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06.04.2011 · IWW-Abrufnummer 111150

Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 20.10.2010 – 4 K 34/10

Die Anordnung einer Prüfung nach § 2 SchwarzArbG findet eine ausreichende Rechtsgrundlage in § 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG).



Eine Prüfungsanordnung nach § 2 SchwarzArbG kann auch mündlich ergehen. Zwischen der Prüfungsanordnung und der Durchführung der Prüfung muss auch keine Frist eingehalten werden. Mangels entsprechender Regelungen im SchwarzArbG ist es zulässig, wenn die Prüfung unmittelbar nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung erfolgt. Die Vorschriften der Abgabenordnung über die Anordnung einer Außenprüfung mit den dort geregelten Formerfordernissen (§§ 196 ff. AO) kommen nicht zur Anwendung. Die Anordnung der Prüfung setzt nicht voraus, dass ein Anfangsverdacht im Sinne von § 152 Abs. 2 StPO gegeben ist.


Finanzgericht Hamburg v. 20.10.2010

4 K 34/10

Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine Prüfungsanordnung nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz.

In der Gewerbeanmeldung ist die Tätigkeit der Klägerin beschrieben mit „Erbringung von Planungsleistungen, Montage von vorgefertigten Teilen und Erbringung sämtlicher geschilderter Tätigkeitsbereiche, Produktion von Montageerzeugnissen aller Art.”

Am 11.11.2009 erließ der Beklagte eine Prüfungsverfügung gem. §§ 2 ff. SchwarzArbG. Gerichtet war die Verfügung an die „A GmbH”, X-Straße, ... B. Zur Begründung wurde angeführt, dass geprüft werden solle, ob die sich aus verschiedenen, im Einzelnen genannten Vorschriften ergebenden Verpflichtungen erfüllt würden bzw. erfüllt worden seien. Die Verfügung wurde der Klägerin noch am selben Tag ausgehändigt. Der Beginn der Prüfung wurde mündlich auf den 12.11.2009 festgesetzt.

Am 13.11.2009 legte die Klägerin Einspruch gegen die Prüfungsverfügung ein. Sie meint, der Beklagte ginge willkürlich gegen sie und die weiteren „A Gesellschaften” vor und prüfe nicht, ob diese überhaupt Arbeitnehmer beschäftigten. Der Prüfungsanordnung fehlten auch Mindestvoraussetzungen, nämlich die Angaben zum Prüfungsbeginn und zum Prüfungszeitraum. Die Erforderlichkeit dieser Angaben ergebe sich auch aus § 22 SchwarzArbG i. V. m. § 196 AO. Die Prüfungsanordnung sei grundsätzlich angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung bekannt zu geben. Die mündliche Mitteilung am Mittwochnachmittag, die Prüfung am Donnerstag ab 11:00 Uhr durchzuführen, sei nicht rechtens. Die Prüfung sei auch unzulässig, weil ein Anfangsverdacht nicht gegeben sei.

Wegen des Einspruchs verzichtete der Beklagte vorerst auf die Durchführung der Prüfung.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 26.11.2009 zurückgewiesen. Die Anordnung sei rechtmäßig. Eines Anfangsverdachts bedürfe es nicht. Die Bundesfinanzverwaltung handle mit polizeilichen Befugnissen. Ziel der Finanzkontrolle Schwarzarbeit sei es unter anderem, durch spontane Kontrollen ein neues Unrechtsbewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen und damit die gesellschaftliche Akzeptanz der Schwarzarbeit deutlich zu senken. Prüfungen könnten grundsätzlich ohne Ankündigung erfolgen.

Mit ihrer am 16.12.2009 zunächst beim niedersächsischen Finanzgericht eingegangenen Klage, die an das Finanzgericht Hamburg verwiesen worden ist, verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie wiederholt die Einspruchsbegründung und betont, das Vorgehen des Beklagten sei willkürlich. Der Prüfungsanordnung fehlten auch Angaben zum Prüfungsbeginn und zum Prüfungszeitraum. Die Prüfungsanordnung sei zu kurzfristig bekannt geben worden. Eine Prüfung sei auch nur dann zulässig, wenn ein Strafprozess anhängig sei oder ein Anfangsverdacht vorliege.

Die Klägerin beantragt,

die Prüfungsanordnung vom 11.11.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.11.2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Da die Klage ursprünglich von der A-E GmbH erhoben worden sei, während Adressatin sowohl der Prüfungsanordnung als auch der Einspruchsentscheidung die A GmbH gewesen sei, bestreite er die Aktivlegitimation der Klägerin. Es gebe die A, die A Vermögens- und Beteiligungsgesellschaft mbH, die A Vertriebsgesellschaft mbH sowie die A-E GmbH & Co. KG. Wer tatsächlich Klage erhoben habe, sei unklar. Jedenfalls sei die Klage unbegründet. Wegen der präventiven Ausrichtung der Prüfung bedürfe es keines Anfangsverdachts. Die Prüfung dürfe daher auch grundsätzlich ohne Ankündigung durchgeführt werden. Da es sich nicht um eine Außenprüfung handele, könne auch § 196 AO keine Anwendung finden.

Mit Schriftsatz vom 17.06.2010 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt, dass Klägerin die Firma A GmbH sei. Das Wort „E” sei durch ein Diktatversehen in das Aktivrubrum aufgenommen worden.

Ein Band Sachakten hat vorgelegen.



Gründe
Der Senat durfte entscheiden, obwohl die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war. Sie wurde fristgerecht unter Hinweis darauf geladen, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, § 91 Abs. 2 FGO.

Die Klage ist zulässig (I.) aber unbegründet (II.).

I.

Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig.

Klägerin dieses Verfahrens ist die A GmbH. Im Aktivrubrum der Klageschrift vom 16.12.2009 ist als Klägerin zwar die „A-E GmbH” bezeichnet, dabei handelt es sich jedoch ersichtlich um eine versehentliche Ungenauigkeit bei der Beteiligtenbezeichnung, wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 17.06.2010 auch dargelegt hat. Dies ergibt sich aus einer Auslegung der Klageschrift. Dieser lagen die angefochtenen Bescheide an, beide waren an die A GmbH gerichtet, so dass naheliegend auch diese GmbH Klage erheben wollte. Nach übereinstimmender Darlegung der Beteiligten gibt es eine „A-E GmbH” nicht, so dass nichts dafür spricht, dass im Namen der „A-E GmbH” Klage erhoben werden sollte.

Bei der Prüfungsverfügung vom 11.11.2009 handelt es sich um einen belastenden Verwaltungsakt, der die Aufforderung enthält, die Prüfungsmaßnahmen zu dulden (FG Hamburg, Urteil vom 26.11.2008, 4 K 73/08). Dagegen ist die Anfechtungsklage statthaft.

II.

Die Klage ist indes nicht begründet.

Die Prüfungsverfügung vom 11.11.2009 ist in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.11.2009 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Die Prüfungsanordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG), der zwar nicht ausdrücklich zum Erlass einer Prüfungsanordnung ermächtigt, der jedoch die Prüfungsaufgaben der Zollverwaltung im Einzelnen auflistet und damit die Möglichkeit, eine solche Prüfung anzuordnen, gleichsam voraussetzt. Die angeordnete Prüfung dient ersichtlich der Erfüllung dieser Aufgaben, wie sich ausdrücklich aus der Prüfungsverfügung, die auf § 2 SchwarzArbG Bezug nimmt und diese Bestimmung inhaltlich wiedergibt, ersehen lässt.

Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit unterliegt diese Prüfungsanordnung nicht.

Dass in der schriftlichen Prüfungsanordnung der Zeitpunkt der Prüfung nicht mitgeteilt worden ist, ist nicht zu beanstanden. Nach dem unstreitigen Beteiligtenvortrag wurde der Zeitpunkt mündlich bekannt gegeben, als die schriftliche Prüfungsanordnung ausgehändigt wurde. Eine Prüfungsanordnung kann auch mündlich ergehen (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 26.11.2008, 4 K 73/08; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 04.11.2009, 7 K 7024/07 ), dann ist es auch unproblematisch, wenn der Zeitpunkt einer schriftlich angeordneten Prüfung (nur) mündlich mitgeteilt wird. Zwischen der Prüfungsanordnung und der Durchführung der Prüfung muss entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine - wie auch immer im Einzelnen zu berechnende - Frist eingehalten werden. Mangels entsprechender Regelungen im SchwarzArbG ist es sogar zulässig, wenn die Prüfung unmittelbar nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung erfolgt (FG Hamburg, Urteil vom 26.11.2008, 4 K 73/08; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 04.11.2009, 7 K 7024/07 ).

Die Vorschriften der Abgabenordnung über die Anordnung einer Außenprüfung mit den dort geregelten Formerfordernissen (§§ 196 ff. AO) kommen nicht zur Anwendung. Nach § 22 SchwarzArbG gelten zwar, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Abgabenordnung sinngemäß für das Verwaltungsverfahren der Behörden der Zollverwaltung nach diesem Gesetz, die Prüfung nach dem SchwarzArbG stellt jedoch keine Außenprüfung dar. Eine Außenprüfung ist nur die besonders angeordnete, in der Regel umfassende Ermittlung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Besteuerung und für die Bemessung der Steuern maßgebend sind (Kruse in Tipke-Kruse, § 171 AO, Rn. 32). Hierzu zählen nicht solche Prüfungen, die sich nicht unmittelbar auf Steuern beziehen. Die Prüfungen nach § 2 SchwarzArbG dienen nicht unmittelbar dazu, steuerliche Sachverhalte zu ermitteln, wie sich aus dem Prüfungsaufgabenkatalog in § 2 SchwarzArbG ergibt ( FG Baden-Württemberg, Urteil vom 04.11.2009, 7 K 7024/07 , wonach die Prüfung nach § 2 SchwarzArbG eher einer Nachschau gemäß § 210 AO denn einer Außenprüfung entspricht; FG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2010, 4 K 904/10 AO).

Gegen eine entsprechende Anwendbarkeit von §§ 196 ff. AO und insbesondere dagegen, eine schriftliche Bestimmung des Prüfungsbeginns bzw. die Einhaltung einer bestimmten Frist zwischen Bekanntgabe der Anordnung und Durchführung der Maßnahme zu verlangen, sprechen auch die mit einer Prüfung nach dem SchwarzArbG verfolgten Zwecke. Das Gesetz dient der Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit (§ 1 Abs. 1 SchwarzArbG). Letztlich geht es durch die Überprüfung um das Aufdecken illegaler Machenschaften. Eine längerfristige Vorankündigung würde diesem Zweck zuwiderlaufen. Zur Effektivität der Überprüfung ist es hilfreich, ein gewisses Überraschungsmoment zu nutzen und den zu Überprüfenden nicht die Möglichkeit zu geben, Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dem Katalog von § 2 SchwarzArbG zu verschleiern (so im Ergebnis m. w. N. auch FG Baden-Württemberg, Urteil vom 04.11.2009, 7 K 7024/07 ). Die Gewährung einer längeren Ankündigungsfrist würde regelmäßig dem Prüfungszweck zuwiderlaufen. Dieser Gedanke findet sich im Übrigen auch in § 197 Abs. 1 AO, der die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung für entbehrlich erklärt, wenn die Prüfung dadurch gefährdet würde.

Da die Prüfungsverfügung vom 11.11.2009 sowohl den Inhaltsadressaten als auch den Ort der Prüfung präzise benennt, ist sie auch hinreichend bestimmt.

Die Anordnung der Prüfung setzt auch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht voraus, dass ein Anfangsverdacht im Sinne von § 152 Abs. 2 StPO gegeben ist. Die Klägerin verkennt, dass es sich bei der Überprüfung nach § 2 SchwarzArbG nicht um eine Maßnahme der Strafverfolgung, sondern um eine präventive polizeiliche Maßnahme handelt. Das SchwarzArbG bestimmt nicht, dass die Anordnung einer Prüfung vom Vorliegen bestimmter Verdachtsmomente abhängig ist, lässt also grundsätzlich auch verdachtsunabhängige Kontrollen zu (so auch FG Baden-Württemberg, Urteil vom 04.11.2009, 7 K 7024/07 ). Das schließt nicht aus, dass Prüfungen in Einzelfällen sachwidrig oder unverhältnismäßig und damit letztlich rechtswidrig sein können. Anhaltspunkte dafür, dass die Prüfung im Streitfall unverhältnismäßig oder sonst sachwidrig gewesen sein könnte, sieht der Senat nicht. Sofern, worauf die Klägerin abstellt, der Beklagte in anderen - wohl Tochtergesellschaften der Klägerin betreffenden - Fällen Prüfungen angeordnet hat, die möglicherweise nicht gerechtfertigt waren, weil diese Gesellschaften nicht über eigene Mitarbeiter verfügen, bedarf dies keiner weiteren Erörterung, da dies nicht die Klägerin selbst betrifft.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

Anmerkung
Rechtskräftig

RechtsgebieteAO, StPO, SchwarzArbGVorschriftenAO § 196 StPO § 152 Abs. 2 SchwarzArbG § 2

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