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12.07.2004 · IWW-Abrufnummer 041828

Verwaltungsgericht Trier: Urteil vom 18.05.2004 – 2 K 102/04.TR

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


2 K 102/04.TR

VERWALTUNGSGERICHT TRIER

URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Hundesteuer

hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Mai 2004, an der teilgenommen haben XXX

für Recht erkannt:
1. Der Änderungsbescheid vom 28. November 2002 und der Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2003 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Festsetzung einer Hundesteuer.

Der Kläger besitzt in der Gemarkung XXX ein landwirtschaftliches Anwesen. Auf dem Gelände unterhält er seit ca. 30 Jahren eine Rassegeflügelzucht mit unter-schiedlichen Arten und Rassen. Nachdem es nach Beginn des Zuchtbetriebes durch Wildtiere und Diebstähle zu erheblichen Verlusten im Stand gekommen war, hielt der Kläger jeweils einen Hund, welchen er zur Bewachung des Geflügels und zum Hüten der bis 1988 vorhandenen Schafe einsetzte. Bis einschließlich des Jahres 2000 wurde vom Kläger keine Hundesteuer erhoben.

Im Jahre 2001 ist der Kläger hinsichtlich zweier Hunde zu einem ermäßigten Steuersatz zur Hundesteuer herangezogen worden.

Auf der Grundlage eines am 17. Juli 2002 durchgeführten Ortstermins durch Mitarbeiter der Verbandsgemeindeverwaltung Ruwer auf dem Anwesen des Klägers, anlässlich dessen festgestellt wurde, dass der Schäferhund zur Bewachung der Geflügelzucht eingesetzt werde, wurde der Kläger zunächst unter Berücksichtigung der Befreiungsvorschriften nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 Hundesteuersatzung für das Jahr 2002 von der Steuerpflicht befreit.

Mit Änderungsbescheid vom 28. November 2002 setzte die Beklagte für das Jahr 2002 eine ermäßigte Hundesteuer gemäß § 4 Abs. 1 Hundesteuersatzung in Höhe von 22,50 Euro für einen Hund fest.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, mit dem er geltend machte, dass der Hund ausschließlich dazu eingesetzt werde, die Rassegeflügelzucht zu bewachen. Er sei hierzu auch geeignet. Somit sei der Befreiungstatbestand des § 3 Satz 1 Nr. 3 Hundesteuersatzung anzunehmen.

Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2003 zurückgewiesen. Der Rechtsausschuss führte zur Begründung aus, dass der Befreiungstatbestand nach § 3 Satz 1 Nr. 3 Hundesteuersatzung nicht gegeben sei, da es sich bei der zu bewachenden Rassegeflügelzucht nicht um eine Herde im Sinne der Bestimmung handele. Nach Auffassung der Arbeitsgemeinschaft zur Zucht altdeutscher Hütehunde sei unter dem Begriff ?Herde? nur eine Rinder- oder Schafherde zu verstehen. Lege man den Begriff im Sinne der Hundesteuersatzung weit aus, so seien hierunter alle vierbeinigen Huftiere zu fassen, die ganz oder teilweise auf offener Weide gehalten würden. Dies treffe auf die Rassegeflügelzucht des Klägers nicht zu. Fraglich erscheine auch, ob der Hund des Klägers überhaupt geeignet sei, die Bewachung einer Herde zu übernehmen. Grundsätzlich besäßen nur sogenannte Hütehunde diese Eignung. Bei dem Schäferhund des Klägers handele es sich nicht um einen solchen Arbeitshund. Die Anwendung der Ermäßigungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 1 Hundesteuersatzung sei rechtmäßig. Der Einsatz eines Hundes zum Schutz der eigenen Rassegeflügelzucht erscheine im vorliegenden Fall durchaus als notwendiges, erforderliches und geeignetes Mittel vor Übergriffen von Mensch und Tier zu schützen.

Der Kläger hat am 20. Januar 2004 Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Er ist der Auffassung, dass der Begriff Herde unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes auch auf seine Geflügelherde anzuwenden sei. Der Hund sei zur Bewachung der Geflügelzucht geeignet und in der Lage. Er habe auch seit 1988 keine Hundesteuer für die jeweils von ihm gehaltenen Hunde gezahlt. Eine für das Jahr 2000 festgesetzte Steuerforderung sei lediglich irrtümlich beglichen worden.

Der Kläger beantragt,
den Änderungsbescheid vom 28. November 2002 und den Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Dazu führt sie aus, Schäferhunde zählten nicht zur Gruppe der Hütehunde, weshalb der Kläger nicht nach § 3 Satz 1 Nr. 3 Hundesteuersatzung befreit werden könne. Im übrigen sei auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid zu verweisen.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätzen und den vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat Erfolg.

Der Bescheid vom 28. November 2002 und der Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2003 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, weil in seinem Fall das geltend gemachte Steuerprivileg greift.

Rechtsgrundlage für die Erhebung der Hundesteuer ist die Hundesteuersatzung der Beklagten vom 26. Juni 2001 in Verbindung mit dem Landesgesetz über die Ermächtigung der Gemeinde zur Erhebung von Hundesteuer und Vergnügungssteuer vom 02. März 1993 (GVBl. S. 139) in der Fassung vom 06. Februar 2001 (GVBl. S. 29).

Nach § 3 Satz 1 Nr. 3 der Hundesteuersatzung ist auf Antrag Steuerbefreiung für das Halten von Hunden zu gewähren, die zur Bewachung von Herden notwendig sind. Der Hund des Klägers wird zur Bewachung einer Herde- hier einer Geflügelherde -eingesetzt. Dies ist in tatsächlicher Hinsicht zwischen den Beteiligten nicht umstritten.

Entgegen der Auffassung des Beklagten scheitert das Steuerprivileg vorliegend weder an dem Umstand, dass die vom Kläger gehaltene Geflügelherde keine Herde im Sinne der Satzung sein soll, noch daran, dass der vom Kläger gehaltene Schäferhund nicht die Anforderungen an die in Rede stehende Satzungsbestimmung erfüllt. Zur Bestimmung dessen, was unter dem Privilegierungstatbestand fällt, ist auf allgemein anerkannte Auslegungskriterien - Wortlaut, Auslegung nach dem Normzweck und dem geregelten Lebenssachverhalt - zurückgreifen. Danach besteht das Steuerprivileg.

Soweit der Beklagte der Auffassung ist, Herde im Sinne der Satzungsbestimmung könne nur eine Herde von Huftieren sein, so ist zunächst festzustellen, dass dies nicht dem Wortlaut der Satzung entspricht, die lediglich von ?Herde? ausgeht. Unter den Wortlaut ?Herde? lässt sich auch die ?Geflügelherde? fassen, wie eine Recherche im Internet in den verschiedenen Suchmaschinen dokumentiert. Somit umfasst der Wortlaut auch die Geflügelherde. Ein anderes Ergebnis ist auch nicht aus Normzweck bzw. geregeltem Lebenssachverhalt abzuleiten. Privilegiert werden sollen Hunde, die zur Bewachung von Herden dienen. Privilegiert werden folglich ?Nutzhunde?. Das lässt sich auch aus der systematischen Stellung der Vorschrift im Zusammenhang mit anderen Privilegierungstatbeständen in § 3 Satz 1 Hundesteuersatzung hinsichtlich anderer dort benannter Nutzhunde ableiten. Für eine engere Auslegung des Privilegierungstatbestandes, insbesondere im Sinne des Beklagtenvortrags, ist nach der Satzung jedoch kein Raum. Ein Steuertatbestand ist so zu fassen, dass es für den Steuerpflichtigen klar erkennbar ist, welcher Steuerbelastung er ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2001- 9 B 23/01-). Vorliegend ergibt sich aus der Satzung selbst nichts dafür, dass nach dem Willen des Ortsatzungsgebers eine Einschränkung dergestalt besteht, von der Satzungsbestimmung sollten nur Herden von Huftieren erfasst werden.

Soweit der Beklagte des Weiteren geltend macht, von der Satzungsbestimmung würden nur sogenannte Hütehunde, also bestimmte Hunderassen erfasst, der der Schäferhund nicht angehöre, so ist auch diesbezüglich festzustellen, dass die Satzung eine dahingehende Einschränkung nicht zum Ausdruck bringt. In der Satzung ist lediglich festgehalten, dass ?Hunde?, die zur Bewachung von Herden dienen, von der Steuerlast befreit sind. Auch hier findet ein etwaiger Wille des Ortsatzungsgebers hin zu einer einschränkenden Auslegung des Steuertatbestandes keinen Ausdruck. Insbesondere der Umstand, dass der Befreiungstatbestand in § 3 Satz 1 Hundesteuersatzung an anderer Stelle nähere Eingrenzungen enthält (Diensthund, Sanitäts- oder Rettungshund, Jagdhund), spricht gegen eine Einschränkung in Bezug auf den hier in einschlägigen Befreiungstatbestand.

Ist nach alledem für eine im Sinne des Beklagtenvortrags einschränkender Auslegung der Satzungsbestimmung kein Raum, bleibt es bei der Annahme des Steuerprivilegs.

Somit war der Klage mit der aus § 154 Abs. 1 VwGO beruhenden Kostenfolge stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe, die Berufung zuzulassen, sind nicht gegeben.

Rechtsmittelbelehrung

Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen. Dabei müssen sie sich durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugelassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte und Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Trier, Irminenfreihof 10, 54290 Trier, zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Verwaltungsgericht einzureichen.
Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

RechtsgebieteVerwaltungsrecht, HundesteuerVorschriften§ 3 Hundesteuersatzung

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