13.09.2004 · IWW-Abrufnummer 042161
Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 11.03.2004 – 6 K 1295/02
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Verkündet am: 11.03.2004
gez.: ...
Richterin am Finanzgericht
FINANZGERICHT RHEINLAND-PFALZ
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Finanzrechtsstreit
1. des Herrn ...
2. der Frau ...
- Kl äger -
Prozessbevollmächtigt: zu 1 ? 2 ...
gegen
das Finanzamt ...
- Beklagter -
6 K 1295/02
wegen Einkommensteuer 1995
hat der 6. Senat durch
den Vizepräsidenten des Finanzgerichts ... als Vorsitzender
die Richterin am Finanzgericht ...
die Richterin am Finanzgericht ...
den ehrenamtlicher Richter ...
die ehrenamtliche Richterin ...
augrund mündlicher Verhandlung vom 11. März 2004 für Recht erkannt:
I. Der Einkommensteuerbescheid 1995 vom 20. November 2002 wird dahingehend geändert, dass die Zahlung an den Kläger in Höhe von 150.000,- DM aus dem Vertrag vom 2. Januar 1995 nicht zu den laufenden gewerblichen Einkünften gerechnet, sondern in der abgezinsten Höhe von 131.640,- DM als Veräußerungserlös gemäß § 16 Abs. 4 i. V. m. § 34 Abs. 2 EStG der Einkommensteuer unterworfen wird.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe der noch festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Zahlungen an den Kläger für die Übertragung einer Handelsagentur laufender Gewinn gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder nach §§ 16 Abs. 4, 34 Abs. 2 Nr. 1 Einkommensteuergesetz begünstigter Veräußerungsgewinn ist.
Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger, Herr Hans ..., war als selbständiger Handelsvertreter in der Süsswarenspezialitätenbranche tätig. Mit Vertrag vom 2. Januar 1995 (Rb-Akte, Bl. 3) übertrug er seine Handelsagentur an seinen Sohn, Herrn .... Der Übertragungsvertrag lautet wie folgt:
?Herr ... überträgt mit Wirkung vom 2. Januar 1995 seine Handelsagentur (ohne Gebäudeanteil Büro, Ausbau Archiv und der Forderung an ... an Herrn ...).
Als Kaufpreis erhält Herr ... einen Betrag in Höhe von 150.000,- DM zahlbar in monatlichen Raten von 2.500,- DM. Die erste Rate wird erstmals am 30.01.1995 geleistet. Eine Verzinsung der Raten wird nicht vereinbart.?
Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2003 legten die Kläger Bestätigungsschreiben vom 02.01.1995 der durch den Kläger vertretenen Firmen vor (FG-Akte, Bl. 37-40). Die ? inhaltsgleichen ? Vereinbarungen lauten wie folgt:
?Wir bestätigen das mit Ihnen in den letzten Wochen d. J. 1994 geführte Gespräch und die dabei getroffenen Vereinbarungen, wonach das Vertragsverhältnis ... zum 02.01.1995 auf Herrn ... mit allen Rechten und Pflichten übertragen worden ist.
Außerdem haben wir ausdrücklich vereinbart und festgelegt, dass die zum 02.01.1995 vorhandenen Kunden als von Herrn ... geworben gelten.
Eine Ausgleichszahlung gegenüber dem ausscheidenden Senior findet deshalb nicht statt.?
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1995 gingen die Kläger von einer Betriebsaufgabe des Klägers aus und erklärten einen Aufgabegewinn in Höhe von 160.888,31 DM. In dem Betrag enthalten war der als Abfindung nach § 89 b HGB bezeichnete Kaufpreis von 150.000,- DM (ESt-Akte 1995, Bl. 14). Nach Abzug eines Freibetrages gemäß § 16 Abs. 4 EStG in Höhe von 120.000,- DM ermittelte der Kläger einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn von 40.888,- DM.
Der Einkommensteuerbescheid vom 11. September 1998 erging erklärungsgemäß ? unter Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gemäß § 34 Abs. 2 EStG für den erklärten Veräußerungsgewinn ? und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Im Rahmen einer im Jahr 1999 u. a. für das Streitjahr 1995 durchgeführten Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die Zahlung von 150.000,- DM des Sohnes an den Kläger als laufender Gewinn zu behandeln sei. Nach Abzug der Gewerbesteuerrückstellung von 8.092,- DM ergab sich ein anzusetzender laufender Gewinn in Höhe von 141.908,- DM. Der erklärte Veräußerungsgewinn von 160.888,- DM wurde entsprechend um den Abfindungsbetrag von 150.000,- DM auf 10.888,- DM gemindert (Bericht über die Außenprüfung vom 15. Oktober 1999, Tnr. 1.01 ff, BP-Berichtsakte, Bl. 5).
Das Finanzamt schloss sich der Auffassung des Prüfers an und erließ am 10. Dezember 1999 einen gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid 1995, in dem der laufende Gewinn dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 c EStG unterworfen wurde.
Mit dem rechtzeitig erhobenen Einspruch wandten sich die Kläger ein, im Streitfall handele es sich nicht um die Überlassung einer bestimmten Vertretung eines Unternehmens durch einen Handelsvertreter, sondern um die Übertragung des gesamten Betriebes auf den Sohn des Klägers. Die vom Finanzamt angewandten BFH-Urteile, die im Übrigen zu § 89 b HGB alte Fassung ergangen seien, seien deshalb nicht anwendbar. Gemäß § 89 b Abs. 2 Nr. 3 HGB (n.F.) entstehe für den Handelsvertreter kein Ausgleichsanspruch, wenn aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintrete. Aufgrund des Wegfalls des Anspruchs werde üblicherweise vom Nachfolger für den Wert des Unternehmens eine Abstandssumme gezahlt. Nur die Zahlung des Unternehmers würde jedoch einen ? steuerlich begünstigten ? Ausgleich nach § 89 b HGB darstellen. Daneben bestehe zusätzlich für jeden Unternehmer die Möglichkeit, das Handelsvertretungsgeschäft an einen Betriebsnachfolger zu veräußern. Die Zahlung, die der Nachfolger aufgrund der Übernahmevereinbarung mit dem seine Tätigkeit beendenden Handelsvertreter leiste, sei eindeutig Betriebsveräußerungsgewinn i. S. des § 16 EStG.
Im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens wies der Beklagte die Kläger darauf hin, dass die Anwendung des § 89 b Abs. 3 Nr. 3 HGB (n. F.) zur Folge habe, dass die Zahlung des Nachfolgers an den Kläger nicht mehr als steuerlich begünstigter Ausgleichsanspruch behandelt werden könne, sondern die Zahlung lediglich zu den ? nach § 32 c EStG begünstigten ? gewerblichen Einkünften gehöre. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Begünstigung lägen jedoch nicht vor.
Mit Entscheidung vom 4. Februar 2002 wies der Beklagte den Einspruch, den die Kläger trotz des Hinweises des Finanzamtes aufrecht erhielten, unter anderweitiger, höherer Festsetzung der Einkommensteuer zurück. Zur Begründung führte er aus, der Ausgleichsbetrag nach § 89 b HGB unterliege auch dann der Gewerbesteuer, wenn die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes zusammenfalle. Im Streitfall lägen jedoch die Voraussetzungen des § 89 Abs. 3 Nr. 3 HGB (n.F.), der vorliegend anzuwenden sei, vor. Die Zahlungen des Sohnes würden nämlich auf einem selbständigen Vertrag zwischen dem Kläger und seinem Nachfolger beruhen. Der Kläger habe auch ausdrücklich erklärt, dass die vertretenen Firmen zu der Übertragung der Handelsagentur ihre Zustimmung gegeben hätten. Bei der Zahlung habe es sich mithin nicht um einen nach § 24 Nr. 1 c i.V.m. § 34 EStG begünstigten Ausgleichsanspruch, gehandelt, vielmehr greife der Ausschlusstatbestand des § 89 Abs. 3 Nr. 3 HGB. Entgegen der Auffassung der Kläger würden die Zahlungen auch keinen Veräußerungserlös darstellen, sondern seien gewerblichen Einkünften i.S. des § 32 c EStG.
Mit der rechtzeitig erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren, die Zahlung des Sohnes an den Kläger als Veräußerungserlös zu behandeln, weiter. Zur Begründung führen sie aus, der Kläger habe die Zahlungen des Sohnes eindeutig als Erlös für die Veräußerung des Handelsvertreterbetriebes erzielt, so dass die Einkommensteuer entsprechend der Vorschrift des § 16 Abs. 4 i.V.m. § 34 Abs. 2 EStG zu erheben sei. Voraussetzung für die steuerliche Behandlung nach § 16 EStG sei nur, dass ?der Betrieb im Wesentlichen als Ganzes?, d. h. als Einheit, übertragen werde. Dies sei vorliegend erfolgt.
Am 20. November 2002 erging wegen nachgemeldeter Kapitalerträge ein gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderter Einkommensteuerbescheid 1995. In dem hier streitigen Punkt blieb der Bescheid unverändert.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 1995 vom 20. November 2002 dahingehend zu ändern, dass die Zahlung an den Kläger in Höhe von 150.000,- DM aus dem Vertrag vom 2. Januar 1995 nicht zu den laufenden gewerblichen Einkünften gerechnet wird, sondern in der abgezinsten Höhe von 131.640,- DM als Veräußerungserlös gemäß § 16 Abs. 4 i.V.m. § 34 Abs. 2 EStG der Einkommensteuer unterworfen wird.
Der Beklagte beantrag,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung (Bl. 39 ff. ESt-Akte ? Rb-Verfahren).
Wegen der Einzelheiten wird auf die mit Textziffern bezeichneten Schriftsätze und sonstigen Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Bei den von Herrn ... an den Kläger zu leistenden Ratenzahlungen handelt es sich um einen Veräußerungserlös i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG und nicht um laufenden Gewinn gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
1.
Der mit dem Kläger vereinbarte Kaufpreis stellt keinen laufenden Gewinn dar. Zwar unterliegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH der Ausgleichsbetrag, den ein Handelsvertreter gemäß § 89b HGB erhält, als laufender Gewinn der Gewerbesteuer auch dann, wenn die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes des Handelsvertreters zusammenfällt. Maßgebend hierfür ist aber, dass die Ausgleichszahlung auf einem Anspruch beruht, der seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Natur noch ein zusätzlicher Vergütungsanspruch des Handelsvertreters für die vor Vertragsende geleisteten und nach Vertragsende fortwirkenden Dienste ist, der unmittelbar aus dem Handelsvertreterverhältnis folgt und keinen besonderen Willensentschluss voraussetzt, wie ihn die Aufgabe einer Tätigkeit oder eines Gewerbebetriebs erfordert. Die Entstehung des Ausgleichsanspruchs ist einkommensteuerrechtlich somit dem laufenden Gewinn, nicht dem Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn zuzuordnen. BFH-Urteil vom 25. Juli 1990 X R 111/88, BStBl. II 1991, 218 zu § 89 b HGB a.F.).
Im Streitfall liegt eine derartige Ausgleichszahlung gemäß § 89 b Abs. 1 HGB nicht vor. Gemäß § 89 b Abs. 1 HGB (in der ab 1. Januar 1990 gültigen Fassung, die jedoch in Abs. 1 der bis zum 31.12.1989 geltenden Fassung vom 13. Mai 1976 entspricht) kann der Handelsvertreter von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit die in § 89 b Abs. 1 Ziffer 1 bis 3 HGB genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Bei dem Anspruch des ausscheidenden Handelsvertreters, der kraft Gesetzes entsteht, handelt es sich folglich um einen Anspruch, den der Unternehmer zu erfüllen hat. D.h., die Annahme eines Anspruchs nach § 89 b Abs. 1 HGB setzt voraus, dass es sich entweder um eine Zahlung des Unternehmers direkt an den ausscheidenden Handelsvertreter handelt, oder die Zahlung erfolgt durch den Nachfolger an den Vorgänger zur Ablösung des Anspruchs des Unternehmers im Wege einer Schuldübernahme. Dementsprechend hat der BFH in dem o. g. Urteil vom 25. Juli 1990 entschieden, dass bei der steuerrechtlichen Beurteilung der im Dreiecksverhältnis von scheidendem Vertreter, dessen Nachfolger und Geschäftsherrn erbrachten Leistungen zu prüfen ist, welchem Rechtsgrund eine Zahlung zuzuordnen ist. Entscheidend ist danach, ob der Nachfolgevertreter den gesetzlichen Ausgleichsanspruch übernimmt oder ob die Zahlung an den Vorgänger auf einem ausschließlich zwischen ihm und dem Vorgänger vereinbarten ? in dieser Hinsicht selbständigen ? Rechtsgrund beruht.
a)
Eine Zahlung der Unternehmen an den Kläger erfolgte unstreitig nicht. Der zwischen dem Nachfolger ... und dem Kläger geschlossene Vertrag enthält jedoch auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Sohn die Erfüllung des Ausgleichsanspruchs seines Vaters gem. § 89 b Abs. 1 HGB gegen die von ihm vertretenen Unternehmen übernommen hat. Der Wortlaut des zwischen dem Kläger und seinem Sohn geschlossenen Vertrages vom 2. Januar 1995 spricht vielmehr von einer ?Übertragung? der Handelsagentur gegen Zahlung eines ?Kaufpreises? von 150.000,- DM. Zwar kann eine Übernahme einer Verbindlichkeit auch aufgrund zweiseitigen Vertrags zwischen dem Übernehmer und dem Gläubiger ? ohne Zustimmung des Schuldners ? erfolgen (§ 414 BGB). Dass eine Schuldübernahme (in Bezug auf den Ausgleichsanspruch) aber vereinbart wurde, muss aus dem Vertrag jedoch ? zumindest im Wege der Auslegung ? hervorgehen. Dies ist nach Auffassung des Senats aufgrund des Wortlauts des Vertrages vom 2. Januar 1995 nicht der Fall. Vielmehr liegt ein fortbestehendes Handelsvertreterverhältnis vor, das keinen Ausgleichsanspruch wegen dessen Beendigung auslöst.
b)
Zudem kann der zwischen dem Kläger und seinem Sohn geschlossene Vertrag nicht isoliert, d. h. selbständig, betrachtet werden, sondern muss im Zusammenhang mit der vom Kläger mit den beteiligten Unternehmen getroffenen Vereinbarungen gesehen und ausgelegt werden. Nach den vorgelegten Bestätigungsschreiben der Firmen vom 02.01.1995 (FG-Akte, Bl. 37-40) wurde zwischen den Unternehmen und dem Kläger vereinbart, dass die zum 2. Januar 1995 vorhandenen Kunden ?als von Herrn ... geworben gelten? und das Vertragsverhältnis zum 2. Januar 1995 ?mit allen Rechten und Pflichten auf ihn übergangen? werde.
Die Auslegung des zwischen dem Kläger und seinem Sohn geschlossenen Vertrages unter Einbeziehung der seitens des Klägers mit den Unternehmen getroffenen Vereinbarungen führt nach Auffassung des Senats zu dem Ergebnis, dass von einer Vertragsübernahme durch den Sohn ... auszugehen ist. Die - gesetzlich nicht geregelte, in Literatur und Rechtsprechung jedoch anerkannte (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 1985, Az: IX ZR 173/84 NJW 1985, 2528, BGHZ 95, 88 m.w.N.) - Vertragsübernahme ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Vertragspartei ausgetauscht wird. Der Inhalt des Vertrages und seine rechtliche Beschaffenheit bleiben dagegen von der Vertragsübernahme unberührt (BGH-Urteil vom 17. April 1996 VIII ZR 44/95, NJW 1996, 2094 ff). Die Vertrags übernahme kann nur unter Mitwirkung aller Beteiligten vollzogen werden. Möglich ist dies entweder durch dreiseitigen Vertrag oder durch Vereinbarung zwischen der ausscheidenden und der eintretenden Vertragspartei mit Zustimmung der verbleibenden Partei, im Streitfall den Unternehmen (vgl. BGH-Urteil vom 17. April 1996, a.a.O.). Ein solcher Austausch der Vertragsparteien ohne Änderung des Vertrages im Übrigen wurde vorliegend vorgenommen, indem der Kläger und sein Nachfolger sich im Einverständnis mit den betroffenen Unternehmen dahingehend einigten, dass die vom Kläger geworbenen Kunden künftig als vom Nachfolger geworben gelten und dieser in den Vertrag mit Übernahme aller Rechte und Pflichten eintritt (für den Fall des Eintritt eines Neuvertreters in das Handelsvertreterverhältnis: Vgl. K. Schmidt, Handelsrecht, 5. Auflage 1999, § 27 V 2.f) und § 8 I c) aa); Küstner/ v. Manteuffel, BB 1990, 1713, 1714).
Die für die Übernahme des fortbestehenden Handelsvertreterverhältnisses erforderliche Zustimmung der verbleibenden Partei ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die in Form der Einwilligung oder (nachträglichen) Genehmigung erteilt werden kann. Ausweislich des Wortlauts der Bestätigungsschreiben hatten die Unternehmen gleichzeitig jeweils ihre Einwilligung zum Eintritt des Nachfolgers in den bestehenden Handelsvertretervertrags erteilt, so dass eine wirksame Vertragsübernahme vorliegt. Die zeitliche Bedingung des § 89 b Abs. 3 Nr. 3 2. Hs HGB ist gewahrt worden.
c)
Nach der vom BFH in seinem Urteil vom 25. Juli 1990 (X R 111/88, a.a.O.) vertretenen Auffassung hindert zwar eine Vertragsübernahme nicht das Entstehen eines Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB. Entscheidend ist aber, wie bereits oben dargelegt, welchem Rechtsgrund die Zahlung zuzuordnen ist. Unabhängig davon, dass nach Auffassung des Senats in der zwischen dem Kläger und seinem Sohn getroffenen Vereinbarung hinsichtlich eines etwaigen Anspruchs nach § 89 b Abs. 1 HGB keine Schuldübernahem zu sehen ist, ist für den Streitfall jedenfalls die ab 1. Januar 1990 gültige neue Fassung des § 89 b Abs. 3 HGB (HGB in der Fassung vom 23. Oktober 1989, im folgenden HGB n.F.) zu beachten. Das Urteil des BFH vom 25. Juli 1990 erging hingegen noch zu § 89 b Abs. 3 HGB a.F. Durch das Umsetzungsgesetz vom 23. Oktober 1989, durch das die EG-Richtlinie zur ?Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter? (AblEG Nr. L 382/17 vom 31.12.1986, S. 17 ff, im Folgenden EG-Harmonisierungs-Richtlinie) in nationales Recht umgesetzt wurde, ist ein neuer Tatbestand geschaffen worden, bei dessen Vorliegen die Entstehung des Ausgleichsanspruchs ausgeschlossen ist. Die Neufassung des § 89 b Abs. 3 HGB beruht auf Art. 18 der EG-Harmonisierungs-Richtlinie, der - soweit im Streitfall von Bedeutung - wie folgt lautet: ?Der Anspruch auf Ausgleich ... nach Art 17 besteht nicht, ... wenn ein Handelsvertreter gemäß einer Vereinbarung mit dem Unternehmer die Rechte und Pflichten, die er nach dem Vertrag besitzt, an einen Dritten abtritt.? Die Umsetzung im § 89 b Abs. 3 Nr. 3 HGB n.F. erfolgte wortgleich, allerdings mit folgendem Zusatz: ?Die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.?
Im Streitfall ist der Nachfolger ... an Stelle des Klägers in die Vertragsverhältnisse mit den Unternehmen eingetreten, so dass die Voraussetzung des § 89 b Abs. 3 Nr. 3 S. 1 HGB n.F. erfüllt ist. Die Anwendung des § 89 b Abs. 3 Nr. 3 HGB n.F. scheitern nicht an der zusätzlich in § 89 b Abs. 3 Nr. 3 S. 2 HGB n.F. aufgenommenen Einschränkung. Denn unabhängig davon, dass die EG-Harmonisierungs-Richtlinie diese Einschränkung nicht beinhaltet, ist die Voraussetzung im Streitfall auch erfüllt. Der zwischen dem Kläger und seinem Sohn geschlossenen Vertrag datiert vom 2. Januar 1995. Mit Wirkung von diesem Tag sollte die Vertragsübernahme erfolgen. Die Zustimmung der Unternehmen erfolgte zeitgleich.
d)
Die von den Vertragsparteien gewählte Vereinbarung hat vielmehr zur Folge, dass der Ausgleichsanspruch des Klägers, der aus dem von ihm geworbenen Kundenbestand herrührt, (noch) nicht entstanden, sondern als künftiger Anspruch auf den Sohn übergegangen ist. Hierf ür spricht zunächst die Formulierung in den Abmachungen zwischen den vertretenen Unternehmen und dem Kläger vom 02.01.1995, wonach die ?vorhandenen Kunden als von ... als geworben gelten.? Diese sog. ?Neukundenklausel? führt zu einem Übergang des erworbenen Kundenstammes auf den Vertreternachfolger mit der Folge, dass ausschließlich bei diesem hinsichtlich der Kunden ein Ausgleichsanspruch entsteht, wenn er das Handelsvertreterverhältnis beendet. Demgemäß ist in den Vereinbarungen auch festgehalten, dass ?eine Ausgleichszahlung gegenüber dem ausscheidenden Senior nicht stattfindet.? Ist somit in der Person des Klägers überhaupt kein Ausgleichsanspruch gem. § 89 b Abs. 1 HGB entstanden, weil er als künftig entstehender Ausgleichsanspruch auf den Sohn übergegangen ist, kann er auch nicht Gegenstand einer Besteuerung beim Kläger sein (vgl. zur handelsrechtlichen Würdigung: Küstner/v. Manteuffel, a.a.O. 1713, 1715).
Dass die Zahlungen des Sohnes keinen Anspruch gem. § 89 b Abs. 1 HGB darstellen, folgt auch aus der Systematik dieser Vorschrift. Denn die Bemessung des Ausgleichsanspruches folgt - auch - nach § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB den Grundsätzen der Billigkeit. Damit sind aber nur Gesichtspunkte gemeint, die das Verhältnis des Altersvertreters zu den von ihm bisher vertretenen Unternehmen betreffen. Diese Gesichtspunkte können aber nicht in die Preisfindung einfließen, die zwischen Erwerber und Veräußerer maßgebend sind.
Die Voraussetzungen des § 89 b Abs. 3 Nr. 3 HGB n.F. (Eintritt des Sohnes in ein fortbestehendes Handelsvertreterverhältnis) sind deshalb erfüllt mit der Folge, dass ein Ausgleichsanspruch i.S. des § 89 b Abs. 1 HGB zugunsten des Klägers nicht entstanden ist.
2.
Der zwischen dem Kläger und dem Sohn vereinbarte Kaufpreis stellt in abgezinster Höhe einen Veräußerungserlös dar.
a)
Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs. Eine Veräußerung des Gewerbebetriebs im Ganzen setzt die entgeltliche Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang auf einen Erwerber und die Beendigung der bisher in diesem Betrieb entfalteten gewerblichen Betätigung voraus. Eine Aufgabe des ganzen Gewerbebetriebs liegt vor, wenn aufgrund eines Entschlusses, den Betrieb entfaltete gewerbliche Tätigkeit endgültig eingestellt wird und alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang entweder insgesamt in das Privatvermögen überführt, anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt oder an einen oder verschiedene Erwerber veräußert bzw. teilweise veräußert werden. Zu den wesentlichen Grundlagen eines Betriebs zählen nach ständiger Rechtsprechung diejenigen Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung besitzen. Maßgebend ist die Art des Betriebs und die Funktion der einzelnen Wirtschaftsgüter im Betriebsablauf. Wesentliche Betriebsgrundlagen können auch immaterielle Wirtschaftsgüter, und zwar auch immaterielle Werte sein, die üblicherweise in den Geschäftswert eingehen, wie z. B. Geschäftsbeziehungen (BFH-Urteile vom 9. Oktober 1996 XI R 71/95, BStBl. II 1997, 236 m.w.N.; BFH-Urteil vom 12. Juni 1996 XI R 56, 57/95, BStBl. II 1996, 527).
b)
Im Streitfall wurde die ?Handelsagentur (ohne Gebäudeanteil, Ausbau Archiv und der Forderung an ... übertragen?. Grundlegende Basis der Tätigkeit eines Handelsvertreters sind seine Kontakte zu den Kunden der von ihm vertretenen Firmen, d. h. seine Geschäftsbeziehungen. Allein der Kundenstamm besitzt ein besonderes Gewicht für die Betriebsführung, so dass mit der Übertragung ?der Handelsagentur?, d. h. des Kundenstammes, der Übergang der wesentlichen Betriebsgrundlagen verbunden ist. Die von der Übertragung ausgenommenen Betriebsteile stellen - jedenfalls beim Handelsvertreter - Betriebsgrundlage dar, sondern sind beliebig austauschbar.
Mit der Vereinbarung der Vertragsübernahme durch den Sohn hat der Kläger folglich augrund des Entschlusses, die Fortführung des Betriebes in seiner Person aufzugeben, die bisher entfaltete gewerbliche Tätigkeit endgültig eingestellt und die wesentliche Betriebsgrundlage in einem einheitlichen Vorgang an seinen Nachfolger veräußert. Einhergehend mit der Vertragsübernahme, d. h. dem Eintritt in die Rechte und Pflichten aus den mit den Unternehmen bestehenden Rechtsbeziehungen, erfolgte zeitgleich die Übertragung des Kundenstammes gegen Zahlung von 150.000,- DM. Die streitige Zahlung steht mithin im Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe des Klägers, mit der Folge, dass es sich um Veräußerungsgewinn im Sinne der §§ 16 Abs. 1 Nr. 1, 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG handelt.
3.
Hinsichtlich der Höhe des Veräußerungspreises war zu berücksichtigen, dass im Vertrag vom 2. Januar 1995 Ratenzahlung vereinbart worden war. Die Zahlung des Kaufpreises in Höhe von insgesamt 150.000,- DM ist laut Vertrag in monatlichen Raten von je 2.500,- DM zu begleichen. Laut ausdrücklicher Vereinbarung soll keine Verzinsung der Raten erfolgen.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Kaufpreisraten, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt - hier fünf Jahre - und die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig werden, abzuzinsen, d. h. in einen Kapital- und einen Zinsanteil aufzuteilen. Dies gilt auch wenn die Vertragsparteien Zinsen nicht vereinbart oder sogar ausdrücklich ausgeschlossen haben (BFH-Urteil vom 21. Oktober 1980 VIII R 190/78, BStBl. II 1981, 160). Mangels einer speziellen Bewertungsvorschrift im EStG ist § 12 Abs. 3 BewG gemäß § 1 Abs. 2 BewG auch für die Bewertung privater Forderungen im Einkommensteuerrecht maßgebend (BFH-Urteil vom 26. Juni 1996 VIII R 67/95, BFH/NV 1997, 175).
Für den Streitfall folgt daraus, dass die streitige Forderung, deren Laufzeit 5 Jahre beträgt, nach der Tabelle 2 zu § 12 Abs. 1 BewG (s. Anhang 4 der Vermögensteuer-Richtlinie 19959) wie folgt abzuzinsen war:
Jahreswert 30.000,- DM (12x 2.500,- DM) x 4,388 = 131.640,- DM
Der Kapitalwert der Forderung beträgt somit 131.640,- DM. In dieser Höhe ist demzufolge der Veräußerungserlös gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 EStG der Einkommensteuer zu unterwerfen.
4.
Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 1 FGO dem Beklagten übertragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, der Anspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 155, 151 Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Zur Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, da die Entscheidung nicht im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung steht und im Übrigen die Würdigung der tatsächlichen Umstände maßgebend war. Sonstige Zulassungsgründe gemäß § 115 Abs. 2 FGO sind nicht ersichtlich.
Rechtsmittelbelehrung: xxx