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07.04.2011 · IWW-Abrufnummer 111659

Hessisches Landesarbeitsgericht: Beschluss vom 25.02.2011 – 1 Ta 483/10

Ein Klageantrag auf Weiterbeschäftigung neben einer Kündigungsschutzklage kann bedingt gestellt werden für den Fall, dass die Güteverhandlung erfolglos bleibt.


Tenor:

Auf die Beschwerde der Klägervertreter wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25. Oktober 2010 - 8 Ca 2570/10 - aufgehoben. Der Wert gem. § 33 RVG wird für das Verfahren auf 14.380,00 Euro und für den Vergleich auf 20.450,20 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Klägerin hat geklagt auf Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis durch eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung nicht aufgelöst worden ist (Klageantrag zu 1). Zusätzlich ist "für den Fall des Scheiterns des Gütetermins ..." zu 2) beantragt worden, die Klagepartei ... weiterzubeschäftigen.

Der Rechtsstreit ist nach erfolgloser Güteverhandlung durch einen Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO beendet worden.

Auf Antrag der Klägervertreter hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 25. Oktober 2010 den Wert gem. § 33 RVG für das Verfahren auf 10.785,00 Euro (= den Betrag eines Vierteljahresverdienstes brutto) und für den Vergleich auf 16.855,29 Euro festgesetzt.

Das Arbeitsgericht hat dabei den Klageantrag zu 2) nicht separat bewertet. Der Antrag sei nicht von einer Rechtsbedingung im innerprozessualen Sinne abhängig gemacht, es handele sich vielmehr um einen Vorbehalt im tatsächlicher Hinsicht, welcher allein vom Verhalten der Gegenseite abhängen solle; eine Klageerhebung unter solch einer Bedingung sei jedoch nicht zulässig. Da aber keine unbedingte Klageerhebung gewollt gewesen sei, sei der Antrag dahin auszulegen, dass er nur für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1) gestellt worden sei.

Gegen den ihnen am 29. Oktober 2010 zugestellten Beschluss haben die Klägervertreter mit Schriftsatz vom 02. November 2010 - eingegangen beim Arbeitsgericht am 04. November 2010 - Beschwerde eingelegt.

Die Klägervertreter vertreten die Ansicht, die vom Arbeitsgericht gewählte Auslegung sei unzutreffend. Die von Seiten der Klägerin gewollte Bedingung ergebe sich klar aus dem Wortlaut in der Klageschrift, nach dem Scheitern der Güteverhandlung liege damit ein unbedingter Antrag vor. Die Werte für das Verfahren und den Vergleich seien mithin jeweils um den Betrag einer Bruttomonatsvergütung zu erhöhen. Im Übrigen gelte: Selbst wenn die gewählte Bedingung unzulässig wäre, sei auch der unzulässige Antrag zu bewerten.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sich dazu auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses bezogen.

II. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Klägervertreter hat Erfolg.

Die Werte für das Verfahren und für den Vergleich sind im Hinblick auf den Klageantrag zu 2) gegenüber der Wertfestsetzung durch das Arbeitsgericht um jeweils den Betrag einer Bruttomonatsvergütung in unstreitiger Höhe zu erhöhen, also um jeweils 3.595,00 Euro (auf 14.380,00 Euro für das Verfahren und auf 20.450,20 Euro für den Vergleich), wobei der Vergleichsmehrwert im Übrigen nicht im Streit steht.

Der Klageantrag zu 3) auf Weiterbeschäftigung stellt nach der erfolglosen Güteverhandlung einen unbedingten Antrag dar, der im Einklang mit der ständigen Kammerrechtsprechung mit dem Betrag einer Bruttomonatsvergütung zu bewerten ist (Kammerbeschlussvom 23. April 1999 - 15/6 Ta 28/98 - NZA-RR 1999, 434).

Zwar sind bedingte Klageanträge grundsätzlich unzulässig. Es ist mit der Aufgabe und den Zwecken eines staatlich geordneten Prozessverfahrens unvereinbar, dass ein Rechtsstreit geführt wird, der von Anfang an unter einer von der Klägerseite willkürlich gesetzten Bedingung steht und gegenstandslos wird, wenn die Bedingung nicht eintritt (so etwa BAG Urteil vom 26. November 1964 - 5 AZR 48/64 - AP Nr. 20 zu § 16 AOGÖ, zu 4 der Gründe mit weiteren Nachweisen, für die allgemeine Meinung; vgl. weiter BGH vom 18. Dezember 1986 - IX ZR 11/86 - NJW 1987, 904; RG vom 02.März 1934 - III 117/33 - RGZ 144, 71, 72).

Einen solchen Antrag hat die Klägerin jedoch nicht gestellt, soweit sie den Antrag auf Verurteilung der Beklagten zu ihrer Weiterbeschäftigung für den Fall der Erfolglosigkeit der Güteverhandlung gestellt hat. Es handelt sich nicht um eine willkürliche und unzulässige Bedingung (a.A. LAG Baden-Württemberg vom 06. Oktober 2005 - 3 Ta 152/05 - LAGE § 63 GKG 2004 Nr. 1).

Innerhalb eines bestehenden Prozessrechtsverhältnisses wie hier kann eine Prozesshandlung anerkanntermaßen von einer innerprozessualen Bedingung abhängig gemacht werden (vgl. dazu etwa mit weiteren Nachweisen Zöller/Greger, ZPO, 28. Auflage 2010, Vor § 128 Rz. 20), wobei das innerprozessuale Ereignis, auf das abgestellt wird, keineswegs nur eine gerichtliche Entscheidung sein kann (BGH vom 13. Mai 1996 - II ZR 275/04 - NJW 1996, 2306; offenbar a.A. LAG Baden-Württemberg vom 06. Oktober 2005 - 3 Ta 152/05 - LAGE § 63 GKG 2004 Nr. 1).Die hier gewählte Gestaltung lässt auch nicht im Zweifel, mit welchen Anträgen und mit welcher Tatsachengrundlage im jeweiligen Stadium prozessiert wird (zu diesem Aspekt BGH vom 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94 - NJW 1996, 3147), insoweit besteht jeweils die prozessual unabdingbar gebotene sichere Grundlage.

Dass die Antragsgestaltung auf eine für die Klägerseite günstigere Kostengestaltung abzielt, spricht nicht gegen deren Zulässigkeit (BGH vom 13. Mai 1996 - II ZR 275/04 - NJW 1996, 2306).

Es bedarf keiner Kostenentscheidung. Eine Beschwerdegebühr wird nicht erhoben, weil die Beschwerde Erfolg hat, und Kosten werden nicht erstattet (§ 33 Abs. 9 Satz 2 RVG).

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht möglich.

VorschriftenRVG § 33

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