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14.06.2004 · IWW-Abrufnummer 041528

Verwaltungsgericht Koblenz: Urteil vom 05.04.2004 – 8 K 2724/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


8 K 2724/03.KO

Die Entscheidung ist rechtskräftig!

VERWALTUNGSGERICHT KOBLENZ

URTEIL

In dem Verwaltungsrechtsstreit XXX

wegen Beseitigung von Straßenbäumen

hat die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Koblenz aufgrund der Beratung vom 5. April 2004, an der teilgenommen haben XXX

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d

Die Kläger begehren die Beseitigung der Bäume, die die Gemeinde H. im November 2002 vor ihren Grundstücken auf der Straßenparzelle anpflanzte.

Die Klägerin zu 1) ist Eigentümerin des Grundstücks Parzelle 8/1, die Klägerin zu 2) ist Eigentümerin des Grundstücks Parzelle 11 und der Kläger zu 3) ist Eigentümer des Grundstücks Parzelle 7 in der Ortsgemeinde H. Vor den Grundstücken verläuft die Hauptstraße des Ortes, die K 15. Auf der Straßenparzelle 56 der K 15, die im Eigentum des Landkreises B. steht, befinden sich die Fahrbahn, ein Bürgersteig und ein Grünstreifen. Der ca. 90 cm breite Grünstreifen verläuft zwischen Bürgersteig und jeweiliger Grundstücksgrenze. Auf dem Grünstreifen pflanzte die Ortsgemeinde H. im November 2001 im Rahmen von Dorferneuerungsmaßnahmen vor den Grundstücken der Kläger zu 1) und 2) jeweils zwei Vogelbeerbäume und vor dem Grundstück des Klägers zu 3) einen Vogelbeerbaum in einem Abstand von etwa 60 cm zu der jeweiligen Grundstückgrenze. Dabei wurde ein Baum vor dem Grundstück der Klägerin zu 1) unmittelbar über eine Kanalleitung gepflanzt.

Die Ortsgemeinde H. hatte den Landkreis B. nicht in die Planungen der Pflanzungen einbezogen. Der Landkreis duldete jedoch mit Schriftsatz vom 01. Juli 2003 ausdrücklich die Bäume auf seinem Straßengrundstück.

Die Kläger haben am 21. März 2003 beim Amtsgericht Idar-Oberstein Klage erhoben. Das Amtsgericht hat sich durch Beschluss vom 10. September 2003 für un-zuständig erklärt und auf Antrag der Parteien den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Koblenz verwiesen.

Ursprünglich haben die Kläger ihre Klage gegen die Ortsgemeinde H. gerichtet. Nach gerichtlichem Hinweisbeschluss vom 13. Februar 2004 haben die Kläger mit Schriftsatz vom 18. März 2004 erklärt, dass sie nunmehr den Landkreis B. in Anspruch nehmen wollen.

Die Kläger tragen vor, der Baum über dem Kanal drohe mit seinem Wurzelwerk den Kanal zu zerstören. Die Pflanzung verstoße gegen das rheinland-pfälzische Nachbarrechtsgesetz, da der Mindestgrenzabstand unterschritten worden sei. Jedenfalls liege ein Verstoß gegen § 29 Abs. 2 LStrG vor, da die Ortsgemeinde H. nicht Straßenbaulastträgerin bezüglich des Grünstreifens sei. Das in Art. 14 GG verankerte Gebot der Rücksichtnahme auf schützenswerte Interessen der Straßenanlieger und Art. 3 GG seien verletzt worden.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu verurteilen, die sich unmittelbar vor der vorderen Grundstücksgrenze des Hausanwesens Hauptstrasse ..., H., befindlichen beiden Vogelbeerbäume, sowie die sich ebenfalls vor der vorderen Grundstücksgrenze des Hausanwesens Hauptstraße ..., H., befindlichen beiden Vogelbeerbäume und den sich wiederum unmittelbar vor der vorderen Grundstücksgrenze Hauptstraße ..., H., befindlichen Vogelbeerbaum zu entfernen.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

die Klage abzuweisen.

Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 18. und 29. März 2004 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten.

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte mit Zustimmung der Parteien gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht ergibt sich aus §§ 173 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG. Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichtes vom 10. September 2003 bindet das Verwaltungsgericht.

Die Kläger sind nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Der Klageantrag ist so auszulegen, dass nicht alle Kläger gemeinsam gegen alle Bäume vorgehen, sondern der jeweilige Kläger nur die Beseitigung der jeweils vor seinem Grundstück angepflanzten Bäume verlangt. Ein hierauf gerichteter öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch der Kläger gestützt auf Art. 14 GG ist nicht von vornherein ausgeschlossen.

Weiterhin ist der Beklagte auch der richtige Klagegegner nach § 78 VwGO. Denn er wäre als einziger befugt, die Bäume zu beseitigen. Der Landkreis ist nach § 12 Abs. 2 LStrG grundsätzlich Träger der Straßenbaulast der Kreisstraßen. Zu den Kreisstraßen gehört nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 LStrG auch der Bewuchs. Nur ausnahmsweise ist die Gemeinde nach § 12 Abs. 9 Satz 1 LStrG innerhalb der Ortsdurchfahrten Träger der Baulast für Gehwege, Plätze und Parkplätze. Da der Grünstreifen aber nicht innerhalb des Gehweges liegt und da er letztlich nur der Dorferneuerung und damit der Allgemeinheit dient, ist er nicht dem Gehweg zuzurechnen. Auch aus der Ortsdurchfahrtenrichtlinie (- ODR -; MinBl. 1996, Seite 20 Ziff. 1 und 2; MinBl. 1999, Seite 514) Ziffer 3 Abs. 2 ergibt sich, dass die Gemeinde nur für die Straßenbestandteile (z. B. Böschungen, Stützmauern), die dem Gehweg dienen, die Straßenbaulast tragen soll. Es verbleibt damit bei dem Grundsatz, dass der Baulastträger der Landkreis ist.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Beseitigung der Bäume.

Die Regelungen des rheinland-pfälzischen Nachbarrechtsgesetzes sind nicht anwendbar. Zwar unterschritt die Ortsgemeinde H. bei der Pflanzung den Mindestgrenzabstand für Vogelbeerbäume von 2 m gemäß § 44 Nr. 1 lit b Nachbarrechtsgesetz. Das Nachbarrechtsgesetz ist jedoch nicht auf das Nachbarschaftsverhältnis von privatem Grundstückseigentum und öffentlichen Straßen anwendbar. Diese Rechtsbeziehung wird durch die Spezialvorschriften der Straßengesetze abschließend normiert, die keine Regelungen über den Mindestabstand zwischen Pflanzungen an Straßen und Grundstücken enthalten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. September 1995 ? 1 A 10725/95.OVG).

Die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs liegen nicht vor. Der öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch wird richter-rechtlich aus dem beeinträchtigen Grundrecht abgeleitet. Er setzt einen hoheitlichen rechtswidrigen Eingriff in ein subjektives Recht voraus, dessen Folgenbeseitigung der Behörde möglich und zumutbar ist (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 26. August 1993, - 4 C 24/91, BVerwGE 94, 100).

Ein Eingriff in das Eigentumsrecht der Kläger nach Art. 14 Abs. 1 GG könnte sich zwar daraus ergeben, dass das Wurzelwerk der Bäume auf ihre Grundstücke und möglicherweise zur Kanalleitung vordringt oder dass Laub auf ihre Grundstücke fällt. Ein Eingriff könnte zudem darin liegen, dass die Grundstücke vom Schattenwurf der Bäume betroffen sind. Diese Eingriffe sind dem Beklagten zuzurechnen, da er die Pflanzungen der Ortsgemeinde H. ausdrücklich befürwortete und weiterhin dulden will.

Diese Eingriffe sind jedoch nicht rechtswidrig. Den Klägern ist eine Duldungspflicht nach § 29 Abs. 2 LStrG auferlegt. Danach müssen Straßenanlieger Einwirkungen von Pflanzungen im Bereich des Straßenkörpers und der Nebenanlagen dulden. Hinsichtlich der Belichtung ergibt sich die Duldungspflicht auch i. V. m. § 39 Abs. 4 LStrG. Schäden am Eigentum führen nach § 29 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 27 Abs. 4 LStrG nicht zu einer Beseitigungs-, sondern nur zu einer Entschädigungspflicht. Eigentumsschutz besteht demnach grundsätzlich nicht in Form von Bestandsschutz, sondern nur in Form einer Geldentschädigung. Der Gesetzgeber hat insoweit zulässige Inhaltsbestimmungen des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG getroffen.

Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Standorte der Bäume unter Verletzung des Art. 3 GG gewählt wurden (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. September 1995 ? 1 A 10725/95.OVG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kläger haben auch die Kosten der ursprünglich beklagten Ortsgemeinde H. sowie die Kosten der Verweisung zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen. Dabei müssen sie sich durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte und Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Koblenz, Deinhardplatz 4, 56068 Koblenz, zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Verwaltungsgericht einzureichen.
Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.250 ? festgesetzt. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG werden pro Baum 250 ? angesetzt, wobei die Bedeutung der Sache für die Kläger und die geschätzten Beseitigungskosten berücksichtigt werden.
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 25 Abs. 3 GKG mit der Beschwerde angefochten werden.

RechtsgebieteStraßengesetze, FolgenbeseitigungsanspruchVorschriften§ 12 Abs. 2 LStrG, § 29 Abs. 2 LStrG

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