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16.08.2013 · IWW-Abrufnummer 170776

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 27.02.2013 – 8 Sa 489/12

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Tenor: Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.8.2012, Az.: 2 Ca 4371/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand: Die Parteien streiten über den Ausgleich eines Arbeitzeitguthabens. Die Klägerin ist seit dem 01.01.1988 in dem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus als Krankenschwester beschäftigt. Gemäß § 2 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Dementsprechend finden nunmehr auf das Arbeitsverhältnis unstreitig die Bestimmungen des TVöD sowie dessen Besonderer Teil "Krankenhäuser" (TVöD BT-K) Anwendung. Am 11.04.2006 schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung "zur Auslegung von tariflichen Bestimmungen des TVöD in Verbindung mit dem BT-K u. TVÜ-VKA". Diese Betriebsvereinbarung sieht unter anderem die Errichtung eines sogen. "Übertragungskontos" vor, auf dem die Überschreitung von Sollarbeitszeiten sowie Mehr- und Überstunden verbucht werden, wobei das Zeitguthaben höchstens 60 Stunden betragen darf. Die Betriebsvereinbarung, hinsichtlich deren Inhalts im einzelnen auf Bl. 31 bis 40 d. A. Bezug genommen wird, enthält u. a. folgende Bestimmung: Vereinbarung zu § 10 TVöDArbeitszeitkonto Zurzeit wird auf die Errichtung oder Einführung eines Arbeitszeitkontos bei Beschäftigten in Wechselschicht- und Schichtarbeit gem. § 10 TVöD in beiden Betriebsstätten verzichtet. In den Monaten Juni bis Oktober 2011 sammelte die Klägerin auf ihrem Übertragungskonto ein Zeitguthaben von 57,05 Stunden an. Am 22.11.2010 wurde ärztlicherseits die Notwendigkeit einer Handoperation bei der Klägerin festgestellt. Die Operation wurde sodann, wie vorgesehen, im Januar 2011 im Krankenhaus der Beklagten durchgeführt. Bereits am 30.11.2010 wurde der Dienstplan für den Monat Januar 2011 erstellt. In diesem Dienstplan wurde die Klägerin für den Zeitraum vom 03.01. bis 28.01.2011 zum Ausgleich ihres Arbeitszeitguthabens in einem Umfang von 51,35 Stunden freigestellt, wodurch sie rechnerisch das Zeitguthaben der Klägerin auf 5,70 Stunden reduzierte. Ob der Personalabteilung der Beklagten im Zeitpunkt der Erstellung des Dienstplans bereits bekannt war, dass sich die Klägerin im Januar 2011 eine Handoperation unterziehen werde, ist zwischen den Parteien streitig. Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.08.2012 (Bl. 66 bis 70 d. A.). Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, weitere 51,35 abgeleistete Überstunden in ihrem Arbeitszeitkonto aufzunehmen, hilfsweise,die Beklagte zu verurteilen, an sie 859,09 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 30.08.2012 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der geltend gemachte Anspruch sei gemäß § 37 Abs. 1 TVöD verfallen. Gegen das ihr am 28.09.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.10.2012 Berufung eingelegt und diese am 27.11.2012 begründet. Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe sie ihren Anspruch auf Richtigstellung ihres Arbeitszeitkontos mit Schreiben vom 06.06.2011 (Bl. 27 f. d. A.) innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist wirksam geltend gemacht. Die Vorgehensweise der Beklagten sei rechtswidrig, da keinerlei Rechtsgrundlage bestehe, der den von ihr vorgenommenen Überstundenabbau rechtfertigen könne. Zwar treffe es zu, dass sie im Januar 2011 wunschgemäß von der Arbeit freigestellt gewesen sei, d. h. dass der betreffende Freistellungszeitraum einvernehmlich festgelegt worden sei. Sie - die Klägerin - sei nämlich selbstverständlich bestrebt gewesen, ihre Kolleginnen und Kollegen möglichst wenig durch ihren Ausfall zu belasten. Andererseits sei sie zu keinem Zeitpunkt bereit gewesen oder habe sogar darin eingewilligt, dass ihr während der Zeit ihrer Arbeitsunfähigkeit rechtswidrig Überstunden vom Arbeitszeitkonto ge-strichen würden. Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 27.11.2012 (Bl. 108 d. A.) sowie auf den Schriftsatz der Klägerin vom 22.02.2013 (Bl. 120 f. d.A.) Bezug genommen. Die Klägerin beantragt, das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, weitere 51,35 abgeleistete Überstunden in ihrem Arbeitszeitkonto aufzunehmen; hilfsweisedie Beklagte zu verurteilen, an sie 859,09 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 06.12.2012 (Bl. 112 f. d. A.), auf die Bezug genommen wird. Letztlich wird ergänzend auf die Sitzungsniederschrift vom 27.02.2013 (Bl. 122 ff. d. A.) Bezug genommen. Entscheidungsgründe: I. Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr - zumindest im Ergebnis - zu Recht abgewiesen. II. Die auch im Hauptantrag zulässige Klage (vgl. hierzu BAG v. 15.02.2012 - 7 AZR 774/10 - AP Nr. 154 zu § 37 BetrVG 1972) ist insgesamt unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder Anspruch auf Erhöhung ihres Arbeitszeitkontos um 51,35 Stunden noch auf Auszahlung einer diesem Arbeitszeitumfang ent-sprechenden Arbeitsvergütung. Dabei kann offen bleiben, ob die im Haupt- und Hilfsantrag geltend gemachten Ansprüche nach § 37 TVöD verfallen sind. Die Ansprüche sind nämlich infolge Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) erloschen. Das bis einschließlich Oktober 2011 angesammelte Arbeitszeitguthaben der Klägerin wurde im streitbefangenen Umfang durch Arbeitsbefreiung der Klägerin im Monat Januar 2011 auf 5,70 Stunden reduziert. Eine Arbeitsbefreiung zum Ausgleich eines Arbeitszeitguthabens kann grundsätzlich durch Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Arbeitspflicht erfolgen. Dies geschieht durch eine entsprechende Erklärung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, durch die Arbeitgeber auf sein vertragliches Recht auf Leistung der versprochenen Dienste in einem bestimmten Umfang verzichtet und damit die entsprechende Dienstleistungspflicht des Arbeitnehmers zum Erlöschen bringt. Im Streitfall hat die Beklagte bei der Aufstellung des Dienstplans für Januar 2011 einen Ausgleich des Arbeitszeitguthabens der Klägerin durch entsprechende Arbeitsbefreiung vorgesehen. Diese Maßnahme entsprach auch billigem Ermessen i. S. von § 106 Satz 1 GewO. Dabei kann offen bleiben, ob der Personalabteilung der Beklagten bei Erstellung des Dienstplans bereits bekannt war, dass sich die Klägerin im Januar 2011 einer Operation unterziehen wird. Wie die Klägerin im Berufungsverfahren selbst vorgetragen hat, entsprach die Freistellung im Januar 2011 ihrem eigenen Wunsch, d. h. der Freistellungszeitraum wurde einvernehmlich festgelegt. Es kann von daher keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die Beklagte insoweit nicht die Interessen der Klägerin ausreichend berücksichtigt hat. Der Umstand, dass die Klägerin im Freistellungszeitraum arbeitsunfähig krank war und deshalb an den Tagen, für die sie von der Arbeitspflicht befreit war, ohnehin nicht arbeiten konnte, steht einer Anrechnung auf ihr Arbeitszeitkonto nicht entgegen. Die einen Überstundenausgleich bezweckende Arbeitsbefreiung erfordert nur die Entbindung des Arbeitnehmers von seiner vertraglichen Arbeitspflicht im Umfang der geleisteten Überstunden, nicht jedoch darüber hinaus die Verschaffung einer zu Erholungszwecken nutzbaren arbeitsfreien Zeit (BAG v. 04.09.1985 - 7 AZR 531/82 - AP Nr. 13 zu § 17 BAT). Nichts anderes ergibt sich auch aus den Bestimmungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 22 TVöD, § 3 EFZG). Diese Bestimmunen sichern nur den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers vor einem ansonsten eintretenden Anspruchsverlust nach § 326 Abs.1 BGB infolge seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, nicht jedoch die Nutzung seiner Freizeit (BAG v. 11.09.2003 - 6 AZR 374/02 - AP Nr. 1 zu § 611 BGB). Der Entgeltfortzahlungsanspruch setzt voraus, dass die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung ist. Dies ist nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer - wie vorliegend - auch aus einem anderen Grund, nämlich infolge seiner Freistellung nicht gearbeitet hätte. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Nutzungsmöglichkeit arbeitsfreier Zeiten in die Risikosphäre des Arbeitnehmers fällt, enthält allerdings § 9 BUrlG, wonach Tage, an denen der Arbeitnehmer während seines Urlaubs krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist, auf den Jahresurlaub nicht anzurechnen sind. Diese Vorschrift beruht indessen auf speziellen Grundsätzen gerade des Urlaubsrechts, insbesondere dem Erholungszweck des Urlaubs. Der Arbeitnehmer soll in jedem Kalenderjahr eine bestimmte Zeitspanne zur freien Verfügung haben, um sich erholen zu können. Demgegenüber wird durch eine Arbeitsbefreiung zum Überstundenausgleich regelmäßig der Zweck verfolgt, den Arbeitnehmer vor einer Überbeanspruchung seiner Arbeitskraft zu schützen. Darüber hinaus soll damit die Höhe des monatlich zu zahlenden Arbeitsentgelts möglichst konstant gehalten werden. § 9 BUrlG steht daher einer Anrechnung der Freistellungszeit auf das Arbeitszeitkonto der Klägerin ebenfalls nicht entgegen (vgl. BAG v. 04.09.1985 - 7 AZR 531/82 - AP Nr. 13 zu § 17 BAT). Letztlich lässt sich auch aus § 10 Abs. 4 TVöD nichts zugunsten der Klägerin herleiten. Nach dieser Vorschrift tritt im Falle einer unverzüglich angezeigten und durch ärztliches Attest nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit während eines Zeitausgleichs vom Arbeitskonto keine Minderung des Zeitguthabens ein. Diese Regelung setzt jedoch die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos i. S. von § 10 Abs. 1 TVöD durch Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung voraus. Hiervon haben die Betriebsparteien vorliegend jedoch nach Maßgabe der im Tatbestand zitierten Regelung ausdrücklich abgesehen. III. Die Berufung der Klägerin war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO erge-benden Kostenfolge zurückzuweisen. Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 611

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