Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

15.12.2004 · IWW-Abrufnummer 043152

Verwaltungsgericht Neustadt: Urteil vom 12.10.2004 – 6 K 813/04.NW

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


6 K 813/04.NW

VERWALTUNGSGERICHT NEUSTADT AN DER WEINSTRASSE

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Beamtenrechts (Rückabwicklung der Altersteilzeit)

hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2004, an der teilgenommen haben
........
für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Rückgängigmachung der ihr bewilligten und angetretenen Altersteilzeit und die Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31. Juli 2003.

Sie ist 1942 geboren und steht als Lehrerin im Dienst des Beklagten. Im November 1995 wurde ihr vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung von 50 % zu-erkannt. Sie beantragte im Februar 2001 beim Beklagten die Bewilligung von Altersteilzeit im Blockmodell ab August 2001 bis zum Beginn ihres Ruhestandes, für den sie als schwerbehinderte Lehrkraft den 31. Juli 2003 wählte. Entsprechend bewilligte der Beklagte ihr Altersteilzeit mit Bescheid vom 18. April 2001. Bereits am 17. Mai 2001 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie sich bei Antragstellung über den Zeitpunkt des Beginns ihres Ruhestandes geirrt habe und bat um Verlängerung der Altersteilzeit bis zum 31. Juli 2005. Mit Bescheid vom 28. Mai 2001 entsprach der Beklagte diesem Antrag und setzte die Arbeitsphase der Altersteilzeit im Blockmodell vom 1. August 2001 bis zum 31. Juli 2003, die Freistellungsphase vom 1. August 2003 bis 31. Juli 2005 fest.

Mit Schreiben vom 9. März 2003 stellte die Klägerin den Antrag auf vorzeitige Ruhestandsversetzung aufgrund ihrer Schwerbehinderung und Aufhebung der Altersteilzeit. Sie begründete dies damit, aufgrund ihrer geschiedenen Ehe und ihrer langjährigen Behinderung habe sie ein Anrecht auf eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 60 Jahren. Sie habe die letzten Jahre mehr schlecht als recht über ihre Leistungsgrenze hinaus gearbeitet. Nun sei sie nervlich und körperlich am Ende. Sie sei der Auffassung gewesen, die Altersrente der BfA setze voraus, dass sie nicht mehr arbeite, was ab August 2003 der Fall sei. Erst jetzt habe man ihr mitgeteilt, dass die Altersrente an die Zahlung von Versorgungsbezügen geknüpft sei. Hier fehle die Beratung zwischen den Systemen. Nachdem die vorgezogene Altersrente mit 60 aufgrund der Schwerbehinderung möglich geworden sei, habe sie Nachzahlungen in Höhe von 744,96 ? bei der BfA geleistet. Aus diesen Gründen, vor allem im Hinblick auf ihren schlechten psychischen und physischen Gesundheitszustand sehe sie sich gezwungen, ihre vorzeitige Ruhestandsversetzung aufgrund einer Schwerbehinderung ab 1. August 2003 zu beantragen. Sie errechnete die Differenz ihrer monatlichen Bezüge bei Durchführung der Altersteilzeit und bei vorzeitiger Ruhestandsversetzung unter Einschluss der Versorgungsausgleichsrente der BfA auf brutto 332,-- ? monatlich. Nach Mitteilung der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 2. Juli 2003 gegenüber dem Beklagten erhöht sich demgegenüber ihr Ruhegehalt bei einer späteren Ruhestandsversetzung am 1. August 2005 gegenüber dem Ruhegehalt ab 1. August 2003 um monatlich 53,95 ? brutto.

Der Beklagte beteiligte die Schwerbehindertenvertretung und den Bezirkspersonalrat, die einen besonderen Härtefall in der gesundheitlichen Situation der Klägerin bzw. den vorgebrachten finanziellen Gründen sahen. Der Beklagte vertrat dagegen die Auffassung, die Klägerin habe, wie bereits bei ihrem ursprünglichen Antrag, Ruhestandsbeginn und Beginn der Freistellungsphase verwechselt. Die bloße Unkenntnis über finanzielle Auswirkungen der gewünschten Altersteilzeit stelle keinen Härtefall dar. Schwerwiegende Gründe, die eine Rückabwicklung der Altersteilzeit aus Fürsorgegesichtspunkten gebieten würden, seien nicht gegeben. Gesundheitliche Gründe könnten keine Rolle spielen, da die Arbeitsverpflichtung jedenfalls zum 31. Juli 2003 ende. Mit Bescheid vom 24. Juli 2003 lehnte er die Rückabwicklung der Altersteilzeit ab.

Hiergegen erhob die Klägerin am 19. August 2003 Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2004 zurückwies.

Die Klägerin hat am 18. März 2004 Klage erhoben. Sie trägt vor, sie sei von verschiedener Seite falsch beraten worden. Erst nach Erhalt des Altersteilzeitbescheides habe sie erfahren, dass die Altersrente der BfA bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres ohne Abschläge ausgezahlt werden könne. Davor sei sie davon ausgegangen, dass die Rente abzugsfrei erst ab dem 65. Lebensjahr gewährt werde, deshalb habe sie zunächst eine Korrektur ihrer Altersteilzeit vorgenommen. Unabhängig davon hätten seit Anfang 2003 ihre gesundheitlichen Probleme derart zugenommen, dass sie spätestens seit 1. August 2003 dienstunfähig sei. Sie habe auch deswegen die Rückabwicklung der Altersteilzeit und ihre Versetzung in den Ruhestand beantragt. Sie könne die Ruhephase nach dem Altersteilzeitblockmodell nicht in Anspruch nehmen, weshalb eine Rückabwicklung erfolgen müsse.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 24. Juli 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Mai 2001 - soweit er Altersteilzeit bewilligt - sie mit Wirkung zum 31. Juli 2003 in den Ruhestand zu versetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, ein Antrag auf Ruhestandsversetzung wegen vorzeitiger Dienstunfähigkeit sei bisher nicht gestellt worden. Nach entsprechender Klarstellung durch die Klägerin werde dies geprüft. Eine rückwirkende Ruhestandsversetzung sei indessen nicht möglich. Seitens des Dienstherrn hätten bis zum Eintritt in die Freistellungsphase keine Zweifel an ihrer Dienstfähigkeit bestanden. Ein Anspruch auf Rückabwicklung der Altersteilzeit bestehe nicht. An die einmal bewilligte und angetretene Altersteilzeit seien beide Beteiligte gebunden. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Klägerin bereits einmal ihre Altersteilzeit korrigiert habe, sei aus Gründen der personalen Haushaltsplanung eine Rückabwicklung nur bei Annahme eines außergewöhnlichen Härtefalles möglich. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der bereits erbrachten Arbeitsphase keine entsprechende Freistellung mehr gegenüber gestellt werden könne, so dass eine Rückabwicklung zu einer Ausgleichszahlung führen müsse. Eine Ausnahme komme deshalb nur in Betracht, wenn sich nicht vorhersehbare Änderungen in der Lebenssituation ergäben, die das Festhalten an der gewählten Altersteilzeit zu einer außergewöhnlichen Härte machen würden. Motivirrtümer über die finanziellen Auswirkungen der Altersteilzeit beträfen grundsätzlich den Privatbereich und könnten nicht berücksichtigt werden. Der Dienstherr könne keine Auskunft über anderweitige Rentenansprüche geben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet.

Soweit die Klägerin die vorzeitige Ruhestandsversetzung unter Berufung auf eine dauernde Dienstunfähigkeit gemäß §§ 56, 57 Landesbeamtengesetz - LBG - begehrt, ist die Klage unzulässig, denn es fehlt hierfür derzeit am Rechtsschutzbedürfnis. Die Klägerin hat dieses Begehren gegenüber dem Beklagten erstmals im Laufe des Klageverfahrens mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 7. Juni 2004 formuliert und sodann unter dem 19. Juli 2004 förmlich beantragt, sie wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen. Daraufhin hat der Beklagte das entsprechende Verwaltungsverfahren eingeleitet und eine amtsärztliche Untersuchung veranlasst, deren Ergebnis noch aussteht. Eine Entscheidung über die Ruhestandsversetzung konnte aus diesem Grunde noch nicht getroffen werden. Die Klägerin kann in dieser Situation nicht sogleich auf ihre Ruhestandsversetzung klagen, sondern muss den Bescheid des Beklagten abwarten und sodann erforderlichenfalls noch ein Vorverfahren gemäß § 126 Beamtenrechtsrahmengesetz - BRRG - durchführen.

Entgegen ihrer Auffassung war ein Antrag auf Ruhestandsversetzung wegen vorzeitiger dauernder Dienstunfähigkeit nicht in ihrem Schreiben an den Beklagten vom 9. März 2003 enthalten - mit der Folge, dass dann die Klage als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO zulässig sein könnte. Dieser Antrag ist bei verständiger Würdigung allein dahin auszulegen, dass sie hiermit die vorzeitige Ruhestandsversetzung wegen Schwerbehinderung gemäß § 59 Nr. 2 LBG, nicht aber wegen dauernder Dienstunfähigkeit gemäß § 56 LBG begehrte. Das ausdrückliches Vorbringen, dauernd dienstunfähig zu sein, enthält das Schreiben vom 9. März 2003 nicht, vielmehr drehten sich die damaligen Ausführungen der Klägerin ausschließlich um die vorzeitige Ruhestandsversetzung als Schwerbehinderte mit 60 Jahren. Auch der Hinweis auf ihre gesundheitliche Verfassung beinhaltet nicht die Geltendmachung einer dauernden Dienstunfähigkeit. Dieser Hinweis sollte erkennbar lediglich ihren Antrag unterstützen, als schwerbehinderte Beamtin nunmehr doch die vorzeitige Altersgrenze des § 59 Nr. 2 LBG in Anspruch nehmen zu wollen. Denn die gesundheitliche Konstitution ist typischerweise ein Beweggrund für die Entscheidung eines schwerbehinderten Beamten, den vorzeitigen Ruhestand zu wählen, ohne dass damit notwendig eine dauernde Dienstunfähigkeit verbunden ist. Die Klägerin war nach ihren eigenen Angaben und nach der Kenntnis des Dienstherrn im damaligen Zeitraum ab Frühjahr 2003 auch nicht häufig oder längerfristig dienstunfähig erkrankt, vielmehr hat sie ihren Dienst tatsächlich bis zum Beginn der passiven Phase der Altersteilzeit verrichtet. Auch in Verbindung mit dem im Klageverfahren vorgelegten Schreiben vom 31. Januar 2003 an den Bezirkspersonalrat ergibt sich keine andere Bewertung. Hierin wird ebenfalls ausschließlich Bezug genommen auf die gewünschte vorzeitige Ruhestandsversetzung mit 60 als Schwerbehinderte.

Soweit die Klägerin begehrt, die Altersteilzeit im Blockmodell durch Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 28. Mai 2001 rückgängig zu machen und sie sodann auf Antrag mit 60 Jahren gemäß § 59 Nr. 2 LBG als Schwerbehinderte vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen, ist ihre Klage zulässig, aber unbegründet. Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Altersteilzeit, die gemäß § 49 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - erfolgen müsste (vgl. VG Koblenz, Urteil vom 16. April 2003 - 9 K 3018/02.KO -), liegen nicht vor. Der Beklagte hat zu Recht für die Rückabwicklung der bewilligten und bereits angetretenen Altersteilzeit besondere Härtegründe verlangt, da das durch die Altersteilzeit geänderte Dienstverhältnis grundsätzlich für den Dienstherren und die Beamtin bindend ist. Im Rahmen der Fürsorgepflicht muss dennoch die Möglichkeit eröffnet sein, diese Bindung in besonders gelagerten Ausnahmefällen zu lösen, wenn etwa eine Entwicklung eintritt, die für den Beamten nicht vorhersehbar war, und die das Festhalten an der Altersteilzeit für ihn unzumutbar erscheinen lässt. Der Beklagte hat die von der Klägerin vorgetragenen Umstände im Hinblick hierauf gewürdigt und zu Recht festgestellt, dass weder die gesundheitlichen Gründe unter Berücksichtigung ihrer Schwerbehinderung noch die finanziellen Nachteile der Klägerin den erforderlichen Härtefall begründen können. Das Gericht schließt sich dieser Bewertung an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf den Widerspruchsbescheid. Ergänzend soll nochmals betont werden, dass die finanziellen Nachteile, die die Klägerin über insgesamt zwei Jahre bei vollständiger Durchführung der Altersteilzeit bis 2005 erleidet, jedenfalls zum Teil durch zukünftig höhere Versorgungsbezüge bei einer späteren Ruhestandsversetzung ausgeglichen werden, und dass die Rente der BfA lediglich zu einem späteren Zeitpunkt, aber dann in ungeminderter Höhe ausgezahlt werden wird. Die gesundheitliche Verfassung der Klägerin unterhalb der Schwelle einer dauernden Dienstunfähigkeit stellt ebenfalls keine Härte dar, da die Klägerin seit 1. August 2003 nicht mehr zur aktiven Dienstleistung verpflichtet ist. Ferner entspricht es auch der Überzeugung des Gerichts, dass der Irrtum der Klägerin über die Voraussetzungen für die Auszahlung der BfA-Rente ihrer eigenen Risikosphäre, nicht derjenigen des Beklagten zuzurechnen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung ...

B e s c h l u s s

Der Streitwert wird auf 7.968,-- ? festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG), dieser Betrag entspricht dem Zweijahresbetrag der von der Klägerin geltend gemachten monatlichen Einbußen bei Durchführung der Altersteilzeit bis Juli 2005.

RechtsgebieteVerwaltungsrecht, Beamtenrecht, AltersteilzeitVorschriften§ 59 LBG

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr