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20.08.2014 · IWW-Abrufnummer 142430

Landgericht Kleve: Urteil vom 03.12.2013 – 4 O 4/13

1.

Dem deutschen Recht ist ein Kontrahierungszwang fremd, der eine Bank verpflichtet, einen Vertrag zu den Konditionen abzuschließen, die der Kunde wünscht.
2.

Sparkassen sind nach § 5 SpkG NRW nicht verpflichtet, ihren Kunden einen Dispositionskredit einzuräumen.


LG Kleve

03.12.2013

4 O 4/13

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand

Die Klägerin ist Kundin der Beklagten und hat bei dieser das Girokonto Nr. 0000000000 inne. Ein Dispositionskredit steht ihr auf diesem Konto zur Zeit nicht zur Verfügung. Zuvor hatte sie - gemeinsam mit ihrem Ehemann, von dem sie zwischenzeitlich getrennt ist - ein Gemeinschaftskonto bei der Beklagten inne, auf dem ihr ein Dispositionskredit von 7.700,- DM zur Verfügung stand. Diesen Dispositionskredit ließ die Klägerin im Mai 2012 "löschen". Am 18.05.2012 wurde über die Einräumung eines neuen Dispositionskredites gesprochen. Danach bestand zunächst die Möglichkeit der Kontoüberziehung zu den Konditionen eines Dispositionskredites. Die Beklagte übersandte der Klägerin mit Schreiben vom 08.06.2012 ein Vertragsformular für einen Rahmenvertrag über einen Dispositionskredit. Die Klägerin übersandte die Unterlagen nicht zurück an die Beklagte. Am 28.06.2013 unterzeichnete die Klägerin einen Rahmenvertrag für einen Dispositionskredit nur "unter Vorbehalt" in den Geschäftsräumen der Beklagten, für die deren Mitarbeiterin H unterzeichnete. Wegen weiterer Einzelheiten wird insoweit auf den Rahmenvertrag vom 28.06.2012 (Anlage K3 zur Klageschrift = Bl. 8/9 GA) verwiesen. Mit Schreiben vom 17.08.2012 (Anlage K5 zur Klageschrift = Bl. 12 GA) erklärte die Beklagte vorsorglich die Kündigung des Dispositionskredites.

Die Klägerin trägt vor:

Bei der Löschung des "alten" Dispositionskredites über 7.700,- DM habe ihr der zuständige Bankmitarbeiter der Beklagten, Herr S, erklärt, man könne den Dispositionskredit problemlos wiederaufleben lassen. Sie habe möglicherweise sogar schon im Termin am 18.05.2012 einen Vertrag über die Einräumung eines Dispositionskredites über 8.900,- € unterschrieben, aber keine Abschrift davon erhalten. Von ihrem Vorbehalt auf dem Vertragsformular vom 08.06.2012 nehme sie Abstand, das habe auch bereits ihr vorheriges Verhalten gezeigt. Sie sei bereit, einen Dispositionskredit zu erhalten. Sie sei allerdings nicht bereit, eine Schufa-Klausel zu unterzeichnen. Dies habe die Beklagte von ihr auch erst verlangt, nachdem sie den Rahmenvertrag bereits unterschrieben gehabt habe. Die Kündigung durch die Beklagte sei jedenfalls unwirksam. Zwar sei eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit ausdrücklich vereinbart. Die Beklagte habe sich aber auch vertraglich verpflichtet, dabei auf die berechtigten Interessen ihres Kunden Rücksicht zu nehmen. Dies sei nicht der Fall. Zwar sei ihr Konto im August nicht überzogen gewesen, im Juni und Juli sei dies aber teilweise der Fall gewesen.

Die Klägerin beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auf ihrem bei der Beklagten geführten Konto Nr. 0000000000 gemäß dem zwischen den Parteien geschlossenen Rahmenvertrag zur Einräumung eines Dispositionskredits vom 28.06.2012 einen Dispositionskredit in Höhe von 8.900,- € einzuräumen;
2.

die Beklagte zu verurteilen, die von der Klägerin aufgewendeten Kosten für das vorgerichtliche Verfahren in Höhe von 718,40 € zu tragen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie wendet ein:

Herr S habe der Klägerin vor der Löschung des Dispositionskredites über 7.700,- DM nicht mitgeteilt, dass ein Dispositionskredit ohne Schufa-Klausel eingeräumt werden könne. Dies mache die Beklagte - wie auch alle anderen Banken - niemals. Der Vertrag vom 28.06.2012 sei nicht wirksam zustandegekommen, weil die Klägerin diesen nur unter Vorbehalt unterzeichnet habe. Die Klägerin sei von vornherein auf die Erforderlichkeit einer Schufa-Mitteilung hingewiesen worden. Die Kündigung sei wirksam. Die Klägerin benötige keinen Dispositionskredit. Die Beklagte könne ihr einen solchen auch nicht ohne Mitteilung an die Schufa einräumen, weil sie dann ihre Vertragspflichten gegenüber der Schufa verletzen würde.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Einräumung eines Dispositionskredits in Höhe von 8.900,- € aus Nr. 1 des Rahmenvertrages vom 28.06.2012 i.V.m. § 311 BGB.

Der Rahmenvertrag vom 28.06.2013 ist nicht zustandegekommen, weil die Klägerin das in dem Formular enthaltene Angebot der Beklagten nicht angenommen hat. Annahme ist grundsätzlich nur die vorbehaltlose Bejahung eines Angebots (Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl. 2012, § 147, Rn. 1 m.w.N.). Nur ausnahmsweise steht ein Vorbehalt einer Annahme nicht entgegen, etwa der Vorbehalt der Rückforderung, wenn damit ausschließlich die Rechtswirkungen von § 814 BGB ausgeschlossen werden sollen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12.06.1997, Az.: 1 U 42/96, [...]Rn. 34). Im Übrigen ist eine solche Annahme aber gemäß § 150 Abs. 2 BGB als Ablehnung anzusehen (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12.06.1997, Az.: 1 U 42/96., [...]Rn. 33, 34).

Die Klägerin hat das Formular ausdrücklich nur "unter Vorbehalt" unterzeichnet. Die für das Zustandekommen des Vertrages darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat nicht dargetan, dass der von ihr erklärte Vorbehalt nur eine Erklärung enthalten sollte, die den Vertragsinhalt nicht berührt und der damit einer Annahme des Angebots der Beklagten nicht entgegenstünde. Die Klägerin konnte das Angebot der Beklagten auch nicht durch nachträgliches Abstandnehmen von ihrem Vorbehalt annehmen. Eine Annahme unter Vorbehalt ist gemäß § 150 Abs. 2 BGB als Ablehnung des Angebots anzusehen (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12.06.1997, Az.: 1 U 42/96., [...]Rn. 33, 34). Überdies scheidet eine nachträgliche Annahme durch dieses Abstandnehmen auch deswegen aus, weil sie entgegen § 147 Abs. 1 S. 1 BGB nicht sofort erfolgt ist. Die Unterschrift unter Vorbehalt leistete die Klägerin in Anwesenheit der Bankmitarbeiterin H bei der Beklagten.

II.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Einräumung eines Dispositionskredits in Höhe von 8.900,- € aus einem Vertrag vom 18.05.2012 i.V.m. § 311 BGB.

1.)

Einen entsprechenden Vertragsschluss am 18.05.2012 hat die insoweit darlegungsbelastete Klägerin nicht dargetan.

Der Abschluss eines schriftlichen Vertrages ist nicht dargetan. Soweit sie ausführt, sie habe "möglicherweise" bereits an jenem Tage einen Vertrag unterzeichnet, genügt dieses Vorbringen den Anforderungen des § 138 ZPO nicht und ist unbeachtlich. Ein solcher Vorgang müsste ausdrücklich behauptet werden, insbesondere da er Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen wäre.

Die Klägerin hat auch nicht dargetan, dass sie mit der Beklagten am 18.05.2012 durch schlüssiges Handeln einen entsprechenden Vertrag geschlossen hat. Bereits die Vermutung des § 154 Abs. 2 BGB ist nicht widerlegt. Unabhängig von der Frage, ob ein Vertrag über die Einräumung eines Dispositionskredites nach dem Gesetz formbedürftig ist, gingen beide Parteien davon aus, dass der Vertrag schriftlich abgeschlossen werden sollte. Die Klägerin selbst führt aus, sie sei sich nicht sicher gewesen, ob sie den Vertrag bereits am 18.05.2012 unterzeichnet habe. Die Vermutung des § 154 Abs. 2 BGB wird nicht dadurch widerlegt, dass die Beklagte der Klägerin trotz der fehlenden Unterschrift Überziehungen des Kontos ermöglicht hat. Solche sind - etwa im Falle der sogenannten geduldeten Überziehung - auch ohne eingeräumten Dispositionskredit möglich.

2.)

Selbst wenn man - anders als die Kammer - davon ausginge, dass die Parteien am 18.05.2012 einen Vertrag über die Gewährung eines Dispositionskredites geschlossen hätten, so wäre der klageweise Anspruch der Klägerin auf Einräumung eines solchen durch Kündigung der Beklagten erloschen.

Durch die mit Schreiben vom 17.08.2012 vorsorglich erklärte Kündigung hätte die Beklagte einen vereinbarten Dispositionskredit wirksam gekündigt. Dabei ist es unerheblich, ob die Weigerung der Klägerin, die Schufa-Klausel zu vereinbaren, einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellt. Gemäß Klausel Nr. 8 des Rahmenvertrages ist eine ordentliche fristlose Kündigung für beide Vertragsteile möglich. Eine ordentliche Kündigung bedarf keines Grundes. Diese Vertragsbestimmung ist - auch wenn sie als AGB anzusehen sein sollte - zulässig. § 504 Abs. 2 S. 1 BGB setzt eine solche Kündigungsmöglichkeit der Bank bei Dispositionskrediten gerade voraus. § 499 Abs. 1 BGB ist insoweit gemäß § 504 Abs. 1 S. 4 BGB unanwendbar. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Parteien kein Recht zur fristlosen ordentlichen Kündigung vereinbart haben, ergibt sich vorliegend im Ergebnis nichts anderes. In diesem Fall ergäbe sich das Recht der Beklagten zur ordentlichen Kündigung aus § 488 Abs. 3 S. 1 BGB. Diese wäre zwar nicht fristlos, sondern gemäß § 488 Abs. 3 S. 2 BGB nur mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten möglich. Eine ausdrücklich für einen bestimmten Termin ausgesprochene, aber hierfür verspätete Kündigung kann auf den nächstzulässigen Zeitpunkt bezogen werden (vgl. MünchKomm/Berger, BGB, 6. Aufl. 2012, § 488, Rn. 230). In der Kündigung bedarf es zu ihrer Wirksamkeit überhaupt keiner Angabe des Zeitpunktes (MünchKomm/Berger, BGB, 6. Aufl. 2012, § 488, Rn. 230). Seit dem Ausspruch der Kündigung sind zwischenzeitlich mehr als drei Monate vergangen.

Der Kündigung vom 17.08.2012 steht nicht entgegen dass die Beklagte dabei nach Klausel Nr. 8 des Rahmenvertrages den berechtigten Interessen des Kreditnehmers Rechnung tragen muss, insbesondere nicht zur Unzeit kündigen darf. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat einen Verstoß der Beklagten gegen ihre berechtigten Interessen nicht dargetan. Nach ihrem eigenen Vorbringen hat sie den Dispositionskredit im Zeitpunkt der Kündigung nicht in Anspruch genommen. Damit ist weder eine Kündigung zur Unzeit erfolgt, noch ein sonstiger Treupflichtverstoß ersichtlich. Insbesondere kann die Klägerin nicht mit Rückzahlungsproblemen belastet worden sein. Der bloße Wunsch der Klägerin nach einem Dispositionskredit bei der Beklagten hindert die Kündigung nicht.

III.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Einräumung eines Dispositionskredits in Höhe von 8.900,- € aus § 5 Abs. 2 S. 1 SpkG NRW. Diese Vorschrift statuiert für Sparkassen nur einen Kontrahierungszwang für Girokonten auf Guthabenbasis. Über ein solches verfügt die Klägerin bei der Beklagten unstreitig. Sparkassen sind - außerhalb des in § 5 SpkG NRW genannten Bereiches - nicht zum Vertragsschluss verpflichtet. Dem deutschen Recht ist ein Kontrahierungszwang fremd, der eine Bank verpflichtet, einen Vertrag zu den Konditionen abzuschließen, die der Kunde wünscht (vgl. OLG Düsseldorf, Hinweis-Vfg. vom 23.08.2013, Az.: I-14 U 49/13). Letzteres verlangt die Klägerin hier von der Beklagten, da sie einen Dispositionskredit nur dann vereinbaren will, wenn der Vertrag keine Schufa-Klausel enthält.

IV.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Einräumung eines Dispokredites über 8.900,- € aus §§ 311, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB wegen einer Nebenpflichtverletzung im Zusammenhang mit der Löschung des früheren Dispositionskredites über 7.700,- DM. Dabei kann zugunsten der Klägerin als wahr unterstellt werden, dass der Bankmitarbeiter S ihr dabei mitgeteilt hat, man könne den Dispositionskredit problemlos wieder aufleben lassen. Die Löschung des alten Dispositionskredites ist keine Pflichtverletzung der Beklagten. Diese ist von der Klägerin vielmehr ausdrücklich gewollt gewesen, um Verfügungen ihres Ehemannes über das Gemeinschaftskonto (über den Guthabenbetrag hinaus) zu verhindern. Auch die Bemerkung des Bankmitarbeiters ist keine Pflichtverletzung. Dies zeigt das spätere Verhalten der Beklagten. Die Klägerin hätte den gewünschten Dispositionskredit erhalten, wenn sie denn bereit gewesen wäre, die dafür allgemein übliche Schufa-Klausel zu akzeptieren. Die Schufa-Klausel hat der Bankmitarbeiter offenkundig nicht als Problem angesehen. Dazu bestand auch kein Anlass, da Schufa-Klauseln im Bankverkehr absolut verkehrsüblich sind. Überdies hätte die Klägerin gemäß § 249 BGB ohnehin nur die Einräumung eines Dispositionskredites in Höhe von 3.936,95 € (= 7.700,- DM) verlangen können, wenn im Zusammenhang mit der Löschung des alten Kredites ein schadensersatzrechtlicher Anspruch auf Wiedereinräumung entstanden wäre.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

VI.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 8.900,00 Euro (Der Streitwert einer Klage auf Gewährung eines Darlehens ist mit dem Darlehensnennbetrag anzusetzen (BGH NJW 1959, 1493); für ein Darlehen in Form eines Dispositionskredites gilt nichts anderes).

RechtsgebietBankrechtVorschriften§ 311 BGB; § 488 Abs. 3 S. 2 BGB; § 504 Abs. 2 S. 1 BGB

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