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21.04.2011 · IWW-Abrufnummer 168116

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 03.09.2010 – 6 Sa 71/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Tenor: Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 03.09.2009 - 1 Ca 2448/08 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand: Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen, auf betriebsbedingte Gründe gestützte, Kündigung. Der 57 Jahre alte, verheiratete und drei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger wurde mit am 15. Februar 2002 geschlossenem Arbeitsvertrag ab 01. März 2002 als Medical Director unter Zahlung einer Vergütung von zuletzt 8.760,00 € brutto nebst Vermögenswirksamer Leistungen eingestellt. Die Beklagte, die über 16 Arbeitnehmer verfügt, entwickelt und vermarktet pharmazeutische Produkte. Nach § 1 des Anstellungsvertrages waren dem Kläger folgende Aufgabengebiete übertragen: Organisation, Planung, Umsetzung und Kontrolle klinischer Studien in den Indikationsbereichen Sport/Unfall, Rheuma- und Dermatologie. Erstellung von klinischen Expertengutachten und Betreuung der medizinischen Seite bei nationalen und internationalen Zulassungsverfahren einschließlich damit verbundener Reisetätigkeit. Wissenschaftliche, marketingtechnische und medizinische Betreuung der M-Produkte. Am 21. November 2008 fassten die beiden Geschäftsführer der Beklagten folgenden Beschluss: Hiermit beschließen wir auf Grund der schlechten Wirtschaftslage der C. (Verlustvortrag der BWA zum 30.10.2008: 922.703,-), die Tätigkeiten der folgenden Abteilungen einzustellen bzw. den aktuellen Anforderungen anzupassen. Die Abteilung Klinische Forschung, Arzneimittelsicherheit, Marketing und Projektmanagement werden zum nächstmöglichen Termin vollständig geschlossen. Die Abteilungen Zulassung und Entwicklung auf die Hälfte zu reduzieren bzw. an die wirtschaftliche notwendige Situation anzupassen. Soweit noch Rest- und Abwicklungsarbeiten erforderlich sind, werden diese von dem Geschäftsführer S übernommen bzw. fremd vergeben. Mit Schreiben vom 25. November 2008 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. März 2009. Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner zum 16. Dezember 2008 zum Arbeitsgericht Ludwigshafen erhobenen Klage gewandt. Für die weiteren Einzelheiten zu Beschäftigten der Beklagten und ihrer Zuordnung zu einzelnen Abteilungen, sowie zur Entwicklung deren Arbeitsverhältnisse wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 03. September 2009 - 1 Ca 2448/08 - Seite 3 bis 4 d. A. (Bl. 175-176 d. A.) gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, er bestreite das insgesamte Entfallen seines Aufgabengebietes. Er sei von einem etwaigen Wegfall der klinischen Forschung nicht betroffen, da in dieser Abteilung angefallenen Arbeiten nur einen geringen Teil der ihm obliegenden Tätigkeiten umfasst hätten. Sein Zuständigkeitsbereich habe sämtliche medizinischen Belange mit Ausnahme der Arzneimittelsicherheit betroffen. So sei er für die Betreuung der medizinischen Seite bei Zulassungsverfahren, die Erstellung von klinischen Expertengutachten sowie medizinische Berichte zuständig gewesen. Er habe die Abteilung Marketing bei der Erstellung von Informationsmaterial fachlich beraten und die Aufgabe, das Zulassungsdossier für ein Medikament mit Unterstützung eines Medical Writers zu erarbeiten. In der klinischen Forschung sei im Wesentlichen Frau Dr. H als Leiterin tätig gewesen; sie habe lediglich operative Arbeiten in der klinischen Forschung ausgeführt, während er - der Kläger - umfassend im Bereich "Medizin" tätig gewesen sei. Es gebe zahlreiche umfangreiche Aufgaben, die noch im Jahre 2009 zwingend erledigt werden müssten und ausschließlich seinen Arbeitsbereich beträfen. So sei die "Synovialstudie" im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwar abgeschlossen gewesen, jedoch eine Ausfertigung und ein Bericht anzufertigen gewesen. Er bestreite mit Nichtwissen, dass "Resttätigkeiten" fremd vergeben worden seien. Arbeiten, für die er eingesetzt gewesen sei, könnten mangels entsprechender Qualifikation nicht von verbliebenen Mitarbeitern erledigt werden. Seine Position sei mittlerweile durch eine andere Person besetzt worden. Sein Arbeitsbereich und der von Frau Dr. S sei nicht vergleichbar. Der Kläger hat erstinstanzlich - soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse - beantragt: Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 25. November 2008 nicht zum 31. März 2009 aufgelöst wird. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen als Medical Director im Betrieb der Beklagten weiterzubeschäftigen. Die Beklagte hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt und erwidert, die Abteilungen klinische Forschung und Arzneimittelsicherheit seien zum 01. März 2009 vollständig geschlossen worden. Etwaige Restarbeiten würden fremd vergeben. Sämtliche Aktivitäten im Bereich der klinischen Forschung seien abgeschlossen und Restarbeiten durch die Geschäftsleitung unter Einschaltung von externen Consultants abgewickelt worden. Dadurch sei der Arbeitsplatz des Klägers vollständig weggefallen. Bei der Beklagten gäbe es keinerlei Tätigkeiten mehr, die ein anderer Mitarbeiter für den Kläger erledigen müsse. Der Bereich Medizin sei in den der klinischen Forschung integriert und damit auch von dem Unternehmerbeschluss voll umfänglich erfasst. Der Bereich "Medizin" sei mit dem Bereich "Klinik" weggefallen und nicht mehr existent. Sowohl der Kläger als auch Frau Dr. H hätten in der Abteilung "Klinische Forschung" gearbeitet. Die Aufgabenbereiche des Klägers im medizinisch-wissenschaftlichen Teil als auch im klinischen Bereich seien allesamt entfallen. Der Kläger bestreite wider besseres Wissen, dass Resttätigkeiten fremd vergeben worden seien. Er selbst sei an der Einschaltung eines externen Medical Writers maßgeblich beteiligt gewesen. Im Übrigen habe er am klinischen Expertengutachten lediglich mitgewirkt. Dies gelte ebenso für die Aktualisierung der klinischen Dokumentation, sowie die wissenschaftliche und marketing-technische Betreuung der Produkte der Beklagten. Die Auswertung der "Synovialstudie" sei durch ein externes Büro im Juli 2009 abgeschlossen worden. Mit neuen EDV-Programmen sei der Kläger immer wieder völlig überfordert gewesen. Seit Ausspruch der betriebsbedingten Kündigungen gegenüber betroffenen Mitarbeitern im November und Dezember 2008 seien keine neuen Mitarbeiter eingestellt worden. Im Übrigen sei der Kläger mit keinem der am 1. April 2009 noch beschäftigten Mitarbeitern vergleichbar. Zum weiteren erstinstanzlichen Sachverhalt wird auf die Feststellungen im Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts, Seite 2 bis 11 (Bl. 174-183 d. A.), Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat im angegriffenen Urteil die Klage gegen die Kündigung abgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung sei als betriebsbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt. Die Beklagte habe den Bereich "Klinische Forschung" auf der Grundlage unternehmerischer Entscheidung vom 21. November 2008 zum 31. März 2009 stillgelegt. Vor dem Geschäftsführerbeschluss habe es die Abteilungen "Klinische Forschung", "Arzneimittelsicherheit", "Marketing", "Projektmanagement", "Zulassung" und "Entwicklung" gegeben, die bis auf die beiden letzten Abteilungen am 31. Dezember 2008 bzw. 31. März 2009 vollständig geschlossen worden seien. Von der Einschränkung der Geschäftstätigkeit ab 01. April 2009 sei nur das Sekretariat, die Administration, der Einkauf/Logistik, die EDV, das Labor sowie die Entwicklung und Zulassung nicht betroffen. In diesen Bereichen sei der Kläger nicht tätig gewesen. Irrelevant sei, ob es neben der klinischen Forschung noch einen eigenständigen Bereich "Medizin" gegeben habe. Der vom Kläger behaupteten Unterstützungsleistung bedürfe es nicht mehr. Soweit es um die Behauptung des Klägers ginge, es gäbe noch Aufgaben, die medizinische Fachkenntnisse erforderten, sei zum einen nicht zwangsläufig, dass diese Tätigkeiten von einem Mitarbeiter der Beklagten erbracht werden müssten und zum anderen nicht feststellbar, dass solche Arbeiten zwingend von einem Arbeitnehmer der Beklagten geleistet werden müssten. Im Übrigen sei der Kläger auch mit keinem der über den 31. März 2009 hinaus beschäftigten Arbeitnehmern vergleichbar. Zu den weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts, Seite 11-18 (Bl. 183-190), verwiesen. Gegen das dem Kläger am 20. Januar 2010 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 17. Februar 2010 eingelegte und am 22. April 2010 begründete Berufung nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist. Der Kläger bringt zweitinstanzlich insbesondere hervor, die Beklagte verschweige, dass es im Betrieb auch eine Abteilung "Medizin" gegeben habe. Das Nichtvorhandensein eines entsprechenden Organigramms und sonstiger Organisationsverläufe stelle einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz dar. An seinem - des Klägers - Türschild habe Abteilung "Medizin" gestanden. Diese Abteilung sei im Geschäftsführerbeschluss nicht genannt. Deshalb könne die Kündigung nicht auf diesen Beschluss zurückgeführt werden. Eine Tätigkeit in einem der vollständig geschlossenen Bereiche sei zu bestreiten. Das Aufgabengebiet habe darin bestanden, sowohl klinische als auch präklinische Forschungstätigkeiten medizinisch zu betreuen, die Geschäftsführung bei der Evaluierung von Lizenzangeboten zu beraten, medizinisch-wissenschaftliche Unterstützung im Rahmen von Zulassungsverfahren zu unterstützen und medizinisch-wissenschaftliche Aussagen zu M-Produkten zu erstellen. Mit seiner - des Klägers - Unterstützung sei ein dezidiertes Entwicklungsprogramm für den Nachweis der Wirksamkeit des D-Sprays bei Arthrose erstellt worden. Im Übrigen seien persönliche Besuche des Klägers in den Kliniken zur Durchführung des Studienverlaufs erfolgt ; ebenso Gutachten zur Neubewertung von Studien erstellt worden. Die Arbeiten seien zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht abgeschlossen gewesen. Insgesamt hätten zum Zeitpunkt der Kündigung noch die Auswertung für drei Studien (USA) ausgestanden; außerdem die Überwachung einer Tierstudie. Diese Tätigkeiten seinen nicht auf den Geschäftsführer der Beklagten übertragbar gewesen. Eine Fremdvergabe sei unmöglich. Er - der Kläger -, der mit der Synovialstudie und der Vorbereitung der beiden US-Studien befasst gewesen sei, hätte ohne Probleme damit weiter arbeiten können. Sein Tätigkeitsfeld sei nicht weggefallen. Es handele sich um eine reine Expertentätigkeit. Insoweit ergäben sich noch erhebliche Arbeiten. Schließlich sei auch eine Vergleichbarkeit mit dem Arbeitnehmer B gegeben. Der Kläger hat zweitinstanzlich zuletzt beantragt: Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 03.09.2009, dem Kläger nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen zugestellt am 20.01.2010 abgeändert, soweit die Klage des Klägers angewiesen wurde. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25.11.2008 nicht zum 31.03.2009 aufgelöst wurde. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen als Medical Director im Betrieb der Beklagten weiter zu beschäftigen. Die Beklagte hat, Zurückweisung der Berufung beantragt und erwidert, der Vortrag des Klägers zu noch vorhandenen Tätigkeiten sei verspätet. Im Übrigen habe es für diesen keine Betätigungsfelder mehr gegeben. Der Bereich "Medizin" sei in den der klinischen Forschung eingegliedert gewesen. Der Kläger habe zu 90 % im Bereich der klinischen Forschung und Entwicklung gearbeitet. Dies ergäbe sich auch aus der englischen Beschreibung seiner Tätigkeit. Für die Aufgabenstellung sei auch nicht die Bezeichnung der Abteilung entscheidend, sondern die Beschreibung der Tätigkeit. Unzutreffend sei, dass der Kläger an der Erstellung der Zulassungsunterlagen für D beteiligt gewesen sie, da die erste Zulassung bereits im Dezember 1999 erfolgt sei (Beweis: Zeugnis Dr. L). Die erste klinische Studie sei wegen Durchführungsmängeln, die der Kläger zu verantworten gehabt habe, "in die Hose gegangen". Es sei zu einem wirtschaftlichen Totalausfall von ca. 1,5 Mio. DM gekommen. Die Nachauswertung der amerikanischen Studie sei durch einen externen Berater erfolgt und vom Kläger nur betreut worden. Der Kläger selbst habe fremd vergebene Dinge lediglich überwacht. Die Synovialstudie sei tatsächlich abgeschlossen. Im Übrigen könne die Tätigkeit des Klägers durchaus extern verrichtet werden (Zeugnis: Dr. L). Restarbeiten seien der Firma P R übertragen worden bzw. Firma P L (Beweis: Dr. L). Eine Vergleichbarkeit mit dem Arbeitnehmer B sei nicht gegeben, da dieser eine kaufmännische Ausbildung habe. Außerdem sei dieser Arbeitnehmer auch mit dem Kläger horizontal nicht vergleichbar. Zu den Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 22. April 2010 (Bl. 232-248 d. A.), zur Berufungsbeantwortung auf den Schriftsatz der Beklagten vom 28. Juni 2010 (Bl. 300-314 d. A.) und auf die Feststellungen der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 23. Juli 2010 Bezug genommen. Entscheidungsgründe: I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Das Rechtsmittel ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Es ist gemäß § 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 518, 519 ZPO auch form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden. II. In der Sache selbst hat das Rechtsmittel jedoch k e i n e n Erfolg. Das Arbeitsgericht hat in dem angefochtenen Urteil vom 3. September 2009 - 1 Ca 2448/08 - im Ergebnis und in Teilen der Begründung zu Recht erkannt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung vom 25. November 2008 mit Ablauf des 31. März 2009 beendet worden ist. Die aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochene Gestaltungserklärung der Beklagten ist nämlich gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 des vorliegend anwendbaren Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) sozial gerechtfertigt. 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die auf den vorliegenden Fall übertragbar ist - entsteht ein inner- oder außerbetrieblich veranlasstes Erfordernis für eine Kündigung i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG in aller Regel nicht unmittelbar und allein durch bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen, sondern u.a. aufgrund einer entsprechend veranlassten Entscheidung des Arbeitgebers, einer sogenannten unternehmerischen Entscheidung (BAG Urteile vom 07. Dezember 1978 - 2 AZR 155/77 = BAGE 31, 157; 20. Februar 1986 - 2 AZR 212/85 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 37; 29. März 1990 - 2 AZR 369/89 = BAGE 65, 61; 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 = BAGE 92, 71 und vom 22. September 2005 - 2 AZR 365/04 n. v.). Eine solche unternehmerische Entscheidung begründet ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne der kündigungsrechtlichen Bestimmung, wenn sie sich konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt. Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein (vgl. BAG Urteil vom 30. Mai 1985 - 2 AZR 321/84 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 36), Voraussetzung ist aber, dass die Organisationsentscheidung ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist (BAG Urteil vom 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126). Ist eine derartige unternehmerische Entscheidung gefällt worden, so ist sie nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (vgl. BAG Urteil vom 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 = BAGE 92, 71; Urteil vom 22. September 2005, aaO.). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist derjenige des Kündigungszugangs (vgl. BAG Urteil vom 12. April 2002 - 2 AZR 256/01 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118). Grundsätzlich muss zu diesem Zeitpunkt der Kündigungsgrund - Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit - gegeben sein. In den Fällen, in denen zwar bei Zugang der Kündigung noch die Möglichkeit der Beschäftigung besteht, aber die für den künftigen Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses maßgeblichen Entscheidungen bereits getroffen sind, kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer bis zum Kündigungstermin voraussichtlich entbehrt werden kann (vgl. BAG Urteil vom 12. April 2002, aaO.). Der Arbeitgeber ist damit - von Fällen der Willkür und des Missbrauchs abgesehen - frei, die betrieblichen Abläufe so zu organisieren, wie er es für zweckmäßig und wirtschaftlich vernünftig hält. Das dadurch beschriebene betriebliche Erfordernis berechtigt ihn zur Auflösung oder Umgestaltung der vorhandenen Arbeitsverhältnisse in eben dem Maße, in dem es zur Anpassung an die neue Organisation notwendig ist, allerdings unter Beachtung der weiteren sich aus dem Gesetz ergebenden Möglichkeiten, wie etwa die Berücksichtigung anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten und der Sozialauswahl. Für die Feststellung des Vorliegens der gesetzlichen Anforderung "durch dringende betriebliche Erfordernisse" ist nach Meinung der Berufungskammer nicht allein die Organisationsstruktur der Beklagten und damit auch nicht zwingend der Wegfall bestimmter Abteilungen maßgebend, sondern, ob die - nur eingeschränkt überprüfbare - Organisationsentscheidung der Beklagten zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses des Klägers spätestens zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung geführt hat. Der Schließung bestimmter Abteilungen kommt hierbei nur eine Indizwirkung zu. Ob es - so die Behauptung der Berufung - bei der Beklagten eine Abteilung "Medizin" gegeben hat, ist zweitrangig. Entscheidend bleibt, ob das Aufgabengebiet des Klägers weggefallen ist oder jedenfalls so reduziert ist, dass eine sinnvolle Weiterbeschäftigung nicht mehr garantiert werden kann. Das von der Berufung nochmals beleuchtete Tätigkeitsfeld des Klägers - medizinische Betreuung klinischer als auch präklinischer Forschungstätigkeiten, Beratung der Geschäftsführung bei der Evaluierung von Lizenzangeboten, medizinisch-wissenschaftliche Unterstützung im Rahmen der Zulassungsverfahren sowie Erstellung medizinisch-wissenschaftlicher Aussagen zu M-Produkten - ist, wie das Arbeitsgericht richtig gesehen hat, vornehmlich auf medizinische Unterstützungsleistungen fixiert. Solche Tätigkeiten können unter Berücksichtigung des ohnehin eingeschränkten arbeitsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs angesichts der Bindung an die Unternehmerentscheidung ohne Weiteres nach "außen" verlagert werden. So hat die Beklagte ohne qualifizierten Widerspruch des Klägers vorgetragen, dass die Auswertung der amerikanischen Studie durch externe Berater erfolgt sei und vom Kläger lediglich betreut wurde. Der Kläger selbst kannte als Mediziner in dem kleinen Unternehmen der Beklagten mit 16 Mitarbeitern die fremd vergebenen Projekte, die sein Tätigkeitsfeld berührten. Ob zum Zeitpunkt der Kündigung noch die Auswertung für drei Studien und einer Tierstudie anstanden, ist angesichts des unternehmerischen Entschlusses, die auf den Kläger bezogenen Tätigkeiten einzustellen und diese der Firma P R bzw. P L zu übertragen, irrelevant. Wie oben ausgeführt, kommt es rechtlich darauf an, dass der Kläger zum Kündigungstermin voraussichtlich entbehrt werden kann. Ob die Tätigkeit des Klägers auf den Geschäftsführer übertragen werden kann, spielt angesichts der Kompetenz des Arbeitgebers zur Verlagerung von Tätigkeiten nach "außen" keine rechtsrelevante Rolle. Von daher sind die diesbezüglichen Angriffe der Berufung nicht geeignet, zu einer vom Arbeitsgericht abweichenden Entscheidung in diesem Punkt zu gelangen. Angesichts des aufgetretenen Verlustvortrags in Höhe von 922.703,00 € zum 30.10.2008 erweisen sich die Einstellungs- bzw. Anpassungsmaßnahmen der Beklagten weder als unsachlich, unvernünftig oder willkürlich. 2. Der Kläger kann sich schließlich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er mit dem Arbeitnehmer B vergleichbar sei und damit letztlich eine Sozialauswahl hätte vorgenommen werden müssen. Nach dem Stand der Rechtsprechung (vgl. BAG Urteil vom 24. Mai 2005 - 8 AZR 398/04 = NZA 2005, 1302 und Urteil vom 29. März 1990 - 2 AZR 369/89 =NZA 1991, 181) sind vergleichbare Arbeitnehmer solche, die aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse (sog. "qualifikationsmäßige Vergleichbarkeit") sowie nach dem Vertragsinhalt (sog. "arbeitsvertragliche Vergleichbarkeit") austauschbar sind (vgl. Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 3. Auflage, § 1 KSchG Rz 680 m. w. auf BAG Urteil vom 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 =NZA 2006, 1350). An der Austauschbarkeit fehle es allein schon deshalb, weil die beruflichen Gegebenheiten und tatsächlichen Aufgabenstellungen beim Kläger und dem Mitarbeiter B, der über eine kaufmännische Ausbildung verfügt, unterschiedlich sind. Abgesehen hiervon sind der Kammer auch mangels qualifizierten Vortrags des Klägers keinerlei weitere Feststellungen etwa zum Status zur Vergütungshöhe und sonstigen Arbeitsvertragsbedingungen des angeblich vergleichbaren Arbeitnehmers möglich. Es fehlt damit die Basis für die Feststellung der horizontalen Vergleichbarkeit. III. Nach alledem war die Berufung mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. IV. Für eine Zulassung der Revision bestand angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG keine Notwendigkeit.

RechtsgebietKSchGVorschriftenKSchG § 1 Abs. 2

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