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05.07.2013 · IWW-Abrufnummer 170599

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein: Beschluss vom 04.06.2013 – 5 Ta 82/13

1.



§ 117 Abs. 4 ZPO i. S. v. § 1 Abs. 1 PKHVV schreibt für die Abgabe der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Benutzung des amtlichen Vordrucks zwingend vor (BGH, Beschluss vom 29.11.2012 - III ZA 32/12 -).



2.



Eine Bezugnahme auf den in einem Parallelverfahren eingereichten Vordruck ist nur zulässig, wenn dieser in Kopie beigefügt wird und zugleich die Erklärung abgegeben wird, dass sich an den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nichts geändert habe. Nur so kann ohne Beiziehung einer anderen Verfahrensakte geprüft werden, ob die Voraussetzungen der Bedürftigkeit gemäß §§ 114, 115 ZPO vorliegen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.06.2010 - 5 WF 131/10 -).


in dem Rechtsstreit pp. hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 04.06.2013 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende beschlossen: Tenor: Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den versagenden Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 08.04.2013, Az. 4 Ca 1855 c/12, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe: I. Mit der sofortigen Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Zurückweisung ihres Prozesskostenhilfegesuchs. Im Hauptsacheverfahren stritten die Parteien um die Wirksamkeit einer Kündigung vom 29.08.2012, die der Klägerin per Post am 01.09.2012 zugegangen war, und die Erteilung eines Zeugnisses. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrer am 10.09.2012 erhobenen Kündigungsschutzklage. Mit der Klagschrift beantragte die Klägerin zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten. Bezüglich ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verwies sie auf das Parallelverfahren (ArbG Kiel, 4 Ca 1495 c/12) und kündigte an die erforderlichen Belege nachzureichen. Die Klägerin reichte weder das amtliche PKH-Formular noch entsprechende Einkommens- und Ausgabenbelege zum PKH-Heft. Zuvor hatten die Parteien in einem Vorprozess (ArbG Kiel, 4 Ca 1495 c/12) um die Rechtswirksamkeit einer Versetzung gestritten. In jenem Vorprozess schlossen die Parteien am 29.08.2012 einen verfahrensbeendenden Prozessvergleich, nachdem die Beklagte der Klägerin zuvor eine ordentliche Kündigung vom 29.08.2012 zum 30.09.2012 ausgehändigt hatte. Mit dem Prozessvergleich vereinbarten die Parteien u. a., dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund fristgerechter Kündigung der Beklagten aus dringenden betrieblichen Erfordernissen zum 30.09.2012 endet und die Beklagte der Klägerin ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis mit der Führungs- und Leistungsbeurteilung "gut" erteilt." Mit Urteil vom 13.03.2013 wies das Arbeitsgericht im vorliegenden Hauptsacheverfahren die Klage insgesamt ab. Mit Beschluss vom 08.04.2013 hat das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin zurückgewiesen, da sie bisher weder eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben noch entsprechende Belege eingereicht habe und darüber hinaus die Klage auch keine Erfolgsaussicht gehabt habe. Insoweit hat das Arbeitsgericht auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 13.03.2013 verwiesen. Gegen diesen ihr am 10.04.2013 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 29.04.2013 beim Arbeitsgericht sofortige Beschwerde eingelegt. Sie habe in zulässiger Weise auf die im Vorprozess (4 Ca 1495 c/12) eingereichten Unterlagen verweisen dürfen, da sich an ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nichts geändert habe. Die Klage habe zudem hinreichende Erfolgsaussicht gehabt. Die ihr am 01.09.2012 zugegangene Kündigung hätte das Arbeitsverhältnis erst zum 31.10.2012 beenden können. Eine Rechtskraft für nachfolgende Rechtsakte der Beklagten sei dem Prozessvergleich vom 29.08.2012 (4 Ca 1495 c/12) nicht zu entnehmen, zumal keine Generalquittung vereinbart worden sei. Im Übrigen wird auf den Inhalt der Beschwerdeschrift verwiesen. Mit Beschluss vom 06.05.2013 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Die Klage sei nicht nur von Anfang an erfolglos gewesen, sondern darüber hinaus auch mutwillig. II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO). In der Sache selbst hat sie indessen keinen Erfolg, da sie unbegründet ist. Das Arbeitsgericht hat den Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsantrag der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen kann und soll auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses vom 08.04.2013 in der Fassung des Nichtabhilfe-Beschlusses 06.05.2013 verwiesen werden. Lediglich ergänzend wird noch auf Folgendes hingewiesen: 1. Das Arbeitsgericht hat das PKH-Gesuch zu Recht zurückgewiesen, weil dem Antrag die gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderliche Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse fehlt. § 117 Abs. 3 und Abs. 4 ZPO i. V. m. § 1 Abs. 1 PKHVV schreibt für die Abgabe der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Benutzung des amtlichen Vordrucks vor, wenn entsprechende amtliche Vordrucke eingeführt sind (BGH, Beschl. v. 29.11.2012 - III ZA 32/12 -, [...]). Die Nichtverwendung des Vordrucks macht den PKH-Antrag zwar nicht unzulässig, aber das Gericht kann ihn schon wegen der Nichtvorlage des Vordrucks als unbegründet zurückweisen, weil die Bedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht ist (LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 18.01.2012 - 5 Ta 202/11). Die anwaltlich vertretene Klägerin musste vorliegend auf die Notwendigkeit der Einreichung des ausgefüllten PKH-Formulars nicht ausdrücklich hingewiesen werden, da ihr Prozessvertreter in der Klagschrift die Nachreichung ausdrücklich angekündigt hatte. Eine Ausnahme von dem Benutzerzwang besteht nach § 1 Abs. 2 PKHVV nur für Parteien kraft Amtes, juristische Personen oder parteifähige Vereinigungen und nach §§ 1 Abs. 3, 2 Abs. 1 PKHVV für minderjährige unverheiratete Kinder. Für die Klägerin gelten diese Ausnahmen nicht. Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, dass sie den Vordruck in dem Parallelprozess (4 Ca 1495 c/12) abgegeben habe und hierauf in der Klagschrift auch verwiesen habe. Eine Bezugnahme ist ausnahmsweise dann zulässig, wenn in der Rechtsmittelinstanz auf das in erster Instanz eingereichte Formular verwiesen wird und zugleich die Erklärung abgegeben wird, dass sich an den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen nichts geändert habe (OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.06.2010 - 5 WF 131/10 -, [...]; BGH, Beschl. v. 07.10.2004 - V ZA 8/04-, [...]). In diesem Fall befindet sich der Vordruck bereits in dem der Akte beigefügten PKH-Heft. Eine Überprüfung der Vollständigkeit der abgegebenen Erklärung sowie der eingereichten Belege ist mithin sofort möglich, ohne eine andere Akte beiziehen zu müssen. Eine Bezugnahme auf ein Parallelverfahren, welches erst beigezogen werden muss, ist indessen nur dann zulässig, wenn eine zeitnahe Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aus einem Parallelverfahren in Kopie eingereicht und zugleich versichert wird, dass sich an den wirtschaftlichen Verhältnissen nichts geändert habe (OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.06.2010 - 5 WF 131/10 -, [...]; BGH, Beschl. v. 09.02.2005 - XII ZB 118/04 -, Rn. 2 und 12, [...]). In einem solchen Fall kann der Richter gleichwohl die Voraussetzungen der Bedürftigkeit prüfen. So liegt der Fall hier indessen nicht. Insbesondere kann nicht geprüft werden, ob die in dem Parallelverfahren eingereichten Unterlagen vollständig sind und aufgrund der dortigen Angaben eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe überhaupt in Betracht käme. Die Klägerin hat vorliegend überhaupt keine Unterlagen zum PKH-Heft gereicht. 2. Ungeachtet dessen war der Prozesskostenhilfeantrag aber auch mangels Erfolgsaussicht zurückzuwiesen. Die Klage war bereits unzulässig. a) Der Kündigungsschutzantrag ist unzulässig. Hierbei handelt es sich um einen Feststellungsantrag. Die Voraussetzungen des § 256 ZPO für die Kündigungsfeststellungsklage müssen zwar nicht eigens nachgewiesen werden. Dies folgt bereits aus § 4 KSchG. Indessen fehlt das trotzdem erforderliche Feststellungsinteresse, wenn das Arbeitsverhältnis bereits durch eine vorangegangene nicht angegriffene Kündigung des Arbeitgebers oder aufgrund einer vorangegangenen Auflösungsvereinbarung der Vertragsparteien zu einem früheren oder zeitgleichen Zeitpunkt endete bzw. endet (KR-Friedrich, 10. Aufl., Rn. 26 zu § 4 KSch m. w. Rspr.-Nachw.). Für den Kündigungsschutzantrag fehlte es am erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Die hier streitgegenständliche ordentliche Kündigung vom 29.08.2012 - zugegangen am 01.09.2012 - ging ins Leere. Durch sie konnte das Arbeitsverhältnis weder zum 30.09.2012 noch zum 31.10.2012 mehr beendet werden. Die Parteien hatten bereits zuvor am 29.08.2012 durch Abschluss des Prozessvergleichs in dem Vorverfahren vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2012 endet. Die Wirksamkeit des Prozessvergleichs wird von keiner Seite - auch nicht der Klägerin - in Frage gestellt. Bei der am 01.09.2012 auf postalischem Weg zugegangenen Kündigung handelte es sich zudem ersichtlich nur um die Bestätigung der bereits in der Güteverhandlung vom 29.09.2012 (4 Ca 1495 c/12) überreichten Kündigung zum 30.09.2012. b) Auch der Zeugniserteilungsantrag war unzulässig. Für diesen Leistungsantrag fehlte ebenfalls das Rechtsschutzinteresse. Die Beklagte hatte mit Abschluss des Prozessvergleichs bereits die Erteilung des Zeugnisses zugesagt. Zudem war die Klägerin bereits in Besitz eines Vollstreckungstitels. Nach alledem war die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen. Ein gesetzlich begründbarer Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde liegt nicht vor.

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