05.09.2014 · IWW-Abrufnummer 142623
Kammergericht Berlin: Urteil vom 14.06.2013 – 7 U 124/12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht
Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: 7 U 124/12
verkündet am : 14.06.2013
5 O 188/10 Landgericht Berlin
In dem Rechtsstreit XXX
hat der 7. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstra ße 30-33,
10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Stummeyer und die Richter am Kammergericht Langematz und Sellin
für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 15. August 2012 verkündete Urteil der Zivilkammer 5 des Landgerichts Berlin – 5 O 188/10 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
A.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten restlichen Werklohn für die Fertigung von Holzfenstern und Holztüren und die Sanierung und Verglasung von Loggien für das Bauvorhaben in . Die Beklagte macht widerklagend die Rückzahlung überzahlten Werklohns geltend.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort von den Parteien gestellten Anträge sowie des Urteilstenors und der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird auf das am 18. August 2012 verkündete Urteil der Zivilkammer 5 des Landgerichts Berlin – 5 O 188/10 – Bezug genommen, das der Beklagten am 21. August 2012 zugestellt worden ist.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 23. August 2012 Berufung eingelegt und diese am 21. November 2013 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 22. November 2013 verlängert worden war.
Die Beklagte trägt vor: Das Landgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass eine prüffähige Schlussrechnung der Klägerin vorliege. Sie, die Beklagte, habe bereits mit der Klageerwiderung vorgetragen, welche der von der Klägerin im Rahmen des geschlossenen Pauschalpreisvertrages geschuldeten Leistungen nicht erbracht worden seien. Diesem Vorbringen sei die Klägerin nicht substanziiert entgegengetreten. Die nicht ausgeführten Leistungen könnten nicht als Mängel im Sinne des § 633 Abs. 2 S. 3 BGB eingestuft werden, da es sich nicht um einen bloßen Mengenfehler im Rahmen der Leistungsausführung handle.
Es erschließe sich nicht, aus welchem Grund die nicht ausgeführte Reinigung der Fenster nicht als unerledigte Teilleistung, sondern als Mangel bewertet worden sei. Die vollständige Erbringung der Leistung des Fenstergewerks habe auch die Einstellung der Fenster nach deren grundlegender Montage umfasst. Von der Ersteinstellung unabhängig seien die Einstellarbeiten nach Ablauf einer bestimmten Frist nach Fertigstellung der Arbeiten, die schon denklogisch nicht von dem vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungssoll bis zur Fertigstellung und Abnahme umfasst seien. Deshalb habe die Klägerin nach den Grundsätzen für die Abrechnung eines vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrages abrechnen müssen.
Die Abnahme der Leistungen der Klägerin durch sie, die Beklagte, sei nicht bereits am 22. Juni 2010, sondern erst am 31. August 2010 abgeschlossen gewesen. Auch nach der Abnahme sei der Auftraggeber nicht gehindert, Einwendungen wegen vom Auftragnehmer abgerechneter, aber tatsächlich nicht erbrachte Leistungen in der Weise geltend zu machen, dass insoweit vorzunehmende Abzüge von dem Werklohnanspruch beziffert würden.
Jedenfalls aber sei bei einer Einordnung der unstreitig nicht erbrachten Teilleistungen als Mängel der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von Ersatzvornahmekosten gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B und zumindest der Minderwert wegen der nicht ausgeführten bzw. mangelhaften Leistungen der Klägerin zu berücksichtigen gewesen.
Mit dem Schriftsatz vom 11. Februar 2011 habe sie erläutert, dass sämtliche im Rahmen der Abnahmebegehungen festgestellten Mängel in eine maschinengeschriebene Aufstellung übertragen worden seien, die sie mit der Anlage B 28 vorgelegt habe. In der Aufstellung sei nach einigen aufgelisteten allgemeinen Mängel, welche eine Mehrheit von eingebauten Elementen betreffe, für jede einzelne erhobene Rüge exakt angegeben, auf welche Wohneinheit und welches Zimmer sich die jeweilige Beanstandung beziehe. Aus den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils ergebe sich nicht, welche weiteren Angaben das Landgericht für erforderlich gehalten habe. Jedenfalls habe das Landgericht sie vor Erlass des Urteils gemäß § 139 ZPO darauf hinweisen müssen, welche ergänzenden Angaben es für erforderlich gehalten habe. Ihrem Vorbringen sei zu entnehmen, das die bei den Abnahmebegehungen gerügten Mängel der Anlage B 28 und die wegen dieser Mängel geltend gemachten Gewährleistungsrechte der Anlage B 38 zu entnehmen seien. Eine Bezugnahme der einzelnen Aufstellungen der Beklagten sei nicht beabsichtigt und auch nicht erforderlich gewesen.
Mit dem Anlagenkonvolut B 25 seien diverse Schreiben vorgelegt worden, mit welchen die Klägerin jeweils die Protokolle der einzelnen Abnahmebegehungen übersandt worden seien. In jedem sei der Klägerin eine Frist zur Beseitigung dieser Mängel gesetzt worden. Es komme nicht darauf an, auf die Klägerin sich wegen der zunächst nicht gestellten Sicherheit nach § 648a BGB nicht in Verzug befinden konnte, da es nur auf die Aufforderung zur Mängelbeseitigung und entsprechende Fristsetzung ankomme, welche vorgelegen habe. Im Übrigen sei eine Fristsetzung entbehrlich gewesen, da sich aus dem Verhalten der Klägerin unmissverständlich ergebe, das sie zur Beseitigung der Mängel nicht bereit war.
Sie, die Beklagte, habe vorgetragen, dass die Mängel, wegen derer sie Minderungsansprüche geltend mache, nur durch die komplette Demontage der vorhandenen Fenster und eine komplette Neumontage hätten behoben werden können. Außerdem habe sie hilfsweise einen Kostenvorschussanspruch gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B geltend gemacht. Auch die Ansprüche auf Kostenvorschuss und auf Ersatz der Kosten für die Ersatzvornahme habe das Landgericht aus den genannten Gründen zu Unrecht abgelehnt.
Sie, die Beklagte, habe auch einen Anspruch auf Ersatz entstandener Sachverständigenkosten. Eine Zuordnung der Feststellungen des Sachverständigen nach typischen bei den Abnahmebegehungen festgestellten Mängelgruppen sei durchaus möglich. Im Übrigen sei eine Begutachtung zur Erstellung der grundlegenden Qualität ausgeführter Baumaßnahmen im Rahmen eines Rechtsstreits dann als verwertbar anzusehen, soweit der erforderliche Bezug durch die betroffene Partei hergestellt werde.
Die Vertragsstrafe stehe ihr zu. Die Überschreitung des vereinbarten Fertigstellungstermins (19. Februar 2009) sei von der Klägerin zu vertreten. Soweit diese sich auf eine Baubehinderungsanzeige vom 19. März 2009 bezogen habe, habe sie, die Beklagte, unter Beweisantritt vorgetragen, dass die fehlende Vorlage einer zur Ausführung geeigneten Werkplanung der Klägerin zu einer Verzögerung im Bauablauf geführt habe.
Hinsichtlich der Behinderungsanzeige vom 17. April 2009 habe sie, die Beklagte, unter Beweisantritt dargelegt, dass eine Behinderung der Arbeiten der Klägerin zu keinem Zeitpunkt gegeben war. Jedenfalls habe sich allenfalls eine Verzögerung von wenigen Werktagen ergeben, die nicht zum Wegfall der kompletten Vertragsstrafe habe führen können. Zu jedem Zeitpunkt habe es eine ausreichende Baufreiheit gegeben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen und die Klägerin auf die Widerklage der Beklagten zu verurteilen, an sie 138.027,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor:
Das Landgericht habe die Schlussrechnung zu Recht als prüffähig angesehen. Sie, die Klägerin, habe ihre Leistungen bereits während der Erstellung des Rohbaus im Rahmen des Sanierungsbauvorhabens erbracht. Sämtliche Fensterelemente seien fabrikneu, unbeschädigt und unverschmutzt auf die Baustelle geliefert und dort montiert worden. Aufgrund ihrer Fertigstellungsanzeige und des wirksamen Abnahmeverlangens trage sie keine Verantwortung für eine etwa erfolgte nachträgliche Verunreinigung oder Beschädigung.
Grundsätzlich seien erst nach dem Einbau der Fensterelemente und im wesentlichen Umfang erst nach dem Wechsel in eine andere Heizperiode Einstellungsarbeiten erforderlich, die regelmäßig über einen baubezogenen Wartungsvertrag abgewickelt würden und nicht als Gewährleistung zu qualifizieren seien.
Im Rahmen der erstinstanzlichen Erörterung habe bereits Einvernehmen darüber bestanden, das sämtliche Leistungen der Klägerin von dem Bauherrn bzw. den einzelnen Benutzern/Erwerbern der Eigentumswohnungen abgenommen worden seien. Der Klägerin seien ausschließlich die bereits erstinstanzlich dargestellten Mängelanzeigen zugeleitet worden, welche sie vollumfänglich bearbeitet habe. Sie, die Klägerin, sei zu keinem Zeitpunkt nach Wegfall der Leistungsverweigerungsrechte unter Fristsetzung aufgefordert worden, die in der Anlage B 28 behaupteten Mängel zu bearbeiten. Sie habe im Rahmen der Mängelanzeigen, soweit die Inhalte überhaupt verständlich zuzuordnen waren, die Fenster- und Türanlagen auch unter Berücksichtigung der allgemeinen Behauptungen des Sachverständigen und der Anlage B 28 einer Prüfung unterzogen. In sämtlichen von der Klägerin betretenen Wohnungen seien außer den jeweils konkret gerügten Mängeln jegliche Fehler/Mängel weder festgestellt noch von den jeweiligen Nutzern/Eigentümern dargestellt worden. Auch in dem nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten finde sich keine substanziierte Darstellung, in welchen Wohnungen überhaupt noch Mängel behauptet würden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien, soweit sie nicht zwecks besserer Übersichtlichkeit in den Entscheidungsgründen dargestellt werden, wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
B.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung restlichen Werklohns gemäß § 631 Abs. 1 BGB in der vom Landgericht ausgeurteilten Höhe.
1. Der Werklohnanspruch der Klägerin ist gemäß §§ 641 Abs. 1 BGB, 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B (in die hier geltenden Fassung von 2006) fällig.
a) Zwischen den Parteien ist nunmehr offensichtlich unstreitig, dass die Werkleistung der Klägerin abgenommen worden ist. Die Beklagte trägt dazu auf Seite 6 ihrer Berufungsbegründung vor, die Abnahme der Leistungen der Klägerin durch die Beklagte sei nicht, wie vom Landgericht auf Seite 14 des angegriffenen Urteils angenommen, bereits am 22. Juni 2010 erfolgt, sondern sei erst am 31. August 2010 abgeschlossen worden. Damit ist klargestellt, dass eine Abnahme auch aus der Sicht der Beklagten erfolgt ist; ob die Abnahme nun am 22. Juni 2010 oder erst am 31. August 2010 abgeschlossen wurde, ist für die Fälligkeit des Werklohnanspruchs nicht entscheidungserheblich. Erfüllungsansprüche werden gegenüber der Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten in der Berufungsbegründung ausdrücklich nicht mehr geltend gemacht (Bl. II/48).
b) Die Klägerin hat die von ihr erbrachten Leistungen mit der Schlussrechnung vom 21. Mai 2010 (Anl. K 4) prüffähig abgerechnet; diese Schlussrechnung entspricht den Anforderungen des § 14 VOB/B. Bei der Abrechnung eines Pauschalpreisvertrages bedarf es grundsätzlich keiner detaillierten Abrechnung, wenn der Werklohn für die gesamte Leistung geltend gemacht wird (BGH BauR 1979, 525, juris Tz 14; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl., Rn. 1861). Ob die Abrechnung sachlich richtig ist, weil die Leistung nicht vollständig erbracht sein soll, ist keine Frage der Prüffähigkeit, sondern der inhaltlichen Richtigkeit der Rechnung.
2. Der Werklohnanspruch steht der Klägerin auch in der geltend gemachten Höhe zu.
a) Dies gilt selbst dann, wenn man zu Gunsten der Beklagten als wahr unterstellt, das einzelne von der Klägerin geschuldete Leistungen in dem von der Beklagten behaupteten Umfang nicht erbracht wurden. Die Beklagte schuldete nämlich auch dann den von der Klägerin in Rechnung gestellten Werklohn, weil sie den zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag im Schreiben vom 23. April 2010 nur wegen der Mängelbeseitigung und damit nicht wegen noch nicht erbrachter Leistungen gekündigt hat. Selbst wenn man die vor der abgeschlossenen Abnahme am 31. August 2010 ausgesprochene Kündigung auch in diesem Sinne verstehen wollte und auf nicht erbrachte Leistungen erstreckt, ändert dies nichts daran, dass der Klägerin der Werklohn in vollem Umfang zusteht.
aa) Bei einem vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrag hat die Abrechnung zwar grundsätzlich in der Weise zu erfolgen, dass der Auftragnehmer die Höhe der Vergütung nach dem Verhältnis des Wertes der erbrachten Teilleistung zum Wert der nach dem Pauschalvertrag geschuldeten Gesamtleistung errechnen muss (vgl. z.B. BGH NJW 2001, 521; BauR 2004, 1441 f.). Es entspricht jedoch inzwischen ebenfalls gefestigter Rechtsprechung, dass das Verlangen des Auftraggebers nach einer umfangreichen Nachkalkulation treuwidrig ist, wenn es sich nur noch um relativ geringfügige Restleistungen handelt und deren Wert im Verhältnis zum Pauschalpreis nur gering ist (vgl. KGR 1999, 253; OLG Hamm NJW-RR 2006, 1392; OLG Celle IBR 2008, 427; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl., Rdn. 1558). Das wäre ist hier der Fall; denn die Summe des Wertes der nicht erbrachten Leistungen, die nach dem erstinstanzlich Vortrag der Beklagten 17.535,26 EUR beträgt (Bl. I/32), ist im Verhältnis zum Pauschalpreis von netto 738.000,00 EUR mit rd. 2 % so gering, dass der Abzug auch nach dem Wert der nicht erbrachten Leistungen erfolgen könnte. Darauf kommt es aber nicht entscheidend an.
bb) Der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe nicht sämtliche vertraglich geschuldeten Leistungen erbracht, steht dem Werklohnanspruch in der geltend gemachten Höhe auch dann nicht entgegen, wenn die Klägerin tatsächlich einzelne Leistungen nicht erbracht hätte. Unstreitig hat die Beklagte die fehlenden Leistungen inzwischen durch Drittfirmen beseitigen lassen. Vom Werklohn abzuziehen wären die damit verbunden Kosten in der geltend gemachten Höhe von 17.535,26 EUR (Bl. I/32) nur dann, wenn die Voraussetzungen für die Selbstvornahme vorliegen würden. Das ist beim VOB/B-Vertrag allein dann der Fall, wenn dem Auftragnehmer vom Auftraggeber gemäß §§ 4 Nr. 7, 5 Nr. 4, 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B eine Frist mit Kündigungsandrohung gesetzt und ihm den Auftrag nach fruchtlosem Fristablauf entzogen hat. Das ist vorliegend jedoch nicht geschehen. Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten davon ausgeht, dass sich die am 23. April 2010 ausgesprochene Teilkündigung auch auf nicht erbrachte Leistungen bezieht, wäre die Beklagte danach nicht berechtigt, die Selbstvornahme durchzuführen; denn die mit Schreiben der Beklagten vom 23. April 2010 (Anl. B 1) erklärte „Teilkündigung Mängelbeseitigung“ ist jedenfalls deshalb als außerordentliche Kündigung unwirksam, weil die Klägerin die Beklagte zuvor mit Schreiben vom 19. April 2010 aufgefordert hatte, Sicherheit nach § 648 a BGB zu stellen. Nach § 648 a Abs. 5 BGB stand der Klägerin somit ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Erst am 11. Januar 2011 übermittelte die Beklagte im Zuge des in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Berlin 20 O 272/10 geschlossenen Vergleichs eine Bürgschaft an die Klägerin und stellte damit eine Sicherheit nach § 648 a BGB. Bis dahin musste die Klägerin weder Mängel beseitigen noch unvollständige Leistungen fertig stellen. Kann der Unternehmer seiner Verpflichtung zur Fertigstellung nicht mehr nachkommen, weil sie ihm durch eine unberechtigte Selbstvornahme durch den Besteller unmöglich gemacht worden ist, behält er gemäß § 326 Abs. 2 S. 1 BGB den Anspruch auf den Werklohn.
b) Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze, die der ständigen Rechtsprechung des Senats entsprechen, reicht der Vortrag der Beklagten für die angeblich unvollständige Leistung der Klägerin nicht aus, um eine Herabsetzung des Werklohns wegen nicht erbrachter Leistungen durchzusetzen. Die Beklagte behauptet folgende fehlende Leistungen:
aa) Im Haus in der Wohnung soll ein Fensterelement gefehlt haben, dass in ihrem Auftrag von der (im Folgenden: ) eingebaut worden sei und für das sie 915,00 EUR an die gezahlt hat. Selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgeht, dass sie die Lage des angeblich fehlenden Fensters hinreichend bezeichnet hat, fehlt es jedenfalls an eine hinreichende Beschreibung dessen, was die Klägerin hier geschuldet hätte. Es ist auch weder dargetan noch sonst ersichtlich, wann die Klägerin insoweit konkret zur Vervollständigung dieser Leistung unter Fristsetzung mit Kündigungsandrohung aufgefordert worden ist und die Leistung trotz des ihr im Zeitraum vom 19. April 2010 bis zum 11. Januar 2011 zustehen Verweigerungsrechts zu erbringen hatte.
bb) Die Klägerin soll es „durchgehend versäumt“ haben, Fenster- und Balkontürelemente nach der Montage einzustellen, sodass „bei zahlreichen Elementen“ eine Schwergängigkeit bestellen gewesen sei. Hierfür sei ein Betrag von 6.101,40 EUR an die gezahlt worden. Dieser Vortrag ist gänzlich unsubstanziiert. „Bei zahlreichen Elementen“ besagt nichts über Art und Umfang der angeblich fehlenden Leistung bzw. des angeblichen Mangels. Auch hier fehlt konkreter Vortrag zu der gebotenen Aufforderung mit Kündigungsandrohung die Leistung fertig zu stellen.
cc) Entsprechendes gilt für den Vortrag, „nicht für sämtliche Fenster“ seien Oliven geliefert und montiert worden; hierfür sei ein Betrag von 433,00 EUR an die gezahlt worden. „Nicht für sämtliche Fenster“ besagt nichts darüber, in welchem Umfang hier nach Behauptung der Beklagten noch Arbeiten durchzuführen waren.
dd) Entsprechendes gilt auch für den Vortrag, Silikon- und Acrylanschlüsse der Fenster- und Balkontürenelemente nicht vollständig hergestellt, und hierfür seien 1.760,86 EUR an die gezahlt worden. Auch der Begriff „nicht vollständig“ besagt nichts über den Umfang der nach Behauptung der Beklagten noch ausstehenden Arbeiten.
ee) Schließlich ist auch der Vortrag der Beklagten, sämtliche von der Klägerin eingebaute Fensterelemente seien verschmutzt und mit Klebeetiketten versehen, unzureichend. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, sie habe keine verschmutzten Fenster eingebaut, was plausibel ist. Die Beklagte hat nicht erklärt, um was für Verschmutzung es sich gehandelt haben soll, dass und ggf. warum die Klägerin hierfür verantwortlich gewesen sein soll und warum eine Reinigung und das Abziehen angeblich vorhandener Etiketten jeweils eine Stunde in Anspruch genommen haben soll. Der hierfür geltend gemachte Kostenansatz von 8.325,00 EUR ist gänzlich unsubstanziiert; es fehlt jeglicher Vortrag dazu, dass gegebenenfalls und ggf. durch wen die angeblich erforderlichen Arbeiten erbracht worden sein sollen.
c) Insgesamt ist also festzustellen, dass weder dargetan noch ersichtlich ist, warum der Beklagten wegen angeblich nicht ausgeführter Leistungen ein Anspruch auf Herabsetzung des Werklohns zustehen könnte. Spätestens mit der Abnahme hat die Beklagte dokumentiert, dass die Klägerin ihre Leistung vertragsgerecht erbracht hat. Unvollständig ist sie auch deshalb nicht mehr, weil die Beklagte nach der Abnahme gegen die Klägerin keine Erfüllungsansprüche mehr geltend gemacht hat und nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen der Bau vom Bauherrn und den Erwerbern der Wohnungen abgenommen worden ist, ohne dass bisher irgendwelche Gewährleistungsansprüche geltend gemacht worden sind. All das spricht dafür, dass die Leistung vollständig erbracht ist und die Beklagte daher den vereinbarten Werklohn schuldet, weil die Voraussetzungen für eine berechtigte Selbstvornahme zur Fertigstellung offensichtlich nicht vorliegen.
3. Zu Recht hat das Landgericht auch festgestellt, dass der Beklagten keine Gewährleistungsansprüche wegen von ihr behaupteter Mängel zu stehen. Die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils werden durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet.
a) Soweit es um Mängel geht, die vor der Abnahme festgestellt und bereits durch ein Drittunternehmen beseitigt worden sind, kann auf die vorstehenden Ausführungen zu Ziff. 2 verwiesen werden. Die mit Schreiben der Beklagten vom 23. April 2010 (Anl. B 1) erklärte „Teilkündigung Mängelbeseitigung“ berechtigte die Beklagte bis zum 11. Januar 2011 nicht dazu, Mängel auf Kosten der Beklagten beseitigen zu lassen, weil die Klägerin sie mit Schreiben vom 19. April 2010 aufgefordert hatte, Sicherheit nach § 648a BGB zu stellen. Nach § 648a Abs. 5 BGB stand der Klägerin – wie bereits erwähnt - ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Erst am 11. Januar 2011 übermittelte die Beklagte im Zuge des in dem Rechtsstreit 20 O 272/10 geschlossenen Vergleichs eine Bürgschaft an die Klägerin und stellte damit eine Sicherheit nach § 648 a BGB.
b) Hinsichtlich der nach der unstreitig spätestens am 31. August 2010 abgeschlossenen Abnahme beanstandeten Mängel gilt im Ergebnis nichts anderes. Sowohl der geltend gemachte Anspruch auf Minderung des Werklohns gemäß § 13 Nr. 6 VOB/B i.V.m § 634 BGB als auch der Anspruch auf Kostenvorschuss gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B i.V.m §§ 387, 389, 637 Abs. 3 BGB setzen voraus, dass der Auftraggeber den Auftragnehmer zur Beseitigung bestimmter Mängel aufgefordert und der Auftragnehmer dem innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nicht nachgekommen ist. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Beklagte weder die von ihr behaupteten Mängel hinreichend dargetan hat noch das sich ihrem Vortrag eine ausreichende Fristsetzung entnehmen lässt.
aa) Es steht außer Frage, dass die Bezugnahme auf die als Anlage B 28 eingereichte Liste nicht ausreichen kann, um die von der Beklagten geltend gemachten Gewährleistungsansprüche zu begründen. Dabei kommt es nicht auf eine „schriftsätzliche Wiedergabe der Anlage B 28“ an. Es geht vielmehr darum, dass sich aus der Anlage B 28 nicht schlüssig ergibt, welche Mängel in welchem Umfang nach der Abnahme vorgelegen haben sollen, welche Rechte jeweils daraus hergeleitet werden und hinsichtlich welcher Mängel Fristen gesetzt worden sind, also die Anspruchsvoraussetzungen für Gewährleistungsansprüche nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B geschaffen worden sind. Welche Rechte aus den aufgelisteten Mängeln hergeleitet werden, soll sich aus der als Anlage B 38 eingereichten Liste ergeben. Das Landgericht hat in jeder Hinsicht zu Recht festgestellt, dass sich die tabellarischen Angaben der Anlage B 28 nicht mit der Anlage B 38 zusammenführen lassen, auch nicht in Verbindung mit dem Vortrag in dem Schriftsatz vom 1. August 2012 (Bl. I/155). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich diejenigen Mängel herauszusuchen, die eventuell geeignet sein könnten, einen der von der Beklagten geltend gemachten Ansprüche zu begründen. Ein schriftsätzlicher Vortrag zu den einzelnen Mängeln und den daraus abgeleiteten Rechten (Minderung und/oder Kostenvorschuss) fehlt nach wie vor. Es ist weder Aufgabe des Gerichts, sich das aus dem eingereichten Anlagenkonvolut B 25 die maßgeblichen Schreiben herauszusuchen, noch selbst eine Zuordnung zu versuchen, was aufgrund der eingereichten Unterlagen auch gar nicht möglich ist. Zu Recht hat das Landgericht deshalb im angefochtenen Urteil festgestellt, dass der Vortrag der Beklagten nicht ausreichen konnte um Gewährleistungsansprüche durchzusetzen.
bb) Selbst nach dem Hinweis auf die mangelnde Substanziierung im angefochtenen Urteil haben die Beklagten in keiner Weise berücksichtigt, dass sie nach der Abnahme die nicht beseitigten Mängel im Einzelnen vorzutragen haben.
(1) Ein Sachvortrag ist nur dann erheblich, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht zu begründen. Unter dieser Voraussetzung ist die Angabe näherer Einzelheiten grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind; dabei hängt es vom Einzelfall ab, in welchem Maße die Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter Einzeltatsachen noch weiter substantiieren muss (vergl. BGH NJW 2000, 3286 m.w.N.). Ein substanziierter Vortrag kann durch eine Bezugnahme auf beigefügte Anlagen nicht ersetzt werden, sondern nur erläutert oder belegt werden (vergl. Zöller-Greger, ZPO, 28. Aufl., Rdn. 2 m.w.N.). Voraussetzung ist stets, dass der Schriftsatz aus sich heraus verständlich bleibt; dann darf wegen des fakultativen Inhalts auf in Bezug genommene Anlagen (z.B. Abrechnungen, Privatgutachten und Auszüge aus anderen Akten) ergänzend Bezug genommen werden. Auch dabei ist aber wieder Voraussetzung, dass die Bezugnahme substanziiert erfolgt; es ist dem Gericht nicht zumutbar, sich „das Passende“ aus umfangreichen Anlagen selbst herauszusuchen (Zöller, a.a.O., m.w.N.). Diesen Voraussetzungen genügt die Berufungsbegründung nicht.
(2) Die Beklagte trägt mit der Berufungsbegründung vor, mit der Anlage B 28 seien sämtliche im Rahmen der Abnahmebegehungen festgestellten Mängel in eine maschinengeschriebene Aufstellung übertragen worden. Daraus lässt sich auch nicht ansatzweise feststellen, aufgrund welcher Mängel welche Rechte geltend gemacht werden sollen, und welche Mängel – gegebenenfalls wann – gegenüber der Klägerin gerügt worden und welche Fristen wann abgelaufen sein sollen.
(3) Die Beklagte weist ferner darauf hin, sie habe klargestellt, dass eine „Zusammenführung“ der Anlage B 28 mit der Anlage B 38 nicht erfolgen solle und könne. Sie meint, das Landgericht habe „offenbar rechtsfehlerhaft“ versucht, unterschiedlichen Vortrag der Beklagten zu unterschiedlichen Sachverhalten, nämlich den vorhandenen Mängel einerseits und den deswegen geltend gemachten Gewährleistungsrechte anderseits in Einklang zu bringen, was indes von vornherein zum Scheitern verurteilt habe sein müssen, weil eine solche Bezugnahme der einzelnen Aufstellungen der Beklagten nicht beabsichtigt und auch nicht erforderlich gewesen sei. Sie räumt damit selbst ein, dass sie die von ihr geltend gemachten Gewährleistungsrechte nicht auf konkrete, von ihr darzulegende Mängel stützen kann. Dies ist entgegen ihrer Ansicht aber unverzichtbare Voraussetzung für eine substanziierte Darlegung. Das Landgericht hat sie zu Recht darauf hingewiesen; da sie mit ihrer Berufungsbegründung lediglich auf ihrer unzutreffenden Rechtsansicht beharrt, kann ihre Berufung keinen Erfolg haben.
(4) Auch die pauschale Bezugnahme auf das Privatgutachten des Sachverständigen vom 5. August 2011 (Anl. B 32) reicht in keiner Weise aus, um die Voraussetzungen der von der Beklagten geltend gemachten Gewährleistungsansprüche darzutun. Der Sachverständige stellt in seinem Gutachten fest, es sei seine Aufgabe, vorgefundenen Mängel und Schäden sachverständig zu bewerten. Es sei nicht Aufgabe seines Gutachtens, die aufgezeigten Mängel exakt einem Fenster zuzuordnen. Zu diesem Zwecke seien die umfangreichen Mängellisten erstellt worden. Der Sachverständige stellt also selbst fest, dass sein Gutachten nicht geeignet ist, bestimmte Feststellungen bestimmten Mängeln zuzuordnen. Das Gutachten ist deshalb in keiner Weise geeignet, substanziierten Parteivortrag zu ersetzen. Ein Gutachten, das die getroffenen Feststellungen nicht bestimmten Mängeln konkret zuordnet, ist unbrauchbar.
cc) Zudem hat das Landgericht zu Recht festgestellt, dass es an einer wirksamen Mängelbeseitigungsaufforderung mit Fristsetzung fehlt.
(1) Die Beklagte verweist insoweit auf das von ihr eingereichte Anlagenkonvolut B 25 mit diversen Schreiben vom 22. Juni bis 22. November 2010, mit welchen der Klägerin jeweils die Protokolle der einzelnen Abnahmebegehungen übersandt wurden. In jedem dieser Schreiben sei der Klägerin eine Frist zur Beseitigung der gerügten Mängel gesetzt worden.
Alle Schreiben fallen danach in einen Zeitraum nach der vergeblichen Aufforderung der Klägerin im Schreiben vom 19. April 2010, ihr Sicherheit nach § 648a BGB zu gewähren. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es mithin sehr wohl darauf an, dass sich die Klägerin aufgrund der von der Beklagten zunächst nicht gestellten Sicherheit gemäß § 648 a BGB mit der Mängelbeseitigung nicht in Verzug befinden konnte. Aus diesem Umstand ergibt sich nämlich zwangsläufig, dass die gesetzten Fristen die Voraussetzungen der geltend gemachten Gewährleistungsansprüche nicht begr ünden konnten. Die Beklagte hätte folglich nach der Übersendung der Bürgschaft an die Klägerin dieser eine wirksame Frist zur Mängelbeseitigung setzen müssen, sofern zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch Mängel vorlagen. Dass sie dies getan hat, behauptet selbst nicht. Die Klägerin hat vorgetragen und das Landgericht hat festgestellt (UA. S. 6), dass sämtliche Mängel, die nach dem 11. Januar 2011 in den Schreiben zwischen dem 7. Februar 2011 und 17. April 2012 gerügt worden sind, von der Klägerin beseitigt wurden. Welche Mängel trotzdem noch vorhanden sein sollen, erschließt sich aus dem Vortrag der Beklagten in keiner Weise, zumal das Landgericht bereits festgestellt hat, dass weder der Bauherr noch die Erwerber der Wohnungen irgendwelche M ängel bislang gerügt haben. Damit setzt sich die Berufungsbegründung nicht einmal ansatzweise auseinander. Allein das Einstellen von Mängeln in eine Liste genügt den Anforderungen an substanziierten Vortrag danach offensichtlich nicht, zumal der Geschäftsführer der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 14. Juni 2013 erklärt hat, ein „Großteil der Mängel“ sei nach wie vor noch vorhanden. Damit wird nicht zuletzt bestätigt, dass zumindest nicht mehr alle Mängel vorhanden sind. Die schlichte Behauptung der Beklagten, der Bauherr habe wegen der Mängel der Leistung der Klägerin Einbehalte vorgenommen, welche die Klageforderung übersteigen, ist nichtssagend und damit wegen mangelnder Substanz unerheblich, Der Geschäftsführer der Beklagten hat auf Vorhalt des Senats in der mündlichen Verhandlung nicht erläutern können, warum er keine Mängelrüge des Bauherrn vorgelegt hat. Seine Einlassung, es handle sich überwiegend um konstruktive Mängel, die vom Bauherrn möglicherweise erst bei der Gewährleistungsabnahme gerügt werden, ist nicht stichhaltig, weil sowohl in den Abnahmeprotokollen (Anl. B 25) als auch in der Liste (Anl. B 28) zahllose Mängel aufgeführt sind, die sofort ins Auge fallen und für jedermann erkennbar sein müssten.
(2) Dass die Beklagte im Schriftsatz vom 1. August 2012 unter Bezugnahme auf das Privatgutachten des Sachverständigen noch einmal eine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt hat (Bl. I/165), ist schon deshalb unerheblich, weil dieses Gutachten jegliche Zuordnung von Mängeln zu bestimmten Fenstern vermissen lässt und damit keine konkrete Mängelanzeige ersetzt, die stets erforderlich ist.
dd) Schließlich ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht ansatzweise, nach welchen Kriterien sie eine Abgrenzung zwischen der Minderung und dem geltend gemachten Kostenvorschussanspruch vorgenommen werden soll. Die Beklagte verweist insoweit nur auf die Ausführungen in ihrem Schriftsatz vom 1. August 2012, die nicht geeignet sind, die geltend gemachten Ansprüche darzulegen; denn Grundlage dafür sind - wie bereits erwähnt – die unzureichenden Feststellungen des Sachverständigen , die eine Zuordnung zu den einzelnen Fenstern ausdrücklich ausklammern.
c) Soweit die Beklagte dem Landgericht eine Verletzung der Hinweispflichten gemäß § 139 ZPO vorwirft, ist dies in jeder Hinsicht unbegründet. Das Landgericht hat der Beklagte, wie sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2012 ergibt, konkrete Hinweise erteilt und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Weitere Hinweise waren nicht erforderlich.
aa) Die Hinweispflicht nach § 139 Abs. 3 ZPO reicht nicht so weit, dass das Gericht die – anwaltlich vertretenen – Parteien auf Selbstverständlichkeiten hinzuweisen hätte, die sich aufdrängen müssen und die sich auch schon aus dem Vorbringen der Gegenseite ergeben. Nach § 138 ZPO haben sich die Parteien vollständig zu erklären; Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind grundsätzlich als zugestanden anzusehen (§ 138 Abs. 3 ZPO). Die Hinweispflicht ist lediglich dann verletzt, wenn ein Verfahrensbeteiligter bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt nicht zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Nur in diesem besonderen Fall ist es auch geboten, die Beteiligten auf eine Rechtsauffassung hinzuweisen, die das Gericht seiner Entscheidung zugrunde legen will (vergl. BGH GRUR 2001, 754; BVerfGE 96, 189, 204). Die Hinweispflichten nach § 139 ZPO können hingegen nicht bezwecken, dass eine Partei nur noch irgend etwas beliebiges vortragen muss und dann darauf vertrauen kann, dass das Gericht darauf hinwirkt, dass alle fehlenden Angaben ergänzt werden.
bb) Im Übrigen kommt es darauf, ob die Beklagte dem Landgericht einen Verstoß gegen die ihm nach § 139 ZPO obliegende Hinweispflicht vorwerfen kann, bereits deshalb nicht mehr an, weil selbst dann, wenn dies zutreffen würde, es für das Unterliegen der Beklagten jedenfalls nicht kausal gewesen wäre. Jedenfalls durch das angefochtene Urteil ist die Beklagte darüber unterrichtet worden, aus welchen Gründen ihrer Rechtsverteidigung keinen Erfolg haben konnte. Sie hat aber auch mit der Berufungsbegründung keinen Sachverhalt vortragen können, der zu einer anderen Entscheidung hätte führen können.
4. Die Beklagte hat auch keinen Anspruch auf Ersatz entstandener Sachverständigenkosten des Privatgutachtens.
a) Wie oben festgestellt, war die Aufgabenstellung an den Sachverständigen nicht geeignet, die von der Beklagten geltend gemachten Ansprüche zu begründen. Das Gutachten ist somit für die Rechtsverfolgung der Beklagten nicht erforderlich gewesen.
b) Wenn sich die Beklagte bei der Abnahme sachverständiger Hilfe bedient, ist das ihre Angelegenheit. Den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil, auf die Bezug genommen wird, ist nichts hinzuzufügen. Die allgemeinen Ausführungen der Beklagten in der Berufungsbegründung vermögen daran nichts zu ändern. Somit kann die Beklagte auch keinen Anspruch auf Ersatz der dafür aufgewendeten Kosten haben.
5. Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte über dem Werklohnanspruch der Klägerin auch nicht mit einer Vertragsstrafe gemäß § 11 VOB/B i.V.m. § 339 ff. BGB ausrechnen kann. Die Nichteinhaltung des im Vertrag vom 19. Februar 2009 (K 1) vereinbarten Fertigstellungstermins 3. Juli 2009 ist zumindest nicht nur von der Klägerin, sondern auch von der Beklagten zu vertreten.
a) Die Klägerin hat bereits mit Schreiben vom 10. März 2009 (Bl. I/62) moniert, dass eine Freigabe der geprüften der Planung nicht vorlag. Mit Schreiben vom 16. März 2009 folgte eine diesbezügliche Behinderungsanzeige (Bl. I/64) Unter dem 17. April 2009 folgte eine weitere Behinderungsanzeige (Bl. I/66). Diese wurde zwar mit Schreiben der Klägerin vom 20. April 2009 zurückgewiesen (Anl. B 31). Das Landgericht hat aber zu Recht festgestellt, dass das Schreiben der Dahm Architekten vom 17. April 2009 (Anl. B 31) im Wesentlichen bestätigte, dass die von der Beklagten beizubringende Planung jedenfalls nicht vollständig vorlag.
b) Entscheidend ist schließlich, dass die Klägerin mit ihrer Behinderungsanzeige vom 22. Oktober 2009 (Bl. I/67) rügte, das immer noch keine Freigabe der Werkplanung für einzelne Fensterelemente erfolgt sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten in der Berufungsbegründung (Bl. II/58) kann die Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht bereits die maximale Vertragsstrafe verwirkt haben. Konkrete Anhaltspunkte dafür werden nicht vorgetragen. Allein der Ablauf der Fertigstellungsfrist am 3. Juli 2009 reicht nicht aus. Wenn am 22. Oktober 2009 noch keine vollst ändige Baufreiheit bestand, kann es nicht – jedenfalls nicht ausschließlich – von der Klägerin zu vertreten sein, dass der vereinbarte Fertigstellungstermin nicht eingehalten werden konnte. Das Landgericht ist deshalb zu Recht davon ausgegangen, dass der ursprüngliche Fertigstellungstermin hinfällig geworden ist.
c) Da die Parteien – unstreitig – eine Verschiebung des Fertigstellungstermins nicht vereinbart haben, hängt die Entscheidung über den Anspruch des Beklagten zunächst davon ab, ob die Klägerin bei Überschreitung der im Bauvertrag vorgesehenen Herstellungsfrist oder zumindest in einem späteren Zeitpunkt in Verzug kam.
aa) Hierbei ist die Rechtsprechung des BGH zu beachten, die sich mit dem Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe für den Fall befasst, dass der Auftraggeber durch eigenes Verhalten den ursprünglichen Zeitplan umgeworfen hat. Denn die Überschreitung des Fertigstellungstermins hat die Klägerin nicht zu vertreten, wenn die Verzögerung durch Anordnungen oder Maßnahmen der Beklagten verursacht worden ist (vgl. BGH WM 1974, 105, 106).
bb) Selbst wenn man davon ausgeht, dass sich der Fertigstellungstermin nur verschoben hat, hätte die Klägerin die Vertragsstrafe nur noch dann verwirkt haben können, wenn die Beklagte sie nach Eintritt der Fälligkeit gemahnt hätte (§ 286 Abs. 1 BGB; vergl. BGH NJW 1978, 995). Wird die Arbeit des Bauunternehmers bei einer kalendermäßig bestimmten Frist für die Fertigstellung durch von ihm nicht zu vertretende Umstände verzögert, dann gerät er nicht bereits durch Ablauf des Kalendertages, sondern nur noch durch Mahnung in Verzug (BGH WM 1977, 1453: vergl. auch BGH NJW 1999, 1108 m.w.N.). Da eine solche – unstreitig – nicht erfolgt ist, kann die Beklagte keine Vertragsstrafe geltend machen.
d) Die von der Beklagten geltend gemachte Vertragsstrafe ist im Übrigen auch deshalb nicht verwirkt, weil ein Nachtragsauftrag, nämlich der Vertrag über die Verglasung der Loggien noch am 11. Dezember 2009 (Anl. K 5) erteilt wurde, in welchem als Fertigstellungstermin der 29. Januar 2010 vereinbart wurde. Danach ist noch die Zusatzvereinbarung vom 2. März 2010 (Anl. K 7) getroffen worden ist, die keinerlei Fertigstellungsfristen enthält. Wären die Parteien davon ausgegangen, dass zu dieser Zeit bereits die Vertragsstrafe aus dem Hauptvertrag verwirkt gewesen wäre, so hätte es nahegelegen, dies in den Zusatzvereinbarungen festzuhalten und nicht nur den Fertigstellungstermin für eine Zusatzleistung festzulegen. Somit ist davon auszugehen, dass dadurch die ursprünglich vereinbarte Vertragsfrist hinfällig geworden ist, weil die Parteien den gesamten Terminplan mit den Zusatzvereinbarungen außer Kraft gesetzt haben.
e) Sofern die Beklagte mit der Berufungsbegründung die in dem Zusatzauftrag über die Verglasung der Loggien unter § 5 vereinbarte Vertragsstrafe geltend machen will, fehlt es an jeder Begründung dafür. In der Klageerwiderung hat die Beklagte zunächst nur die Vertragsstrafe aus dem Hauptauftrag in Höhe von 36.900,00 EUR geltend gemacht. Im Schriftsatz vom 17. August 2011 hat sie diesen Betrag „aufgrund der erheblichen Überschreitung des vereinbarten Fertigstellungstermins“ auf 38.900,00 EUR erhöht (Bl. I/103), ohne auch nur ansatzweise zu erläutern, warum weitere 2.000,00 EUR geltend gemacht werden. Aus der Berufungsbegründung ergibt sich nicht, dass die Klägerin den Fertigstellungstermin für die Verglasung der Loggien nicht eingehalten hat. Dass die Beklagte die Vertragsstrafe „eingewendet hat“ (Bl. I/59) reicht nicht aus.
6. Auch weitere Gegenansprüche der Beklagten gegen die berechtigte Werklohnforderung der Klägerin sind weder dargetan noch ersichtlich. Die erstinstanzlich geltend gemachten Schadensersatzansprüche werden laut Berufungsbegründung ausdrücklich nicht weiterverfolgt.
7. Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB begründet.
8. Schließlich hat das Landgericht auch zu Recht festgestellt, dass die Widerklage unbegründet und somit abzuweisen war. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, bestehen keine Gegenansprüche der Beklagten, die eine Überzahlung von Werklohn begründen könnten. Ausschließlich die Beklagte schuldet der Klägerin restlichen Werklohn.
9. Die Berufung der Beklagten konnte danach und aus den ganz überwiegend zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils keinen Erfolg haben.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
Ein Grund, die Revision zuzulassen, war nicht gegeben, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO). Auch hinsichtlich der Anforderung an die Substanziierung weicht der Senat nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.
Der Beklagten war keine Erklärungsfrist auf die Rechtsausführungen des Senats in der mündlichen Verhandlung am 14. Juni 2012 zu gewähren. Die angesprochenen rechtlichen Gesichtspunkte waren bereits erstinstanzlich Gegenstand des Vortrags der Parteien sowie des angefochtenen Urteils das Landgerichts und wesentlicher Aspekt sowohl der Berufung der Beklagten als auch der Berufungserwiderung der Klägerin. Der Senat hat auf keine neuen Gesichtspunkte hingewiesen, auf welche die Beklagte sich nicht hätte einstellen können. Die Voraussetzungen des § 283 ZPO liegen nicht vor.