25.09.2014 · IWW-Abrufnummer 151926
Landesarbeitsgericht Nürnberg: Urteil vom 29.04.2014 – 1 Sa 315/13
1. Die Arbeitsaufgabe eines Sachbearbeiters "Heranziehung Unterhaltspflichtiger" in einem Jobcenter enthält einen "großen" Arbeitsvorgang im Sinne des Eingruppierungsrechts.2. Hat ein solcher Sachbearbeiter in rechtserheblichem Ausmaß die Heranziehung unterhaltspflichtiger Selbständiger zu prüfen, festzustellen und festzusetzen, kann die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 TVÜ (früher Vergütungsgruppe IVa, Fallgruppe 1 BAT) gerechtfertigt sein.
Entscheidungsgründe
A.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts ist statthaft (§ 64 Abs. 2 lit. b, c ArbGG).
Auch im Übrigen begegnen der Zulässigkeit des Rechtsmittels keine Bedenken (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO); es ist insbesondere fristgerecht eingelegt und entsprechend begründet worden.
B.
Sachlich ist die Berufung der beklagten Stadt jedoch unbegründet.
Der Kläger ist für die von ihm im streitigen Zeitraum ausgeübte Tätigkeit in die EG 10 TVÜ (früher Vgr. IVa, Fallgruppe 1a BAT) eingruppiert. Der daraus folgende (weitere) Vergütungsanspruch ist begründet.
Dahingehend hat das Arbeitsgericht im Ergebnis zutreffend entschieden. Darauf kann grundsätzlich Bezug genommen werden.
Im Hinblick auf das Rechtsmittelvorbringen der Parteien sind unter Beachtung von § 313 Abs. 3 ZPO jedoch folgende weitere Ausführungen veranlasst:
I. Die Klage ist zulässig.
Der bezifferte Leistungsantrag ist - wegen der Leistungsverweigerung der Beklagten und ordnungsgemäßer Bezifferung - ohne Weiteres zulässig (§ 253 Abs. 2 ZPO), wenn auch für eine Eingruppierungsklage eher untypisch. Durch die Leistungsklage beschränkt sich nämlich eine mögliche Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO) auf den Klagebetrag für den so streitig gestellten Zeitraum der Vergangenheit (01.05. 2010 - 30.04.2011).
II. Der (weitere) Vergütungsanspruch des Klägers ist auch begründet.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sind nach deren übereinstimmenden Vortrag der TVöD und das sonstige Tarifwerk für die kommunalen Arbeitgeber anzuwenden. Der TVöD/VKA enthält jedoch (noch) keine eigene Entgeltordnung. Gemäß § 17 TVÜ/VKA gelten deshalb §§ 22, 23 BAT und die zugehörige Anlage 3 weiter. Nach der Anlage 1 zu § 17 TVÜ sind die bisherigen Vergütungsgruppen in die Entgeltgruppen nach § 15 TVöD übergeleitet. Der bisher in der Vgr. IVb BAT (EG 9) eingruppierte Kläger begehrt - für den Streitzeitraum - die Vgr. IVa (EG 10) zu Recht. Es gilt allgemein die sogenannte Eingruppierungsautomatik: Es bedarf keines arbeitgeberseitigen Eingruppierungsaktes. Der Arbeitnehmer ist in diejenige Entgelt-/Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale er bei seiner Arbeitsaufgabe erfüllt. Danach muss mindestens die Hälfte der für die Tätigkeit des Klägers anfallenden Arbeitsvorgänge die Eingruppierungsmerkmale der begehrten EG 10 (Vgr. IVa, Fallgruppe 1a BAT) erfüllen (§ 22 Abs. 2 BAT).
Die hier maßgeblichen, aufeinander aufbauenden Vergütungsgruppen des BAT lauten wie folgt:
Vgr. Vb
Fallgruppe 1a):
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert.
(Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in der FGr. 1b der VergGr. VII und in den FGr. 1a der VergGr. VIb und Vc geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach.)
Vgr. IVb
Fallgruppe 1a):
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der VergGr. VbFGr. 1a heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.
Vgr. IVa
Fallgruppe 1a):
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IVbFGr. 1a heraushebt.
2. Für die Eingruppierungsprüfung ist demnach zuerst die Feststellung des oder der Arbeitsvorgänge maßgeblich, der/die die zugewiesene Arbeitsaufgabe des anspruchstellenden Arbeitnehmers beinhaltet/en. Als Arbeitsvorgang in diesem Sinne wird die (tatsächlich) abgrenzbare und tariflich selbstständig bewertbare Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit des Angestellten verstanden (BAG v. 19.05.2010, AP Nr. 314 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mwN). Danach dürfen tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden. Gleichermaßen unzulässig ist es, Zusammenhangstätigkeiten künstlich abzutrennen. Es gilt das sog. Aufspaltungs- oder Atomisierungsverbot. Von daher ergibt sich für viele Arbeitsaufgaben im Schwerpunkt ein "großer" Arbeitsvorgang, der für die Eingruppierung letztlich bestimmend ist.
Davon ausgehend hält die Berufungskammer hier dafür, dass für die klägerische Eingruppierung der "große" Arbeitsvorgang "Unterhaltsheranziehung" (mit den unselbstständigen Teilschritten Feststellung, Festlegung, Berechnung und Geltendmachung, Durchsetzung - auch gerichtlich) mit einem aus der Arbeitsplatzbeschreibung (Bl. 15 ff d.A.) folgenden und von den Parteien nicht streitig gestellten Zeitanteil von 82 % bestimmend ist. Die zentrale Tätigkeit des Klägers ist auf das Arbeitsergebnis ausgerichtet, die zum Unterhalt Verpflichteten aufgrund des gesetzlichen Forderungsübergangs (§ 33 Abs. 1 - 3 SGB II) zur Leistung heranzuziehen, bzw. bei den Leistungsempfängern entsprechende Anrechnungen vorzunehmen. Es ist also von einem gesetzlich vorgegebenen, einheitlichen Ziel der Tätigkeit auszugehen (BAG v. 04.09.1996, 4 AZR 174/95, ZTR 1997, 73). Ob das gerichtliche Mahn-/Klageverfahren als eigenständiger Arbeitsvorgang gesondert zu betrachten wäre (so wohl BAG v. 12.05.2004, 4 AZR 371/03, ZTR 2005, 89, möglicherweise nun a.A. BAG v. 21.08.2013, 4 AZR 933/11, ZTR 2013, 486), soll dahingestellt bleiben. Solches wäre nämlich für das zu findende Eingruppierungsergebnis nur dann maßgeblich, wenn sich für den zu trennenden Arbeitsvorgang (gerichtliche Geltendmachung) eine abweichende (niedrigere) Eingruppierung ergeben würde und dies auch vom Zeitanteil her Bedeutung gewönne. Dies ist jedoch hier schon wegen des Zeitanteils des "großen" Arbeitsvorgangs (82 %) nicht erkennbar.
3. a) Für die tarifliche Bewertung der klägerischen Arbeitsaufgabe kommt es demnach auf diejenige des vorgenannten "großen" Arbeitsvorgangs "Unterhaltsheranziehung" an. Dieser erreicht - selbst bei der möglichen Ausklammerung der gerichtlichen Durchsetzung - die Halbquote des § 22 BAT.
Die begehrte Vgr. IVa BAT baut auf den Vgr. Vb und IVb auf und ist durch die Heraushebungsmerkmale gekennzeichnet. Dem Kläger als Anspruchsteller obliegt die Darlegungslast für die allgemeinen und qualifizierenden Merkmale der begehrten Eingruppierung; dies gerade auch für die Heraushebungskriterien. Dem erkennenden Gericht muss der wertende Vergleich zwischen der Grundgruppe und der Heraushebungsgruppe ermöglicht werden. Es sind deshalb die tatsächlichen Umstände vorzutragen, welche die niedrige Vergütungsgruppe ausmachen und warum von dort ausgehend die Heraushebung in die höhere Vergütungsgruppe gerechtfertigt ist (st.Rspr. BAG v. 21.03.2012, 4 AZR 292/10, ZTR 2012, 628; BAG v. 16.05.2013, 4 AZR 445/11, ZTR 2014, 90).
Für die Ausgangsvergütungsgruppen genügt dabei eine pauschale Darlegung und gerichtliche Prüfung, wenn der darauf bezogene Sachverhalt im Wesentlichen unstreitig ist und der Arbeitgeber selbst die für die Grundgruppen maßgeblichen Tarifmerkmale als erfüllt ansieht (BAG v. 22.04.2009, AP Nr. 311 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
b) In Subsumtion dieser Vorgaben erkennt die Berufungskammer in Übereinstimmung mit den Parteien, dass bei der klägerischen Tätigkeit gründliche und umfassende Fachkenntnisse in selbstständiger Leistung (Vgr. Vb) angewendet werden. Für die Unterhaltsheranziehung ist ganz allgemein das einschlägige Sozialrecht (SGB II) genauso wie das Unterhaltsrecht des BGB einschließlich der zugehörigen Rechtsprechung des BGH und der Oberlandesgerichte ("Düsseldorfer Tabelle" etc.) zu beherrschen.
In gleicher Weise ist von der beklagten Stadt nicht streitig gestellt worden, dass die Sachbearbeiteraufgabe des Klägers im einschlägigen Bereich sich durch besondere Verantwortung (Vgr. IVb BAT) aus der darunterliegenden Gruppe hervorhebt. Der Kläger hat dabei zu Recht auf das finanzielle Volumen seiner Tätigkeit und auf seine Alleinzuständigkeit für dieses Sondergebiet verwiesen. Gerade Letzteres kennzeichnet das besondere Verantwortungsmaß.
Nach dem beidseitigen Parteienvortrag und den darauf aufbauenden Feststellungen der Berufungskammer erfüllt die klägerische Arbeitsaufgabe auch die (weiteren) Heraushebungsmerkmale der Vgr. IVa BAT ("besondere Schwierigkeit und Bedeutung"). Diese Kriterien beziehen sich auf die fachliche Qualifikation, die der Sachbearbeiter zur Bewältigung seiner Tätigkeit benötigt. Sein Wissen und Können muss dasjenige der darunterliegenden Gruppe (Vgr. IVb) beträchtlich und deutlich übersteigen. Dies bezieht sich auf die Breite und Tiefe des geforderten Fachwissens; auch muss eine weit überdurchschnittliche Erfahrung vorliegen (BAG vom 19.05.2010, 4 AZR 912/08, ZTR 2010, 577; BAG v. 22.07.1998, 4 AZR 399/97).
Die so geforderte Darlegung der Heraushebung durch "besondere Schwierigkeit" ist dem Kläger nach dem Erkenntnis der Berufungskammer gelungen. So hat er den unterhaltsrechtlichen "Normalfall" geschildert, bei dem im Wesentlichen Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit zu prüfen und heranzuziehen sind. Hier sind regelmäßig nur einfache Lohnbescheinigungen oder ähnliche Verdienstnachweise aus abhängiger Beschäftigung sowie meist einfach gelagerte Einkommensteuer-Bescheide einzusehen und auszuwerten. Davon unterscheiden sich nach Schwierigkeitsgrad und fachlicher Anforderung jedoch beträchtlich die Ermittlungen, Auswertungen und rechtlichen Zuordnungen, wenn es um die Heranziehung selbstständig tätiger Unterhaltsverpflichteter geht. Hier sind tatsächlich umfangreichere und rechtlich erheblich anspruchsvollere Prüfungen und Bewertungen erforderlich. Dies bezieht sich zunächst auf das unterhaltsrelevante Einkommen, also die Leistungsfähigkeit des Selbstständigen. Hier muss schon differenziert werden nach den unterschiedlichen Einkunftsarten (z.B. auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen). Dieserhalb müssen Handelsbilanzen und Steuerbilanzen ausgewertet und die Gewinnermittlung nachvollzogen werden. Einlagen und Entnahmen sowie das Anlagevermögen sind zu bewerten. Eine Gewinn- und Verlustrechnung muss bewertet werden, wie auch in diesem Zusammenhang die (steuerlichen) AfA-Regeln beherrscht und umgesetzt werden müssen. Besondere Anforderungen ergeben sich weiter, wenn die unterhaltspflichtige Person ihrerseits wieder an Gesellschaften beteiligt ist und daraus Erträge fließen. Bei der Beurteilung all dieser bilanz- und steuerrechtlichen Vorgänge ist aber weiter zu berücksichtigen, dass sich nach dem unbestrittenen Klägervortrag die Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Selbstständigen in der rechtlichen Bewertung deutlich von dem steuerrechtlichen Einkommensbegriff unterscheidet. Hinsichtlich dieses Gesamtkomplexes hat der Kläger zutreffend auf seine umfangreiche Darstellung (Anlage 1, Bl. 75 - 95 d.A.) verwiesen, in der er die tatsächlichen und rechtlichen Anforderungen bei der Heranziehung unterhaltspflichtiger Selbstständiger gut erkennbar vorgetragen hat. Dem ist die Beklagte nur mit dem allgemeinen Hinweis entgegengetreten, auch die Bundesagentur für Arbeit gebe Handlungsanleitungen heraus. Dies allein kann jedoch den Schwierigkeitsgrad der klägerischen Arbeitsaufgabe nicht entkräften.
Die Berufungskammer hält deshalb dafür, dass die Feststellung, Festsetzung und Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen gegenüber pflichtigen Selbstständigen das Heraushebungsmerkmal der "besonderen Schwierigkeit" in Relation zu dem unterhaltsrechtlichen Normalfall erfüllt. Wenn die Beklagte auch diese Tätigkeit als Kerngeschäft eines Unterhaltssachbearbeiters bezeichnet, das jeder beherrschen muss, mag dies so sein. Eine solche Bewertung schließt es aber gerade nicht aus, dass jedenfalls dieser Teil des "großen" Arbeitsvorgangs "Unterhaltsheranziehung" tariflich als besonders schwierig eingeordnet wird.
Ob das allgemeine Unterhaltsrecht des BGB bereits für sich genommen als "besonders schwierig" im Sinne des Tarifrechtes bewertet werden kann, will die Berufungskammer dahingestellt lassen. Es sind doch gewisse Zweifel angebracht, ob dem Kläger dazu die Darlegung der besonderen Heraushebung aus den darunterliegenden Vergütungsgruppen gelungen ist, wenn er im Wesentlichen nur auf die gesetzgeberischen Aktivitäten und die umfangreiche Judikatur in diesem Bereich verweist. Derartiges geschieht natürlich im modernen Rechtsstaat in vielen Rechtsgebieten und könnte deshalb durchaus durch die Vergütungsgruppen Vb und IVb abgedeckt sein. Ebenso kann die Vertretung der Unterhaltspflichtigen durch Rechtsanwälte für sich genommen keine besondere Schwierigkeit in der Sachbehandlung erkennen lassen. Die Qualität der tatsächlichen und rechtlichen Prüfung seitens des Klägers wird allein dadurch nicht verändert. Nämliches gilt für den Bereich Zwangsvollstreckung/Insolvenzrecht. Auch dazu gelangt der Klägervortrag über allgemeine Darstellungen und schlagwortartige Behauptungen nicht hinaus.
Für die (besondere) Bedeutung der Tätigkeit kommt es maßgeblich auf den Aufgabenkreis nach Größe, Inhalt sowie Auswirkung auf die Behörde und den Bürger an (BAG v. 25.02.2009, 4 AZR 20/08, ZTR 2009, 479; BAG v. 22.07.1998, 4 AZR 399/97). Diesen Anforderungen wird die klägerische Arbeitsaufgabe in der hier festgestellten Ausprägung gerecht. Umfang und Intensität der Heranziehung unterhaltspflichtiger Bürger bei staatlicher Leistungsgew ährung nach dem SGB II haben sowohl für Letztere wie für den finanziellen Aufwand der gesetzlichen Grundsicherung einen erheblichen Stellenwert. Hinzu kommt, dass der Kläger in dem Jobcenter durchaus als der Sachkenner des einschlägigen Rechtsgebiets bezeichnet werden darf, der - so auch die Bekundungen des zuständigen Beamtens der beklagten Stadt in der mündlichen Berufungsverhandlung - von den Kollegen anderer Sachgebiete (auch Widerspruchsstelle) zur Beratung und Hilfestellung herangezogen wird. Der unterschiedliche Parteienvortrag zur hierarchischen Einordnung des Klägers bei dem Jobcenter kann für die Entscheidungsfindung der Berufungskammer dahinstehen. Selbst wenn der Kläger - so der Beklagtenvortrag - entgegen den Feststellungen in der Arbeitsplatzbeschreibung (Bl. 15 ff d.A.) nicht dem Geschäftsführer der ARGE/des Jobcenters direkt unterstellt wäre, so hat doch auch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass der Kläger seinen Arbeitsbereich sehr selbstständig bearbeite und über Vorgaben oder (konkrete) Anweisungen des - nach Beklagtenvortrag - vorgesetzten Teamleiters L... nichts bekannt sei. Daraus erhellt sich für die Berufungskammer ohne Weiteres die besondere (gewichtige) Stabsfunktion der klägerischen Aufgabe, die die Erfüllung des Tarifmerkmals "Bedeutung" rechtfertigt.
c) Die Arbeitsaufgabe des Klägers erfüllt auch die von der Vgr. IVa, Fallgruppe 1a geforderte zeitliche Quote von mindestens ein Drittel besonders schwieriger Tätigkeit.
Dabei ist es erforderlich aber auch genügend, wenn mindestens zu 1/3 der Gesamttätigkeit Arbeitsvorgänge anfallen, die das Tarifmerkmal der "besonderen Schwierigkeit und Bedeutung" beinhalten. In den so festgestellten Arbeitsvorgängen muss das (zeitliche) Tarifmerkmal aber nicht mindestens zur Hälfte (§ 22 Abs. 2 BAT) erfüllt sein; es genügt vielmehr, dass es im rechtserheblichen Ausmaß erfüllt ist (BAG v. 21.08.2013, 4 AZR 933/11; BAG v. 25.01.2012, 4 AZR 264/10, NZA-RR 2012, 663). Dieses wiederum kann dann bejaht werden, wenn das strittige Merkmal in dem Ausgangsarbeitsvorgang jedenfalls in einer Quote von 10 - 15 % festzustellen ist (BAG v. 09.05.2007, 4 AZR 757/06, DB 2007, 2323; Schaub/Treber, AR-Handbuch, 15. Auflage, § 183 Rdnr. 52 mwN).
Für die tarifliche Bewertung kommt es - wie dargestellt - nur auf den "großen" Arbeitsvorgang "Unterhaltsheranziehung" an. Nach dem Klägervortrag bearbeitet er im Jahreszeitraum insgesamt 643 Fälle/Vorgänge. Davon beziehen sich 65 Fälle in allen Unterhaltsarten (Kind, Trennung, Ausbildung, nachehelich, Betreuung) auf die Heranziehung selbstständig tätiger Unterhaltspflichtiger. Soweit die beklagte Stadt dieses (konkrete) Zahlenwerk des Klägers nur mit einem lapidaren Satz bestritten hat, kann sie damit nicht durchdringen. Sie bildet zusammen (als gemeinsame Einrichtung) mit der Agentur für Arbeit die behördliche Einheit Jobcenter (§§ 6 Abs. 1, 44b SGB II). Von daher ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass sie auf die Verwaltungsvorgänge und die dort bearbeiteten Akten einschließlich ihrer Inhalte zugreifen kann und zur Informationsbeschaffung berechtigt ist. Jedenfalls muss solches im Falle eines berechtigten Interesses an der Kenntniserlangung gelten. Bei dem Streitgegenstand des hiesigen Verfahrens besteht das rechtliche Interesse unmittelbar. Wegen der sekundären Behauptungslast ist der Beklagten in dieser Konstellation ein inhaltliches Bestreiten im Sinne einer substantiierten Erwiderung abzuverlangen, weil sie den erforderlichen - gegenteiligen - Tatsachenstoff aus dem eigenen Erkenntnisbereich ohne Schwierigkeiten beschaffen kann (Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 138 Rdnr. 8/8a). Da dies nicht geschehen ist, muss die Beklagte den klägerischen Zahlenvortrag gegen sich gelten lassen (§ 138 Abs. 3 ZPO).
Die Berufungskammer hat oben unter B II, 3b dargelegt, warum die Unterhaltsheranziehung Selbstständiger die besondere Schwierigkeit und Bedeutung beinhaltet. Dieses Tarifmerkmal ist auch im rechterheblichen Ausmaß in dem allein maßgeblichen Arbeitsvorgang "Unterhaltsheranziehung" enthalten. Eine Anzahl von 65 Fällen mit pflichtigen Selbstständigen übertrifft bei 643 Gesamtfällen schon die oben genannte 10 %-Quote, wenn eine rein numerische Betrachtung stattfindet. Bei einer solchen ist jedoch nicht stehen zu bleiben. Dem Kläger ist vielmehr zuzugestehen, dass aus den geschilderten Gründen die Sachbearbeitung der "Selbstständigen"-Fälle auch bezogen auf den Zeitaufwand doch erheblich höher zu gewichten ist. Die Berufungskammer bemisst ihn mit mindestens doppelt so hoch wie in einem Normalfall, also wie bei einem unselbstständig tätigen Unterhaltspflichtigen. Deshalb ist die (zeitliche) Quote für das Merkmal "besondere Schwierigkeit und Bedeutung" durchaus bei ca. 20 % anzusetzen. Damit kommt es im rechterheblichen Ausmaß in dem Arbeitsvorgang "Unterhaltsheranziehung" zum Tragen. Die tarifliche Bewertung der klägerischen (Gesamt-)Tätigkeit nach Vgr. IVa, Fallgruppe 1a BAT ist gerechtfertigt.
d) Wie oben unter B II, 2 schon angedeutet muss nicht abschließend entschieden werden, ob die "gerichtliche Durchsetzung" gegenüber Unterhaltspflichtigen als eigener Arbeitsvorgang zu bewerten ist. Dafür findet sich eine zweifache Begründung: Zum einen ist nach dem - als unbestritten zu geltenden - Zahlenwerk des Klägers nicht zu erkennen, dass die Ausgliederung dieses Arbeitsvorgangs aus dem verbleibenden "großen" Arbeitsvorgang den letzteren unter die Hälfte-Quote des § 22 Abs. 2 BAT absenken würde. Darüber hinaus ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass sich in den ca. 115 Fällen "gerichtliche Durchsetzung" eine ebenso große Quote von heranzuziehenden unterhaltspflichtigen Selbstständigen befindet wie in der Gesamtzahl der bearbeiteten Fälle (643). Dies auch deshalb, weil - nach dem Klägervortrag - die 115 gerichtlichen Fälle ja ihrerseits Teil der Gesamtzahl von 643 Fällen sind. So wäre also auch für einen eigenständigen Arbeitsvorgang "gerichtliche Durchsetzung" von einem Anteil von ca. 20 % der Aktenvorgänge mit einer besonderen Schwierigkeit und Bedeutung auszugehen. Danach wäre auch für einen solchen Arbeitsvorgang die Eingruppierung nach Vgr. IVa BAT begründet.
4. Die Anspruchshöhe hat der Kläger für die Streitmonate (05/2010 - 04/2011) rechnerisch nachvollziehbar zu den Entgeltgruppen und der jeweiligen Stufenzuordnung dargelegt. Dieser Berechnung ist die beklagte Stadt nicht entgegengetreten. Sie hat als unstreitig zu gelten (§ 138 Abs. 3 ZPO).
Nach alledem hat die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis Bestand; die dagegen gerichtete Berufung war als unbegründet zurückzuweisen.
C.
Die beklagte Stadt trägt die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Soweit ersichtlich liegt keine aktuelle obergerichtliche Entscheidung für die tarifliche Eingruppierung der Sachbearbeitung "Unterhaltsheranziehung" vor. Die Berufungskammer erkennt deshalb auf grundsätzliche Bedeutung und hat deshalb die Revision für die unterlegene Beklagte zugelassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).
Schrade
Jakob