14.02.2013 · IWW-Abrufnummer 170041
Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 31.07.2012 – 10 Sa 904/12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor: 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 06.03.2012 - 3 Ca 3013/11 - wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. 3. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand: Der Kläger macht gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe geltend. Der Beklagte war vom 02.04.2011 bis zum 09.06.2011 beim Kläger, der Inhaber eines Direktvertriebsunternehmens ist, als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Seine Aufgabe bestand darin, Vertragsangebote für Telekommunikationsdienstleistungen zu vermitteln. Im Monat April 2011 erzielte der Kläger ein Bruttoeinkommen in Höhe von 1.247,51 € und im Monat Mai 2011 in Höhe von 1.066,75 €. In den §§ 9 und 10 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages vom 02.04.2011 (Bl. 16 - 21 d. A.) ist folgendes bestimmt: "§ 9 Abwerbeverbot, Konkurrenzenthaltung (1) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, während der Dauer dieses Vertragsverhältnisses jede Abwerbung, versuchte Abwerbung oder Beteiligung an der Abwerbung eines Mitarbeiters des Arbeitgebers zu unterlassen. (2) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, auch nach Vertragsende jegliche Abwerbung, versuchte Abwerbung oder Beteiligung an einer Abwerbung zu unterlassen, soweit diese unter Verleitung zum Vertragsbruch oder unter Einsatz von Kenntnissen erfolgt, die der nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen. (3) Der Arbeitnehmer ist es selbstverständlich untersagt,während des bestehenden Arbeitsverhältnissesfür ein Konkurrenzunternehmen zu arbeiten. § 10 Vertragsstrafe (1) Für jede Handlung, durch die der Mitarbeiter ein Verbot aus § 8 oder § 9 schuldhaft verletzt, hat er eine Vertragsstrafe in Höhe eines durchschnittlichen Bruttomonatsgehaltes (Durchschnitt der letzten drei Bruttomonatsgehälter) an den Arbeitgeber zu zahlen. (2) Besteht die Verletzungshandlung in der kapitalmäßigen Beteiligung an einem Wettbewerbsunternehmen oder der Eingehung eines Dauerschuldverhältnisses (z. B. Arbeits-, Dienst-, Handelsvertreter- oder Beraterverhältnis), wird die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat, in dem die kapitalmäßige Beteiligung oder das Dauerschuldverhältnis besteht, neu verwirkt (Dauerverletzung). Mehrere Verletzungshandlungen lösen jeweils gesonderte Vertragsstrafen aus, gegebenenfalls auch mehrfach innerhalb eines Monats. Erfolgen dagegen einzelne Verletzungshandlungen im Rahmen einer Dauerverletzung, sind sie von der für die Dauerverletzung verwirkten Vertragsstrafe mit umfasst." Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.08.2011 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 1.157,13 € geltend. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beklagte habe noch während seiner Beschäftigungszeit versucht, einen Arbeitskollegen für eine Konkurrenztätigkeit abzuwerben. Mit Schreiben vom 25.08.2011 wiesen die Prozessbevollmächtigten des Beklagten den geltend gemachten Anspruch als unbegründet zurück. Mit seiner am 24.11.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger den geltend gemachten Anspruch rechtshängig gemacht. Der Kläger hat behauptet, der Beklagte sei am 25.05.2011 an den Arbeitskollegen M1 herangetreten und habe ihn aufgefordert, das Arbeitsverhältnis zum Kläger zu beenden und bei dem Vertriebsunternehmen eines Herrn B1, einem Untervertragspartner der Firma U1, anzufangen. Der Beklagte habe gegenüber seinem Arbeitskollegen erklärt, er könne dort sofort anfangen, erhalte höhere Provisionen, habe dort bessere Arbeitszeiten und könne einen Dienstwagen beanspruchen. Er habe gegenüber seinem Arbeitskollegen wiederholt geäußert, über einen Bekannten Kontakt zur U1 zu haben. Dieser Bekannte habe ihm berichtet, dass man dort ohne gesteigerten Arbeitseinsatz ca. 2.000,00 € brutto mehr verdiene. Auch habe er seinem Arbeitskollegen vorgeschlagen, doch einmal mit zu dem Untervertragspartner zu gehen, um sich die Sache anzuschauen. Vom 06.06.2011 - 08.06.2011 habe sich der Beklagte arbeitsunfähig gemeldet. An einem dieser Tage habe er seinen Arbeitskollegen angerufen, ihm erzählt, dass er sich bei Herrn B1 befände und ihn gefragt, ob er sich nicht dazu entschließen könne, mit ihm zu wechseln. Er habe seinem Arbeitskollegen angeboten, ihn an einem Probearbeitstag zu begleiten. Damit sei zum zweiten Mal der Tatbestand des § 9 des Arbeitsvertrages erfüllt. Herr M1 habe einen Wechsel zu Herrn B1 abgelehnt und ihn einige Tage später über die Abwerbungsversuche informiert. Am 09.06.2011 sei der Beklagte schließlich in den Büroräumlichkeiten erschienen und habe der Mitarbeiterin W1 erzählt, dass er nun für U1 arbeite. Auch der Mitarbeiterin W1 habe er die dortigen Arbeitsbedingungen konkret geschildert und erklärt, sie solle doch ebenfalls dort anfangen. Dies erfülle zum dritten Mal den Tatbestand des § 9 des Arbeitsvertrages. Die geltend gemachte Vertragsstrafe in Höhe eines durchschnittlichen Bruttomonatsverdienstes sei daher gerechtfertigt. Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.157,13 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2011 zu zahlen. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte hat vorgetragen, er habe seinem Arbeitskollegen während einer gemeinsamen Pkw-Fahrt Ende Mai 2011 lediglich mitgeteilt, zu einem Vertriebsunternehmen der Fa. U1 zu wechseln. Er habe jedoch in keiner Weise versucht, seinen Arbeitskollegen abzuwerben. Er könne nicht ausschließen, dass er den Wechsel mit der Erwartung besserer Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten begründet habe. Er sei zum damaligen Zeitpunkt aber gar nicht in der Lage gewesen, nähere Angaben über die Arbeitsbedingungen bei seinem neuen Arbeitgeber zu machen, da er dort erst am 14.06.2011 angefangen habe und bis zu diesem Zeitpunkt nähere Einzelheiten, wie etwa die Provisionsliste, nicht vorgelegen hätten. Der bloße Hinweis auf einen Wechsel stelle keinen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Verpflichtungen dar. Während der Arbeitsunfähigkeit vom 06.06. - 08.06.2011 habe es kein Telefonat mit dem Arbeitskollegen M1 gegeben. Frau W1 habe er lediglich davon in Kenntnis gesetzt, dass er einen neuen Arbeitsplatz antrete. In diesem Zusammenhang habe nicht er, sondern die Mitarbeiterin W1 sich durchaus kritisch über die Arbeitsbedingungen beim Kläger geäußert. Mit Urteil vom 06.03.2012 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Vertragsstrafenklausel in § 10 des Arbeitsvertrages sei unwirksam, da sie den Beklagten unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 1 BGB benachteilige. Die Klausel sei nicht hinreichend bestimmt, weil nicht erkennbar sei, wann eine sogenannte "dauerhafte Verletzung" vorliege, die zu einer monatlich erneut fälligen Vertragsstrafe führt und wann ein einmaliger Vertragsverstoß gegeben sein soll, für den nur eine einmalige Vertragsstrafe verwirkt wird. Eine geltungserhaltende Reduktion der hiernach unwirksamen Vertragsstrafenklausel scheide aus. Unabhängig davon habe der Kläger einen Verstoß des Beklagten gegen das Abwerbeverbot nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Zum Begriff der Abwerbung gehöre, dass auf den Arbeitnehmer mit einer gewissen Ernsthaftigkeit und Beharrlichkeit eingewirkt werde mit dem Ziel, ihn zur Aufgabe des einen Arbeitsverhältnisses und zur Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses bei einem bestimmten Arbeitgeber zu bewegen. Eine hinreichend ernsthafte und beharrliche Abwerbung habe der Kläger nicht dargelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf Bl. 51 - 60 d. A. Bezug genommen. Gegen das ihm am 16.03.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.04.2012 Berufung eingelegt und diese mit am 26.04.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Der Kläger ist der Ansicht, die Vertragsstrafenklausel benachteilige den Beklagten nicht unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB, da sie entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts klar und verständlich sei. Der Begriff der Dauerverletzung sei in Absatz 2 Satz 1 der Klausel klar definiert. Ebenso klar ergebe sich aus der Klausel, dass mit "mehreren Verletzungshandlungen" die Verletzungshandlungen gemeint sind, die keine Dauerverletzung sind. Insofern weise die Vertragsstrafenklausel weder Unklarheiten noch Lücken auf. Die Klausel sei nicht mit derjenigen vergleichbar, über die das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 14.08.2007 - 8 AZR 973/06 - entschieden habe. Selbst wenn man die Regelung in Absatz 2 der Klausel als unwirksam ansehen wollte, könnte der erste Absatz nach dem "Blue Pencil - Test" bestehen bleiben. Des Weiteren ist der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrages der Ansicht, die Voraussetzungen eines ernsthaften, beharrlichen und planmäßigen Abwerbungsversuchs seien gegeben. Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 06.03.2012 - 3 Ca 3013/11 - abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.157,13 € zzgl. 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2011 zu zahlen. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung als zutreffend. Die Vertragsstrafenklausel sei mangels Bestimmtheit unwirksam. Der "Blue-Pencil-Test" könne vorliegend keine Anwendung finden. Selbst wenn man die Regelung in § 10 Absatz1 des Arbeitsvertrages als grammatikalisch abschließend und auch isoliert verständlich und sinnvoll ansehen wollte, wäre sie bei einer Streichung von Absatz 2 unvollständig. Schließlich sei das Arbeitsgericht auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger einen ernsthaften und beharrlichen Abwerbungsversuch nicht hinreichend substantiiert dargelegt habe. Eine Beweisaufnahme sei daher nicht durchzuführen gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger gegenüber dem Beklagten kein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe zusteht. Die Vertragsstrafenklausel in § 10 des Arbeitsvertrages ist unwirksam. I. Bei der Vertragsstrafenabrede handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff BGB. Aus dem Inhalt und der äußeren Gestaltung der in einem Vertrag verwendeten Bedingungen kann sich ein vom Verwender zu widerlegender Anschein dafür ergeben, dass diese zur Mehrfachverwendung formuliert worden sind (BAG, Urteil vom 01.03.2006 - 5 AZR 363/05 -; BAG, Urteil vom 14.08.2007 - 8 AZR 973/06 -). Eine solche Vermutung ist vorliegend, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, begründet. Der gesamte Vertragstext ist hinsichtlich des zu beschäftigenden Arbeitnehmers außer im Rubrum personenneutral formuliert und enthält mit Ausnahme des Eintrittsdatums keine auf das Arbeitsverhältnis des Beklagten konkret bezogenen Daten. Gegen die Annahme einer Allgemeinen Geschäftsbedingung durch das Arbeitsgericht wendet sich auch der Kläger nicht. Er hat in der Berufungsbegründung vielmehr ausdrücklich bestätigt, dass es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, die nach den §§ 305 ff BGB überprüfbar seien. II. Die Vertragsstrafenklausel in § 10 des Arbeitsvertrages ist Vertragsbestandteil geworden. Es handelt sich nicht um eine überraschende Klausel im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB. 1.Eine überraschende Klausel im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB ist gegeben, wenn es sich objektiv um eine "ungewöhnliche" Vertragsklausel handelt, mit deren Verwendung der Arbeitnehmer nicht rechnen muss. Auch aus einem ungewöhnlichen äußeren Zuschnitt einer Klausel oder ihrer Aufnahme an außergewöhnlicher Stelle kann sich ein Überraschungsmoment ergeben. Andererseits ist es weder erforderlich noch ausreichend, wenn eine Bestimmung inhaltlich unbillig ist (vgl. BAG, Urteil vom 15.02.2007 - 6 AZR 286/06 -; BAG, Urteil vom 31.08.2005 - 5 AZR 545/04 -; BAG, Urteil vom 14.08.2007 - 8 AZR 973/06 -). 2. Gemessen an diesen Maßstäben handelt es sich bei der Vertragsstrafenklausel in § 10 des Arbeitsvertrages nicht um eine überraschende Klausel. Vertragsstrafenabreden zur Sanktion von Verstößen gegen die Verschwiegenheitspflicht oder von Verstößen gegen das Verbot, während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeiten auszuüben, sind in Arbeitsverträgen nicht generell ungewöhnlich (vgl. BAG, Urteil vom 14.08.2007 - 8 AZR 973/06 -; vgl. auch Preis, Der Arbeitsvertrag, 4. Aufl., I B Rz. 54 ff). Vorliegend ergibt sich auch aus dem äußeren Zuschnitt der Klausel oder ihrer Aufnahme an außergewöhnlicher Stelle kein Überraschungsmoment. Die Klausel ist nicht an verdeckter Stelle, sondern in einem eigenen Abschnitt und damit drucktechnisch abgesetzt unter der zutreffenden Überschrift "Vertragsstrafe" aufgeführt. Da die in § 10 des Arbeitsvertrages geregelte Vertragsstrafe allein die Schweigepflicht nach § 8 des Arbeitsvertrages und das Verbot von Konkurrenztätigkeiten nach § 9 des Arbeitsvertrages sanktionieren soll, ist sie im Anschluss an diese Regelungen auch nicht an einer außergewöhnlichen Stelle untergebracht. III.Die Vertragsstrafenklausel ist nicht nach § 309 Nr. 6 BGB unwirksam. Das in dieser Vorschrift enthaltene Verbot einer Vertragsstrafenklausel findet schon tatbestandlich auf die streitbefangene Vertragsstrafenabrede keine Anwendung. § 309 Nr. 6 BGB erfasst nur den Fall, dass dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzuges oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, die Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird. Die zwischen den Parteien vereinbarte Vertragsstrafe soll im Gegensatz dazu jedoch im Falle von Verstößen des Klägers gegen die Verschwiegenheitspflicht und das Abwerbeverbot oder von Verstößen gegen das Verbot, während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeiten auszuüben, verwirkt sein. Hierbei handelt es sich nicht um eine von § 309 Nr. 6 BGB erfasste Verletzung vertraglicher Pflichten, die mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch eine Vertragsstrafe nicht geahndet werden dürfen. IV. Die Vertragsstrafenabrede der Parteien benachteiligt den Beklagten aber unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. 1. Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Zur Beurteilung der Angemessenheit eines formularvertraglich vereinbarten Strafversprechens bedarf es im Rahmen der Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB einer umfassenden Würdigung der Interessen der Arbeitsvertragsparteien unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ist insbesondere anzunehmen, wenn die einseitige Auferlegung eines Nachteils nicht durch ein dahin gehendes berechtigtes Interesse des Verwenders begründet ist (Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, 4. Aufl., II V 30 Rz. 30). Bei der Frage, ob ein berechtigtes Interesse des Verwenders begründet ist, ist zu berücksichtigen, dass die Vertragsstrafe vom Gesetzgeber mit einer doppelten Zielrichtung geschaffen wurde. Sie soll einmal als Druckmittel den Schuldner anhalten, seiner vertraglichen Verpflichtung ordnungsgemäß nachzukommen. Zum anderen soll sie den Gläubiger in den Stand setzen, sich bei Verletzung der sanktionierten Vertragspflichten bis zur Höhe der Vertragsstrafe ohne Einzelnachweis schadlos zu halten. Die Druckfunktion erlaubt zwar eine spürbare Vertragsstrafe; sie muss sich aber an den in Betracht kommenden Auswirkungen orientieren. Die Höhe der Vertragsstrafe muss daher in einem angemessenen Verhältnis zum typischerweise entstehenden Schaden stehen und darf keinesfalls der bloßen Schöpfung neuer, vom Sachinteresse des Verwenders losgelöster Geldforderungen dienen (BGH, Urteil vom 30.05.2012 - IV ZR 87/11 -; OLG München, Urteil vom 29.07.2010 - 23 U 5643/09 -, jeweils m.w.N.). Der schadensersatzrechtliche Bezug der Vertragsstrafe darf mithin nicht verloren gehen. Das gilt sowohl hinsichtlich der sanktionierten Tatbestände als auch im Hinblick auf die Höhe der Vertragsstrafe (Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, 4. Aufl., II V 30 Rz. 30). Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Sanktionierung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitnehmers kann daher nur bejaht werden, wenn dem Arbeitgeber durch das strafbewehrte Verhalten typischerweise ein Schaden entsteht und die Höhe der Vertragsstrafe in einem angemessenen Verhältnis zum typischerweise entstehenden Schaden steht. Strafklauseln, die jedwede Differenzierung nach den in Betracht kommenden Auswirkungen vermissen lassen, sind daher unzulässig. 2. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe benachteiligt die Vertragsstrafenabrede der Parteien den Beklagten unangemessen. Nach § 9 Abs. 1 des Arbeitsvertrages ist der Arbeitnehmer verpflichtet, während der Dauer des Vertragsverhältnisses jede Abwerbung, versuchte Abwerbung oder Beteiligung an der Abwerbung eines Mitarbeiters des Arbeitgebers zu unterlassen. Nach § 10 Abs. 1 des Arbeitsvertrages soll für jede Handlung, durch die der Mitarbeiter ein Verbot aus § 8 oder § 9 schuldhaft verletzt, eine Vertragsstrafe in Höhe eines durchschnittlichen Bruttomonatsgehalts zu zahlen sein. Die Klausel differenziert damit nicht zwischen einer versuchten Abwerbung, einer vollendeten Abwerbung und der Beteiligung an einer Abwerbung. Nicht nur eine vollendete Abwerbung, sondern auch einfachste Unterstützungshandlungen und selbst der im frühen Anfangsstadium abgebrochene Versuch einer Abwerbung sollen die Vertragsstrafe gleichermaßen in voller Höhe auslösen. Unter Zugrundelegung eines generellen, typisierenden Maßstabes entsteht dem Arbeitgeber bei einer nur versuchten, erfolglos gebliebenen Abwerbung typischerweise aber überhaupt kein Schaden. Zumindest wäre der Schaden bei Zugrundelegung eines generellen, typisierenden Maßstabes deutlich geringer, als bei einer erfolgreichen Abwerbung, ohne dass die Klausel eine entsprechende Differenzierung vorsieht. Die vereinbarte Vertragsstrafe läuft damit zumindest für Versuchsfälle auf die Schöpfung neuer, vom Vorliegen eines Schadens unabhängiger und damit vom Sachinteresse losgelöster Geldforderungen hinaus. Dies führt zumindest für Versuchsfälle zu einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 03.11.2006 - 7 Sa 1232/06 -; OLG Köln, Beschluss vom 15.06.2010 - 19 U 53/10 -). 3. Hinzu kommt, dass die Strafklausel in § 10 Abs. 1 des Arbeitsvertrages gerade im Hinblick auf den strafbewehrten Tatbestand der versuchten Abwerbung nicht klar und verständlich ist und den Beklagten daher auch nach § 307 Abs. 1 S. 2 i.V. m. S.1 BGB unangemessen benachteiligt. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben sein, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Diesen Anforderungen wird die Strafklausel im Hinblick auf den strafbewehrten Tatbestand der versuchten Abwerbung nicht gerecht. Nach der Regelung in § 10 Abs. 1 des Arbeitsvertrages soll die Vertragsstrafe für "jede Handlung", durch die der Mitarbeiter ein Verbot aus § 8 oder § 9 schuldhaft verletzt, verwirkt sein. Nach dem Wortlaut der Klausel würden damit mehrere Verletzungshandlungen im Rahmen eines einheitlichen Abwerbungsversuchs die Vertragsstrafe mehrfach in voller Höhe auslösen. So wird auch dem Beklagten im vorliegenden Verfahren vorgeworfen, bei dem Abwerbungsversuch seines Arbeitskollegen mehrere Verletzungshandlungen begangen zu haben. Ob sich der Arbeitnehmer demgegenüber auf einen Fortsetzungszusammenhang berufen könnte, mit der Folge, dass die Vertragsstrafe bei einem einheitlichen Abwerbungsversuch auch nur einmal verwirkt ist, lässt sich der Klausel nicht entnehmen. In § 10 Abs. 2 des Arbeitsvertrages ist zwar der Tatbestand einer Dauerverletzung geregelt. Dieser erfasst aber schon von seiner Definition her nicht den Tatbestand des Fortsetzungszusammenhangs. Was in Fällen eines Fortsetzungszusammenhangs gelten soll, ist in der Klausel weder positiv noch negativ geregelt, wodurch die Klausel intransparent wird. IV. Da die Vertragsstrafenklausel den Beklagten hiernach unangemessen benachteiligt und nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist, steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nicht zu. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.