OLG Celle, a.a.O.).

Das Gericht geht jedoch nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass die Über-setzung der Widerspruchsbegründung 276,5 Zeilen, des Schriftsatzes vom 23.4.2013 343,9 Zeilen sowie des Urteils vom 29.4.2013 330,2 Zeilen umfasste. Zur Begründung hat sie nämlich lediglich die Kopie einer Aufstellung der Übersetzer der Kanzlei vorgelegt, aus der sich die entsprechenden Größen ergeben. Aus den von der Antragsgegnerin vorgelegten Übersetzungen ergibt sich dieser Umfang jedoch nicht. Erstattungsfähig sind daher nach Überprüfung der Zeilenanzahl durch das Gericht für die Widerspruchsbegründung lediglich 183 Zeilen, für die Übersetzung des Schriftsatzes vom 23.4.2013 lediglich 227 Zeilen und für die Übersetzung des Urteils 230 Zeilen.

Die Höhe des Zeilenhonorars beträgt gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 JVEG 1,85 €. Es handelt sich nämlich um eine besonders erschwerte Übersetzung wegen der häufigen Verwendung von juristischen Fachausdrücken. Auf der Grundlage der Gesamtzeilenanzahl von 640 Zeilen ergibt dies einen erstattungsfähigen Betrag i.H. von 1.184.- €.

3) Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

RechtsgebietKosten

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