08.03.2013 · IWW-Abrufnummer 170172
Hessisches Landesarbeitsgericht: Urteil vom 28.06.2012 – 9 Sa 1456/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor: Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 11. August 2011 - 3 Ca 2255/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand: Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, eine Stelle auszuschreiben, und um Schadensersatzansprüche wegen Nichtausschreibung. Der Kläger ist gelernter Bürokaufmann und seit 1983 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger beschäftigt. Seit 2005 verrichtet er seine Tätigkeit mit Dienstsitz in A. Der Kläger betreut seine pflegebedürftige Mutter (Pflegestufe I). Die Parteien haben bereits Prozesse wegen der Versetzungs- bzw. Beschäftigungspflicht des Klägers geführt. Im Tatbestand des Urteils des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 4. Juni 2010 - 19 Sa 1947/09 - ist festgestellt, dass das Büro B in C vom Mitarbeiter D geleitet wird. Als Bürokraft wird die Angestellte E beschäftigt. Sie wurde zunächst nach E 6 TVöD vergütet. Nachdem sie mit Wirkung vom 4. Januar 2010 Teilaufgaben von dem Leiter D übernommen hatte (Markt- und Preisberichterstattung für Marktordnungswaren), erfolgte zum 15. Febr. 2010 eine Höhergruppierung in die Entgeltgruppe TVöD 8. Dies wurde in der Hausmitteilung 04/2010 unter Eingruppierung veröffentlicht (Bl. 38 d. A.). Unter dem 20. Okt. 2010 (Bl. 42 d. A.) hat der Kläger einen Versetzungsantrag gestellt, der von der Beklagten mit Schreiben vom November 2010 (Bl. 44 d. A.) abgelehnt wurde. Der Kläger hat mit einer 2007 bei dem Arbeitsgericht Bonn erhobenen Klage, die durch rechtskräftiges Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 Ca 3179/07 - abgewiesen worden ist, die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm Schadensersatz zu leisten, weil sie eine Verpflichtung zur Versetzung des Klägers nach C verletzt hätte. Der Kläger hat mit seiner am 1. April 2011 eingereichten Klage begehrt, die Beklagte zu verpflichten, die Stelle B neu auszuschreiben und seine Bewerbung zu berücksichtigen. Ferner macht er im Wege des Schadensersatzes Kosten geltend, die ihm infolge der unterbliebenen Ausschreibung entstanden seien. Er ist der Ansicht gewesen, im haushaltsrechtlichen Sinne sei eine neue Stelle geschaffen worden. Daraus folge eine Ausschreibungspflicht. Bei ordnungsgemäßer Ausschreibung der Stelle und einem ordnungsgemäßen Auswahlverfahren hätte ihm die Stelle übertragen werden müssen. Die Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts stünde der Klage nicht entgegen. Es handele sich um unterschiedliche Streitgegenstände. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 1. die Stelle Büro B in C neu auszuschreiben und ihn bei der Besetzung zu berücksichtigen; 2. an ihn EUR 12.740,- Schadensersatz zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. April 2011 zu zahlen; 3. an ihn ab 1. Mai 2011 monatlich EUR 980,- nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Fälligkeit zum jeweiligen Monatsende zu zahlen, solange er in A beschäftigt ist. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat behauptet, es gebe keine freie Stelle, da die fragliche Stelle durch die Angestellte E besetzt sei. Diese sei nunmehr in E 8 eingruppiert. Die höherwertigen Tätigkeiten seien ihr übertragen worden. Im Büro B habe lediglich eine Umverteilung der anfallenden Arbeiten stattgefunden. Demnach erfolge die Höhergruppierung im Wege der Tarifautomatik, so dass sich daraus keine Ausschreibungsverpflichtung ergebe. Schließlich stünde dem Anspruch die Ausschlussfrist des § 37 TVöD entgegen. Dem Kläger sei seit Mai 2010 bekannt gewesen, dass die Angestellte E umgruppiert worden sei. Abgesehen davon stünde der Klage die Rechtskraft der Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts entgegen. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch Urteil vom 11. Aug. 2011 - 3 Ca 2255/11 - abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Ausschreibungspflicht der Beklagten könne nicht festgestellt werden. Eine neue Stelle sei nicht geschaffen worden. Vielmehr sei der Arbeitsplatz der Angestellten E im Wege des Direktionsrechts seitens der Beklagten mit höherwertigen Tätigkeiten ausgestattet worden. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Gegen das ihm am 19. Sept. 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger per Telefax am 11. Okt. 2011 Berufung eingelegt und diese ebenfalls per Telefax am 17. Nov. 2011 begründet. Der Kläger ist der Auffassung, entgegen der Begründung der Vorinstanz handele es sich um eine neue und damit ausschreibungspflichtige Stelle. Die Auffassung des Arbeitsgerichts, innerhalb der Behörde bestehende Aufgaben könnten mit einer bereits vorhandenen Stelle zusammengelegt werden, sei mit dem Gebot der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 3 GG und der Chancengleichheit unvereinbar. Vielmehr habe auch bei der Neubewertung einer Stelle, die einer Beförderung gleich komme - hier von E 6 zur Entgeltgruppe E 8, eine Stellenausschreibung stattzufinden. Folgerichtig habe die Beklagte die Höhergruppierung der Angestellten E in einer Hausmitteilung unter Höhergruppierungen veröffentlicht. Das Arbeitsgericht hätte zu dem Ergebnis kommen müssen, dass der Kläger aufgrund seiner besseren Qualifikation für die Stelle besser geeignet gewesen sei und bevorzugt hätte berücksichtigt werden müssen. Die Pflicht zur Stellenausschreibung resultiere aus Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. § 75 Abs. 3 BPersVG sowie aus § 8 Abs. 1 BBG und § 4 Abs. 1 BLV. Ferner ergebe sich die Ausschreibungspflicht aus der Verfahrensanweisung der Beklagten vom 14. Mai 2010. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts stünde dem Anspruch des Klägers eine angeblich fehlende Vergleichbarkeit der Stellen nicht entgegen. Das Arbeitsgericht sei fälschlich nicht darauf eingegangen, dass der Kläger bereit gewesen wäre, in eine niedrigere Entgeltgruppe zu wechseln. Die Rechtskraft des Urteils des Hessischen Landesarbeitsgericht vom 4. Juni 2010 - 19 Sa 1947/09 - stünde der Klage nicht entgegen, da es sich um verschiedene Sachverhalte handele. Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 11. Aug. 2011 - 3 Ca 2255/11 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, 1. die Stelle Büro B in C neu auszuschreiben und ihn bei der Besetzung zu berücksichtigen; 2. an ihn EUR 12.740,- Schadensersatz zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. April 2011 zu zahlen; 3. an ihn ab 1. Mai 2011 monatlich EUR 980,- nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Fälligkeit zum jeweiligen Monatsende zu zahlen, solange er in A beschäftigt ist. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei unzulässig, da im Hinblick auf die Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 4. Juni 2010 - 19 Sa 1947/09 - Rechtskraftwirkung eingetreten sei. Das Gericht habe im damaligen Verfahren zutreffend erkannt, dass ein freier Arbeitsplatz im Büro B nicht zu besetzen gewesen sei. Jedenfalls sei die Klage unbegründet. Eine grundsätzliche Verpflichtung zur Ausschreibung von Dienstposten bestünde im Geltungsbereich des BPersVG nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 28. Juni 2012 verwiesen. Die Berufung ist statthaft, §§ 8 Abs.2 ArbGG, 511 Abs. 1 ZPO, 64 Abs. 2 b) und begegnet auch hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes keinen Bedenken, § 64 Abs.2 b) ArbGG. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs.1 ArbGG, 517, 519, 520 ZPO, und damit insgesamt zulässig. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist hinsichtlich des Klageantrages zu 1) unbegründet und wegen der Anträge zu 2) und 3) unzulässig. 1. Der Antrag, die Stelle Büro B in C neu auszuschreiben und den Kläger bei der Besetzung zu berücksichtigen, ist unbegründet. Es trifft zwar zu, dass Dienstposten auch dann ausgeschrieben werden müssen, wenn sie nicht neu geschaffen werden müssen, sondern vorhanden sind, aber infolge zusätzlicher Tätigkeiten höher bewertet werden (Hamb. OVG Beschluss vom 13. März 1991 - Bs PB 13/89 - Juris). Der subjektive Anspruch eines Bewerbers auf chancengleiche Berücksichtigung seiner Bewerbung im Auswahlverfahren ist jedoch erschöpft, wenn die ausgeschriebene oder nicht ausgeschriebene Stelle dem Mitbewerber übertragen worden ist. Das Bewerbungsverfahren nach Art. 33 Abs. 2 GG endet mit der endgültigen Übertragung des Amts auf den ausgewählten Bewerber. Dem verfahrensfehlerhaft zurückgewiesenen Bewerber stehen allenfalls Schadensersatzansprüche zu, wenn ihm die Stelle hätte übertragen werden müssen (BAG Urteil vom 19. Febr. 2008 - 9 AZR 70/07 - EzA Art. 33 GG Nr. 34; BAG Urteil vom 18. Sept. 2007 - 9 AZR 672/06 - EzA Art. 33 GG Nr. 33; LAG Hamm Urteil vom 11. Okt. 2005 - 12 Sa 769/05 - Juris). Der benachteiligte Bewerber hat in der Regel nur das Recht, dass seine Bewerbung neu zu beurteilen ist. Das gilt ebenso, wenn die Stelle nicht ausgeschrieben worden ist und der Bewerber sich deshalb nicht bewerben konnte. Ein Anspruch des übergangenen Bewerbers kommt nur solange in Betracht, wie es ein öffentliches Amt gibt, das noch nicht besetzt ist. Ist die Stelle rechtlich verbindlich anderweitig vergeben, kann das Amt nicht mehr besetzt werden (BAG aaO.; LAG Hamm aaO.). Hier ist die höherbewertete Stelle durch die Angestellte E besetzt worden. 2. Die Klageanträge zu 2) und 3) sind unzulässig. Über diese Streitgegenstände ist durch das Arbeitsgericht Bonn durch Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 Ca 3179/07 - rechtskräftig entschieden worden. Rechtsmittel wurden nicht eingelegt. Aufgrund der entgegenstehenden Rechtskraft dieses Urteils ist die Fortsetzung des Rechtsstreits unzulässig. Die erneute Klage ist als unzulässig zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht Bonn hatte über die Klage auf Feststellung zu entscheiden, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu leisten, weil sie eine Verpflichtung zur Versetzung des Klägers nach C verletzt hätte. Wird die auf Feststellung einer Forderung gerichtete Klage rechtskräftig als unbegründet abgewiesen, so steht die ausgesprochene Rechtsfolge dem sachlichen Erfolg einer später auf dieselbe Forderung gestützten Leistungsklage entgegen (BGH Urteil vom 22. Nov. 1988 - VI ZR 341/87 - Juris). Auch mit der vorliegenden Klage macht der Kläger die durch das Pendeln zwischen C und A entstehenden monatlichen Kosten geltend, nämlich Miete für die Pendlerwohnung in A und für die Fahrtkosten einmal wöchentlich A/C, so dass die Streitgegenstände identisch sind. Die Kosten seiner erfolglosen Berufung trägt der Kläger gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Für die Zulassung der Revision besteht mangels grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache keine gesetzlich begründete Veranlassung, § 72 Abs. 2 ArbGG.