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27.12.2004 · IWW-Abrufnummer 043290

Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 17.06.2004 – 5 U 126/03

Wer einen Vergleich schließt, kann sich der vereinbarten Zahlung nicht durch Aufrechnung entziehen, wenn er schon bei Abschluss der Vergleiches die Umstände, aus denen er die Aufrechnungslage herleitet, gekannt und sich dennoch nicht ausdrücklich die spätere Aufrechnung vorbehalten hat.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.06.2004 - 5 U 126/03


In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 13. Mai 2004 durch den Richter am Oberlandesgericht G... als Vorsitzenden und die Richter am Oberlandesgericht B... und C...

für R e c h t erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 18. Juli 2003 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich mit der Zwangsvollstreckungsgegenklage gegen die Zwangsvollstreckung des Beklagten aus einem Prozessvergleich sowie aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss.

Die Klägerin hatte den Beklagten mit Architektenleistungen beauftragt für das Bauvorhaben I... 13 in D.... Wegen restlichen Architektenhonorares nahm der Beklagte die Klägerin in einem früheren Rechtsstreit vor dem Landgericht Düsseldorf in Anspruch in Höhe von 20.767,29 DM. In jenem Verfahren verteidigte die Klägerin sich damit,
- die Rechnung des Beklagten sei nicht prüffähig,
- die Architektenleistung noch nicht vollständig erbracht, weil die Bauabnahme durch das Bauamt noch fehle,
- ihr stünden Schadenersatzansprüche zu wegen unzureichender Schallisolierung und wegen ungeeigneten Fassadenmateriales, insoweit rechne sie hilfsweise auf.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30. Juli 2001 erklärte zunächst der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, er halte an den Hilfsaufrechnungen nicht mehr fest; sodann schlossen die Parteien einen Vergleich, wonach

1. die Klägerin an den Beklagten 12.000 DM zahlte,
2. damit der Honoraranspruch des Beklagten und Ansprüche der Klägerin wegen der angeblich fehlenden Bauabnahme einschließlich etwaiger Folgeschäden erledigt seien,
3. es im übrigen bei den vertraglichen Verpflichtungen bleibe.

Aus diesem Vergleich und dem in dem früheren Verfahren ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26. Nov. 2001 über 523,86 DM vollstreckt der Beklagte.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Zwangsvollstreckungsgegenklage, mit der sie - gestützt auf das Privatgutachten B... vom 19. Dez. 2001 - aufrechnet mit verschiedenen Gewährleistungsansprüchen gegen den Beklagten wegen angeblicher Planungs- und Bauaufsichtsfehler, nämlich

3.875,00 ? 2. Fluchtweg, weil nur eine Erweiterung und keine abgeschlossene Wohnung genehmigt worden sei,
2.000,00 ? Dachentwässerung von Schmutzwasserentwässerung trennen
2.120,00 ? Abwasserleitung von Revisionsschacht trennen
2.875,00 ? ungeeignetes Material für die Fassade
410,00 ? Beseitigung unnötiger Durchbrüche
1.500,00 ? Austausch feststehender Fenster
665,00 ? Verschließen von Bodenschlitzen und Wanddurchbruch
350,00 ? "Entschuttung" des Kellerraumes
1.500,00 ? Rigips Wohnungstrennwand zum Altbau
2.287,29 ? Kosten Privatgutachter

Der Beklagte hat sich gegen die angeblichen Gewährleistungsansprüche verteidigt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil nach Wortlauf und nach Sinn und Zweck des Vergleiches eine Aufrechnung ausgeschlossen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die unrichtige Anwendung anerkannter Auslegungsregeln beanstandet und ihr Klagebegehren weiterverfolgt.

II.

Die Berufung ist nicht begründet.

Das Berufungsverfahren richtet sich nach den vom 01. Jan. 2002 an geltenden Vorschriften der ZPO, weil die mündliche Verhandlung auf die das angefochtene Urteil ergangen ist, nach dem 31. Dez. 2001 geschlossen worden ist, § 26 Nr. 5 EGZPO.
Danach kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO beruht oder dass nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen, § 513 Abs. 1 ZPO.

Die Klägerin beanstandet im wesentlichen, das angefochtene Urteil beruhe auf einer Rechtsverletzung, weil das Landgericht anerkannte Auslegungsregeln unrichtig angewendet und so zu Unrecht angenommen habe, die Aufrechnung sei ausgeschlossen. Damit dringt die Berufung jedoch nicht durch.

Die Zwangsvollstreckungsgegenklage ist - wie das Landgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat - unbegründet.

Zwar macht die Klägerin mit ihrem Einwand der Aufrechnung, auf den sie ihre Zwangsvollstreckungsgegenklage stützt, eine zulässige Einwendung im Sinne von § 767 ZPO geltend. Denn die Aufrechnung betrifft den im gerichtlichen Vergleich vom 30. Juli 2001 festgestellten Zahlungsanspruch des Beklagten von 12.000 DM und den durch den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26. Nov. 2001 titulierten Kostenerstattungsanspruch von 523,86 DM und die Aufrechnung ist nicht gem. § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Denn diese Vorschrift ist weder auf Vergleich noch auf Kostenfestsetzungsbeschlüsse anwendbar (BGHZ 120, 387ff = NJW 1993, 1396ff.; Zöller/ Herget, ZPO, 24. Aufl. § 767, 20).

Allerdings ist die Aufrechnungserklärung nicht wirksam, denn die Klägerin darf nicht aufrechnen.

Das Landgericht hat angenommen, die Parteien hätten ein Aufrechnungsverbot vereinbart. Diese Vereinbarung hat es hergeleitet aus dem Wortlaut des Vergleiches ("Zahlung"), aus dessen Sinn und Zweck ("Verschieben der Klärung weiterer Ersatzforderungen") sowie der Interessenlage der Parteien ("Vorbehalt vertraglicher Rechte für die Klägerin und Befriedigung der Honorarforderung des Beklagten").
Diese Auslegung durch das Landgericht ist nach neuem Zivilprozessrecht nicht ohne weiteres durch eine mögliche andere Auslegung des Berufungsgerichtes zu ersetzen. Vielmehr hat eine Auslegung Bestand, wenn sie vertretbar ist und anerkannte Auslegungsgrundsätze nicht verletzt und die maßgebende Umstände nicht unberücksichtigt lässt oder falsch gewichtet. An eine solche fehlerfrei Auslegung ist das Berufungsgericht gebunden. (Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 513, 2; Celle OLGR 2002, 238).

Die Auslegung des Landgerichtes ist - jedenfalls im Ergebnis - nicht zu beanstanden.

Selbst wenn sich aber aus dem Vergleich durch Auslegung kein Aufrechnungsverbot herleiten lässt, so ist dennoch die Aufrechnungserklärung unwirksam, denn sie verstößt gegen Treu und Glauben.

Wenn die Klägerin mit dem Beklagten einen Vergleich schließt und sich verpflichtet, an den Beklagten restliches Honorar von 12.000 DM zu zahlen, dann kann sie die vereinbarte Zahlung des Honorars nicht dadurch umgehen, dass sie mit den jetzt geltend gemachten Ansprüchen aufrechnet.
Wer einen Vergleich schließt, kann sich der vereinbarten Zahlung nicht durch Aufrechnung entziehen, wenn er schon bei Abschluss des Vergleiches die Umstände, aus denen er die Aufrechnungslage herleitet, gekannt und sich dennoch nicht ausdrücklich die spätere Aufrechnung vorbehalten hat. Denn der andere Teil darf darauf vertrauen, dass der Zahlungspflichtige den ohne Aufrechnungsvorbehalt geschlossenen Vergleich und die darin vorbehaltlos übernommene Zahlungspflicht nicht wegen einer Aufrechnung mit diesen angeblichen Gegenansprüchen erneut in Frage stellt (vgl. BGH MDR 1980, 1017; BGHZ 120, 387ff. = NJW 1993, 1396ff.; OLG Köln OLGR 2002, 387).

So liegen die Dinge hier.

Die Klägerin hatte in dem früheren Verfahren vor Abschluss des Vergleiches über die restliche Honorarforderung des Beklagten sich u.a. verteidigt mit angeblicher Mangelhaftigkeit von Planungsleistungen des Beklagten und mit Nachlässigkeit der Bauaufsichtsführung und hierdurch entstandene Schäden und Minderwerte (BA 21). Ihren Vortrag dazu hatte sie deshalb nicht präzisiert, weil sie den Honoraranspruch nicht für prüfbar und nicht für fällig gehalten hatte. Später hatte sie - hilfsweise - aufgerechnet mit angeblichen Schadenersatzansprüchen im Zusammenhang mit unzureichender Schallisolierung und ungeeignetem Fassadenmaterial. Vor Abschluss des Vergleiches hatte ihr Prozessbevollmächtigter ausdrücklich erklärt, er halte an diesen Aufrechnungen nicht mehr fest (BA 57).
Wenn die Klägerin sodann einen Vergleich schließt und sich in dem Vergleich zur Zahlung von Architektenhonorar verpflichtet, ohne sich insoweit - trotz der ausdrücklichen Erklärung, an der Aufrechnung nicht festzuhalten - eine spätere Aufrechnung vorzubehalten, durfte der Beklagte darauf vertrauen, dass die Klägerin ihre Zahlungspflicht nicht durch - erneute - Aufrechnung unterlaufen würde.
Das gilt nicht nur für die im früheren Verfahren ausdrücklich - hilfsweise - aufgerechneten angeblichen Gegenansprüche, sondern auch für die im vorliegenden Verfahren nun aufgerechneten angeblichen Forderungen der Klägerin. Denn zumindest die tatsächlichen Umstände, aus denen sie nun eine Aufrechnungslage herleitet, waren ihr bei Abschluss des Vergleiches schon bekannt.
Dafür spricht auch die Ziff. 3 des Vergleiches. Danach sollte es - mit Ausnahme der in Ziff. 2 erledigten Ansprüche - bei den vertraglichen Verpflichtungen der Parteien bleiben. Das heißt, dass es der Klägerin vorbehalten bleiben sollte, etwaige Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Selbst in diesem Zusammenhang hat sie sich jedoch eine Aufrechnung nicht vorbehalten.

Aus den gleichen Gründen verstößt auch die Aufrechnung der Klägerin gegenüber dem Kostenerstattungsanspruch des Beklagten gegen Treu und Glauben (vgl. zur Wirkung eines Aufrechnungsverbotes Zöller/Herget, a.a.O., § 104, 21 "Aufrechnung").

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes nicht erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren
und Beschwer der Klägerin: 6.403,35 ? = 12.523,86 DM.

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 242

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