10.12.2004 · IWW-Abrufnummer 043127
Oberlandesgericht Karlsruhe: Urteil vom 20.07.2004 – 17 U 262/01
1. Grundsätzlich ist der Auftragnehmer nach der Anmeldung von Bedenken verpflichtet, die Vorgaben des Auftraggebers auch dann umzusetzen, wenn dieser die mitgeteilten Bedenken nicht teilt.
2. Ausnahmsweise steht dem Auftragnehmer jedoch dann ein Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn der (weiteren) Durchführung der Bauarbeiten, gegen die Bedenken angemeldet wurden, gesetzliche oder behördliche Bestimmungen entgegenstehen, insbesondere bei Gefahr für Leib und Leben.
3. Weist ein Bauherr Bedenken gegen eine Statik nur mit dem Hinweis auf eine Stellungnahme des mit der Aufstellung der Statik beauftragten Tragwerksplaners zurück, dann handelt er pflichtwidrig und der Bauunternehmer ist berechtigt, die Kosten für die Überprüfung seiner Bedenken geltend zu machen.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.07.2004 - 17 U 262/01
In dem Rechtsstreit
.....
hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2004 unter Mitwirkung von
Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller-Christmann
Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Seidel
Richter am Oberlandesgericht Lindner
für Recht erkannt:
I. Die Berufungen der Beklagten und des Streithelfers Ziffer 2 gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 02.11.2001 - 8 O 227/98 - werden zurückgewiesen.
II. Die Beklagte und der Streithelfer Ziffer 2 tragen die Kosten des Berufungsverfahrens,
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte und der Streithelfer Ziffer 2 können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Streitwert für das Berufungsverfahren; 290.659,-?.
Tatbestand
Die Parteien sind Baukonzerne. Sie waren gemeinsam an dem Bauvorhaben D-str. 150 in Kassel tätig. Die Klägerin war von der Beklagten mit Spezialtiefbauarbeiten beauftragt worden. Sie sollte eine Verbauwand mit Hilfe einer sog. Bodenvernagelung herstellen. Wegen der technischen Einzelheiten der Bauaufgabe wird auf die Klageschrift (Seite 4 - 5) und die darin enthaltenen Skizzen Bezug genommen.
Vertragsbestandteil waren das Auftragsschreiben der Beklagten vom 19.01.1996 mit Verhandlungsprotokoll und Angebot vom 22.12.1995 nebst Leistungsbeschrieb (Anlage K1). Weiterer Vertragsbestandteil waren das Baugrundgutachten des Streithelfers Ziffer 2 vom 15.12.1993 (Anlage K 2) sowie der Prüfbericht Dr. M. vom 10.07.1995 sowie die statische Berechnung des Streithelfers Ziffer 2 vom 31.05.1995 (Anlage K 3).
Die Klägerin begann Mitte Februar 1996 mit den Arbeiten an der Bodenvernagelung. Sie hatte bereits kein größeres Stück im Bereich der ersten Nagellage fertiggestellt als am 26.02.1996 auf einer Länge von etwa 12 Metern der bis dahin fertiggestellte obere Teil der Nagelwand im Bereich der Achse 1 und 3-4 abrutschte. Die Verbauhöhe betrug zum damaligen Zeitpunkt rund 1 Meter. Der Zustand nach Eintritt des Schadens ergibt sich aus den mit der Klageschrift vorgelegten Lichtbildern (I 6). Dadurch wurden die gesamten von der Klägerin bisher geleisteten Arbeiten unbrauchbar.
Die Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 27.02.1996 zur Fortsetzung der Arbeiten auf. Die Klägerin begann mit eigenen Untersuchungen. Sie äußerte Bedenken bezüglich der Standsicherheit der geplanten Verbauwand und äußerte insbesondere Zweifel daran, ob in der von dem Streithelfer Ziffer 2 vorgeschriebenen Art und Weise weitergebaut werden könne. Nachdem die Beklagte auf ihrem Standpunkt beharrte, teilte die Klägerin unter Hinweis auf die aus ihrer Sicht bestehende Gefahr von Sach- und Personensch äden mit, dass die angemeldeten Bedenken aufrecht erhalten würden und ein Weiterarbeiten auf der Basis der Statik des Streithelfers Ziffer 2 nicht in Betracht komme. In der Folgezeit korrespondierten die Parteien wiederholt über die Frage der Fortsetzung der Arbeiten. Die Beklagte setzte der Klägerin mehrfach eine Frist zur Wiederaufnahme der Arbeiten, zuletzt mit Schreiben vom 10.04.1996 (Anlage K 8b) unter Hinweis auf die sonst erfolgende Vertragsauflösung. Die Klägerin nahm die Arbeiten nicht wieder auf. Daraufhin kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 12.04.1996 (Anlage K 9a) das Vertragsverhältnis der Parteien mit sofortiger Wirkung.
Unter dem Datum des 04.07.1996 stellte die Klägerin der Beklagten ihre Schlussrechnung über einen Betrag von insgesamt 244.319,24 DM (Anlage K 11).
Mit vorliegender Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung der Vergütung in Anspruch genommen. Sie hat vorgetragen:
Während der Ausführung ihrer Leistungen sei festgestellt worden, dass die Berechnung der Nagellänge nicht den Regeln der Technik entspreche. Es seien viel zu kurze Erdnägel vorgegeben worden. Dadurch sei eine Gefahr für Leib und Leben ihrer Mitarbeiter sowie,für die umliegenden Grundstücke und Bauleistungen eingetreten. Unter diesen Umständen sei sie nicht zur Fortsetzung der Arbeiten verpflichtet gewesen.
Später habe sich herausgestellt, dass die Bedenken der Klägerin von Anfang an zutreffend gewesen seien, da die Standsicherheit der Bodenvernagelung nicht gewährleistet gewesen sei. Es liege ein Fehler des Ingenieurbüros des Streithelfers Ziffer 2 vor. Wegen der drohenden Gefahren sei die Klägerin dazu berechtigt gewesen, ihre Leistungen zu verweigern.
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe ein Anspruch sowohl für die erbrachten als auch die entfallenen Leistungen in Höhe von insgesamt 244.319,24 DM zu. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Sachvortrages wird auf die Klageschrift (I 16-30) Bezug genommen.
Die Klägerin hat beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 244.319,24 DM nebst 9,75 Zinsen hieraus seit dem 15.07.1996, mindestens jedoch Zinsen in Höhe von 1 % über dem jeweiligen Lombardsatz der Deutschen Bundesbank seit dem 15.07.1996 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegenüber der Klägerin aus dem Bauvorhaben ..... keine Forderung zusteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die dem Rechtsstreit beigetretenen Streithelfer haben sich dem Antrag der Beklagten angeschlossen.
Die Beklagte hat vorgetragen:
Der Schaden sei durch unsachgemäße Ausführung der Bauarbeiten seitens der Klägerin eingetreten. Diese habe die Arbeiten trotz gegenteiliger Anweisung des Statikers bei Frost ausgeführt. Die Verpressung der Anker sei mangelhaft erfolgt, auch seien die Verbauabschnitte viel zu groß bemessen worden. Entgegen der Behauptung der Klägerin hätten die Vorgaben des Streithelfers Ziffer 2 dem Stand der Technik entsprochen. Allein Ausführungsmängel und nicht eine fehlerhafte Statik seien die Ursache für das Abrutschen der Wand gewesen.
Die Klägerin sei nicht berechtigt gewesen, ihre Leistungen zu verweigern. Vielmehr hätte sie ihre Arbeiten unverzüglich wieder aufnehmen müssen. Wegen der Leistungsverweigerung habe die Beklagte zu Recht die außerordentliche Kündigung des Vertrages erklärt.
Die Beklagte sei infolge der unberechtigten Leistungsverweigerung dazu befugt gewesen, die Leistung - wie tatsächlich geschehen - durch einen Dritten ausführen zu lassen. Hierdurch sein Mehrkosten in Höhe von insgesamt 368.264,47 DM entstanden, für die die Klägerin aufzukommen habe. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den Schriftsatz der Beklagten vom 31.07.1998 (I 49-51) Bezug genommen.
Die Beklagte erhebt fürsorglich Einwendungen gegen die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Forderung. Insoweit wird auf den Schriftsatz vom 25.11.1998 (I 98-104) verwiesen.
Die Streithelferin Ziffer 1 wiederholt den Vortrag der Beklagten. Auch sie ist der Auffassung, dass die Schadensursache allein in Ausführungsmängeln bei den Verbauarbeiten unter den herrschenden Witterungsverhältnissen liege. Der Baugrubenverbau sei später von einem Ersatzunternehmen bei gleichen Vorgaben ohne jegliche Probleme ausgeführt worden.
Auch der Streithelfer Ziffer 2 ist der Auffassung, dass allein bauliche Mängel die Ursache für das Abrutschen gewesen seien. Die Beklagte sei deshalb berechtigt gewesen, den Bauvertrag fristlos zu kündigen.
Die Beklagte hat der Streithelferin Ziffer 1 den Streit verkündet. Diese ist auf ihrer Seite dem Rechtsstreit beigetreten. Weiterhin hat die Streithelferin Ziffer 1 dem Streithelfer Ziffer 2 und dem Prüfstatiker Dr. M. den Streit verkündet. Der Streithelfer Ziffer 2 ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nebst zweier Ergänzungen sowie Anhörung des Sachverständigen.
Wegen der Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien wird im Übrigen ergänzend auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Seite 3-7) Bezug genommen.
Mit Urteil vom 02.11.2001 hat das Landgericht der Klage zum weitaus überwiegenden Teil stattgegeben Auf die Gründe dieses Urteils (Seite 8-20) wird verwiesen.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagte und der Streithelfer Ziffer 2 mit den von ihnen eingelegter Berufungen. Sie wiederholen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und führen erglänzend aus:
Das erstinstanzliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. F. sei in mehrfacher Hinsicht unrichtig. Dieser habe nicht berücksichtigt, dass f ür den Bauzustand ein Sicherheitsbeiwert von 1,3 einzuhalten sei, wobei in der Fachliteratur sogar noch ein geringerer Wert für ausreichend erachtet werde. Auch sei es erforderlich, die maßgebenden tatsächlichen Grenznagelkräfte und Grenzschubkräfte in Ansatz zu bringen und nicht lediglich von allgemein zulässigen Werten auszugehen wie es der Sachverständige getan habe. Auch habe dieser die Ergebnisse später ausgeführter Nagelausziehversuche nicht berücksichtigt.
Der Sachverständige habe auch nicht in seine Überlegungen einbezogen, dass der Streithelfer Ziffer 2 die obligatorischen Verkehrslasten in seiner Statik und in seinen Vergleichsberechnungen tatsächlich berücksichtigt habe. Im übrigen sei die Nagellänge überhaupt nicht gutachtlich geklärt. Der Sachverständige habe auch nach den vom Streithelfer Ziffer 2 durchgesetzten Änderungen seine Berechnungsmethoden nicht angemessen korrigiert.
Vor allem aber sei einzuwenden, dass der Sachverständige eine eindeutige Feststellung dahin unterlassen habe, dass die Schadensursache für das Abrutschen allein in der unsachgemäßen Ausführung der Arbeiten durch die Klägerin liege. Die Statikplanung des Streithelfers Ziffer 2 sei hierfür nicht ursächlich gewesen.
Die Beklagte und der Streithelfer Ziffer 2 beantragen,
das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin wiederholt ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und beruft sich auf die Gründe des landgerichtlichen Urteils, die sie für zutreffend hält. Die Ausführungen des erstinstanzlich tätiger Sachverständigen seien in vollem Umfang zutreffend, die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nicht erforderlich. Ein weiterer von ihr außergerichtlich beauftragter Sachverständiger, Prof. Dr. K., sei ebenfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass die Standsicherheit der Bodenvernagelung für den streitgegenständlichen Bauabschnitt 1 durch die statischen Berechnungen des Streithelfers Ziffer 2 nicht gewährleistet gewesen sei.
Wegen der Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien wird im Übrigen ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden verwiesen.
Gemäß Beweisbeschluss vom 13.05.2003 (II 213-217) wurde im Berufungsverfahren Beweis erhoben durch Einholung eines ergänzenden Gutachtens des erstinstanzlich bereits tätigen Sachverständigen Prof. Dr. F.. Auf das Gutachten vom 23.11.2003 wird verwiesen. Der Sachverständige wurde ferner nach Einwendungen der Berufungsführer im Senatstermin vom 15.06.2004 mit dem aus dem Protokoll ersichtlichen Ergebnis (II 371-375) gehört.
Entscheidungsgründe
Die zulässigen Berufungen der Beklagten und des Streithelfers Ziffer 2 sind sachlich nicht begründet. Das Landgericht hat der Klage zu Recht zum weitaus überwiegenden Teil stattgegeben. Auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen (§ 543 Abs. 2 a. F. ZPO). Die im Berufungsverfahren geltend gemachten Einwendungen der Berufungsführer gegen das erstinstanzliche Urteil rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.
I.
1) Die Auffassung der Berufungsführer, es sei im vorliegenden Fall ein sog. Sicherheitsbeiwert von 1,3 bzw. 1,2 ausreichend gewesen, teilt der Sachverständige Prof. Dr. F. in seinem Ergänzungsgutachten vom 26.11.2003 nicht. Er hat hierzu überzeugend ausgeführt (Seite 4 f., 10 f.), dass eine qualifizierte Ausführungsstatik dem Stand der Technik nur dann gerecht werde, wenn die Sicherheitsberechnungen an den normativ bzw. den in der "Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung" geforderten Sicherheitsbeiwerten gemessen werde. Diesen Anforderungen genüge aber die von dem Streithelfer Ziffer 2 erstellte Ausführungsstatik nicht. Denn weder die ursprüngliche Ausführungsplanung der Bodenvernagelung noch die nach Eintritt des Schadensfalles geänderte Planung seien ausreichend sicher gewesen (Gutachten Seite 2, 10 f.). Denn der danach erforderliche Sicherheitsbeiwert werde mit der von dem Streithelfer Ziffer 2 erstellten Ausführungsstatik in beiden Fällen nicht erreicht und die vorgesehenen Nagellängen seien zudem zu kurz bemessen gewesen. Es habe damit ein relevantes Sicherheitsrisiko bestanden (Gutachten Seite 5). Der Sachverständige Prof. Dr. F. ist insbesondere der Behauptung des Streithelfers Ziffer 2 entgegengetreten, es handle sich bei der Verbauwand nur um einen Baubehelf, der geringere Sicherheitsanforderungen stelle. Er hat dies damit begründet (Gutachten Seite 11 ), dass die "Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung" eine derartige Differenzierung nicht vorsehe. Die Bodenvernagelung sei nach bestimmten Bemessungs- und Baugrundsätzen herzustellen, ohne Berücksichtigung der Nutzungsart. Der Senat hält diese Ausführungen des Sachverständigen für überzeugend, wobei insbesondere auch zu berücksichtigen ist, dass selbst bei einer nur vorläufigen Baumassnahme sichergestellt sein muss, dass die Gefahr von Personen und Sachschäden nach Möglichkeit ausgeschlossen sein muss.
2) Was die Frage der Grenznagelkräfte und Grenzschubkräfte anbetrifft, so hat der Sachverständige Prof. Dr. F. in seinem im Berufungsverfahren erstatteten Ergänzungsgutachten (Seite 11-12) überzeugend ausgeführt, dass es wegen des zu hohen Sicherheitsrisikos nicht zulässig sei, die den Bruchzustand kennzeichnenden Grenzkräfte zugrunde zu legen, sondern die mit Sicherheitswerten abgeminderten Bemessungskräfte in der statischen Berechnung und Ausführungsplanung anzusetzen seien. Insoweit sei die Ausführungsplanung und statische Berechnung von diesen Grundsätzen abgewichen und habe die Nägel zu kurz und das System ohne ausreichende Sicherheitsreserve bemessen. Auch seien hier entgegen üblicher Praxis die charakteristischen Widerstände des Baugrundes nicht durch Probebelastung, Berechnung der Erfahrungswerte ermittelt worden. Der Einwand des Streithelfers Ziffer 2, die tatsächlichen Grenznagelkräfte zugrunde zu legen, scheitert im Übrigen daran, dass diese - wie von dem Sachverständigen ausgeführt - im Zeitpunkt der Ausführungsplanung und Aufstellung der Statik noch gar nicht bekannt waren, vielmehr erst Monate nach Schadenseintritt ermittelt wurden.
3) Die Frage der Verkehrslasten hat der Sachverständige Prof. Dr. F. in seinem Gutachten vom 07.2.2000 (Seite 5) beschrieben und in diesem Zusammenhang insbesondere auch die maßgebenden technischen Vorschriften (EAB etc.) berücksichtigt. In seinem im Berufungsverfahren erstatteten Ergänzungsgutachten (Blatt 12-13) hat der Sachverständige zudem darauf hingewiesen, dass dieser von dem Streithelfer Ziffer 2 aufgeworfenen Frage ohnehin keine entscheidende Bedeutung zukommt. Denn die bereits früher angestellten Vergleichsberechnungen hätten keinen signifikanten Einfluss von statisch wirkenden Verkehrslasten auf die Standsicherheit aufgezeigt. Nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen sind in der statischen Berechnung keine dynamischen Lasten (z. B. durch Baustellenverkehr oder Verdichtung der Rohrgrabenverfüllung) berücksichtigt, was von besonderer Bedeutung ist, wenn die Wand - wie hier - keine ausreichende Sicherheitsreserve aufweist.
4) Bezüglich der Frage der Nagellänge ist der Sachverständige in seinem Gutachten vom 30.06.1999 zu Recht von dem aufgrund der Planung realisierten baulichen Zustand vor Schadenseintritt ausgegangen. Danach waren sowohl die Nagellängen als auch die Nagel Durchmesser nicht ausreichend, um den erforderlichen Sicherheitsbeiwert zu erreichen. Auf die Frage, ob dies später durch geänderte Maßnahmen seitens einer anderen Firma erreicht wurde, kommt es nicht entscheidend an, da das Vertragsverhältnis der Parteien zu diesem Zeitpunkt bereits beendet war.
5) Der Einwand des Streithelfers Ziffer 2, die Statikplanung sei für den eingetretenen Schaden in keiner Weise ursächlich, ist durch das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. F. eindeutig widerlegt worden. Dieser hat in seinem im Berufungsverfahren erstatteten Ergänzungsgutachten (Seite 14) nochmals den Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und der fehlerhaften Ausführungsplanung bejaht. Denn für die beiden ersten Aushubabschnitte seien die Nägel zu kurz und die Aushublänge und -h öhe zu groß bemessen und dementsprechend falsch vorgegeben worden (vgl. auch Anhörung II 373). Es könne insbesondere keinerlei Zweifel daran bestehen, dass die Ausführungsplanung fehlerhaft gewesen sei. Auch seien die Prüfbemerkungen nicht realisiert worden. die Berechnungen hätten nicht dem Stand der Bemessungstechnik entsprochen.
Unter diesen Umständen verbleibt es bei dem vom Landgericht gefundenen Ergebnis, dass die Klägerin zu Recht Bedenken gegen eine weitere Ausführung der Verbauwand nach den Vorgaben der Statik angemeldet hat und ihr deshalb zugleich auch ein Leistungsverweigerungsrecht bezüglich der weiteren Arbeiten zustand Daran ändert die Tatsache nichts, dass der Sachverständige in seinem im Berufungsverfahren erstatteten Ergänzungsgutachten (Seite 14) auch Anhaltspunkte für eine unsachgemäße Ausführung diskutiert. Denn die entscheidenden Ursachen (fehlerhafte Ausführungsplanung, unsachgemäße Überwachung) resultieren aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten als Hauptunternehmerin bzw. dem mit ihr in einem Vertragsverhältnis stehenden Bauherrn und der von diesem wiederum beauftragten Planer.
6) Zu der Frage, ob ein Bodennagel einen sog. Schuh aufweist, hat der Sachverständige Prof. Dr. F. in seinem im Berufungsverfahren erstatteten Ergänzungsgutachten (Seite 15) umfassend Stellung genommen. Er hat hierzu überzeugend ausgeführt, wie es zu der diesbezüglichen Äußerung im erstinstanzlichen Verfahren gekommen ist und dass diesem Punkt keine entscheidungserhebliche Bedeutung zukommt.
7) Der Sachverständige Prof. Dr. F. hat insbesondere zu den weiteren Einwendungen des Streithelfers Ziffer 2 im Schriftsatz vom 16,02. und 25.02.2004 (II 279-343, 351-353) bei seiner Anhörung im Senatstermin vom 15.06.2004 Stellung genommen. Er hat dabei u. a. dargelegt, dass diese Ausführungen keine Veranlassung dazu geben, von seinen Feststellungen in den verschiedenen bereits erstatteten Gutachten abzuweichen. Dies gelte insbesondere für die Frage der Sicherheitsbeiwerte sowie die Tatsache, dass es sich um die Beurteilung eines Bau- und nicht eines Endzustandes gehandelt habe. Der Frage der Spritzbetonwandstärken kommt im vorliegenden Zusammenhang nach der Darstellung des Sachverständigen keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu, da die Ankerkräfte im Erdkörper und nicht in der Spritzbetonschale aufzunehmen sind und eine gegenteilige Praxis den Zulassungsrichtlinien widersprechen würde.
8) Der Senat sieht kein Notwendigkeit für die beantragte Einholung eines Gutachtens eines anderen Sachverständigen, da die Voraussetzungen des § 412 ZPO nicht gegeben sind. Die erstatteten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. F. sind überzeugend und mangelfrei. Der Gutachter ist unter Auswertung des gesamten Akteninhalts auch von zutreffenden tatsächlichen Anknüpfungstatsachen ausgegangen. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gutachter nicht über die notwendige Sachkunde verfügt.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Eine Zulassung der Revision kam nicht in Betracht, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.