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22.12.2003 · IWW-Abrufnummer 032149

Oberlandesgericht München: Urteil vom 18.03.2003 – 25 U 4558/02

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

Aktenzeichen 25 U 4558/02
10 O 22680/01 LG München I

Verkündet am 18.3.2003

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Forderung

erlässt der 25. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richter am Oberlandesgericht ... und ... auf Grund der mündliche Verhandlung vom 18.3.2003 folgendes

Endurteil

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 5.7.2002 unter Aufhebung der Kostenentscheidung abgeändert wie folgt:

1. In Höhe eines Teilbetrages von 11.814,77 Euro wird die Klage abgewiesen.

2. Im übrigen ist der Anspruch des Klägers auf Ersatz der streitgegenständlichen Aufwendungen für Heilbehandlungen und sonst vereinbarte Leistungen aus dem Krankenversicherungsvertrag zwischen den Parteien dem Grunde gerechtfertigt.

II. Hinsichtlich der Entscheidung über die Höhe des Anspruches des Klägers und der Kosten des Berufungsverfahrens wird das Verfahren das Landgericht München I zurückverwiesen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts vom 5.7.2002 Bezug genommen.

Nach teilweise Klagerücknahme in der Berufungsinstanz in der Höhe von 11.814,77 ? verfolgt der Kläger im übrigen mit seiner Berufung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages seinen erstinstanzlichen Klageantrag weiter. Er ist der Ansicht, seine Ansprüche seien weder verjährt noch verwirkt. Auch was Grund und noch geltend gemachte Höhe anbelange, seien seine Ansprüche erstattungsfähig.

Die Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts München I vom 5.7.2002 (Az. 10 O 22680/01) zu verurteilen, an den Kläger 30.457,29 ? nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 12.12.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und hilfsweise

gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO Zurückverweisung an das Landgericht.

Der teilweise Klagerücknahme stimmt die Beklagte nicht zu. Im übrigen wendet sie weiter Verjährung und Verwirkung ein.
Darüber hinaus bestreitet die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz hinsichtlich sämtlicher streitgegenständlicher Belege die medizinische Notwendigkeit, mithin also generell deren Erstattungsfähigkeit.

Ergänzend wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien die vorgelegten Unterlagen des Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.3.2003 und den sonstigen Akteninhalt.
Eine Beweisaufnahme vor dem Senat fand nicht statt.

II.
Nachdem die Beklagte in die teilweise Klagerücknahme in Höhe von 11.814,77 Euro nicht eingewilligt hat, war die Klage in Höhe dieses Teilbetrages abzuweisen.
Im übrigen hat die zulässige Berufung des Klägers insoweit Erfolg, als der noch streitgegenständliche Klageantrag zumindest dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Dem Anspruch stehen weder Verjährung noch Verwirkung entgegen. Der Senat folgt, was die Frage des Verjährungsbeginns anbelangt, der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, VersR 55, 98, 87, 1235; 02, 698). Danach kann die Verjährung in einem Fall dem vorliegenden grundsätzlich nicht vor den Mitwirkungshandlungen des Anspruchstellers zu laufen beginnen, selbst wenn diese über einen längeren Zeitraum nicht vorgenommen werden. Die Mitwirkungshandlung besteht vorliegend in der Einreichung der Belege mit Leistungsantrag. Dies ist unstreitig erst im Jahre 2001 der Fall gewesen.
Eine Vorlegung des Verjährungsbeginns kann nur in Betracht kommen, wenn der Versicherungsnehmer durch das Unterlassen seiner ?Mitwirkung? gegen die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben verstößt. Einen allgemeinen Grundsatz, dass bei Ansprüchen mit einer von der Disposition des Gläubigers abhängigen Fälligkeit die Verjährung schon in dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Gläubiger die Fälligkeit herbeiführen kann, gibt es nicht (BGH, VersR 02, 698).
Die verspätete Geltendmachung allein stellt noch kein treuwidriges Verhalten dar (BGH a. a. O.). Dasselbe gilt hinsichtlich des Umstandes, dass der Kläger andere Belege aus den Jahren 1991 bis 1996 bereits früher zur Erstattung eingereicht hat, die streitgegenständlichen hingegen erst im Jahre 2001. In einem derartigen Verhalten eines Versicherungsnehmers sieht der Senat keinen Umstand, der ein schutzwürdiges Vertrauen eines Versicherers begründen könnte, dass weitere Erstattungsanträge für die maßgeblichen Zeiträume nicht mehr gestellt werden. Auch in der Entgegennahme der Beitragsrückerstattungen für die Jahre 1997 und 1998 liegt kein treuwidriges Verhalten des Klägers. In der bloßen Entgegennahme kann keine konkludente Erklärung dahingehend verstanden werden, der Versicherungsnehmer werde für die von den Beitragsrückerstattungen umfassten Zeiträume keine Leistungsanträge mehr stellen. In den Beitragsrückerstattungen liegen darüber hinaus auch keine schutzwürdigen Dispositionen der Beklagten, da diese ohne weiteres in der Lage ist, die Rückerstattungsbeträge von den zu erstattenden Leistungen in Abzug zu bringen, wie sie es für das Leistungsjahr 1999 nach eigenen Vorbringen getan hat. Aus den genannten Gründen liegen auch die Voraussetzungen für eine Verwirkung nicht vor.
Soweit die Beklagte vorträgt, sie sei bei einem derartigen Verhalten eines Versicherungsnehmers in ihrer finanziellen Planung beeinträchtigt, vermag der Senat darin noch keine mit einer nach Treu und Glauben unvereinbare Härte (Heinrichs in Palandt, BGB, 62 Aufl. § 242, Rn. 95) zu sehen. Soweit die Beklagte ausführt, sie sei zur Aufbewahrung von Belegen nur für die Dauer von 6 Jahren verpflichtet und esergäben sich infolge Zeitablaufes auch Schwierigkeiten, was die Feststellung der medizinischen Notwendigkeit von Behandlungen anbelangt, ist festzustellen, dass sich daraus kein Nachteil für einen Versicherer ableiten lässt. Spät eingereichte Belege sind bei der Beklagten naturgemäß erst mit ihrer Einreichung vorhanden und der Nachweis der medizinischen Notwendigkeit obliegt nicht der Beklagten, sondern ihrem Versicherungsnehmer.

Somit scheitert der Klageanspruch dem Grunde nach nicht aus den vom Landgericht angeführten Gründen der Verjährung und Verwirkung.
Mit dem Einwand, sämtliche geltend gemachten Leistungen seien medizinisch nicht notwendig gewesen, ist die Beklagte in der Berufungsinstanz ausgeschlossen gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Es ist nicht ersichtlich, warum dieses Verteidigungsmittel nicht bereits in erster Instanz hätte geltend gemacht werden können. Irgendwelche Umstände, die es erlauben würden, diesbezüglich nicht von Nachlässigkeit i. S. v. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO auszugehen, sind weder vorgetragen noch sonst wie ersichtlich.

Abgesehen von diesem pauschalen, unsubstantiierten sowie in der Berufungsinstanz nicht berücksichtigungsfähigen Bestreiten der medizinischen Notwendigkeit sämtlicher Positionen durch die Beklagte lässt sich der gegenwärtige Streitstand zwischen den Parteien wie folgt darstellen:

Beleg: Kläger: Beklagte: Differenz: (Beweislast)
K 47 12.618,33 DM 7.933,87 DM 4.684,46 DM Kläger
K 59 20,50 DM 0,00 DM 20,50 DM Kläger
K 65 69,96 DM 0,00 DM 69,96 DM Kläger
K 72 69,94 DM 0,00 DM 69,94 DM Kläger
K 79 491,20 DM 200,00 DM 291,20 DM Kläger
K 80 501,20 DM 200,00 DM 301,20 DM Kläger
K 84 478,51 DM Bel. unvollst. 478,51 DM (?) Kläger
K 86 73,11 DM 0,00 DM 73,11 DM Kläger
K 87 6.678,69 DM Bel. Lab. unvollst. d. h. nur 2.718,03 DM 3.960,66 DM Kläger
K 97 20,50 DM 0,00 DM 20,50 DM Kläger
K 113 111,87 DM 0,00 DM 111,87 DM Kläger
K 117 950,00 DM 640,00 DM 310,00 DM Kläger
K 119 35,90 DM 0,00 DM 35,90 DM Kläger
K 121 1.050,00 DM 610,00 DM 440,00 DM Beklagte
K 123 1.050,00 DM 610,00 DM 440,00 DM Beklagte
K 131 1.000,00 DM 790,00 DM 210,00 DM Beklagte
K 135 51,70 DM 0,00 DM 51,70 DM Kläger
K 138 1.000,00 DM 790,00 DM 210,00 DM Beklagte

Summen: 26.271,41 DM 14.491,90 DM 11.779,51 DM

Zumindest über den Umfang der diesbezüglichen in Streit stehenden Erstattungsansprüche ist Beweis zu erheben. Nachdem das Landgericht, weil es die Ansprüche schon dem Grunde nach verneint hat, über die Höhe nicht entschieden hat, sieht der Senat die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils gegeben, welches auch im 2. Rechtzug ergehen kann (Vollkommer in Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 304, Rn. 17 und Gummer, ebenda, § 538, Rn. 43,44), weil eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass im Betragsverfahren ?noch etwas? (Gummer a, a. O., § 538 Rn.- 45) zuerkannt werden wird.
Eine Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens konnte noch nicht getroffen werden, weil diese von der Quote des endgültigen Obsiegens und Unterliegens der Parteien nach dem Ergebnis des Betragsverfahrens abhängt. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund im Sinne von § 543 II ZPO besteht. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, da keine klärungsbedürftige Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung, die höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, vorliegt, noch werden durch die Entscheidung Rechtsfragen angesprochen, die der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Einer Abwendungsbefugnis bedurfte nicht, da derzeit keine der Parteien die Vollstreckung aus dem Urteil betreiben kann.

RechtsgebieteBGB, Verwirkung, VerjährungVorschriften§ 242 BGB

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