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25.05.2011 · IWW-Abrufnummer 111640

Finanzgericht Münster: Urteil vom 11.03.2011 – 14 K 4171/09

1) Aufwendungen eines in Ausbildung befindlichen Kindes für Fahrten zwischen Wohnung und einer zusätzlich besuchten Abendschule sind bei Annahme eines (weiteren) Betätigungsmittelpunktes des Kindes nur in Höhe der Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG zu berücksichtigen.



2) Aufwendungen eines Kindes für eine sog. Riesterrente, eine fondsgebundene Lebensversicherung und eine Berufsunfähigkeitsversicherung bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge unberücksichtigt.



3) Zu den Anforderungen, nach denen Aufwendungen für private Lerngemeinschaften mindernd berücksichtigt werden können.


FG Münster v. 11.03.2011

14 K 4171/09 Kg

Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger für den Zeitraum Januar bis Oktober 2009 (Streitzeitraum) Kindergeld für seinen am 11. Juli 1989 geborenen Sohn C. zusteht oder dies – weil die Einkünfte und Bezüge des Sohnes über dem gesetzlichen Grenzbetrag liegen – nicht der Fall ist.

Der Sohn des Klägers absolvierte seit dem 1. September 2006 eine Ausbildung in H. Im Rahmen dieser Ausbildung besuchte er die Berufsschule in N.

Daneben strebte der Sohn des Klägers den Erwerb der Fachhochschulreife an. Hierfür besuchte er seit dem 11. August 2008 die Abendschule am J.-Berufskolleg in N. Die Ausbildung sollte bis zum 31. Juli 2010 dauern. Nach den eigenen Angaben des Sohnes des Klägers umfasste der Besuch der Abendschule ca. 12 Stunden pro Woche. Der Unterricht verteilte sich im Jahr 2009 zunächst auf zwei, später auf drei Abende pro Woche. Für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichtes wandte der Sohn des Klägers pro Woche vier bis sechs Stunden auf. Der Besuch des Präsenzunterrichtes in der Abendschule war nach der Einschätzung des Sohnes des Klägers für das Verständnis des vermittelten Stoffes erforderlich. Wenn bestimmte Stoffe in der Schule nicht verstanden worden seien, sei es – so der Sohn des Klägers – praktisch ausgeschlossen gewesen, diese im Selbststudium nachzuholen. Allerdings sei ein erfolgreicher Schulbesuch ohne sehr intensive Vor- und Nachbereitungsarbeiten ebenfalls ausgeschlossen gewesen.

Der Kläger, der für seinen Sohn zunächst Kindergeld bezog, reichte im Dezember 2008 eine Erklärung zu den Einkünften und Bezügen seines Sohnes, eine Bescheinigung über die Fortdauer der Ausbildung sowie eine Erklärung zu den Werbungskosten für das Jahr 2008 bei der Beklagten ein. Daraufhin bat die Beklagte den Kläger um Vorlage ergänzender Unterlagen, insbesondere auch zum Fortbestand des Ausbildungsverhältnisses und zu den Einkünften ab Januar 2009.

Mit Schreiben vom 4. April 2009 übersandte der Kläger der Beklagten eine Erklärung zum Ausbildungsverhältnis und den Einkünften seines Sohnes vom 23. März 2009 bzw. 4. April 2009. Darin gab er u.a. an, dass C. die Berufsschule an 58 Tagen aufsuche und daneben an 100 Tagen die Abendschule besuche. Die Erklärung ist mit einem vom 20. März 2009 datierenden Eingangsvermerk versehen. Er teilte desweiteren in der auf den 4. April 2009 datierten Erklärung zu den Werbungskosten mit, dass „für diesen Monat” die Anschaffung eines Notebooks geplant sei.

Die Beklagte erbat mit Schreiben vom 29. Mai 2009 weitere Informationen zu den Einkünften und Bezügen des Sohnes des Klägers. In den mit Schreiben vom 22. Juni 2009 bei der Beklagten eingereichten „Angaben zu den Aufwendungen des Kindes für von ihm genutzte Computer und Zusatzgeräte” erklärte der Kläger daraufhin, dass ein Computer noch nicht angeschafft worden sei. Er warte auf ein günstiges Angebot. Derzeit könne C. noch den Laptop seines Onkels nutzen. Der Kläger erklärte hier weiterhin, dass C. am 27. Mai 2009 für 69,99 EUR einen Scanner angeschafft habe, den er für die Berufs- und Abendschule benötige. In einer weiteren Erklärung vom 14. Juli 2009 teilte der Kläger der Beklagten mit, an welchen Tagen sein Sohn an einer Lerngemeinschaft mit U. T. teilgenommen habe. Er erläuterte stichpunktartig den Inhalt der Lerngemeinschaft, allerdings ohne eine Zuordnung der behandelten Themen zu den Terminen vorzunehmen.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 21. August 2009 den Antrag des Klägers vom „20.03.2009” auf Festsetzung von Kindergeld wegen der voraussichtlichen Überschreitung des Grenzbetrages der Einkünfte und Bezüge ab Januar 2009 ab. Hiergegen richtete sich der Einspruch des Klägers, der am 28. August 2009 bei der Beklagten einging. Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 16. Oktober 2009).

Seine hiergegen gerichtete Klage begründet der Kläger damit, dass der Grenzbetrag der Einkünfte und Bezüge unterschritten sei. Von dem Bruttoarbeitslohn seines Sohnes in Höhe von 12.780,47 EUR seien die Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 2.603,93 EUR in Abzug zu bringen. Darüberhinaus seien als Werbungskosten folgende Aufwendungen zu berücksichtigen:

Angaben in EUR
Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte 1.050,00
Fahrten Wohnung-Berufsschule 54 Tage a 34 km 550,80
Fahrten Wohnung-Abendschule 100 Fahrten a 17 km einfache Wegstrecke; nach Reisekostengrundsätzen 1.020,00
Gewerkschaftsbeiträge 71,60
Schulbedarf 10,70
Schulbücher 18,95 + 19,80
Scanner 69,99
Beiträge Altersvorsorgevertrag (Riesterrente) 326,00
Beiträge fondsgebundene Rentenversicherung 326,70 + 119,79
Beiträge Risikoversicherungeinschl.Berufsunfähigkeitsversicherung 490,68 + 179,91

Als Werbungskosten zu berücksichtigen seien ferner die Aufwendungen für die Teilnahme an der privaten Lerngemeinschaft. Sein Sohn habe – so der Kläger – während der gesamten Schulzeit an einer privaten Arbeitsgemeinschaft mit seinem Schul- bzw. Arbeitskollegen U. T. teilgenommen. Er sei hierzu einmal wöchentlich 88 km nach J. gefahren.

Im Klageverfahren hat der Kläger schließlich auch vorgetragen, dass sein Sohn am 10. Dezember 2008 von Herrn N. T. einen Laptop im Gesamtwert von 656,90 EUR erworben habe. Auf die hierzu vorgelegte handschriftliche Bestätigung und die Rechnung wird Bezug genommen.

Die von der Beklagten ermittelte Höhe der Werbungskosten sei demgegenüber unzutreffend. Dies gelte insbesondere in Bezug auf die Fahrten zur Abendschule, die lediglich mit der Entfernungspauschale berücksichtigt worden seien. Diese seien nämlich mit den tatsächlichen Kosten bzw. der Pauschale von 0,30 EUR je gefahrenem Kilometer zu berücksichtigten (vgl. FG Münster Urteil vom 25. Juni 2004, 11 K 93/03 Kg). Weder die Berufsschule noch die Abendschule sei als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen. Sein Sohn besuche die Abendschule nicht im Rahmen eines Vollzeitunterrichtes. Der Erwerb der Fachhochschulreife sei ein eigenständiger Tätigkeitsbereich, und zwar unabhängig davon, ob er auch noch einer anderen Ausbildung nachgehe. Es könne keinen Unterschied machen, ob ein Steuerpflichtiger tagsüber einer hauptberuflichen Tätigkeit nachgehe und daneben die Abendschule besuche oder ob er tagsüber eine andere Ausbildung absolviere. Insoweit sei der häusliche Bereich und nicht der Bereich der Abendschule der Betätigungsmittelpunkt.

Die Tätigkeiten, die dafür verantwortlich seien, dass die Abschlussprüfung erfolgreich verlaufe, erbringe sein Sohn in entscheidendem Maße zu Hause. Der Unterrichtsstoff werde zwar in der Abendschule präsentiert, ein Absitzen der Kurseinheiten führe allerdings regelmäßig nicht zum Erfolg. Im Unterricht erfolge lediglich eine gedrängte Darstellung der wesentlichen Prüfungsinhalte. Hinzu komme, dass der Unterricht zu einer Tageszeit stattfinde, zu der die Teilnehmer oftmals einen anstrengenden Arbeitstag hinter sich hätten. Dies habe natürlich Konsequenzen für die Aufnahmefähigkeit der Teilnehmer. Daher sei der Unterricht für die Schüler letztlich nur eine Hilfestellung bzw. Anleitung für das eigenständige Erlernen des zum Bestehen der Prüfung erforderlichen Wissens. Die eigentliche Arbeit, nämlich das Begreifen und Vertiefen des in der Abendschule lediglich skizzierten Prüfungsstoffes müssten die Schüler unter großem Zeitaufwand und unter Aufbringung einer erheblichen Disziplin zu Hause bewältigen, wenn die Ausbildung erfolgreich sein solle. Das Arbeiten zu Hause sei sowohl in zeitlicher als auch in qualitativer Hinsicht so wesentlich, dass der Besuch der Abendschule zurück trete. Dort liege kein (weiterer) Betätigungsmittelpunkt.

Unzutreffend sei es auch, die Beiträge seines Sohnes zu der sog. Riesterrente unberücksichtigt zu lassen. Hierbei handele es sich ebenso um Werbungskosten wie bei den Beiträgen zur Berufsunfähigkeitsversicherung. Sein Sohn habe aufgrund der zum 1. Januar 2001 erfolgten Rechtsänderung keinen Anspruch mehr auf eine gesetzliche Berufsunfähigkeitsrente. Er müsse sich privat gegen dieses Risiko absichern. Die neu geschaffene gesetzliche Erwerbsminderungsrente schütze seinen Sohn nicht hinreichend.

Auf die weiteren Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 20. September 2010 wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 21. August 2009 und die Einspruchsentscheidung vom 16. Oktober 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, für seinen Sohn C. Kindergeld für den Streitzeitraum festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Meinung, dass die Einkünfte und Bezüge des Sohnes des Klägers den gesetzlichen Grenzbetrag überschritten.

Die Fahrten zur Abendschule seien nicht nach Dienstreisegrundsätzen zu berücksichtigen, da die Abendschule eine regelmäßige Arbeitsstätte des Sohnes des Klägers darstelle. Im häuslichen Bereich bereite er den Unterricht vor bzw. nach, während die Vermittlung des relevanten Stoffes in der Schule erfolge. Selbst wenn der zeitliche Aufwand für die Vor- und Nachbereitung genauso groß sei wie die Teilnahme am Präsenzunterricht, stelle die Abendschule die regelmäßige Arbeitsstätte dar. Die Vermittlung des relevanten Stoffes finde in der Schule statt, ansonsten könne die Ausbildung auch als reiner Fernlehrgang erfolgen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.



Entscheidungsgründe
Der Senat kann mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Klage ist unbegründet.

Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Festsetzung von Kindergeld für den Streitzeitraum zu Recht abgelehnt. Dabei ist es ohne Belang, dass sie sich in dem Ablehnungsbescheid vom 21. August 2009 auf einen Antrag des Klägers vom 20. März 2009 bezogen hat. Denn im Wege der Auslegung des Bescheides ist davon auszugehen, dass die Beklagte den mit der Vorlage verschiedener Unterlagen im Dezember 2008 konkludent gestellten Antrag des Klägers auf (Fort-)Zahlung des Kindergeldes ab Januar 2009 ablehnen wollte und abgelehnt hat.

Die Einkünfte und Bezüge des Sohnes des Klägers überschreiten den gesetzlichen Grenzbetrag.

Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) besteht für ein volljähriges Kind Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 EUR im Kalenderjahr hat.

Der Begriff der Einkünfte i. S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entspricht dem in § 2 Abs. 2 EStG gesetzlich definierten Begriff und ist je nach Einkunftsart als Gewinn oder als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu verstehen. Erzielt das Kind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sind daher von den Bruttoeinnahmen die Werbungskosten abzuziehen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH Urteil vom 29. Mai 2008 III R 33/06, BFH/NV 2008, 1664).

Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts verstößt jedoch die Berücksichtigung der einkommensteuerrechtlich den Sonderausgaben zuzurechnenden Sozialversicherungsbeiträge als Einkünfte des Kindes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Daher sind im Wege verfassungskonformer Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG Einkünfte und Bezüge nur zu berücksichtigen, soweit sie zur Bestreitung des Unterhalts und der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind. Jedenfalls diejenigen Beträge, die wie die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge „von Gesetzes” wegen dem Einkünfte erzielenden Kind oder dessen Eltern nicht für den Unterhalt zur Verfügung stehen und deshalb die Eltern finanziell nicht entlasten könnten, sind nicht als Einkünfte anzusetzen. Zudem ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, welche Teile der Einkünfte i. S. des § 2 Abs. 2 EStG wegen eines sonst vorliegenden Grundrechtsverstoßes im Wege verfassungskonformer Einschränkung nicht angesetzt werden dürfen (vgl. z. B. BFH Urteil vom 26. September 2007 III R 4/07, BStBl II 2008, 738 m. w. N.).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze überschreiten die Einkünfte und Bezüge des Sohnes des Klägers den gesetzlichen Grenzbetrag von 7.680 EUR.

Von den Bruttobezügen des Sohnes des Klägers im Jahr 2009 in Höhe von 12.780,47 EUR sind Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 2.603,93 EUR und Werbungskosten in Höhe von insgesamt (höchstens) 2.295,64 EUR in Abzug zu bringen. Mithin ergeben sich Einkünfte und Bezüge in Höhe von 7.880,90 EUR.

Von dem Bruttolohn des Sohnes sind neben den Beiträgen zur Sozialversicherung als Werbungskosten – dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig – abziehbar die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 1.050,00 EUR, Gewerkschaftsbeiträge in Höhe von 71,60 EUR und Aufwendungen für Schulbücher in Höhe von 38,75 EUR. Aufwendungen für Schulbedarf sind lediglich in Höhe von 4,50 EUR zu berücksichtigen. Darüberhinausgehende Ausgaben sind nicht nachgewiesen bzw. in Höhe von 2,15 EUR bzw. 2,55 EUR in 2008 angefallen. Auch die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Berufsschule sind als Werbungskosten in Abzug zu bringen.

Dabei kann es der Senat dahingestellt lassen, ob die Aufwendungen tatsächlich – wie von den Beteiligten angenommen – mit 0,30 EUR je gefahrenem Kilometer und damit in Höhe von 550,80 EUR zu berücksichtigen sind, oder aber ob sie allein in Höhe der gesetzlichen Entfernungspauschale gem. § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG anzusetzen sind. Denn selbst wenn der Senat zugunsten des Klägers unterstellt, der Ansatz in Höhe von 550,80 EUR sei zutreffend, liegen die Einkünfte und Bezüge des Sohnes des Klägers über dem gesetzlichen Grenzbetrag. Dies gilt auch dann, wenn der Senat weiterhin zugunsten des Klägers unterstellt, dass die Aufwendungen für den Scanner in Höhe von 69,99 EUR als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

Denn die Aufwendungen des Sohnes des Klägers für die Fahrten zwischen Wohnung und Abendschule sind lediglich unter Anwendung der gesetzlichen Entfernungspauschale und damit in Höhe von 510,00 EUR (0,30 EUR × 100 Tage × 17 Km) zu berücksichtigen.

Dabei kann es der Senat dahingestellt lassen, ob es sich bei den Fahrtkosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Abendschule überhaupt um Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit handelt oder ob diese Aufwendungen nicht vielmehr als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu behandeln sind (so FG Bremen, Urteil vom 14. Januar 2004 2 K 254/03 , EFG 2004, 560, vgl. BFH Urteil vom 04. Dezember 2002 VI R 120/01, BStBl II BStBl 2001 II S. 2003, BStBl 2001 II S. 403). Denn selbst wenn es sich um Berufsausbildungskosten i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG handeln sollte und diese gem. § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG bei der Überprüfung des Jahresgrenzbetrages mindernd zu berücksichtigen wären, hätte die Ermittlung der Höhe der abzugsfähigen Aufwendungen in beiden Fällen nach den gleichen steuerlichen Vorschriften zu erfolgen. Im Rahmen der Sonderausgaben wäre bei der Geltendmachung von Fahrtkosten § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG ebenfalls zu beachten (vgl. BFH Urteile vom 25. Juli 2001 VI R 77/00, BStBl II 2002, 12; vom 29. April 2003 VI R 86/99, BStBl II 2003, 749).

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung sind die Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte lediglich mit einer Entfernungspauschale von 0,30 EUR für jeden vollen Kilometer der Entfernung anzusetzen. Regelmäßige Arbeitsstätte ist die ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder aufsucht (z.B. BFH Urteil vom 22. Oktober 2009 III R 101/07, BFH/NV 2010, 200 m. w. N.). Liegt eine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte (regelmäßige) Arbeitsstätte vor, kann sich der Arbeitnehmer auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken, z.B. durch Bildung von Fahrgemeinschaften und die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie ggf. durch eine entsprechende Wohnsitznahme (BFH in BFH/NV 2010, 200).

Die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist auch auf Fahrten anzuwenden, die den Betätigungsmittelpunkt eines Steuerpflichtigen darstellen. Bei Auszubildenden gehört hierzu üblicherweise der Ausbildungsbetrieb. Aber auch eine Bildungseinrichtung kann einen Betätigungsmittelpunkt darstellen und damit regelmäßige Arbeitsstätte sein (BFH in BStBl II 2003, 749), z.B. wenn diese häufig über einen längeren Zeitraum hinweg zum Zwecke des Vollzeitunterrichts aufgesucht wird (BFH Urteil vom 22. Juli 2003 VI R 190/97, BFH/NV 2003, 1646).

Übt der Steuerpflichtige mehrere Tätigkeiten aus, ist für jeden Tätigkeitsbereich gesondert zu prüfen, ob bzw. wo der Steuerpflichtige insoweit eine bzw. mehrere regelmäßige Arbeitsstätten hat.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze stellt im Streitfall auch die Abendschule nach Überzeugung des Senates einen (weiteren) Betätigungsmittelpunkt und damit eine (weitere) regelmäßige Arbeitsstätte des Sohnes des Klägers dar. Dabei ist der Erwerb der Fachhochschulreife gegenüber der beruflichen Ausbildung des Sohnes des Klägers als eigenständiger Tätigkeitsbereich anzusehen. Der Senat teilt insoweit die Auffassung des Klägers.

Allerdings ist der Senat davon überzeugt, dass die Abendschule den Betätigungsmittelpunkt des Sohnes des Klägers darstellt. Der Sohn des Klägers hat sich bei dem Besuch der Abendschule nicht nur – wie der Kläger meint – vorübergehend außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitsstätte aufgehalten, er hat sich vielmehr dort aufgehalten, wo der Betätigungsmittelpunkt seiner Schulausbildung lag.

Der Senat folgert dies sowohl aus dem zeitlichen Umfang des Besuches der Abendschule als auch der maßgeblichen Bedeutung des dort absolvierten Präsenzunterrichts. Der Sohn des Klägers hat die Abendschule – mit Ausnahme der Ferienzeiten – pro Woche ca. 12 Stunden besucht. Der Unterricht verteilte sich dabei zunächst auf zwei, später auf drei Abende pro Woche. Er selbst sieht den Besuch der Abendschule für das Verständnis des Lehrstoffes als notwendig an.

Soweit der Kläger darauf verweist, dass sein Sohn für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts pro Woche vier bis sechs Stunden aufgewendet habe und auch diese Arbeiten für einen erfolgreichen Schulbesuch erforderlich gewesen seien, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der häusliche Teil des Lernens ist zwar wichtig, allerdings aus Sicht des Senates qualitativ und quantitativ weniger bedeutsam als der Präsenzunterricht.

Anders als der 11. Senat des Finanzgerichts Münster in seiner Entscheidung vom 25. Juni 2004 (in EFG 2004, 1698) kann der hier zur Entscheidung berufene Senat im Streitfall nicht feststellen, dass der Unterricht für die Schüler letztlich nur eine Hilfestellung ist bzw. Anleitung zum eigenständigen Erlernen des zum Bestehen der Prüfung erforderlichen Wissens gibt. Der aus Sicht des Senates maßgebliche Teil – das Verständnis des Stoffes – wird im Präsenzunterricht vermittelt, während eine Wiederholung, Vertiefung oder Verfestigung im Rahmen der häuslichen Vor- bzw. Nachbereitung erfolgt. Hinzu kommt, dass auch die für den Erfolg der Ausbildung relevanten Prüfungen in der Schule und nicht zu Hause absolviert werden müssen.

Der Sohn des Klägers hat die Abendschule auch nachhaltig aufgesucht. Sie war für die gesamte zweijährige Dauer der Ausbildung, die auf den Erwerb der Fachhochschulreife gerichtet war, der Unterrichtsort. Hierauf konnte sich der Sohn des Klägers auch einstellen.

Der Senat setzt sich mit seiner Entscheidung nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Bundesfinanzhofes vom 10. April 2008 (VI R 66/05, BStBl II BStBl 2005 II S. 2008, BStBl 2005 II S. 825), in dem dieser klargestellt hat, dass dann, wenn ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer eine längerfristige (im Streitfall vierjährige), jedoch vorübergehende berufliche Bildungsmaßnahme absolviert, der Veranstaltungsort dieser Maßnahme im Allgemeinen nicht als eine weitere regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen ist. Liege keine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte (regelmäßige) Arbeitsstätte vor, auf die sich der Arbeitnehmer typischerweise einstellen könne, sei – so der Bundesfinanzhof – die Durchbrechung der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Mobilitätskosten gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sachlich nicht gerechtfertigt.

Aus dieser Entscheidung, die den Sonderfall, dass ein Steuerpflichtiger neben einer Erwerbstätigkeit „nebenberuflich” einer Bildungsmaßnahme nachgeht (so auch Bergkemper in jurisPR-SteuerR 28/2008, Anm. 1), folgt nämlich weder, dass Fahrten im Rahmen von längerfristigen, jedoch vorübergehenden beruflichen Bildungsmaßnahmen stets mit den tatsächlichen Kosten zu berücksichtigen sind. Wäre dies gemeint, so wären schließlich sämtliche Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Rahmen einer zeitlich befristeten Berufsausbildung oder Berufstätigkeit mit den tatsächlichen Kosten anzusetzen. Noch folgt aus der Entscheidung des Bundesfinanzhofes, dass Fahrten im Rahmen jedweder – neben einer Vollzeittätigkeit bzw. -ausbildung absolvierten – Ausbildung mit den tatsächlichen Kosten zu berücksichtigen sind. Die Möglichkeit, sich auf die regelmäßig und nachhaltig aufgesuchte Arbeitsstätte einzustellen, hängt nicht notwendig davon ab, ob der Steuerpflichtige auch noch einer dauerhaften Voll- oder Teilzeitbeschäftigung nachgeht.

Bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge unberücksichtigt bleiben müssen – entgegen der Auffassung des Klägers – auch die Aufwendungen seines Sohnes für die sog. Riesterrente, die fondsgebundene Rentenversicherung und die Berufsunfähigkeitsversicherung.

Beiträge eines gesetzlich versicherten Kindes zu privaten Rentenversicherungen sind bei der Ermittlung der kindergeldschädlichen Einkünfte und Bezüge nicht von den Einkünften abzuziehen. Bei diesen Beiträgen handelt es sich nicht um unvermeidbare Aufwendungen, weil sie nicht der aktuellen Existenzsicherung, sondern einer über das staatliche Mindestmaß hinausgehenden Versorgung für künftigen Zeiten dienen. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (z. B. BFH Urteil vom 17. Juni 2010 III R 59/09, BFH/NV 2010, 1910 m. w. N.).

Dies gilt ebenso in Bezug auf die private Berufsunfähigkeitsversicherung, und zwar auch unter Berücksichtigung der zum 1. Januar 2001 erfolgten Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Bundesfinanzhofes in seinem Urteil vom 21. Oktober 2010 (III R 18/10, BFH/NV 2011, 251).

Auch die streitigen Aufwendungen für die private Lerngemeinschaft können nicht berücksichtigt werden.

Steuerlich abzugsfähige Werbungskosten sind alle Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Nicht abzugsfähig sind demgegenüber die Aufwendungen für die Lebensführung des Steuerpflichtigen, auch wenn sie zur Förderung seines Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (vgl. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG).

Findet die private Arbeitsgemeinschaft im häuslichen Bereich der Teilnehmer statt, so entspricht es allgemeiner Lebenserfahrung, dass in diesem außerberuflichen Rahmen regelmäßig auch private Interessen der Teilnehmer von nicht nur untergeordneter Bedeutung verfolgt werden (vgl. z. B. BFH Urteile vom 5. März 1993 VI R 82/91, BFH/NV 1993, 533; 20. September 1996 VI R 32/96, BFH/NV 1997, 349). Daher obliegt es dem Steuerpflichtigen, diesen Erfahrungssatz durch substantiierten und widerspruchsfreien Vortrag und Vorlage detaillierter Aufzeichnungen über den zeitlichen und inhaltlichen Ablauf der von ihm besuchten Arbeitsgemeinschaft zu widerlegen. Wird er diesen Anforderungen nicht gerecht und vermag das Gericht infolgedessen nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen, dass er bei den fraglichen Treffen nahezu ausschließlich berufliche Interessen verfolgte, dann trägt er die Feststellungslast.

So ist es im Streitfall. Die Darlegungen des Klägers zu Ablauf, Inhalt und Umfang der Arbeitsgemeinschaft entsprechen nicht den genannten Erfordernissen. Der Kläger hat insbesondere nicht konkret erläutert, welcher Stoff in den einzelnen Sitzungen der Arbeitsgemeinschaft behandelt wurde.

Schließlich können auch die Aufwendungen für die Anschaffung des Laptops nicht – auch nicht anteilig – berücksichtigt werden. Der entsprechende Vortrag des Klägers ist widersprüchlich und damit unsubstantiiert. Er ist nicht geeignet, den Anfall entsprechender Werbungskosten darzulegen oder gar nachzuweisen.

Während der Kläger erstmals im Klageverfahren behauptet hat, sein Sohn habe Ende 2008 einen Laptop angeschafft, hatte er im Verwaltungsverfahren, und zwar konkret im April 2009 behauptet, sein Sohn warte noch auf ein gutes Angebot für den Kauf eines Laptops. Die Anschaffung sei „für diesen Monat” geplant. Noch im Juni 2009 hatte er erklärt, im Moment nutze sein Sohn den Laptop seines Onkels.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 9 Abs 1 Satz 3 Nr 4 EStG § 62 Abs 1 EStG § 63 Abs 1 Satz 2 EStG § 32 Abs 4 Satz 2 EStG § 9 Abs 1 Satz 1

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