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22.06.2012 · IWW-Abrufnummer 168832

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 18.04.2012 – 6 Sa 397/11

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


In dem Rechtsstreit pp. hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 18.04.2012 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer für Recht erkannt: Tenor: Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 11.08.2011 - 2 Ca 1451/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Die Revision wird für den Kläger zugelassen. Tatbestand: Die Parteien streiten um die Zahlung einer Jubiläumszuwendung. Der am ...1953 geborene Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft v.. Er trat am 01.08.1970 in die Dienste des Landes S.-H.. Zunächst absolvierte er bis zum 25.07.1973 eine Ausbildung bei der Landesbezirkskasse. Anschließend war er als Angestellter aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 27.07.1973 (Bl. 134 f. d. A.) bis zum 15.01.1974 bei der Landesbezirkskasse K. und sodann bis zum 29.02.1980 bei der Landesbezirkskasse S.-F. tätig. Seit dem 01.03.1980 arbeitete der Kläger in der Verwaltung des Landeskrankenhauses S.. Diese Dienststelle übersandte ihm unter dem 22.07.1980 eine "Berechnung der Beschäftigungs- und Dienstzeit sowie der Jubiläumsdienstzeit" (Bl. 6 f. d. A.). Danach sei der 01.08.1980 der Einstellungstag und der 28.06.1971 der Berechnungsstichtag. Seine Dienstzeit rechne vom Berechnungsstichtag und er erreiche das 40-jährige Dienstjubiläum am 01.08.2010. Mit Datum 12.06.1992 schlossen der Kläger und das Land S.-H. einen (neuen) Arbeitsvertrag. Dessen § 2 lautet: "Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung." Das Land S.-H. gründete die Fachklinik S. als Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR), die sodann die Fachklinik für Psychologie und Neurologie betrieb. Da damals bereits die Ausgliederung des Betriebs der Fachklinik aus dem Landesbereich geplant war, schloss die Fachklinik S. AöR mit dem Gesamtpersonalrat der Fachklinik S. AöR eine Dienstvereinbarung vom 27.09.2004 (Bl. 8 ff. d. A.). In deren § 2 finden sich Regelungen über die Fortgeltung der arbeitsrechtlichen Vereinbarungen einschließlich der Regelungen des BAT. So heißt es in § 2 Abs. 3: "Alle bei der AöR erworbenen oder dort als erworben anerkannten Rechte der Mitarbeiterinnen werden auch weiterhin bei der umgewandelten GmbH und insbesondere auch nach dem Gesellschafterwechsel von dem Übernehmer als bei der umgewandelten GmbH erworben anerkannt. Dienst- sowie Beschäftigungszeiten werden nach den entsprechenden tariflichen Bestimmungen angerechnet. Soweit grundsätzliche Festlegungen und Richtungsentscheidungen für die künftigen Strukturen und Organisationsprinzipien des Betriebes festgelegt werden, garantiert der oder die Gesellschafter die bisher abgeschlossenen Regelungen sowie diese Dienstvereinbarung. Anmerkung: Dieser Satz wird später in dem Kaufvertrag an die passende Stelle verschoben." Gemäß § 2 Abs. 2 dieser Dienstvereinbarung wird der Abschluss eines Haustarifvertrags, der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Fachklinik berücksichtigt, angestrebt. Ergänzend dazu vereinbarten die Fachklinik S. AöR und der dortige Gesamtpersonalrat in § 13 Abs. 4 der Dienstvereinbarung, es bestehe Einvernehmen, dass hinsichtlich der Regelungen in § 2 jederzeit ein Haustarifvertrag abgeschlossen werden könne, der den BAT/MTArb ablöse. Die aufgrund des Fachkliniken-Umwandlungsgesetzes (FKSL-Umwandlungsgesetz) gegründete Fachklinik S. gGmbH übernahm mit Wirkung ab September 2004 den Betrieb der Fachklinik für Psychologie und Neurologie in S.. Die gGmbH war nicht tarifgebunden gemäß § 4 Abs. 1 TVG. Mit Wirkung zum 01.11.2005 erwarb die Beklagte, die zu diesem Zweck gegründet worden war, die Geschäftsanteile an der Fachklinik S. gGmbH. Die Klinik wurde in Sc.-Klinikum S. FKSL GmbH umbenannt. Die D. Ho. AG und die Gewerkschaft v. schlossen am 12.12.2006 einen Manteltarifvertrag D.. Dieser Tarifvertrag sollte nach seinem Geltungsbereich auch die Arbeitnehmer der Beklagten erfassen. Nachdem der 4. Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 18.11.2009 (4 AZR 491/08) gerügt hatte, die wirksame Vertretung der dortigen Beklagten bei Abschluss eines Sonderzahlungstarifvertrags sei nicht dokumentiert, vereinbarten die D. Ho. AG - diesmal auch handelnd im Namen und in Vollmacht für die ausdrücklich genannten Tochtergesellschaften, zu denen auch die Beklagte gehört - mit der Gewerkschaft v. am 02.03.2010 erneut den Manteltarifvertrag D. (MTV D.). Die Tarifvertragsparteien setzten den inhaltsgleichen MTV rückwirkend zum 01.01.2007 in Kraft. Der MTV D. enthält in seinem § 17 folgende Regelung zur Zahlung einer Jubiläumszuwendung: "Die Arbeitnehmer erhalten als Jubiläumszuwendung bei Vollendung einer Beschäftigungszeit (§ 8) ... von 40 Jahren EUR 450,00 ... brutto." In § 8 heißt es zu den Beschäftigungszeiten: "Beschäftigungszeit ist die in der D. Gruppe zurückgelegte Zeit. Beschäftigungszeiten in den Rechtsvorgängern von Unternehmen der D. Gruppe werden dabei vollständig berücksichtigt. ..." Der Kläger machte zunächst mit Schreiben seiner Gewerkschaft vom 01.09.2010 und sodann mit der am 29.11.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Zahlung einer Jubiläumszuwendung für 40 Jahre Dienstzeit gemäß § 17 MTV D. in Höhe von 450,00 EUR brutto geltend. Wegen der Rechtsausführungen der Parteien und ihrer im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils. Das Arbeitsgericht hat zum Begriff der Beschäftigungszeit iSd. § 8 Abs. 1 Satz 2 MTV D. Tarifauskünfte eingeholt. Es wird zur Darstellung verwiesen auf Bl. 90, 107 und 109 d. A. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Anspruch auf Zahlung einer Jubiläumszuwendung für 40 Jahre Dienstzeit ergebe sich weder aus § 17 MTV D., noch aus dem Arbeitsvertrag iVm. § 39 Abs. 1 BAT. Der BAT sei auf das Arbeitsverhältnis nicht mehr anwendbar. Als Beschäftigungszeit iSd. § 17 MTV D. könne nur die vom Kläger im Landeskrankenhaus verbrachte Zeit berücksichtigt werden, mit der Folge, dass sein 40-jähriges Dienstjubiläum erst am 01.03.2020 stattfinde. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen. Der Kläger hat gegen das ihm am 20.09.2011 zugestellte Urteil am 17.10.2011 Berufung eingelegt. Er hat diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.12.2011 am 15.12.2011 begründet. Der Kläger meint, er habe ungeachtet seiner Tarifgebundenheit einen vertraglichen Anspruch auf die Jubiläumszuwendung nach dem BAT, soweit dessen Regelungen günstiger seien als diejenigen des MTV D.. Unter Berücksichtigung der Vorschriften des BAT habe er 40 Dienstjahre vollendet. Daneben könne er seinen Anspruch auf § 17 MTV D. stützen. Denn seine gesamte Beschäftigungszeit beim Land S.-H. sei für die Jubiläumszahlung zu berücksichtigen. Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 11.08.2011 - 2 Ca 1451/10 - abzuändern und die Beklagte zu verteilen, an ihn 450,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2010 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sowohl aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme als auch kraft beiderseitiger Tarifbindung gelte nunmehr bezüglich der Jubiläumszuwendung allein der MTV D.. Die nach dessen § 17 erforderliche Beschäftigungszeit habe der Kläger noch nicht zurückgelegt. Maßgebend sei allein die Beschäftigung im Landeskrankenhaus. Entscheidungsgründe: A. Die aufgrund der Zulassung im arbeitsgerichtlichen Urteil statthafte Berufung (§ 64 Abs. 2 lit. a) ArbGG) ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO). B. Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Aus § 17 MTV D. ergibt sich für den Kläger gegenwärtig noch kein Anspruch auf Jubiläumszuwendung. Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen einzelvertraglichen Anspruch auf Zahlung der Jubiläumszuwendung nach den Vorschriften des BAT bzw. TVöD/TV-L. I. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass sich für den Kläger aus § 17 MTV D. kein Anspruch auf Zahlung eine Jubiläumszuwendung ergibt. Der MTV D. findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zwar kraft beiderseitiger Tarifbindung Anwendung. Der Kläger hat jedoch noch nicht die nach § 17 MTV D. iVm. § 8 MTV D. erforderliche 40-jährige Beschäftigungszeit zurückgelegt. 1. Gemäß § 17 MTV D. erhalten Arbeitnehmer als Jubiläumszuwendung bei Vollendung einer Beschäftigungszeit im Sinne des § 8 MTV D. von 40 Jahren eine Jubiläumszuwendung in Höhe von 450,00 EUR brutto. Beschäftigungszeit ist nach § 8 MTV D. die in der D. Gruppe zurückgelegte Zeit. Dabei werden "Beschäftigungszeiten in den Rechtsvorgängern von Unternehmen der D. Gruppe" vollständig berücksichtigt. 2. Unstreitig ist der Kläger erst seit November 2005 in einem Unternehmen der D. Gruppe beschäftigt. Zu diesem Zeitpunkt hat die Beklagte als Unternehmen der D. Gruppe die Geschäftsanteile der Fachklinik S. gGmbH übernommen. 3. Maßgebend ist daher, welche Beschäftigungszeiten der Kläger "in den Rechtsvorgängern von Unternehmen der D. Gruppe" zurückgelegt hat. Aus § 17 MTV D. kann sich nur dann ein Anspruch für den Kläger ergeben, wenn auch seine seit dem 01.08.1970 bei dem Land S.-H. in den Landesbezirkskassen zurückgelegte Beschäftigungszeit berücksichtigt wird. Die Zeit vor dem 01.03.1980 hat der Kläger jedoch nicht "in den Rechtsvorgängern von Unternehmen der D. Gruppe" verbracht. Das ergibt die Auslegung von § 8 MTV D.. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. 19.09.2007 - 4 AZR 670/06 - BAGE 124, 110; 07.07.2004 - 4 AZR 433/03 - BAGE 111, 204; 22.04.2010 - 6 AZR 962/08 -) folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt. b) Nach dem Wortlaut der tariflichen Regelung sind Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen, die in den Rechtsvorgängern von Unternehmen der D. Gruppe zurückgelegt sind. Das Land S.-H. ist nicht Rechtsvorgänger der Beklagten als eines Unternehmens der D. Gruppe. Es kann offen bleiben, ob die Worte "in den Rechtsvorgängern" darüber hinaus einen Bezug zum Beschäftigungsbetrieb herstellen sollen, den ein Unternehmen der D. Gruppe von einem anderen Unternehmen übernommen hat. Rechtsvorgänger ist der vorige Inhaber einer Rechtsposition (Brockhaus/Wahrig), d.h. der Rechtsträger, der in zeitlicher Hinsicht vor einem anderen Rechtsträger Inhaber eines bestimmten Rechts war (juriwiki). Von einem Rechtsvorgänger kann also gesprochen werden, wenn ein Fall der Rechtsnachfolge vorliegt. Die Rechtsnachfolge setzt voraus, dass eine Rechtsstellung dergestalt auf einen Dritten übergeht, dass der bisherige Inhaber der Rechtsstellung, der Rechtsvorgänger, aus dieser ausscheidet. Durch die Rechtsnachfolge entsteht kein neues Recht, sondern eine bereits bestehende Rechtsstellung geht auf eine andere Person über. Rechtsvorgängerin der Beklagten als Unternehmen der D. Gruppe war danach die Fachklinik S. gGmbH. Die Beklagte hat die Gesellschaftsanteile an der gGmbH erworben. Rechtsvorgängerin der gGmbH wiederum war die Fachklinik S. AöR. Die gGmbH ist aufgrund die FKSL-Umwandlungsgesetztes aus der Fachklinik S. AöR hervorgegangen. Zwar hatte das Land S.-H. die Fachklinik S. AöR seinerzeit gegründet. Damit ist das Land aber nicht zum Rechtsvorgänger der von ihm gegründeten Anstalt geworden. Derjenige, der eine Gesellschaft oder Anstalt gründet, ist nicht ihr Rechtsvorgänger, sondern er schafft einen neuen Rechtsinhaber. Es liegt also gerade kein Fall der Rechtsnachfolge vor. c) Aus der Tarifsystematik lässt sich kein anderes Auslegungsergebnis ableiten. Der MTV D. erwähnt den Begriff des Rechtsvorgängers nur in seinem § 8. d) Auch Sinn und Zweck der Jubiläumszuwendung stützen das aus dem Wortlaut gewonnene Auslegungsergebnis. Zutreffend weist das Arbeitsgericht darauf hin, dass durch eine Jubiläumszuwendung erwiesene Betriebstreue belohnt werden soll. Es geht regelmäßig darum, die Betriebszugehörigkeit zu honorieren, die bei einem Arbeitgeber oder innerhalb eines Konzerns ununterbrochen bestand. Das macht im vorliegenden Fall der erste Satz von § 8 MTV D. deutlich. Denn dort heißt es, dass Beschäftigungszeit die in der D. Gruppe zurückgelegte Zeit ist. Beschäftigungszeiten bei anderen Arbeitnehmern sollen dagegen in der Regel nicht honoriert werden. Etwas anders soll nach dem aus Satz 2 des § 8 MTV D. ablesbaren Sinn und Zweck gelten, wenn sich die Beschäftigungszeit bei anderen, vorherigen Arbeitgebern aus der Sicht des letzten Arbeitgebers (eines Unternehmens der D. Gruppe) als in seinem nunmehr von ihm geführten Unternehmen zurückgelegt darstellt. Aus Sicht der Beklagten ist das die als Arbeitnehmer im Krankenhaus in S. geleistete Zeit, und zwar unabhängig davon, wer Rechtsträger des Krankenhauses war. e) Die vom Arbeitsgericht eingeholten Tarifauskünfte bestätigen das Ergebnis eher, als dass sie ihm widersprechen. Nach den Stellungnahmen von Herrn Dr. B. von der D. Ho. und Herrn P. vom Universitätsklinikum S.-H. bezog sich der Begriff "Rechtsvorgänger" auf die nunmehr zur D. Gruppe gehörende Einrichtung. Nur die Beschäftigungszeit in der Klinik sollte anerkannt werden. Die Stellungnahme von Herrn Di. (v. Bundesverwaltung) steht dem nicht entgegen. Dort heißt es zwar, dass sämtliche Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen sein. Nicht erläutert wird aber, was genau damit gemeint ist. Soweit auf die vor Abschluss des MTV D. geschlossene Dienstvereinbarung abgestellt wird, ist nicht erkennbar, welchen Einfluss dieses von anderen Parteien geschlossene Regelungswerk auf die Auslegung des hier streitgegenständlichen MTV haben soll. II. Die Bezugnahme im Arbeitsvertrag führt nicht zur Anwendung eines für den Kläger hinsichtlich der Jubiläumszuwendung günstigeren Tarifvertrags. Weder der BAT, noch der TV-L sind kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Vielmehr gilt aufgrund der Klausel in § 2 des Arbeitsvertrags vom 12.06.1992 der MTV D.. Raum für die Anwendung des Günstigkeitsprinzips besteht entgegen der Ansicht des Klägers nicht. Denn der MTV D. gilt mit identischem Regelungsgegenstand sowohl kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme als auch aufgrund beiderseitiger Tarifbindung gemäß § 4 Abs. 1 TVG (s. o. I.). Dagegen finden die Vorschriften des BAT bzw. TV-L zur Jubiläumszuwendung keine Anwendung (mehr). 1. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 12.06.1992 richtet sich das Arbeitsverhältnis des Klägers nach dem Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Daneben finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung. Diese arbeitsvertragliche Inbezugnahme des genannten Tarifwerkes wirkt konstitutiv. Daran ändert die beiderseitige Tarifbindung der Vertragsparteien nichts. Die Wirkung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel wird nicht dadurch berührt, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag noch aus einem weiteren rechtlichen Grund für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgeblich ist (BAG 29.08.2007 - 4 AZR 767/06 -). Nach seinem Wortlaut enthält der Arbeitsvertrag vom 12.06.1992 eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des BAT. Für das Arbeitsverhältnis sollen die Bestimmungen des BAT und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung finden. Danach war für das Arbeitsverhältnis, wovon die Parteien übereinstimmend ausgehen, jedenfalls bis zum Jahr 2005 der BAT in seiner jeweils geltenden Fassung maßgebend. Aufgrund der Ablösung des BAT durch den TVöD sowie den TdL war ab Inkrafttreten des TV-L am 01.11.2006 dieser Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Bei der Ablösung des BAT durch TVöD bzw. TV-L handelte es sich um eine von denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrags. Bei der auch im vorliegenden Fall verwandten, im öffentlichen Dienst üblichen Bezugnahmeklausel, wonach sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesangestellten-Tarifvertrag und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung bestimmt, werden auch die den BAT im Wege der Tarifsukzession ablösenden Tarifverträge, also der TVöD oder der TV-L von der Bezugnahme erfasst (BAG 22.04.2009 - AP Nr. 38 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung). Für den hier in Rede stehenden Bereich der Länder ist das der TV-L. 2. Die Bezugnahmeklausel erfasste also ab dem 01.11.2006 den TV-L. Dieser sieht in § 23 Abs. 2 bei der Vollendung einer Beschäftigungszeit von 40 Jahren ein Jubiläumsgeld in Höhe von 500,00 EUR vor. Hinsichtlich der Beschäftigungszeit stellt der TV-L auf § 34 Abs. 3 ab, wonach Beschäftigungszeit die bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit ist, auch wenn sie unterbrochen ist. § 14 Abs. 2 TVÜ-Länder sieht wiederum als Übergangsvorschrift für die Anwendung des § 23 Abs. 2 TV-L vor, dass die bis zum 31.10.2006 zurückgelegten Zeiten, die nach Maßgabe des BAT anerkannte Dienstzeit sind, als Beschäftigungszeit iSd. § 34 Abs. 3 TV-L zu berücksichtigen sind. Danach hat der Kläger seit dem 01.08.1970 bei demselben Arbeitgeber, nämlich dem Land S.-H., gearbeitet. Wäre aufgrund konstitutiver einzelvertraglicher Inbezugnahme der TV-L anwendbar und nicht als Objekt der Bezugnahme ersetzt, so stünde die gleichzeitige Bindung der Vertragsparteien gemäß § 4 Abs. 1 TVG an den MTV D. dem Anspruch des Klägers nicht entgegen. Denn insoweit müsste die Konkurrenz zwischen dem individual-rechtlichen Anspruch und dem sich aufgrund beiderseitiger Tarifbindung ergebenden tariflichen Anspruch aus dem MTV D. über das Günstigkeitsprinzip gelöst werden. Der 4. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat hierzu in seinem Urteil vom 29.08.2007 (4 AZR 767/06) darauf hingewiesen, es gehe dabei nicht um die Konkurrenz zweier Tarifverträge, sondern um die Konkurrenz einer arbeitsvertraglichen Regelung mit einer normativ wirkenden tariflichen Vereinbarung. Dieses Konkurrenzverhältnis sei über das Günstigkeitsprinzip zu lösen. 3. Der Anwendung des TV-L aufgrund der einzelvertraglichen Verweisung steht allerdings entgegen, dass die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags trotz ihres Wortlauts nicht nur den BAT bzw. TVöD/TV-L in Bezug nimmt, sondern auch den MTV D.. Dies ergibt die Auslegung der Klausel. a) Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, aber zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Erklärung liegenden Umstände einzubeziehen, sobald sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Dies gilt auch für dynamische Verweisungsklauseln (BAG 18.04.2007 - 4 AZR 652/05 - BAGE 122, 74, 81). b) Nach seinem Wortlaut enthält § 2 des Arbeitsvertrags vom 12.06.1992 eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des BAT. Für das Arbeitsverhältnis sollten die Bestimmungen des BAT und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden. Firmentarifverträge wie der MTV D. werden in der im Arbeitsvertrag vereinbarten Bezugnahme dagegen nicht ausdrücklich erwähnt. Der MTV D. ist auch kein den BAT ergänzender, verändernder oder ersetzender Tarifvertrag. Um einen solches kann es sich bereits deshalb nicht handeln, weil der BAT ein Flächentarifvertrag ist, der MTV D. hingegen ein Haustarifvertrag. Die Tarifverträge sind nicht von den gleichen Tarifvertragsparteien geschlossen worden. Ändernde, ergänzende oder ersetzende Tarifverträge können nur solche tariflichen Vereinbarungen sein, die von den gleichen Tarifvertragsparteien abgeschlossen wurden. Nur die Urheber sind in der Lage, ihr Werk zu ändern, zu ergänzen oder zu ersetzen. c) Dennoch erfasst die einzelvertragliche Inbezugnahme nunmehr den MTV D.. Der 4. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat im Urteil vom 22.04.2009 (4 AZR 100/08) entschieden, dass die Reichweite der Verweisungsklausel ungeachtet ihres Wortlauts weitergezogen werden kann, wenn und soweit bei Abschluss des Arbeitsvertrages besondere Umstände vorlagen, aus denen zu schließen ist, dass die Vertragsparteien das Arbeitsverhältnis anderen - nicht benannten Tarifverträgen - unterstellen wollten. Der Wortlaut bildet keine zwingende Auslegungsgrenze. Auch bei nicht ausdrücklicher Bezugnahme auf einen Haustarifvertrag kann sich ein dahingehender Regelungswille aus einer an Sinn und Zweck der vertraglichen Regelung orientierten Auslegung der vereinbarten Inbezugnahme ergeben (Bepler AuR 2010, S. 236). Eine an Sinn und Zweck der vereinbarten Inbezugnahme orientierte Auslegung ergibt im vorliegenden Fall, dass die Klausel den MTV D. erfasst. Zum Zeitpunkt der Vereinbarung wollte das Land S.-H. als damaliger Arbeitgeber des Klägers, in dem von ihm betriebenen Krankenhaus das geltende Tarifwerk des BAT anwenden und die dort stattfindende tarifliche Entwicklung nachvollziehen. Zweck der Bezugnahme auf die seinerzeit einschlägigen und für das Land bindenden Tarifverträge war, die Arbeitnehmer arbeitsvertraglich so zu stellen, wie sie tarifrechtlich stünden, wenn sie tarifgebunden wären. Für dieses Ergebnis spricht die Vertragspraxis. Die vertragliche Praxis kann für die Auslegung herangezogen werden, weil sie Rückschlüsse auf den Willen der Parteien bei Vertragsschluss zulässt (BAG 14.12.2005 - 10 AZR 296/05 - AP Nr. 37 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; 25.10.2000 - 4 AZR 506/99 - BAGE 96,177). In der Vergangenheit haben die Parteien stets die Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis angewandt, an die die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgänger, die die Einrichtung betrieben hatten, gebunden waren. Das war zunächst der BAT und ab dem 01.11.2006 der TV-L. Auch der Grundsatz der Spezialität spricht für das Auslegungsergebnis. Die im Arbeitsvertrag vom 12.06.1992 vereinbarte Bezugnahme ist so zu verstehen, dass primär die Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden sollten, an die der Arbeitgeber unmittelbar gebunden ist. Das verdeutlicht der zweite Satz der Klausel, in dem es heißt, dass außerdem die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung finden. Selbst wenn hierin keine Tarifwechselklausel gesehen wird, weil nicht auf die jeweils für den Betrieb einschlägigen Tarifverträge, an die Arbeitgeber tarifgebunden ist, verwiesen wird, kommt doch hinreichend zum Ausdruck, dass in erster Linie die Tarifverträge für das Arbeitsverhältnis maßgebend sein sollten, an die der Arbeitgeber gebunden ist. 4. Infolge dieser Auslegung der Bezugnahmeklausel verdrängen die Regelungen des § 17 MTV D. die Regelungen des TV-L zu den Jubiläumszahlungen. Insoweit gilt nicht das Günstigkeitsprinzip, sondern das Spezialitätsprinzip. Angesichts des Umstandes, dass der in Bezug genommene MTV D. als Haustarifvertrag auf Arbeitgeberseite von einer anderen Tarifvertragspartei abgeschlossen wurde als der BAT bzw. TV-L, ist kein Raum für die Anwendung des Ablösungsprinzips. Eine Ablösung scheidet aus, weil sie nur bei Identität der Normgeber überhaupt in Betracht kommt, also wenn alle Normgeber des abgelösten und des ablösenden Tarifvertrags identisch sind, woran es im Verhältnis zwischen Haustarifvertrag und vom Verband abgeschlossenen Flächentarifvertrag fehlt (Bepler AuR 2010 S. 234). Dies gilt auch, wenn es um die vertragliche Inbezugnahme von Flächentarifvertrag und Haustarifvertrag geht. Folglich löst unter Anwendung des Spezialitätsprinzips der speziellere MTV D. unter Anwendung der einzelvertraglichen Inbezugnahmeklausel den ebenfalls in Bezug genommenen allgemeineren TV-L ab. Über die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags gilt daher hinsichtlich der Jubiläumszahlung nunmehr einzelvertraglich nur noch § 17 MTV D.. Das Günstigkeitsprinzip führt entgegen der Ansicht der Klägerin zu keinem für sie günstigeren Ergebnis. Denn es besteht Identität zwischen dem einzelvertraglich in Bezug genommenen und dem gemäß § 4 Abs. 1 TVG kraft Tarifbindung geltenden MTV D.. III. Der Anspruch des Klägers lässt sich auch nicht auf die Regelung in § 2 Abs. 3 der Dienstvereinbarung zwischen der Fachklinik S. AöR und dem dortigen Gesamtpersonalrat von 27.09.2009 stützen. Zwar hatten die Fachklinik S. AöR und der dortige Gesamtpersonalrat in § 2 Abs. 3 ausdrücklich vereinbart, dass Dienst- bzw. Beschäftigungszeiten nach den entsprechenden tariflichen Bestimmungen angerechnet werden und alle erworbenen Rechte der Mitarbeiterinnen auch weiterhin bei der umgewandelten GmbH und insbesondere auch nach dem Gesellschafterwechsel von dem Übernehmer als bei der umgewandelten GmbH erworben anerkannt werden. Dem steht allerdings § 13 Abs. 4 der Dienstvereinbarung entgegen. Danach bestand zwischen den Parteien der Vereinbarung Einvernehmen, dass hinsichtlich der Regelung in § 2 - also auch der Vereinbarung in § 2 Abs. 3 - jederzeit ein Haustarifvertrag abgeschlossen werden kann, der den BAT/MTArb ablöst. § 2 stand daher unter dem Vorbehalt, dass ein Haustarifvertrag anderweitige Regelungen auch bezüglich der Beschäftigungszeiten vorsieht. Die Parteien der Dienstvereinbarung haben insoweit darauf vertraut, dass ein Haustarifvertrag einen angemessenen Ausgleich schaffen wird und dass die Interessen der Belegschaft wirkungsvoll von der Gewerkschaft vertreten werden. C. Der Kläger trägt die Kosten seiner erfolglosen Berufung, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

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