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05.02.2001 · IWW-Abrufnummer 010179

Amtsgericht Kenzingen: Urteil vom 19.10.2000 – 1 C 157/00

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Kenzingen
Im Namen des Volkes
Urteil

Geschäftsnummer:
1 C 157/00

verkündet am:
19.10.2000

Rieger, Direktor des Amtsgerichts
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle

In Sachen

hat das Amtsgericht 79341 Kenzingen durch den Direktor des Amtsgerichts Rieger auf die mündliche Verhandlung vom 05.10.2000 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger DM 445,38 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 30.03.1999 zu bezahlen.

2. Die Beklagte Ziffer 2. wird verurteilt, den Kraftfahrthaftpflichtversicherungsvertrag für den Pkw im Hinblick auf die Rückstufung durch das Unfallereignis vom 20.02.1999 zu entlasten, die Rückstufung rückgängig zu machen.

3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers werden dem Kläger zu 10/100, den Beklagten Ziffer 1. und 2. als Gesamtschuldner zu 18/100 und der Beklagten Ziffer 2. zu weiteren 72/100 alleine auferlegt. Von den außergerichtlichen Kosten werden die des Erstbeklagten zu 36/100 dem Kläger und die der Beklagten Ziffer 2. dem Kläger zu 10/100 auferlegt.

Im übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung von DM 500,00, die Beklagten die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 1.500,00 abwenden, wenn nicht jeweils die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch unbedingte, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Europäischen Union zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.

Tatbestand:

Der Kläger fordert von den Beklagten Ersatz seines restlichen Schadens aus einem Verkehrsunfall vom 20.02.1999. Der Erstbeklagte fuhr am 20.02.1999 gegen Mitternacht mit seinem Pkw Citroen, der bei der Beklagten Ziffer 2. haftpflichtversichert ist, auf den Parkplatz auf dem McDonalds-Gelände bei der Bundesautobahn-Anschlußstelle Herbolzheim, um dort zu parken. Auf dem Parkgelände befinden sich Fahrstraßen, wobei rechtwinklig zur Fahrstraße Abstellplätze angelegt sind. Auf der Suche nach einem freien Parkplatz fuhr der Erstbeklagte zunächst vorwärts auf die Parkstraße ein, wobei er bis zum Ende der Parkstraße bzw. der dort befindlichen Absperrung fuhr. Da kein freier Parkplatz gefunden werden konnte, setzte der Erstbeklagte seinen Pkw auf der Parkstraße sodann wieder rückwärts. Hierbei stieß der Erstbeklagte mit dem Pkw des Klägers, Isuzu Trooper, der zum Unfallzeitpunkt von der gefahren wurde, zusammen, als die klägerische Fahrzeugführerin gerade rückwärts aus einer markierten Parkbucht herausfahren wollte. Der Kläger beziffert den ihm durch den Unfall entstandenen Schaden mit insgesamt DM 2.482,91, worauf die Zweitbeklagte vorgerichtlich DM 1.781,53 erstattet hat. Der Restschaden, DM 701,38 wird nunmehr klageweise geltend gemacht.

Darüber hinaus begehrt der Kläger von der Zweitbeklagten, die zugleich seine eigene Kraftfahrhaftpflichtversicherung ist, Rückgängigmachung der aufgrund des Unfallereignisses vom 20.02.1999 erfolgten Rückstufung des Kraftfahrhaftpflichtversicherungsvertrages. Die Beklagte Ziffer 2 hat aufgrund des Unfalls 50 % des Schadens des Erstbeklagten reguliert, obwohl der zuständige Mitarbeiter der beklagten Haftpflichtversicherung durch den Kläger-Vertreter bzw. durch den Kläger selbst auf die Unbegründetheit der von dem Erstbeklagten geltend gemachten Schadensersatzansprüche hingewiesen wurde.

Der Kläger behauptet,

der Erstbeklagte sei ungebremst rückwärtsfahrend auf das bereits in der Fahrstraße stehende klägerische Fahrzeug aufgefahren. Den Erstbeklagten träfe mithin das alleinige Verschulden an dem Zustandekommen des Unfalls. Da die beklagte Haftpflichtversicherung unter völliger Mißachtung der Sach- und Rechtslage 50 % des Schadens des Erstbeklagten reguliert habe, habe sie ihre vertraglichen Pflichten gegenüber dem klagenden Versicherungsnehmer verletzt. Der vor dem Unfall gültige Schadensfreiheitsrabatt sei deshalb wiederherzustellen.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger DM 701,38 nebst 4 % Jahreszinsen seit dem 30.03.99 zu bezahlen.

2. Die Beklagte Ziff. 2 wird verurteilt, den Kraftfahrthaftpflichtversicherungsvertrag für den Pkw OG-DM 143 im Hinblick auf die Rückstufung durch das Unfallereignis vom 20.02.99 zu entlasten, die Rückstufung rückgängig zu machen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie behaupten,

die klägerische Fahrzeugführerin sei mit ihrem Fahrzeug rückwärts aus der Parkbucht fahrend auf das Fahrzeug des Erstbeklagten aufgefahren. Der geltend gemachte Nutzungsausfall stünde dem Kläger nicht zu, da eine Reparatur des klägerischen Fahrzeuges bislang nicht erfolgt sei. Als allgemeine Unkostenpauschale könne der Kläger lediglich einen Betrag von DM 40,00 statt der begehrten DM 50,00 fordern. Da der klägerische Pkw zum Unfallzeitpunkt bereits 12 Jahre alt gewesen sei, müsse sich der Kläger einen Abzug von den Reparaturkosten gefallen lassen. Eine Verpflichtung der Zweitbeklagten zur Rückgängigmachung der Rückstufung bestünde nicht, da die Beklagte Ziffer 2 eine begründete Teilregulierung des Schadens des Erstbeklagten durchgeführt habe.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die bei Gericht eingereichten Schriftsätze nebst den diesen beigefügten Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Auf die gerichtliche Niederschrift vom 05.10.2000 (As. 59 ff.) wird insoweit verwiesen.

Die Akten des Amtsgerichts Kenzingen (1 C 167/99) wurden zu Beweiszwecken beigezogen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, indes jedoch nur teilweise begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner gem. den §§ 7, 17 StVG, § 823 BGB i. V. m. § 3 PflVersG ein restlicher Schadensersatzanspruch in Höhe von DM 445,38 zu. Darüber hinaus war die Klage jedoch als unbegründet abzuweisen.

Auch nach der erneuten Anhörung der Zeugen sowie des Sachverständigen vermag das Gericht der Auffassung der Beklagten, der Unfall sei auf ein Fehlverhalten der klägerischen Fahrzeugführerin zurückzuführen, nicht zu folgen. Im Gegenteil, die erneut durchgeführte Beweisaufnahme hat nachhaltig und eindeutig bestätigt, dass der Erstbeklagte sich beim rückwärtigen Befahren der Parkstraße nicht verkehrsgerecht verhalten hat. Dem Erstbeklagten ist ein schuldhafter Verstoß gegen § 9 Abs. 5 StVO anzulasten. Diese Verkehrsregelung verlangt nämlich von dem rückwärtsfahrenden Verkehrsteilnehmer ein Höchstmaß an Sorgfalt gegenüber anderen. Der zurückstoßende Kraftfahrzeugführer muß nämlich beim Rückwärtsfahren ständig darauf achten, dass der Gefahrenraum hinter dem Fahrzeug frei ist und von hinten sowie von der Seite her frei bleibt. Hierbei muß er bremsbereit sein, um gegebenenfalls sofort anhalten zu können. Gegen diese Verpflichtung hat der Erstbeklagte nach den Bekundungen der Zeugen sowie auch nach den Feststellungen des Sachverständigen verstoßen. Bei sorgfältiger Vorgehensweise hätte der Erstbeklagte den klägerischen Pkw, zumal dieser sichtbar in der Parkstraße stand, erkennen können und müssen. Dass es letztlich zur Kollision beider Fahrzeuge kam zeigt, dass der Erstbeklagte infolge ungenügender Aufmerksamkeit die Gefahrensituation nicht bzw. zu spät erkannt und daher sein Fahrzeug nicht rechtzeitig abgebremst hat. Eine schuldhafte Mitverantwortung der klägerischen Fahrzeugführerin kann hiergegen nicht angenommen werden. Nach Überzeugung des Gerichts kann es als nachgewiesen angesehen werden, dass die klägerische Fahrzeugführerin bereits auf der Fahrstraße stand als es zur Kollision gekommen ist. Der klägerischen Fahrzeugführerin kann somit nicht nachweisbar zum Vorwurf gemacht werden, unaufmerksam gefahren zu sein bzw. verspätet oder falsch reagiert zu haben (§ 1 Abs. 2 StVO).

Mit hin ist der Unfall alleine durch das verkehrswidrige Verhalten des Erstbeklagten verursacht worden. Da somit dem Kläger die nur von seinem Pkw ausgehende allgemeine Betriebsgefahr anzulasten ist, erscheint es angemessen, den Beklagten die volle Haftung für den Unfall aufzubürden. Die Beklagten haben somit dem Kläger vollen Schadensersatz zu leisten.

Der Schadensabrechnung des Klägers konnte nicht gefolgt werden, soweit dieser Nutzungsausfallschaden bzw. eine Unkostenpauschale in Höhe von DM 50,00 fordert. Eine Nutzungsentschädigung wird nämlich nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur gewährt, wenn das Fahrzeug infolge des Unfalls tatsächlich nicht benutzt werden konnte. Selbst nach den Bekundungen der Zeugin ist dem Kläger ein solcher Nutzungsausfallschaden bislang nicht entstanden. Eine über DM 40,00 hinausgehende Unkostenpauschale kann nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts nicht zugesprochen werden. Sofern nicht besondere Umstände ersichtlich sind, aufgrund derer es geboten wäre, von diesem Durchschnittssatz abzuweichen, besteht keine Veranlassung, dem Kläger mehr als DM 40,00 zuzuerkennen.

Weitere Abzüge, insbesondere ein Abzug aufgrund des Alters des Pkws muß sich dir Kläger jedoch nicht gefallen lassen: Sofern durch die Reparatur des Pkws eine Wertverbesserung eintreten sollte, hat dies bereits im Schadensgutachten Berücksichtigung gefunden.

Der erstattungsfähige Gesamtschaden des Klägers errechnet sich somit mit DM 2.226,91. Abzüglich der bereits vorgerichtlich erbrachten Zahlung in Höhe von DM 1.781,53 steht dem Kläger ein restlicher Schadensersatzanspruch in Höhe von DM 445,38 zu.

Darüber hinaus kann der Kläger von seiner Haftpflichtversicherung, der Zweitbeklagten, eine Rückgängigmachung der aufgrund des Unfallereignisses vom 20.02.1999 erfolgten Rückstufung verlangen. Nach dem unstreitigen Vortrag hat der klägerische Prozeßbevollmächtigte bzw. der Kläger selbst die Beklagte auf die Unbegründetheit der von dem Erstbeklagten geltend gemachten Schadensersatzansprüche hingewiesen, was sich im Ergebnis letztlich auch eindeutig bestätigt hat. Es bestand deshalb für die Beklagte Ziffer 2. Veranlassung, die von dem Erstbeklagten geltend gemachten Schadensersatzansprüche in Frage zu stellen und insoweit eine Regulierung abzulehnen. Wenn sie gleichwohl angesichts der ungeklärten Sachlage und angesichts des Umstandes, dass der Kläger eine schuldhafte Mitverantwortung der klägerischen Fahrzeugführerin in Abrede gestellt hat, den Schaden teilweise reguliert, so stellt dies eine Verletzung der ihr aus dem Versicherungsvertrag zum Kläger erwachsenen Sorgfaltspflicht dar. Die Pflicht des Haftpflichtversicherers aus dem Versicherungsvertrag geht nämlich dahin, begründete Schadensersatzansprüche im Rahmen des übernommenen Risikos zu befriedigen und unbegründete Ansprüche abzuwehren (§ 3 Nr. 10 PflVersG). Bevor der Versicherer an einen Dritten zahlt, muß er die Sach- und Rechtslage sorgfältig prüfen. Von einer solchen sorgfältigen Prüfung kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Die Zweitbeklagte ist deshalb verpflichtet, die erfolgte Rückstufung rückgängig zu machen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92; 708 Nr. 11, 711 und 108 ZPO, §§ 284, 286 und 288 ZPO.

RechtsgebieteStVG, BGB, PflVersG, StVO, ZPOVorschriftenStVG § 7 StVG § 17 BGB § 823 PflVersG § 3 StVO § 9 Abs. 5 ZPO § 92 ZPO § 708 Nr. 11 ZPO § 711 ZPO § 108 ZPO § 284 ZPO § 286 ZPO § 288

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