03.02.2004 · IWW-Abrufnummer 032875
Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 18.07.2003 – 12 K 285/99
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
FINANZGERICHT BADEN-WÜRTTEMBERG
Im Namen des Volkes
Gerichtsbescheid
Az.: 12 K 285/99
In dem Finanzrechtsstreit XXX
wegen Einkommensteuer 1994
hat der 12. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg am 18. Juli 2003 durch
Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
für Recht erkannt:
1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 1999 wird der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1994 vom 19.04.1996 dahingehend abgeändert, dass die Einkommensteuerschuld auf DM ...,-- herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des mit Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Betrages abwenden, wenn nicht die Kl äger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.
Tatbestand
Streitig ist das Vorliegen sonstiger Einkünfte nach § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG).
Die Kläger wurden im Streitjahr 1994 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer Einkommensteuererklärung machen sie negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einer Eigentumswohnung in Höhe von DM 44.361,-- geltend. Die Wohnung wurde mit notariellem Kaufvertrag vom 18. Februar 1994 (Urkundenrolle Nr....) von einem Herrn ... erworben. Die Kläger wurden beim Abschluss des Kaufvertrages einem Herrn ..., ... , vertreten. Der Kaufpreis betrug DM 270.098,--. Der Veräußerer verpflichtete sich, das Kaufobjekt entsprechend einer dem Vertrag zugrunde gelegten Musterurkunde schlüsselfertig zu erstellen. Die Zahlung der Kaufpreisraten erfolge an den Veräußerer gemäß Baufortschritt. Der Kaufvertrag kam durch Vermittlung der Firma ... (GmbH) zustande (...). Mit Rechnung vom 22. Februar 1994 stellte der Kläger der GmbH ?... für die Vermittlung von Objekten aus ihrem Hause? eine Provision in Höhe von DM 30.000,-- in Rechnung, die diese durch Scheckzahlungen am 28.02. und 01.06.1994 beglich (...). In einem Schreiben vom gleichen Tage bestätigte der Kläger, dass er von der GmbH darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass die einmalige Provision für die Vermittlung von Objekten der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1994 angegeben werde und ordnungsgemäß versteuert werden müsse. Mit Schreiben vom 08. November 1996 bestätigte die GmbH dem Prozessbevollmächtigten der Kläger, dass die Provision in Höhe von DM 30.000,-- als Eigenprovision für die Eigentumswohnung geleistet worden sei und eine Vermittlung von anderen Objekten nicht stattgefunden habe. Die Einkommensteuererklärung der Kläger enthielt keine Angaben zu der empfangenen Provisionszahlung. Auch bei den Anschaffungskosten war keine diesbezügliche Kürzung erfolgt. Der Beklagte (Bekl.) erfuhr durch eine im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der GmbH gefertigten Kontrollmitteilung von dem Vorgang und berücksichtigte die Provisionseinnahmen in Höhe von DM 30.000,-- im Einkommensteuerbescheid vom 19. April 1996 als sonstige Einkünfte.
Dagegen legte der Prozessbevollmächtigte der Kläger form- und fristgerecht Einspruch ein. Der Einspruch wurde dahingehend begründet, dass es sich bei der Zahlung um keine sonstigen Einkünfte, sondern um einen Preisnachlass für die angeschaffte Eigentumswohnung gehandelt habe.
Durch Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 1999 wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die im Streitfall geschuldete und erbrachte Leistung dann bestanden habe, dass der Kläger der GmbH ermöglicht habe, einen Kaufvertrag zu vermitteln. Hierfür habe der Kläger von der GmbH die Eigenprovision erhalten. Unbeachtlich sei insoweit, dass der Kläger auch private Nutznießer des vermittelten Objekts seien. Für die Zuordnung der Provision sei allein auf deren rechtliche und wirtschaftliche Grundlage, die sich aus dem Abrechnungspapier und der dort begründeten Leistungsverknüpfung ergebe, abzustellen und nicht auf den Charakter des vermittelten Vertrages.
Hiergegen wenden sich die Kläger, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, mit der vorliegenden Klage.
Die GmbH habe den Klägern Anfang 1994 den Kauf einer Eigentumswohnung angeboten. Der Anschluss des Kaufvertrages sei zunächst daran gescheitert, dass die Kläger das notwendige Eigenkapital in Höhe von DM 15.000,-- nicht haben aufbringen können. Außerdem seien sie durch einen Kredit für einen Autokauf belastet gewesen. Um dennoch einen Kaufvertragsabschluss zu erreichen, hätten die Kläger von der GmbH eine Provision in Höhe von DM 30.000,-- erhalten, der zur Rückführung des Autokredits und als Eigenkapital für die Wohnung bestimmt gewesen sei. Entsprechend sei der Provisionsbeleg erstellt worden. Die ausbezahlte Provision sei vermutlich nur umgeschichtet und wieder dem Kaufpreis zugeschlagen worden, was aus dem verhältnismäßig hohen Kaufpreis abgeleitet werden könne. Bei der Provision liege deshalb eine so enge Verflechtung mit dem Kaufpreis der Wohnung vor, dass sie in Wirklichkeit einen verdeckten Preisnachlass darstelle und nicht als eigene Einkunftsart beurteilt werden könne.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 1994 vom 19.04.1996 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.07.1999 dahin zu ändern, dass die Einkommensteuer 1994 unter Nichtansatz von sonstigen Einkünften in Höhe von DM 30.000,-- um DM 8.154,-- gekürzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend zur Einspruchsentscheidung trägt er vor, dass nur durch den Veräußerer und nicht durch die GmbH ein Preisnachlass habe gewährt werden können. Die Provision sei aber dem Kläger von der GmbH gewährt worden. Nur die rechtliche und wirtschaftliche Grundlage, die sich aus der Leistungsverknüpfung in dieser Abrechnung ergebe, sei nach der BFH-Rechtsprechung (Urteile vom 27. Mai 1998, BStBl II 618 und 619) für die Erfassung der Provision als Einnahme nach § 22 Nr. 3 EStG maßgebend. Auf die Modalitäten und Zweckbestimmung des vermittelten Vertrages kommt es danach nicht an.
In einem weiteren Schriftsatz tragen die Kläger vor, dass die Wohnung im Rahmen eines Bauherrenmodells oder daran angelehnt veräußert worden sei. Initiator sei die GmbH gewesen. Der im Kaufvertrag genannte Veräußerer scheine ? zumindest im Bausektor ? nicht gewerblich tätig zu sein. Die Verbindung zwischen der GmbH und dem Veräußerer sei deshalb viel enger. Die GmbH sei durchaus befugt gewesen, einen Preisnachlass zu gewähren. Erfahrungsgemäß werde in solchen Fällen von vornherein ein bestimmter Preisrahmen festgelegt. Auch ergebe sich aus der Höhe der Zahlung, dass diese nicht zu Lasten der Provision der GmbH bezahlt worden sei, sondern auf Rechnung des Verkäufers als Kaufpreisminderung.
In seiner Erwiderung hierauf weist der Bekl. darauf hin, dass allein auf die sich aus der Abrechnung vom 22.02.1994 ergebenden Tatbestandsmerkmale abzustellen sei.
Der vorstehende Sach- und Streitstand ist der Gerichtsakte sowie den vom Bekl. nach § 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgelegten Akten (jeweils 1 Band Einkommensteuer-, Rechtsbehelfs- und Allgemeine Akten) entnommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf ausgetauschten Schriftsätze Bezug genommen.
Es erschien sachdienlich, ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 90a Abs. 1 FGO zu entscheiden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist im Wesentlichen begründet. Der Einkommensteuerbescheid vom 19. April 1996 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), soweit die Provisionszahlung als sonstige Einkünfte erfasst worden ist.
Der Bekl. hat die Provisionszahlung für die eigenerworbene Eigentumswohnung zu Unrecht im streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid als sonstige Einkünfte im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG erfasst.
Unter den Begriff der sonstigen Leistungen fällt hiernach jedes Tun, Unterlassen und Dulden, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und um des Entgelts willen erbracht wird (BFH-Urteil vom 27. Mai 1998 X R 94/96, BStBl II 1998, 619). Maßgebend für die Besteuerung von Einnahmen als sonstige Einkünfte ist folglich deren Veranlassung. Die Zahlung muss somit als echte wirtschaftliche Gegenleistung zur erbrachten Leistung veranlasst sein. Dies ist bei einer Provision für einen eigenen Vertragsabschluss in der Regel nicht der Fall (vgl. Schmidt/Wacker, § 22 Rz. 133, 150). Zwar hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden (Urteil vom 27. Mai 1998 X R 17/95, BFHE 186, 256, BStBl II 1998, 618), dass Provisionen, die ein Versicherungsvertreter vom Versicherungsunternehmen für den Abschluss privater Versicherungen für sich und seine Ehefrau erhielt, als Betriebseinnahmen seines Gewerbebetriebs zu behandeln seien. Der erforderlich wirtschaftliche Zusammenhang zum Betrieb werde dadurch hergestellt, dass die Zahlungen auf der gewerblichen Tätigkeit des Empfängers beruhten. Die private Zweckbestimmung der Versicherungsverträge sei dabei unbeachtlich. In einem weiteren Urteil hat der BFH entschieden (Urteil vom 27. Mai 1998 X R 94/96, BFHE 165, 259, BStBl II 1998, 619), dass auch solche Eigenprovisionen, die nur aus einmaligem Anlass gezahlt würden und keine gewerblichen Einkünfte darstellten, als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG zu qualifizieren seien. Dem lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Kläger einen allgemeinen Untervermittlungsvertrag abgeschlossen hatte, der ihn verpflichtete, als Vermittler aktiv tätig zu werden, andererseits die Versicherung verpflichtete, jeweils eine Provision für die erfolgte Fremdvermittlung in festgelegter Höhe, für Eigenvermittlung in einer noch zu vereinbarenden Höhe zu zahlen. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Provisionszahlung für den BFH war, dass die Zahlung ihre rechtliche und wirtschaftliche Grundlage im Mitarbeitervertrag und der dort begründeten Leistungsverknüpfung hatte, so dass die Provisionszahlung durch die Erwerbshandlung veranlasst gewesen sei. Aus den BFH-Urteilen lässt sich aber nach Ansicht des erkennenden Senats nicht ableiten, dass Eigenvermittlungsprovisionen immer als sonstige Leistung zu werten seien. Eigenprovisionen sind nur dann als sonstige Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG zu werten, wenn die Zahlungen aufgrund eines umfassenderen Vertragsverhältnisses, das auf ein nachhaltiges gesondertes Tätigwerden schließen lässt, erfolgen. Ansonsten sind sie als Minderung der Anschaffungskosten zu bewerten. Dies ergibt sich auch aus mehreren jüngeren BFH-Urteilen, wonach Provisionsnachlässe, die der Eigenkapitalvermittler Fondsgesellschaften gewährt und die keine besonderen, über die Beteiligung am geschlossenen Fonds hinausgehenden Leistungen der Gesellschafter abgelten, nicht als Einnahmen behandelt werden, sondern als Minderung der Anschaffungskosten der Immobilie (BFH-Urteile vom 26. Februar 2002 IX R 21/01, BFH/NV 2002, 912; IX R 20/98, BFHE 198, 425, BFH/NV 2002, 854).
Für den Streitfall bedeutet dies, dass die Eigenprovision in Höhe von DM 30.000,-- nicht im Rahmen der sonstigen Einkünfte zu erfassen war, sondern als Minderung der Anschaffungskosten bei der erworbenen Eigentumswohnung. Wie sich aus der Bestätigung der GmbH ergibt, hat der Kläger keine weiteren Objekte für diese vermittelt. Über den Wohnungskauf hinaus bestanden keine weiteren Leistungsbeziehungen zwischen dem Kläger und der GmbH. Die Provisionszahlung stellte damit keine echte wirtschaftliche Gegenleistung für eine Vermittlungsleistung des Klägers dar und war somit nicht durch diese veranlasst. Entgegen der Ansicht der Kläger war die empfangene Leistung jedoch als Minderung bei den Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Nach dem für das Gericht nach den Gesamtumständen glaubhaften und nachvollziehbaren Vortrag war die GmbH befugt, Preisnachlässe zu gewähren, so dass es keine Rolle spielt, dass die Zahlung nicht durch den eigentlichen Veräußerer erfolgt ist. Jedenfalls hat sich der Anschaffungsaufwand der Kläger durch diese Provision vermindert.
Unter Zugrundelegung von Anschaffungskosten für die Eigentumswohnung in Höhe von DM 247.881,-- (bislang: DM 277.881,--) und einem Gebäudeanteil von 91,7% (DM 227.307) war der Einkommensteuerbescheid wie folgt zu ändern (Beträge in DM):
Einkünfte nichtselbständiger Arbeit ...
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung : Weniger AfA in Höhe von DM 1.926,-- (bislang 17.837,--; nunmehr 7% aus DM 227.307 = 15.911) - 42.435,--
Sonstige Einkünfte 0,--
Gesamtbetrag der Einkünfte ...
Sonderausgaben-PB ...
Vorsorgeaufwendungen ...
Zu versteuerndes Einkommen ...
Festzusetzende Einkommensteuer (Splittingtabelle) ...
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 2 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 151 Abs. 1 FGO (BFH-Beschluss vom 15. April 1981 - IV 3/81, BStBl II 1981, 402).