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14.02.2011 · IWW-Abrufnummer 111014

Landesarbeitsgericht Nürnberg: Beschluss vom 13.01.2011 – 4 Ta 172/10

Eine Terminsgebühr des Anwalts entsteht auch dann, wenn er nach Mandatierung noch vor Einreichung der Klage bei Gericht mit der Gegenseite außergerichtliche Vergleichsverhandlungen führt, die erfolgreich verlaufen und hierdurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird.


Landesarbeitsgericht Nürnberg

BESCHLUSS

In dem Beschwerdeverfahren

S... S...

- Klägerin und Beschwerdegegnerin -

Prozessbevollmächtigter und Beschwerdeführer:

Rechtsanwalt R... Se...

gegen

Firma K... Kr...-GmbH,

vertreten durch den Geschäftsführer T... St...

- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte G... und Kollegen

hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg durch den Vorsitzenden der Kammer 4, Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Roth, ohne mündliche Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg - Kammer Coburg - vom 28.10.2010, Az.: 4 Ca 384/10 abgeändert und die an den Beschwerdeführer noch zu zahlende Vergütung auf EUR 409,12 festgesetzt.

Gründe

Der von den Parteien geführten Rechtsstreit über die Kündigung des Arbeitsverhältnisses und die Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses ist nach Durchführung einer Güteverhandlung und außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen durch feststellenden Beschluss des Gerichts wie folgt vergleichsweise beigelegt worden:

1. Die Parteien sind sich einig, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung vom 26.03.2010 unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist mit Ablauf des 31.05.2010 enden wird.

2. Die Beklagte verpflichtet sich, die Abmahnung vom 24.04.2010 aus der Personalakte zu entfernen und die darin erhobenen Verhaltensvorwürfe nicht weiter aufrechtzuerhalten.

3. Das Arbeitsverhältnis wird bis zum Beendigungstermin ordnungsgemäß abgerechnet und abgewickelt. Insbesondere wird die Klägerin ab dem 19.05.2010 von ihrer Arbeitsverpflichtung zur Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche freigestellt.

4. Die Beklagte zahlt an die Klägerin für den Verlust des Arbeitsplatzes gemäß §§ 9, 10 KSchG eine Abfindung in Höhe von 5.500,-- € brutto. Die sofort fällige und vererbbare Abfindung ist zahlbar zusammen mit dem Schlussgehalt.

5. Die Beklagte verpflichtet sich weiterhin, der Klägerin ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis mit einer guten Leistungsbeurteilung auszustellen und ihr dieses zuzusenden. Der Inhalt des Zeugnisses wird zwischen den Parteien abgestimmt. Die Verhaltensvorwürfe im Zusammenhang mit der Abmahnung dürfen im Zeugnis nicht erwähnt werden.

6. Mit der Erfüllung dieser Vereinbarung ist der außergerichtliche Streit der Parteien über den Weiterbeschäftigungsanspruch der Klägerin erledigt.

7. Damit ist der Rechtsstreit erledigt.

8. Die Kosten des Rechtsstreits und dieses Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.

Mit Beschluss vom 15.06.2010 hat das Arbeitsgericht Bamberg - Kammer Coburg - den Streitwert für das Verfahren auf EUR 7.721,36 und für den Vergleich auf EUR 15.831,52 festgesetzt und hierbei für die Regelung in Ziffer 6 des Vergleichs einen überschießenden Wert von EUR 2.407,12 (ein Bruttomonatsgehalt) in Ansatz gebracht.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat mit Schriftsatz vom 24.08.2010 die Festsetzung seiner Vergütung gem. § 11 RVG in Höhe von restlichen EUR 409,12 beantragt.

Dem hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 28.10.2010 nur teilweise entsprochen. Er hat hierbei eine Terminsgebühr nur aus dem Verfahrenswert und nicht - wie begehrt - aus dem höheren Vergleichswert berücksichtigt.

Gegen den ihm am 04.11.2010 zugestellten Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 08.11.2010 sofortige Beschwerde eingelegt.

Sie wird damit begründet, aufgrund der außergerichtlichen Vergleichsgespräche sei eine Terminsgebühr auch hinsichtlich der mit erledigten Streitgegenstände angefallen.

Der Rechtspfleger beim Erstgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 16.11.2010 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.

II. 1. Die von dem Beschwerdeführer eingelegte Beschwerde ist statthaft, §§ 11 Abs. 2 Satz 3 RVG, 104 Abs. 3 ZPO, und auch im Übrigen zulässig.

2. Die Beschwerde ist sachlich begründet.

Der Beschluss des Rechtspflegers beim Arbeitsgericht Bamberg - Kammer Coburg - 28.10.2010 ist abzuändern und die beantragte restliche Vergütung in Höhe von EUR 409,12 festzusetzen, § 11 Abs. 1 Satz 1 RVG.

Entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts ist aufgrund der nachgewiesenen außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens eine Terminsgebühr auch bezüglich der im Vergleich vom 10.06.2010 mit erledigten Streitgegenstände angefallen, Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (Vergütungsverzeichnis).

Die Terminsgebühr entsteht gemäß Vorbemerkung Abs. 3 des Vergütungsverzeichnisses auch durch die Mitwirkung an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts.

Für die Entstehung des Gebührentatbestandes der Nr. 3104 Vergütungsverzeichnis wird in diesem Zusammenhang nicht vorausgesetzt, dass der Anspruch, der Gegen-stand der Besprechung ist, bereits bei Gericht anhängig gemacht worden ist. Ein Verfahren "vermeiden" lässt sich im Rahmen der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Vergütungsverzeichnis nämlich nur, wenn dies gerade noch nicht begonnen hat.

Voraussetzung für die Entstehung der Terminsgebühr ist demnach nur, dass dem Prozessbevollmächtigten bereits ein Klageauftrag erteilt worden ist; es muss noch nicht zur Einreichung der Klage bei Gericht gekommen sein.

Sinn und Zweck der Vorbemerkung 3 Abs. 3 ist, zu einer Entlastung der Gerichte beizutragen indem ein gebührenrechtlicher Anreiz für eine außergerichtliche Erledigungen geschaffen wird. Das Entstehen einer Terminsgebühr von der Einreichung einer Klage abhängig zu machen, würde dieser Zielsetzung entgegenwirken (so BGH vom 08.02.2007 - IX ZR 215/05 - NJW-RR 2007, 720).

Aus diesem Grund ist der Rechtsansicht des Rechtspflegers beim Arbeitsgericht Bamberg - Kammer Coburg - nicht zu folgen, die Entstehung einer Terminsgebühr setzte stets voraus, dass ein Streitgegenstand bereits gerichtlich anhängig gemacht worden ist.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat durch die nachgewiesene Besprechung mit den Prozessbevollmächtigten der Beklagten vor Erstellung des dem Gericht mitgeteilten Vergleichstextes eine Terminsgebühr auch hinsichtlich der im Vergleich mit erledigten Streitgegenstände verdient.

Die Klägerin hat nämlich mit Schreiben vom 10.01.2011 die Behauptung des Beschwerdeführers bestätigt, auch bezüglich der im Vergleich mit erledigten Streitgegenstände sei bereits ein Auftrag zur gerichtlichen Geltendmachung erteilt worden. Insoweit dienten die außergerichtlichen Verhandlungen der Prozessbevollmächtigten beider Parteien, die in der vom Gericht festgestellten Einigung der Parteien mündeten, der Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung i.S.d. Vorbemerkung 3 Abs. 3 Vergütungsverzeichnis.

III. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts kann ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter erfolgen, § 78 Satz 3 ArbGG.

Roth

VorschriftenRVG § 11, Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 Vergütungsverzeichnis

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