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05.04.2011 · IWW-Abrufnummer 111092

Oberlandesgericht Dresden: Urtel vom 15.12.2009 – 14 U 912/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


14 U 912/08

In dem Rechtsstreit

1. F.......................... GmbH & Co. KG,

v.d.d. Gesellschafterin F....... GmbH,

d.v.d.d. Geschäftsführer

2. A............... GmbH,

v.d.d. Geschäftsführer ......

Kläger und Berufungsbeklagte

Prozessbevollmächtigte zu 1) 2): Rechtsanwälte

gegen

E...................... GmbH,

v.d.d. Geschäftsführer ......

Beklagte und Berufungsklägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

G......... GmbH & Co. KG,

vertr.d. ihre pers. haftenende Gesellschafterin M.... GmbH, d.v.d.d. Geschäftsführer .........

Streithelfer beigetreten auf Beklagtenseite

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

G.. G....................... GmbH,

vertr.d.d. Geschäftsführer ......

Streihelferin beigetreten auf Beklagtenseite

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

Rechtsanwälte K.... GbR,

Streithelferin beigetreten auf Beklagtenseite

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

W....... K....,

Streithelfer beigetreten auf Beklagtenseite

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin

A..... K....,

Streithelferin beigetreten auf Beklagtenseite

wegen Forderung

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2009 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. K.....,

Richter am Oberlandesgericht Dr. T...... und

Richter am Oberlandesgericht Dr. M...

für Recht erkannt:

Tenor:
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 9.5.2008 - 1 HK O 2852/05 - abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 1) den Schaden zu ersetzen, der dieser daraus entstanden ist und noch entstehen wird, dass die in dem als Anlage K 1 beigefügten Einbauplan gekennzeichneten und am Bauvorhaben "U................... J.." (I............., ..... ....) eingebauten Glaspaneelelemente, nämlich

a) 336 von der Beklagten für die Klägerin zu 1) angefertigte und am 07.07.2000 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

b) 112 von der Beklagten für die Klägerin zu 1) angefertigte und am 03.08.2000 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

c) ein von der Beklagten für die Klägerin zu 1) gefertigtes und am 11.10.2000 geliefertes Glaspaneelelement, Fabrikat "Emallit antelio silber",

d) 112 von der Beklagten für die Klägerin zu 1) angefertigte und am 04.04.2001 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

e) 168 von der Beklagten für die Kläger zu 1) angefertigte und am 02.05.2001 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

f) 2 von der Beklagten für die Klägerin zu 1) angefertigte und am 15.06.2001 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

mangelhaft sind, weil der für diese Glaspaneelelemente vorgeschriebene Heißlagerungstest gemäß DIN 18516 Teil 4, Fassung Februar 1990, nicht durchgeführt wurde.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 2) den Schaden zu ersetzen, der dieser daraus entstanden ist und noch entstehen wird, dass die in dem als Anlage K 2 beigefügten Einbauplan gekennzeichneten und am Bauvorhaben "U................... J..." (I............., ..... ....) eingebauten Glaspaneelelemente, nämlich

a) 405 von der Beklagten für die Klägerin zu 2) angefertigte und am 04.07.2000 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

b) ein von der Beklagten für die Klägerin zu 2) angefertigtes und am 04.10.2000 geliefertes Glaspaneelelement, Fabrikat "Emallit antelio silber",

c) 113 von der Beklagten für die Klägerin zu 2) angefertigte und am 28.03.2001 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

d) 168 von der Beklagten für die Klägerin zu 2) angefertigte und am 27.04.2001 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

e) 4 von der Beklagten für die Klägerin zu 2) angefertigte und am 09.05.2001 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

mangelhaft sind, weil der für diese Glaspaneelelemente vorgeschriebene Heißlagerungs- test gemäß DIN 18516 Teil 4, Fassung Februar 1990, nicht durchgeführt wurde.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Jeder Nebenintervenient trägt seine Kosten der Nebenintervention selbst.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

- Streitwert für das Berufungsverfahren: 300.000 EUR

Gründe
I. Die Klägerinnen bestellten bei der Beklagten Glaspaneel- elemente unter Bezugnahme auf das Angebot der Beklagten vom 03.02.2000 (K 72). Dabei bestellte die Klägerin zu 1) 731 Elemente, die Klägerin zu 2) 790 Elemente. In dem Angebot heißt es zur technischen Beschreibung zum Aufbau der Glaspaneele: "... ESG HST ...". Die ESG-Kennzeichnung steht für Einscheiben-Sicherheitsglas, HST für Heat Soak Test (= Heißlagerungstest, im Folgenden: HLT). Die Beklagte bestellte die Elemente bei der Streithelferin zu 1), diese wiederum bei der Streithelferin zu 2), die die Elemente herstellte. Die Klägerin rief die Elemente in der Zeit vom 04.07.2000 bis 15.06.2001 nach und nach ab, woraufhin die Beklagte die Elemente lieferte. Die gelieferten Elemente wiesen nicht die ESG-Kennzeichnung auf. Unter dem Datum des 06.07.2000 erstellte die Beklagte drei Werksbescheinigungen "nach EN 10204/2.1", in denen es heißt: "Es wird bestätigt, dass die Lieferung den Vereinbarungen bei der Bestellung (z.B. Angebot, Auftragsbestätigung) entspricht."

Anfang August 2005 zersprang eines der eingebauten Elemente. Von den Klägerinnen veranlasste Untersuchungen ergaben, dass in dem zersprungenen Element ein Nickelsulfid-Einschluss vorhanden gewesen sein soll. Ende Oktober 2008 brach ein von der Beklagten an die Klägerin zu 2) geliefertes Glaspaneelelement. Auch hier ist zwischen den Parteien streitig, ob Ursache des Bruchs ein Nickelsulfid-Einschluss war.

Die Klägerinnen machten geltend, dass der Heißlagerungstest nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.

Ergänzend wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 359 ff. dA) Bezug genommen.

Das Landgericht stellte - antragsgemäß - fest, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen den Schaden zu ersetzen, der diesen daraus entstanden ist und noch entstehen wird, dass die - im Einzelnen bezeichneten - Glaspaneelelemente mangelhaft sind. Zur Begründung führte das Landgericht im Wesentlichen aus: Die Durchführung des Heißlagerungstest sei zwischen den Parteien vereinbart worden. Außerdem sei die Durchführung nach den maßgeblichen technischen Regeln geschuldet. Die Scheiben seien zum einen deswegen mangelhaft, weil die nach DIN 1249 Teil 12 erforderliche Kennzeichnung "DIN 1249-ESG" fehle. Zum anderen seien die Elemente mangelhaft, weil die Durchführung des Heißlagerungstests nicht nachgewiesen sei. Die Werksbescheinigungen könnten den einzelnen Lieferungen nicht zugeordnet werden. Überdies erfassten die Werksbescheinigungen nicht sämtliche Lieferungen. Der Anspruch der Klägerinnen sei nicht verjährt, da die Verjährungsfrist fünf Jahre betrage und mit der letzten Lieferung am 15.06.2001 zu laufen begonnen habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie hält an der Einrede der Verjährung fest, da sie meint, es gelte eine sechsmonatige Verjährungsfrist, denn die Beklagte habe keine Arbeiten an einem Bauwerk vorgenommen. Ihr sei zudem weder ein arglistiges Verschweigen etwaiger Mängel noch ein - dem gleichzusetzendes - Organisationsverschulden anzulasten. Sie behauptet weiter, dass die vorgelegten Werksbescheinigungen zusammen mit den am 11.3.2008 vorgelegten Rechnungen die Durchführung des HLT bei 952 im Jahr 2000 gelieferten Glaspaneelelementen belegten. Sie bestreitet, dass in der geborstenen Scheibe ein Nickelsulfid-Einschluss vorhanden gewesen sei. Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klägerinnen hinsichtlich der fehlenden ESG-Kennzeichnung gegen ihre Untersuchungs- und Rügepflicht aus § 377 HGB verstoßen hätten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Chemnitz, Az. 1 HKO 2852/05, vom 09.05.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen;

hilfsweise, den Rechtsstreit an das Landgericht Chemnitz zurückzuverweisen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen;

hilfsweise wie im Tenor zu 1. und 2. ausgeurteilt zu erkennen mit dem Zusatz: "... und weil diese Glaspaneelelemente nicht mit der gemäß DIN 1249 Teil 12, Fassung September 1990 vorgeschriebenen, im Einbauzustand sichtbaren Kennzeichnung als Einscheiben-Sicherheitsglas versehen wurden."

Die Beklagte ist der Ansicht, die Berufung sei unzulässig, da das Landgericht die Mangelhaftigkeit der von der Beklagten gelieferten Paneele auf zwei Gründe gestützt habe (fehlende ESG-Kennzeichnung, fehlender Nachweis der Durchführung des HLT), von denen die Beklagte nur einen angegriffen habe. Sie macht geltend, die vorgelegten Werksbescheinigungen entsprächen nicht der DIN 18516 Teil 4, Ziff. 2.5.1. vom Februar 1990, da in ihnen nicht bestätigt werde, dass die gesamte Glaslieferung vor dem Versand während einer Haltezeit von acht Stunden bei 290 Grad (+/- 10 Grad) Celsius mittlerer Ofentemperatur geprüft worden sei. Unzureichend seien die Werksbescheinigungen auch deshalb, weil sie erst zwei Wochen nach der Auslieferung ausgestellt worden seien.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen H......., K.... und H....... (s. Verfügungen vom 21.1.2009 [Bl. 547], vom 20.10.2009 [Bl. 744] und Beweisbeschluss vom 21.4.2009 [Bl. 594 dA]). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31.03.2009 (Bl. 576 ff. dA), vom 15.09.2009 (Bl. 686 ff. dA) und vom 1.12.2009 Bezug genommen.

II. 1. Die Berufung ist zulässig. Zwar hat das Landgericht der Klage aus zwei von einander unabhängigen Gründen (kein Nachweis der Durchführung des HLT, fehlende ESG-Kennzeichnung) stattgegeben und die Beklagte nur einen der beiden Gründe angegriffen (vgl. Heßler in Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 520 Rn. 37). Doch kann daraus nicht gefolgert werden, es liege keine hinreichende Berufungsbegründung vor. Der in der ersten Instanz verfolgte Antrag war nämlich zu unbestimmt und daher unzulässig. Mit den aus der Unbestimmtheit des Antrags folgenden Unsicherheiten kann die Beklagte nicht einseitig belastet werden. Zudem hat die Beklagte in der Berufungsbegründung die Einrede der Verjährung weiterverfolgt, die beide vom Landgericht angenommenen Gründe erfasst.

2. Die Berufung hat Erfolg, soweit sie sich gegen den Hauptantrag richtet. Dieser ist unzulässig.

Ein Feststellungsantrag, mit dem eine Gewährleistungspflicht festgestellt werden soll, hat die Mängel im Einzelnen so genau zu bezeichnen, dass kein Zweifel darüber entstehen kann, für welche Mängel die Gewährleistungspflicht besteht (BGH NJW 2002, 681). Ein Feststellungsantrag ist unzulässig, wenn nicht erkennbar ist, welche Mängel er zum Gegenstand hat. Er genügt dann nicht den Anforderungen, die an einen bestimmten Antrag im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu stellen sind (vgl. BGH NJW 1983, 2247, 2250 [BGH 10.01.1983 - VIII ZR 231/81]; BGH NJW 2001, 445 [BGH 04.10.2000 - VIII ZR 289/99]). Zwar kann die Bezeichnung zur Konkretisierung des Streitgegenstandes auch im Sachvortrag erfolgen (BGH NJW 2002, 681). Die Klägerinnen haben erstinstanzlich jedoch drei Mängel vorgetragen (fehlender Nachweis des HLT, Nichtdurchführung des HLT, fehlende ESG-Kennzeichnung). Das Landgericht hat den Antrag der Klägerinnen so verstanden, dass nach dem Begehren der Klägerinnen es ausreichen soll, dass ein Mangel, der alle Elemente betrifft (fehlende ESG-Kennzeichnung) und ein Mangel, der einen Teil der Elemente sicher betrifft (fehlender Nachweis des HLT), vorliegen. Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz ging und geht es den Klägerinnen aber auch - wie die Klägerinnen klargestellt haben, sogar in erster Linie - um die Nichtdurchführung des HLT. Der Vorsitzende hat die Klägerinnen mehrfach auf die Bedenken des Senats hinsichtlich der Bestimmtheit des Antrags hingewiesen (Bl. 531, 581 dA).

3. Die Berufung bleibt im Wesentlichen ohne Erfolg, soweit sie sich gegen den Hilfsantrag richtet.

a) Der Hilfsantrag ist zulässig. Zwar besteht für eine Feststellungsklage im Bauprozess in der Regel kein Rechtsschutzbedürfnis, weil entscheidende Fragen (wie die Schadenshöhe, die Möglichkeit der Beseitigung des Mangels, Unverhältnismäßigkeit) nicht geklärt werden und deshalb nicht zu erwarten ist, dass der Streit zur Höhe ohne einen weiteren Prozess beendet wird (OLG Celle NJW-RR 2007, 676 [OLG Celle 19.12.2006 - 16 U 127/06]). Hier liegt der Fall jedoch anders, da die Klägerinnen befürchten, von ihrem Auftraggeber in Anspruch genommen zu werden.

b) Der Hilfsantrag ist auch überwiegend begründet. Die Klägerinnen können nach § 635 BGB a.F. von der Beklagten Schadensersatz verlangen. Die Parteien haben einen Werklieferungsvertrag über unvertretbare Sachen geschlossen, auf den nach § 651 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. § 635 BGB a.F. anzuwenden ist (vgl. BGH NJW 1980, 2081; BGHZ 72, 206).

Die von der Beklagten gelieferten Paneelelemente sind mangelhaft. Das Landgericht hat zutreffend dargelegt, dass die Durchführung des HLT geschuldet war. Dies wird auch von der Berufung nicht weiter in Zweifel gezogen. Der Sachverständige Dipl.-Ing. S..... hat den Soll-Zustand wie folgt definiert (s. 12 Gutachten):

- dauerhafte Kennzeichnung an den ESG-Scheiben

- Heißlagerungsprüfung nach DIN 18516 Teil 4

- Werksbescheinigung 2.1 nach DIN EN 10204 für Nachweis der Heißlagerung.

Es handelt sich bei dem fehlenden HLT um einen Fehler des Werks, der die Tauglichkeit zu dem vertraglich vorausgesetzten Gebrauch aufhebt oder mindert (§ 633 Abs. 1 BGB a.F.). Dabei ist unerheblich, ob das Paneel infolge eines Nickelsulfid-Einschlusses geborsten ist oder nicht. Der Mangel ist die Nichtdurchführung des HLT, der einen Glasbruch durch Nickelsulfid-Einschluss nicht ausschließt, wohl aber unwahrscheinlicher macht (Gutachten des Sachverständigen S....., S. 9).

Die fehlende ESG-Kennzeichnung stellt keinen Fehler des Werks dar, der die Tauglichkeit zu dem vertraglich vorausgesetzten Gebrauch aufhebt oder mindert (§ 633 Abs. 1 BGB a.F.). Der Sachverständige S..... hat die fehlende ESG-Kennzeichnung nur als "formalen Mangel" (S. 21 Gutachten) bezeichnet, woraufhin die Klägerinnen diesen Mangel überhaupt erst "entdeckt" haben.

Nach Ziffer 6 des Produktdatenblattes Nr. T17/01-05-ESG-Emalit/Transdekor der V.... (V................................. mbH - Anlage StV 2) wird emailliertes Einscheibensicherheitsglas - EMALIT - nicht gekennzeichnet. Der Zeuge H....... gab an, dass damals das "Glas laut einer internen Anweisung nicht gestempelt" wurde, weil der Stempel die "Optik der Emalitplatte eventuell gestört hätte". Danach kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Fehlen des Stempels die Tauglichkeit zu dem vertraglich vorausgesetzten Gebrauch aufhebt oder mindert. Zudem würden die Paneelelemente insoweit als genehmigt gelten, weil die Klägerinnen sie nicht unverzüglich untersucht und Mängel nicht unverzüglich angezeigt haben (§§ 381, 377 Abs. 1 und 2 HGB; siehe auch BGH NJW 1980, 2081).

Zwar hat grundsätzlich der Besteller, der nach § 635 BGB Schadensersatz verlangt, den Mangel zu beweisen. Hier hat aber die Beklagte die Durchführung des HLT zu beweisen, da nur sie Kenntnisse über den Produktionsablauf hat und zudem lediglich Bescheinigungen vorliegen, die nur einen Teil der Elemente betreffen. Ob die vorgelegten Werksbescheinigungen sich bestimmten Elementen zuordnen lassen und ob sie inhaltlich ausreichend sind, kann dabei offen bleiben. Entscheidend ist, dass die von der Beklagten vorgelegte Dokumentation insgesamt unzureichend ist. Dies gilt gerade auch deshalb, weil das sog. Ofenbuch, in dem die Arbeitsschritte detailliert dokumentiert wurden, von der Beklagten nicht vorgelegt wurde.

Die Beklagte hat die Durchführung des HLT nicht bewiesen. Der Zeuge H....... gab an, vom 1. Mai 2004 bis zum 30. November 2007 bei der Streithelferin zu 1 beschäftigt gewesen zu sein (Bl. 578 dA) und konnte demgemäß zu den Vorgängen in den Jahren, in denen die Elemente hergestellt wurden, keine Angaben machen. Der Zeuge K.... gab an, die Öfen habe es 2000 mit Sicherheit schon gegeben (Bl. 689, 691 dA), in den Jahren 2000/2001 sei "wahrscheinlich noch eine Zeit lang mit dem Ofenbuch" gearbeitet worden, in das die Daten und Auftragsnummern eingeschrieben worden seien (Bl. 690 dA). Der Zeuge räumte ein, keine konkrete Erinnerung an den streitgegenständlichen Auftrag zu haben (Bl. 690 dA). Bevor der Zeuge die Werksbescheinigungen unterschrieben habe, habe er im Kontrollbuch nachgeschaut (Bl. 690, 695 dA). Die Frage, ob eine Scheibe, die keine ESG-Kennzeichnung aufweist, dem HLT unterzogen wurde, konnte der Zeuge nicht beantworten (Bl. 692-694 dA), er gab nur an, der Stempel müsse eingebrannt worden sein (Bl. 693 dA). Dass Bescheinigungen "im Nachgang" hergestellt wurden, bezeichnete der Zeuge als unüblich (Bl. 695 dA). Er gab an, lediglich eine Prüfung nach Aktenlage vorgenommen zu haben (Bl. 696 dA). Da der Zeuge K.... keinerlei eigene Erinnerung an die Produktionsabläufe hatte, einige Zeit nach der Produktion Bescheinigungen ausstellte, wobei er nur eine Prüfung anhand des (nicht vorgelegten) Ofenbuchs vornahm, ist der Senat aufgrund seiner Aussage nicht überzeugt, dass die Beklagte den HLT durchführte.

Auch aus der Aussage des Zeugen H....... kann der Senat diese Überzeugung nicht gewinnen, was sowohl gilt, wenn man die Aussage allein betrachtet, als auch, wenn man sie zusammen mit der Aussage des Zeugen K.... sieht. Der Zeuge H....... gab an, dass Ofenbücher geführt worden seien (S. 5 des Protokolles vom 01.12.2009), in denen zu ersehen gewesen sei, "dass die Charge Nr. X mit der Gestellnummer X mit soundso viel Scheiben im Ofen entsprechend der Verweildauer gesoakt worden" seien. Der Zeuge konnte nicht angeben, was mit den Ofenbüchern geschehen ist (S. 5). Ebenso konnte er nicht erklären, warum Werksbescheinigungen nur für einen Teil der Glaspaneelelemente ausgestellt worden sind (S. 5). Eigene Wahrnehmungen zur Durchführung des HLT hatte der Zeuge H....... nicht. Er ging von der Durchführung aus bzw. musste davon ausgehen (S. 8).

Der Zeuge Dr. S........ war nicht zu hören, da es nicht darauf ankommt, ob die Elemente nachträglich mit Kennzeichnungen versehen werden können (s. den Beweisantritt der Beklagten, Bl. 663 dA). Die von der Streithelferin zu 3 benannten Zeugen Dr. S...... und W..... (Bl. 633 dA) waren nicht zu hören, da die Streithelferin nicht geltend macht, dass das Unterlassen der Benennung der Zeugen nicht auf ihrer Nachlässigkeit beruht (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).

b) Der Anspruch der Klägerinnen ist nicht verjährt. Es gilt hier die fünfjährige Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 S. 1 BGB a.F., da es um ein Bauwerk geht (s. BGH NJW 1980, 2081; BGHZ 72, 206). Durch den Begriff Bauwerk werden auch einzelne Bauteile erfasst (Sprau in Palandt, aaO., § 643a Rn. 10). Die Glaspaneelelemente wurden mit dem Gebäude fest verbunden und sind nach Art (Paneele für die Festverglasung einer Alu-Glasfassade) und Umfang (Glasfläche ca. 2.700 qm [Gutachten S. 15]) für die Konstruktion, den Bestand, die Erhaltung und Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung (Sprau in Palandt. aaO., § 634a Rn. 17).

Entgegen der Ansicht der Beklagten beginnt die Verjährungsfrist nicht gesondert für jede einzelne Lieferung, sondern, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, mit der jeweils letzten Lieferung. Dass die Parteien Teilabnahmen vereinbart hätten, hat die Beklagte nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich (vgl. Sprau, aaO., § 640 Rn. 7). Dass der von den Klägerinnen verfolgte Hauptantrag unzulässig ist, steht der Hemmung der Verjährung nicht entgegen (Heinrichs in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 204 Rn. 5).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

RechtsgebieteBGB, ZPOVorschriften§ 635 BGB § 651 BGB § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO

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