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05.03.2004 · IWW-Abrufnummer 032799

Landgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 05.02.2002 – 2/4 O 389/01

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Frankfurt am Main ...

4. Zivilkammer

Aktenzeichen: 2-4 O 389/01

verkündet am 05.02.2003

Urteil

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit XXX

hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main durch Richterin am Landgericht v. Garmissen als Einzelrichterin auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 04. Dezember 2002 für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagten zu 1) ein PC-System, Typenbezeichnung T8000TFT, 64 MB, Seriennummer 10447220G inklusive Card-Station, Seriennummer 69020952, zweites Netzteilkabel, CD-Laufwerk, externe Maus, Tasche und Handbücher mit Originalverpackung herauszugeben Zug um Zug gegen die Abgabe der Meldung an die Auskunftsstelle über Versicherungs- /Bausparkassenaußendienst und Versicherungsmakler in Deutschland e. V. (AVAD), Normannenweg 2, 20537 Hamburg, dass der Kläger freigegeben ist.

Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Kündigung mehrerer Versicherungsvertretungsverträge sowie im Wege der Widerklage um die Herausgabe eines PC-Systems. Der Kläger ist Versicherungsvertreter. Die Beklagten sind Versicherungsgesellschaften.

Der am 20.06.1939 geborene Kläger schloss am 01.04.1971 mit der Nordstern Allgemeine Versicherungs-AG und der Nordstern Lebensversicherungs-AG einen hauptberuflichen Agenturvertrag, übernahm die hauptberufliche Vertretung der Vermittlung von Krankenversicherungsverträgen für die Colonia Krankenversicherung AG und schloss einen Vertretungsvertrag über die Vermittlung von Rechtsschutzversicherungen mit der Roland Rechtschutzversicherungs-AG. Sämtliche genannten Versicherungsgesellschaften waren Rechtsvorgänger der Beklagten zu 1) bis 3). Mit Wirkung zum 01.07.1975 wurde der Kläger von der Nordstern Allgemeine Versicherungs-AG zum Generalagent ernannt.

Mit Nachtrag vom 19.01.1984 wurde das Kündigungsrecht der Versicherungsverträge so ausgestaltet, dass nach einer Vertragsdauer von mehr als 20 Jahren, sofern der Vertreter mindestens das 45. Lebensjahr vollendet hat, eine Kündigung mit einer Frist von mindestens 12 Monaten zum Vierteljahresabschluß möglich war.

Mit Wirkung vom 01.04.1996 schlossen die Beklagte zu 1) und der Kläger eine ergänzende Vereinbarung zum Vertretungsvertrag betreffend ?Colonia Nordstern Außendienstservicesystem (Conas). Durch diese ergänzende Vereinbarung war geregelt, dass der Kläger für die Dauer des Bestehens der ergänzenden Vereinbarung die zur Erfüllung seiner Pflichten als Vertreter der Beklagten erforderlichen PC-Systeme übergeben bekam. Gemäß Ziff. 7 der Vereinbarung (Bl. 1251) ist der Vertreter bei Beendigung des Vertretungsvertrages zur Rückgabe verpflichtet.

Auf Drängen des AXA Colonia Konzerns gab der Kläger mit Wirkung zum 01.01.1997 einen Teil seines Versicherungsbestandes mit einem Volumen von DM 400.000,-- ab. Entgegen einer ursprünglichen Zusage gestattete es der AXA Colonia Konzern dem Begünstigten der Abtretung, den neuen Kundenstamm von einer eigenen Niederlassung aus betreuen.

Im Rahmen des bestehenden Handelsvertreterverhältnisses übergab der PC-Betreuer der Beklagten zu 1) am 12.05.2000 dem Kläger das streitgegenständliche PC-System inklusive der Zubehörteile und Originalverpackung.

Mit Schreiben vom 22.12.2000 wurde dem Kläger die Kündigung aller Versicherungsvertreterverträge mit Wirkung zum 31.12.2001 erklärt.

Die Beklagte zu 1) verlangte erfolglos die Herausgabe des sreitgegenständlichen PC-Systems.

Der Kläger vertritt die Auffassung, die Kündigung der Versicherungsvertreterverträge vom 22.12.2000 sei unwirksam.

Er ist der Ansicht, die oben auf dem Briefkopf aufgeführte Colonia Nordstern Versicherungs-Management AG habe bereits nicht die Befugnis, eine solche Kündigung auszusprechen, da sie nicht seine Vertragspartnerin sei. Im übrigen sei unter den Unterschriften des Kündigungsschreibens die Beklagte zu 1) aufgeführt. Der Kläger bestreitet auch die Befugnis der Beklagten zu 1) zum Ausspruch der Kündigung und, dass die beiden Unterzeichner der Kündigung vom 22.12.2000 von den jeweiligen Vertragspartnern des Klägers bevollmächtigt waren, Kündigungen von Vertragsverhältnisses auszusprechen. Des weiteren sei das Formerfordernis eines eingeschriebenen Briefes nach Ziff. 10 des Agenturvertrages nicht eingehalten worden.

Die Kündigung sei aber auch deshalb ausgeschlossen, da im Versicherungsgewerbe ein Handelsbrauch dahingehend bestehe, dass einem über 55 Jahre alten Versicherungsvertreter, der länger als 25 Jahre bei einem Versicherungsunternehmen tätig war, ohne triftigen Grund nicht gekündigt werden dürfe. Diese Regel würde auch als Handelsbrauch von den deutschen Versicherungsunternehmen gegenüber allen Versicherungsvertretern eingehalten und als verbindlich erachtet. Ein triftiger Grund, der eine Kündigung der Versicherungsvertreterverträge rechtfertigen würde, läge nicht vor.

Der Kläger behauptet weiter, auch die Beklagte hätte die Existenz dieses Grundsatzes bestätigt.

Die Kündigung verstoße auch gegen Treu und Glauben
Im übrigen hätten die Beklagten ihn noch nicht gegenüber dem AVAD freigegeben. Hierdurch sei es ihm verwehrt, Tätigkeiten für andere Versicherungsunternehmen als die Konzernunternehmen des AXA-Konzerns zu erbringen.

Mit Schriftsatz vom 28.11.2002 ? nach Einholung der Auskunft des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. ? ist der Kläger der Rechtsansicht, das Gericht hätte es rechtsfehlerhaft unterlassen, hinsichtlich der Frage des Bestehens eines Handelsbrauches ein Gutachten der Industrie- und Handelskammer einzuholen.

Mit Schriftsatz vom 11.06.2002 hat der Beklagte seine Klage auf die Beklagte zu 3) erweitert.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass die Versicherungsvertreterverträge zwischen dem Kläger und

a) der Beklagten zu 1), der AXA Versicherung AG hinsichtlich deren Schadensversicherungen,

b) der Beklagten zu 2), der AXA Lebensversicherung AG hinsichtlich deren Lebensversicherungen,

c) der Beklagten zu 3), der AXA Krankenversicherung AG hinsichtlich deren Krankenversicherungen,

nicht durch Kündigung der Colonia Nordstern Versicherungs-Management AG mit Schreiben vom 22.12.2000 zum 31.12.2001 beendet wurden.

Die Beklagten zu 1) bis 3) beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, dass bereits der Klageantrag zu unbestimmt sei, weil nicht im Einzelnen benannt worden sei, auf welche Versicherungsverträge sich die gerichtliche Feststellung des Fortbestandes beziehen solle.

Die Kündigung vom 22.12.2000 sei durch die AXA Colonia Versicherung AG ausgesprochen worden, wie sich aus der Klarstellung unterhalb der Unterschrift eindeutig erkennen lasse. Allein der Umstand, dass die Kündigung auf dem Briefpapier der Colonia Nordstern Versicherungs-Management AG gedruckt wurde, ändere hieran nichts. Die die Kündigung aussprechende AXA Colonia Versicherung AG habe auch, wie in dem Schreiben vom 22.12.2000 ausdrücklich bezeichnet, neben dem mit der AXA Colonia Versicherung AG geschlossenen Vertretervertrages ?alle übrigen mit der AXA Colonia Versicherung AG und den von ihr mitvertretenden Gesellschaften getroffenen Vereinbarungen? wirksam kündigen können. Denn die Vorgängerin der Beklagten zu 1), die Nordstern Allgemeine Versicherungs-AG sei zur Kündigung aller streitgegenständlichen Versicherungsvertretungsverträge berechtigt gewesen und somit auch die Beklagte zu 1) selbst als Rechtsnachfolgerin (vgl. ausführliche Darlegung Bl. 99 f.). Die beiden Unterzeichner der Kündigung hatten zum fraglichen Zeitpunkt Prokura für die Kündigung aussprechende Beklagte zu 1) gehabt.

Sie sind weiterhin der Ansicht, es existiere der von dem Kläger angeführte Handelsbrauch nicht. Ausschlaggebend sei vielmehr die vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien, die eine Kündigung mit 12-Monatsfrist zum Quartalsschluss erlaube.

Die Beklagte zu 1) beantragt im Wege der Widerklage,

an die Beklagte zu 1) ein PC-System, Typenbezeichnung T8000TFT, 64 MB, Seriennummer 10447220G inklusive Card-Station, Seriennummer 69020952, zweites Netzteilkabel, CD-Laufwerk, externe Maus, Tatsache und Handbücher mit Originalverpackung herauszugeben.

Der Kläger beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Der Kläger ist der Rechtsansicht an dem PC-System ein Zurückbehaltungsrecht zu haben, da die Beklagten nach wie vor die AVAD Meldung nicht abgegeben hätten.

Der Kläger hat vorsorglich Handelsvertreterausgleichsansprüche gemäß § 89b HGB geltend gemacht.

Das Gericht hat Beweis erhoben zu der Frage des Bestehens eines Handelsbrauches gemäß Beweisbeschluss vom 17.07.2002 durch Einholung einer Auskunft des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V., Berlin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftliche Stellungnahme des Verbandes vom 23.08.2002 verwiesen (Bl. 109 f. ).

Den voraussichtlichen Inhalt des am 17.07.2002 verkündeten Beweisbeschlusses hat das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 12.06.2002 erörtert.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig (§ 256 Abs. 1 ZPO). Denn der Kläger hat ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Kündigung der Versicherungsvertretungsverträge vom 22.12.2000. Der Klageantrag ist auch ausreichend bestimmt.

I. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1) bis 3) keinen Anspruch auf Feststellung, dass die streitgegenständlichen Versicherungsverträge zwischen ihm und den Beklagten nicht durch Kündigung mit Schreiben vom 22.12.2000 zum 31.12.2001 beendet wurden (Ziff. 10 des Agenturvertrages vom 02.03.1971 i. V. m. der Vereinbarung vom 19.01.1984).

A. Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Beklagte zu 1) die Versicherungsvertretungsverträge mit ihm mit Schreiben vom 22.12.2000 gekündigt und war auch zum Ausspruch dieser Kündigung berechtigt. Es kann daher dahinstehen, ob die Colonia Nordstern Versicherungs-Management AG, die oben rechts auf dem Briefkopf aufgeführt ist, dies ebenso gewesen wäre.

1. Die Kündigung der Versicherungsvertretungsverträge vom 22.12.2000 ist durch Beklagte zu 1) ausgesprochen worden. Wie bei allen Willenserklärungen sind auch hier die §§ 133, 157 BGB anwendbar. Unter den Unterschriften der beiden unterzeichnenden Prokuristen ist die Beklagte zu 1) aufgeführt. Für den Empfänger, hier dem Kläger, ist daher erkennbar, dass die Beklagte zu 1) sich für den Inhalt des Kündigungsschreibens verantwortlich zeichnet. Allein der Umstand, dass das Kündigungsschreiben auf dem Briefpapier der Colonia Nordstern Versicherungs-Management AG gedruckt wurde, ändert hieran nichts.

2. Die die Kündigung aussprechende Beklagte zu 1) konnte auch, wie in dem Schreiben vom 22.12.2000 ausdrücklich bezeichnet, neben dem mit der AXA Colonia Versicherung AG geschlossenen Vertretervertrages, alle übrigen mit der AXA Colonia Versicherung AG und den von ihr mitvertretenden Gesellschaften getroffenen Vereinbarungen? wirksam kündigen. Denn ? wie die Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 26.06.2002 umfassend dargelegt haben ? die Vorgängerin der Beklagten zu 1), die Nordstern Allgemeine Versicherungs-AG war zur Kündigung aller streitgegenständlichen. Versicherungsvertretungsverträge berechtigt und somit ist dies auch die Beklagte zu 1) selbst als Rechtsnachfolgerin (vgl. ausführlich Darlegung im Schriftsatz vom 26.06.2002, Bl. 99 f.). Der Kläger hat die Berechtigung der Beklagten zu 1) zur Kündigung nach der umfassenden Darlegung durch die Beklagten nicht substantiiert bestritten.

3. Die Beklagten haben substantiiert dargelegt, wer dass Kündigungsschreiben vom 22.12.2000 unterzeichnet hat und dass beide Unterzeichner zum fraglichen Zeitpunkt Prokura unter anderem für die Beklagte zu 1) hatten (vgl. Bl. 101). Dieses substantiierte Vorbringen hat der Kläger ebenfalls nicht bestritten.

B). Der Wirksamkeit der Kündigung steht auch nicht die angebliche Nichteinhaltung des Formerfordernisses aus Ziff. 10 Abs. 1 des Agenturvertrages, wonach eine Kündigung mittels eingeschriebenen Brief zu erfolgen habe, entgegen der Ansicht des Klägers bestimmt § 125 Satz 2 BGB nicht generell die konstitutive Wirkung einer Formvereinbarung. Vielmehr ist es so, dass Inhalt und Tragweite von Formvereinbarung wie bei allen Willenserklärungen durch Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln sind (Palandt-Heinrichs, BGB, 62 Aufl., § 125 Rn. 12). Ist, wie vorliegend, vertraglich eine Kündigung durch eingeschriebenen Brief vorgesehen, so hat nur die Schriftform konstitutive Bedeutung, während die Übermittlungsform lediglich als Beweis des Zugangs dient (Palandt-Heinrichs, a. a. O.).

C. Die Versicherungsvertretungsverträge mit den Beklagten zu 1) bis 3) sind durch das Kündigungsschreiben vom 22.12.2000 auch wirksam ordentlich gekündigt worden (Ziff. 10 des Agenturvertrages vom 02.03.1971 i. V. m. der Vereinbarung vom 19.01.1984).

1. Eine ordentliche Kündigung muß gemäß § 89 HGB nicht näher begründet werden. Das nachträgliche Vorbringen der Beklagten zu den Gründen für die Kündigung war nicht erforderlich. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die von den Beklagten vorgebrachten Gründe für die Kündigung zutreffen, triftig sind oder nicht.

2.a) Ein Handelsbrauch in Versicherungsgewerbe im Sinne des § 346 HGB dahingehen, dass einem über 55 Jahre alten Versicherungsvertreter, der länger als 25 Jahre bei einem Versicherungsunternehmen tätig war, ohne triftigen Grund nicht gekündigt werden darf, besteht nicht. Der Kläger kann sich demnach auf einen solchen Handelsbrauch auch nicht berufen. Die gemäß Beweisbeschluß vom 17.07.2002 nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vom 12.06.2002 eingeholte Auskunft des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. vom 23.08.2002 hat ergeben, dass ein solcher durch den Kläger behaupteter Handelsbrauch nicht existiert (vgl. Bl. 109 f.).

b) Insofern der Kläger nunmehr mit Schriftsatz vom 28.11.2002 ? nach Einholung der Auskunft des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. ? der Rechtsansicht ist, das Gericht hätte hinsichtlich der Frage des Bestehens eines Handelsbrauches ? noch ? ein Gutachten der Industrie- und Handelskammer einzuholen, kann dieser Rechtsansicht nicht gefolgt werden. Unabhängig von der mündlichen Erörterung des voraussichtlichen Inhaltes Beweisbeschlusses in der mündlichen Verhandlung vom 12.06.2002 ist die Einholung eines Gutachtens der Industrie- und Handelskammer zur Feststellung eines Handelsbrauches nicht zwingend erforderlich. Auch den Zivilkammern der Landgerichte ist die Feststellung von Handelbräuchen nicht verboten, wie allgemein die Feststellung gerichtsbekannter Tatsachen. Ist ausreichende Sachkunde des Gerichts nicht vorhanden, wird die Zuziehung eines Sachverständigen nötig. Neben der Industrie- und Handelskammer zeichnen auch Wirtschaftsverbände Handelsbräuche auf und erteilen Auskünfte und Gutachten über ihr bestehen (Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 346, Rn. 13 m.w.N.). Wie das Gericht in der mündlichen Verhandlung 12.06.2002 darauf hingewiesen hat, ist der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. der Fachverband der Versicherungswirtschaft und daher mit den entsprechenden Gepflogenheiten ? wie auch Handelsbräuchen ? der Versicherungswirtschaft vertraut. Zur Einholung einer Auskunft über das Bestehen eines Handelsbrauchs in der Versicherungswirtschaft ist daher der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. die geeignete Stelle zur Verschaffung entsprechender Sachkunde bei dem Gericht. Einer Einholung eines weiteren Gutachtens bedarf es daher nicht.

3. Des weiteren besteht keine Vereinbarung zwischen dem Kläger und den Beklagten, die es den Beklagten verboten hätten, ohne Vorliegen eines triftigen Grundes das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis zu kündigen. Es wurde auch seitens der Beklagten kein Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen (§ 242 BGB). Insbesondere lässt sich aus der Formulierung der Beklagten in ihrem Schreiben vom 11.04.2001 gegenüber dem Bundesverband der Versicherungskaufleute ?wir stimmen mit Ihnen überein, dass Vertretern, die älter als 55 Jahre sind, nicht mehr ohne triftigen Grund gekündigt werden sollte? keine Zusage in der von dem Kläger behaupteten Form herleiten. Das Schreiben vom 11.04.2001 folgt der streitgegenständlichen Kündigung vom 22.12.2000 nach. Es ist des weiteren gar nicht an den Kläger, sondern an den Bundesverband der Versicherungskaufleute gerichtet. Im übrigen lässt gerade die Formulierung des Schreibens und die Wahl des Wortes ?sollen? in diesem Zusammenhang nicht den von dem Kläger gefolgerten Schluß zu. Denn durch die Wahl des Wortes ?sollen? haben die Beklagten gerade nicht geäußert, dass Versicherungsvertretern, die älter als 55 Jahre sind, nicht gekündigt werden darf.

4. Auch ansonsten ist hinsichtlich der ordentlichen Kündigung vom 22.12.2000 kein Verstoß gegen Treu und Glauben erkennbar. Eine solche Situation wäre dann gegeben, wenn besondere, noch über die Abhängigkeit des Handelsvertreters hinausgehende Umstände vorlägen.

Dies ist vorliegend allerdings nicht gegeben. Das Vorbringen des Klägers dahingehen, dass seine berufliche Perspektive nach dem Ausscheiden aus dem Versicherungsvertretervertragsverhältnis bei den Beklagten in seinem Alter von 62 Jahren schwierig sei, ist hierfür nicht ausreichend. Denn die Parteien haben diesem Umstand gerade durch die Vereinbarung der neuen verlängerten Kündigungsfrist in der Vereinbarung vom 19.01.1984 Rechnung getragen, an die sich die Beklagten bei der Kündigung auch gehalten haben. Ansonsten ist es gerade Wesen des Versicherungsvertretungsverhältnisses, dass der selbständig tätigte Versicherungsvertreter nicht uneingeschränkt auf eine sichere und unkündbare Beschäftigung vertrauen kann.

D. Insofern der Kläger vorsorglich die Handelsvertreterausgleichsansprüche gemäß § 89 HGB geltend macht, war dies im vorliegenden Verfahren nicht zu berücksichtigen. Abgesehen davon, dass kein entsprechender Klageantrag für eine Klage aus § 89b HGB vorliegt, hat der Kläger auch keine ausreichende Tatsachengrundlage für Bezifferung und Größenordnung des Anspruchs dargelegt. Dieser ist jedoch erforderlich (Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl. § 89b, Rn. 82).

III. Die Widerklage auf Herausgabe des streitgegenständlichen PC-Systems an die Beklagte zu 1) ist insoweit begründet, dass die Herausgabe nur Zug um Zug gegen die Abgabe der Meldung an die Auskunftsstelle über Versicherungs-/Bausparkassenaußendienst und Versicherungsmakler in Deutschland e. V. (AVAD) über die Freigabe des Klägers zu erfolgen hat. Im übrigen ist die Widerklage unbegründet (Ziff. 7 der ergänzenden Vereinbarung zum Vertretungsvertrag Conas i. V. m. positiver Forderungsverletzung aus den Versicherungsverträgen i. V. m. §§ 273 f. BGB).

A. Unstreitig zwischen den Parteien hat der Kläger am 12.05.2000 das streitgegenständliche PC-System nebst Zubehör erhalten. Aufgrund der wirksamen Kündigung sämtlicher Versicherungsvertretungsverträge mit Schreiben vom 22.12.2000 durch die Beklagte zu 1) (s. o. II.) ist er bereits auf Ziff. 7 der ergänzenden Vereinbarung zum Vertretungsvertrag Conas zur Rückgabe des PC-Systems nebst Zubehör verpflichtet.

B. Allerdings muss dies nur Zug um Zug gegen die Abgabe der AVAD-Meldung (Freigabe des Klägers) erfolgen. Denn die Beklagten sind als Nebenpflicht aus den Versicherungsvertretungsverträgen verpflichtet, eine entsprechende Mitteilung an die Auskunftsstelle über Versicherungs-/Bausparkassenaußendienst und Versicherungsmakler in Deutschland e. V. (AVAD) zu tätigen, da der Kläger es ohne eine entsprechende AVAD-Meldung verwehrt ist, Tätigkeiten für andere Versicherungsunternehmen als die Konzernunternehmen des AXA-Konzerns zu erbringen. Diese Meldung gegenüber dem AVAD ist der Beklagten zu 1) aufgrund der entsprechend dargelegten Befugnisse (II. A. 2.) auch alleine möglich.

Insofern die Beklagten mit Schriftsatz vom 02.01.2003 ausführen, eine entsprechende AVAD-Meldung abgegeben zu haben, ist diese Behauptung unsubstantiiert dargelegt. Da die AVAD-Meldung bereits im gesamten Verfahren streitig war, hätte es den Beklagten oblegen darzutun, wann und mit welchem Inhalt sie die entsprechende AVAD-Meldung tätigen.

C. Dem Kläger steht auch ein Zurückbehaltungsrecht an dem PC-System nebst Zubehör zu, da er aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen die Beklagten ? bzw. die Beklagte zu 1) ? hat (§ 273 f. BGB).

Aus diesen Gründen war ? wie erkannt ? zu entscheiden.

IV. Die Kostenentscheidung folgt wegen des wesentlichen Unterliegens des Klägers hinsichtlich Klage und Widerklage aus § 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 ZPO n. F.

RechtsgebietHandelsgesetzbuchVorschriften§ 89 HGB § 346 HGB

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