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13.12.2005 · IWW-Abrufnummer 053436

Amtsgericht Kiel: Urteil vom 21.09.2005 – 115 C 318/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


IM NAMEN DES VOLKES

In. dem Rechtsstreit

XXX
- Kläger -.

Prozessbevollmächtigt: XXX

gegen

XXX
- Beklagte


wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Kiel, Abt. 115 durch die .Richterin am Amtsgericht Veit im schriftlichen Verfahren gemäß § 495a ZPO unter Schriftsatzfrist bis zum 14.09.2005 für R e c h t erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 567,15 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2005 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Ersatz restlichen Sachschadens aus einem Verkehrsunfall.

Am 28.03.2005 ereignete sich in Kiel zwischen dem Fahrzeug des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen XXX und dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XXX ein Verkehrsunfall. Der bei der Beklagten versicherte Fahrer missachtete die Vorfahrt des klägerischen Fahrzeugs und verursachte allein schuldhaft den Unfall.

Am 30.03.2005 ließ der Kläger bei dem Sachverständigenbüro XXX für die an seinem Fahrzeug entstandenen Schäden ein Gutachten erstellen. In dessen Rahmen wurden Reparaturkosten - ohne Mehrwertsteuer - in Höhe von 4.852,78 ? ermittelt.

Bei der Berechnung der Reparaturkosten wurde ein Lohnfaktor entsprechend den Stundenverrechnungssätzen einer Mercedes Benz-Werkstatt in Höhe von 93,96 ? zugrunde gelegt.

Zum genauen Inhalt des Gutachtens des Sachverständigenbüro wird auf BI. 4 ff. der Akte Bezug genommen.


Die Beklagte erkannte ihre vollständige Haftung und Eintrittspflicht für den Schaden des Klägers an, war aber nicht bereit, die im Gutachten zugrunde gelegten Stundenverrechnungssätze zu akzeptieren: Mit Schreiben vom 29.04.2005 übersandte sie dem Kläger einen Prüfbericht der Firma XXX, in dem die Reparaturkosten mit einem Betrag in Höhe von 4.285,63 ? ohne Mehrwertsteuer - beziffert wurden. Die Firma XXX hat im Rahmen ihrer Kalkulation eigene Stundenverrechnungssätze in Höhe von 75,- ? zugrunde gelegt.

Dieser Betrag in Höhe von 4.285,63 ? wurde von der Beklagten als die zu ersetzenden Reparaturkosten an den Kläger gezahlt.

Der Kläger begehrt nun die Zahlung des sich aus den verschieden ermittelten Reparaturkosten ergebenden Differenzbetrags.

Er ist der Ansicht, für seine Abrechnung gegenüber der Beklagten seien hinsichtlich der Reparaturkosten die Stundenlöhne einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde zu legen. Die Beklagte sei daher verpflichtet, die im Gutachten angesetzten Stundenverrechnungssätze einer Mercedes Benz-Werkstatt zu erstatten.

Er beantragt,
die Beklagte zu verurteilen an ihn 567,15 ? nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass bei einer nach Gutachten geltend gemachten fiktiven Schadensabrechnung die Kostenabrechnung auf der Basis ?ortsüblicher Stundenverrechnungssätze" zu erfolgen habe. Sie behauptet, dass demgegenüber in dem Gutachten des Sachverständigen XXX überdurchschnittlich hohe Lohnkosten kalkuliert worden seien. Sie habe den Kläger auf eine unstreitig günstigere, aber trotzdem gleichwertige Reparaturmöglichkeit bei. der Firma XXX hingewiesen. Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger müsse sich auf diese Reparaturmöglichkeit verweisen lassen.

Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des restlichen Sachschadens in Höhe von 567,15 ?. Ein solcher Anspruch ergibt sich aus den §§ 7 Abs.1 StVG,3 PfIVG, 249 BGB.

Der bei der Beklagten versicherte Fahrer hat den Schaden an dem Fahrzeug des Klägers schuldhaft verursacht und die Beklagte hat die vollständige Haftung und Eintrittspflicht anerkannt.

Der Kläger kann als Geschädigter auch. Ersatz der auf Grundlage des Gutachtens des Sachverständigenbüro XXX ermittelten Reparaturkosten in Höhe von 4.852,78 ? verlangen. Da die Beklagte Reparaturkosten in Höhe von 4.285,63 ? beglichen hat, steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung des Restbetrages in Höhe von 567,15 ? zu.

Der Umfang der Schadensersatzpflicht der Beklagten richtet sich nach § 249 BGB. Gemäß § 249 BGB hat, wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand wiederherzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen.

Der BGH hat hierzu ausgeführt, dass es Ziel des Schadensersatzes ist, die Totalreparation zu ermöglichen und demgemäß. der Geschädigte nach schadensersatzrechtiichen Grundsätzen sowohl in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung als auch in der Verwendung des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes frei ist (BGH VersR 1989, 10, 58 ff.).

a)
Zur Schadensbehebung gehören grundsätzlich auch die Kosten, die bei Instandsetzung des beschädigten Fahrzeugs in einer markengebundenen Fachwerkstatt entsprechend deren Stundenverrechnungssätzen anfallen (vgl. BGH in seiner sog. Porsche-Entscheidung vom- 29.4.2003, MDR 2003, 1046 ff.). Solche Sätze hat das Gutachten des Sachverständigen XXX unstreitig zugrunde gelegt. Die Zugrundelegung der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt steht dabei dem Gebot der Wirtschaftlichkeit nicht entgegen.


Nach § 249 BGB ist der Geschädigte zwar unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderung gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.

Der BGH hat jedoch in seiner- Entscheidung aus 2003 gleichzeitig ausdrücklich daraufhingewiesen, dass "Grundlage der Berechnung der im konkreten Schadensfall erforderlichen Reparaturkosten nicht der abstrakte Mittelwert der Stundenverrechnungssätze aller repräsentativen Marken- und freien Fachwerkstätten einer Region sein" kann. Gegen diese Ansicht spreche "zum einen, dass der Schädiger zur vollständigen Behebung des Schadens ... verpflichtet ist, zum anderen würde bei anderer Sicht die dem Geschädigten in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eröffnete Möglichkeit der Schadensbehebung in eigener Regie eingeschränkt werden".

Das Gericht geht demnach davon aus, dass die Schadensersatzforderung des Klägers, bei der die Stundenverrechnungssätzen einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde liegen, grundsätzlich keinen Verstoß gegen die im Wirtschaftlichkeitsgebot verankerte Schadensminderungspflicht darstellt.

b)
Nach Ansicht des Gerichts war der Kläger - diese Grundsätze zugrunde gelegt - auch nicht verpflichtet, sich auf die von der Beklagten konkret benannte - unstreitig günstigere - Reparaturmöglichkeit der Firma XXX verweisen zu lassen. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass hierzu höchstrichterlich bislang noch keine Entscheidung ergangen ist. In der "Porsche-Entscheidung" war dem Kläger eine solche konkrete günstigere Reparaturmöglichkeit nicht genannt worden. '

Auch wenn aber wie hier eine günstigere Reparaturmöglichkeit eröffnet wurde, kann der Kläger trotzdem der bloßen Nennung einer Werkstatt und deren Schadenskalkulation nicht entnehmen, ob diese auch tatsächlich eine gleichwertige Reparaturmöglichkeit bietet. Er müsste einen erheblichen Aufwand betreiben - Wenn dies überhaupt feststellbar gewesen wäre -, um zu ermitteln, ob die genannte Werkstatt über hinreichende Erfahrungen gerade hinsichtlich der Reparatur des entsprechenden Fahrzeugs und der konkreten Reparaturanforderungen verfügt.

Zu Recht verweist der Kläger darauf, dass - ließe man es zu, dass die Versicherungen als "Schädiger' Geschädigte auf freie Werkstätten verweisen, die niedrigere Verrechnungssätze haben und angeblich "gleichwertig" sind - dies dazu führen würde, dass ein Geschädigter im Falle eines Unfallschadens in seiner Region, welche Grenzen dafür auch immer zu ziehen sind, recherchieren müsste, welches wohl die günstigste und dabei noch versierteste freie Werkstatt ist oder sich aber auf die Angaben des "Schädigers, sprich des Versicherers verlassen müsste.

Genau dies wollte der BGH in seiner Entscheidung aus 2003 vermeiden.

c)
Der Kläger kann vielmehr sein besonderes Vertrauen in die Kompetenz und Qualifikation der markengebundenen Werkstatt geltend machen.

Diesbezüglich hat die Beklagte weder bestritten, dass die von dem Sachverständigen angesetzten Stundenverrechnungssätze bei einer Reparatur in einer Mercedes Benz Werkstatt tatsächlich anfielen, noch hat sie sonstige gravierende Mängel des Sachverständigen-Gutachtens gerügt (siehe hierzu als eine Voraussetzung für die Verweisung auf eine kostengünstigere Reparaturmöglichkeit BGH MDR 2003, 1046ff.).

Die Beklagte hat zwar unter Vorlage einer in der Zeitschrift "Capital 21/2004" veröffentlichten Auflistung von Werkstattlöhnen verschiedener Automarken vorgetragen, dass ein Stundenverrechnungssatz in Höhe von 93,96 ? "überteuert" sei. Sie hat allerdings nicht bestritten, dass diese Stundenverrechnungssätze aus dem Gutachten des Sachverständigen XXX bei der Reparatur in einer Mercedes Benz-Werkstatt tatsächlich anfielen. Unabhängig davon ist die von der Beklagten vorgelegte Auflistung der Werkstattlöhne nicht geeignet, die Unwirtschaftlichkeit der Kalkulation des Sachverständigen "darzulegen und zu beweisen. Die Beklagte trägt selbst vor, dass die Höhe der Lohnkosten der einzelnen Unternehmen von deren Gesamtkostensituation und Gewinnerwartung abhängig ist. Die in der Zeitschrift "Capital 21/2004" aufgelisteten Werkstattkosten stellen nur Anhaltspunkte und keine feststehenden Vergleichswerte dar. Im Übrigen gelten die genannten Stundesätze bei genauer Betrachtung nur für Wartungsarbeiten und nicht für hier streitige Karosseriearbeiten.

d)
Schließlich kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten bei der Schadensregulierung auch gerade nicht darauf an, ob der Kläger sein Fahrzeug überhaupt reparieren ließ. Der Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten ist - dies bringt eine fiktive Abrechnung mit sich - unabhängig davon gegeben, ob der Geschädigte den Wagen tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt.

Dafür spricht ausdrücklich auch die "Porsche-Entscheidung" des BGH, in der es - teilweise in Wiederholung des obigen Zitats - heißt: "Grundlage der Berechnung der im konkreten Schadensfall erforderlichen Reparaturkosten kann nicht der abstrakte Mittelwert der Stundenverrechnungssätze aller repräsentativen Marken- und freien Fachwerkstätten einer Region sein, wenn der Geschädigte fiktive Reparaturkosten abrechnet". In seiner Begründung dazu sprich er einige Sätze später davon, "dass der Schädiger zur vollständigen Behebung des Schadens unabhängig von den Dispositionen des Geschädigten verpflichtet ist".

Die. Zinsentscheidung folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Der Kläger kann Zinsen gemäß Antrag spätestens ab Rechtshängigkeit verlangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 N r. 11, 711, 713 ZPO.

RechtsgebietSchadensrechtVorschriften§ 249 BGB

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