26.11.2004 · IWW-Abrufnummer 042962
Finanzgericht Köln: Urteil vom 31.07.2002 – 3 K 36/01
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln
3. Senat
Entscheidung vom 31.07.2002
Az.: 3 K 36/01
T e n o r
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von ....,- DM.
Der Kläger erzielte im Streitjahr als Heimerzieher beim Landschaftsverband ............... Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit und wurde in folgenden Wohngruppen, innerhalb derer er sich selbst verpflegte, eingesetzt:
01.01.1998 - 11.02.1998: Wohngruppe .......-.........-Straße, ...........
12.02.1998 - 06.08.1998: Wohngruppe .............., ............
07.08.1998 - 31.12.1998: Wohngruppe ............., .............
Gemäß Bescheinigung des Landschaftsverbandes ........... vom 26.09.2000, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, kam es darüber hinaus noch zu außerplanmäßigen Diensten in anderen Wohngruppen innerhalb der Einrichtung, welche der Beklagte unter dienstreiserechtlichen Gesichtspunkten gewürdigt hat.
Im Streitjahr machte der Kläger Mehraufwendungen für Verpflegung wegen Einsatzwechseltätigkeit in Höhe von ..........,- DM (... Tage x 10,- DM, .. Tage x 46,-- DM) als Werbungskosten geltend, die der Beklagte nicht anerkannte.
Mit dem hiergegen fristgerecht erhobenen Einspruch vertrat der Kläger die Auffassung, er übe als Erzieher eine Einsatzwechseltätigkeit aus. Seine Tätigkeit sei mit der einer Betriebsreserve vergleichbar.
Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom ............ als unbegründet zurück. Seiner Auffassung nach liege keine Einsatzwechseltätigkeit vor. Vielmehr handele es sich bei den Wohngruppen um mehrere regelmäßige Arbeitsstätten, weil der Kläger diese mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsuche. Den Fahrten zu den einzelnen Wohngruppen fehle das Moment des Unvorhersehbaren, das einer Einsatzwechseltätigkeit häufig anhänge.
Hiergegen hat der Kläger am ............ Klage erhobenen und behauptet, er wisse oftmals nicht, in welcher Wohngruppe er am nächsten Tag seinen Dienst antreten müsse. Es dürfe keine Rolle spielen, dass sich der jeweilige Dienstort innerhalb eines begrenzten Gebietes befinde. Jedenfalls könne seiner Auffassung keine einheitliche Arbeitsstätte angenommen werden. Hierzu verweist der Kläger auf das BFH-Urteil vom 07.02.1997 (VI R 61/96).
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom ............ den Einkommensteuerbescheid vom ............ dahingehend zu ändern, dass weitere Werbungskosten in Höhe von ........,- DM bei den Einkünften aus nicht selbständiger Tätigkeit berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist zur Begründung auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Zu Recht hat der Beklagte keine Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbständiger Tätigkeit berücksichtigt. Dem Kläger steht der geltend gemachte Verpflegungsmehraufwand in pauschalierter Höhe gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz - EStG - i.V. mit Abschnitt 39 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1, 3 und Abs. 6 der Lohnsteuerrichtlinien - LStR - 1996 nicht zu.
Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hingegen sind Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen betreffen, nicht im Rahmen einer Einkunftsart abzuziehen (§ 12 Nr. 1 EStG). Ausgaben für die Verpflegung gehören grundsätzlich zu den nichtabzugsfähigen Kosten der allgemeinen Lebensführung. Sie sind aber insoweit als Werbungskosten anzuerkennen, als sie ganz überwiegend oder ausschließlich beruflich veranlasst worden sind. Bei einer Abwesenheit des Steuerpflichtigen von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit von weniger als 14 Stunden, aber mindestens 8 Stunden beträgt der Pauschbetrag für Verpflegungsmehraufwand 10 DM pro Tag, bei einer Abwesenheit von 24 Stunden 24 DM pro Tag (§ 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 i.V.m. Satz 2 Buchst. c bzw. a EStG).
Es ist bereits zweifelhaft, ob dem Kläger anlässlich der unterschiedlichen Einsatzstellen durch die Einnahme von Mahlzeiten Mehraufwand entstanden ist. Da der Kläger sich in den Wohngruppen selbst verpflegen konnte und musste, besteht die Möglichkeit, dass der arbeitstägliche Verpflegungsaufwand ohne Rücksicht darauf, in welcher Wohngruppe er sich aufhielt, in gleicher Höhe anfiel.
Die Frage kann jedoch dahinstehen, weil im Streitfall die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Verpflegungsmehraufwands in pauschalierter Höhe nicht erfüllt sind. Der Kläger übte keine Einsatzwechseltätigkeit aus, sondern hatte mehrere regelmäßige Arbeitsstätten inne.
Als ?regelmäßige Arbeitsstätte? wird zwar nur ein Ort angesehen, an dem der Arbeitnehmer den ?Mittelpunkt seiner Tätigkeit? hat, d.h. ein Ort, zu dem er regelmäßig zurückkehrt, um zu berichten und Weisungen zu empfangen (Urteil des Bundesfinanzhofs ? BFH ? v. 18.04.1958 VI 24/58 U, BStBl. III 1958, 300) bzw. ein solcher, an dem er mindestens einen Teil seines Dienstes in ständiger Wiederkehr zu erledigen hat (BFH-Urteil v. 11.08.1972 VI R 128/70, BStBl. II 1972, 915). Das schließt es jedoch nicht aus, dass mehrere Arbeitsstätten des Arbeitnehmers sich als ?regelmäßige Arbeitsstätten? darstellen (BFH-Urteile v. 09.12.1988 VI R 199/84, BStBl. II 1989, 296; v. 02.02.1994 VI R 40/90, BFH/NV 1994, 546).
Unmittelbar einsichtig ist dies für den Fall, dass der Arbeitnehmer seine berufliche Tätigkeit aufgrund mehrerer Dienstverhältnisse an verschiedenen Orten entfaltet, ohne dass einer dieser Orte den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit darstellt (vgl. BFH-Urteil v. 08.11.1974 VI R 69/72, BStBl. II 1975, 177). Gleiches kann jedoch auch innerhalb nur eines Dienstverhältnisses der Fall sein. Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag auf Dauer, d.h. nicht nur vorübergehend, seine Arbeitsleistung an mehreren Betriebsstätten seines Arbeitgebers erbringen muss und sich zu diesem Zweck immer wieder und damit mit einer gewissen Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit zu diesem Ort begibt. Der Betriebssitz oder sonstige Stätten und Einrichtungen, die der Arbeitnehmer nicht nur ganz gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit mit dem Ziel aufsucht, irgendwelche Arbeitsleistungen zu erbringen, sind stets Arbeitsstätten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG (vgl. BFH-Urteil v. 19.09.1990 X R 44/89, BStBl. II 1991, 97).
Im Streitfall hat der Beklagte eine Einsatzwechseltätigkeit des Klägers nach den vorgenannten Kriterien zu Recht verneint, weil dieser 1998 mehrere regelmäßige Arbeitsstätten, nämlich in der Wohngruppe ........-......-Straße, ........, der Wohngruppe .........., ........... und der Wohngruppe ............, ..........., innehatte. Er war verpflichtet aufgrund seines Arbeitsvertrags in den genannten Wohngruppen auf Dauer (jeweils mehrere Wochen bzw. Monate) seine Arbeitsleistung zu erbringen. Zu diesem Zweck hat er sich auch immer wieder, d.h. mit Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit, dorthin begeben.
An dieser Beurteilung ändert auch die Tatsache nichts, dass der Kläger während seiner vertraglich festgelegten Tätigkeit in den einzelnen Wohngruppen außerplanmäßig (z.B. zum Zweck der Krisenintervention) in anderen Wohngruppen zum Einsatz kam. Entscheidend ist nach Auffassung des Gerichts vielmehr die Festlegung der regelmäßigen Arbeitsstätten durch den Arbeitgeber. Kommt der Kläger darüber hinaus vereinzelt aufgrund besonderer Umstände in anderen Wohngruppen zum Einsatz, handelt es sich hierbei - wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind - um den klassischen Fall einer Dienstreise, der steuerlich entsprechend zu würdigen ist. Im Streitfall sind die durchgeführten Dienstreisen auch vom Beklagten berücksichtigt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.