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24.03.2011 · IWW-Abrufnummer 111011

Oberlandesgericht Brandenburg: Beschluss vom 10.01.2011 – 13 Wx 21/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


13 Wx 21/10

In dem Rechtsstreit

W... Sch...,

Antragstellerin und Beschwerdeführerin,

- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...

hat der 13. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts

am 10. Januar 2011

durch

den Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Dr. Trimbach,

den Richter am Oberlandesgericht Grepel und

die Richterin am Oberlandesgericht Bekiş

beschlossen:

Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin vom 24. September 2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Senftenberg vom 15. September 2010 - 24 II 742/10 - wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Beschwerdewert: bis zu 600,00 €.

Gründe
I. Die Beschwerdeführerin beantragte im Juli 2010 beim Amtsgericht Senftenberg Beratungshilfe. Das Amtsgericht Senftenberg wies diesen Antrag mit Beschluss vom 17. August 2010 - 24 II 742/10 - zurück. Gegen diese Entscheidung legte die Antragstellerin mit anwaltlichem Schreiben vom 18. August 2010 Beschwerde ein. Nachdem die Rechtspflegerin dieser nicht abgeholfen hatte und der Richterin zur Entscheidung vorlegte, wurde die Erinnerung mit Beschluss des Amtsgerichts vom 15. September 2010 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin mit anwaltlichem Schreiben vom 24. September 2010 weitere sofortige Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Landgericht Cottbus vorgelegt. Mit Beschluss vom 30. November 2010 hat das Landgericht Cottbus sich nach Anhörung der Beschwerdeführerin als unzuständig für die Beschwerde erklärt und die Sache an das Brandenburgische Oberlandesgericht verwiesen.

II. 1. Die sofortige Beschwerde ist unzulässig.

Das Brandenburgische Oberlandesgericht ist gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit über Beschwerden gegen Entscheidungen der Amtsgerichte zuständig. Für das Verfahren der Bewilligung von Beratungshilfe gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend (§ 5 BerHG).

Die sofortige Beschwerde ist allerdings unstatthaft. Gegen die Entscheidung des gemäß § 24 a Abs. 1 Nr. 1 RPflG zuständigen Rechtspflegers, mit der Beratungshilfe abgelehnt wird, ist nach der Regelung des § 6 Abs. 2 BerHG nur die unbefristete Erinnerung durch den Rechtssuchenden gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 RPflG statthaft. Hilft der Rechtspfleger der Erinnerung nicht ab, hat er die Erinnerung gemäß § 11 Abs. 2 S. 2 RPflG dem Richter vorzulegen, der über die Erinnerung endgültig entscheidet. Gegen dessen Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Eine Vorlage der Erinnerung an das Rechtsmittelgericht ist ebenso wenig wie eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts möglich (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 8. Juni 2010 - 2 W 149/10 -; OLG Stuttgart, JurBüro 1984, 124).

Es entspricht gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung, dass § 6 Abs. 2 BerHG nach dem Wortlaut und dem Willen des historischen Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 8/3695, Seite 9) die Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsrichters über eine - ablehnende - Entscheidung des Rechtspflegers in Beratungshilfesachen ausschließt (s. dazu nur OLG Hamm JurBüro 1984, 1746; OLG Stuttgart, RPfleger 2009, 462; OLG Hamm, FamRZ 2010, 1364). Dieser Rechtsprechung folgt die Literatur ganz überwiegend (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 5. Aufl., Rn. 991; Liesner, RPfleger 2007, 448 ff.). Der in Rechtsprechung und Literatur vereinzelt vertretenen Auffassung, dass seit der Änderung des Rechtspflegergesetzes durch das Gesetz vom 6. August 1998 nach allgemeinen Regeln die Beschwerde gegen die Entscheidung des Rechtspflegers gegeben sei (so etwa Landgericht Potsdam, Beschluss vom 12. Oktober 2009 -13 T 74/08 -, veröffentlicht in FamRZ 2009, 902), schließt sich der Senat nicht an (vgl. dazu bereits die Entscheidung des erkennenden Senats vom 10.11.2010, 13 Wx 3/10). Die Gegenauffassung weist im Kern auf einen systematischen Widerspruch hin, der sich daraus ergibt, dass § 24 a Abs. 2 RPflG n.F. die Anwendung des § 11 Abs. 2 S. 1 RPflG n.F., also die Regelung über die "Restanwendungsfälle" der Rechtspflegererinnerung seinem Wortlaut nach ausschließt, während § 6 Abs. 2 BerHG in seiner nach wie vor gültigen Fassung die Existenz eines Rechtsbehelfes der Erinnerung voraussetzt. Die Vertreter der herrschenden Auffassung gehen davon aus, dass der Widerspruch durch eine reduzierende Auslegung dahingehend aufzulösen ist, dass § 24 a Abs. 2 RPflG sich nur auf die Fristenregelung des § 11 Abs. 2 S. 1 RPflG bezieht. Die Gegenauffassung vertritt die Ansicht, dass § 6 Abs. 2 BerHG als gegenstandslos zu betrachten sei.

Nach Auffassung des Senates wollte der Gesetzgeber bei der Schaffung des Beratungshilfegesetzes ein möglichst einfaches und kurzes Verfahren schaffen und deswegen die Möglichkeit der Überprüfung der Rechtspflegerentscheidung auf eine Nachprüfung durch den Amtsrichter beschränken (vgl. auch OLG Hamm, JurBüro 1984, 1746). Soweit durch die Gegenauffassung in § 6 Abs. 2 BerHG eine Verweisungsnorm gesehen wird, durch die die Regelungen des RPflG in Bezug genommen werden, wird nach hiesiger Auffassung der eigentliche Regelungsweg nicht hinreichend erkannt. Die Statthaftigkeit der Rechtspflegererinnerung im Fall des Ausschlusses der Beschwerde verstand sich auch bei Erlass des BerHG nach den allgemeinen Regeln von selbst; dies hat der Gesetzgeber auch so gesehen (siehe BT-Drs. 8/3695, Seite 9). Von daher hätte es also einer Verweisungsnorm an sich nicht zwingend bedurft. Der wesentliche Regelungsgehalt des § 6 Abs. 2 BerHG besteht mithin in dem Ausschluss der Beschwerde gegen die Erinnerungsentscheidung des Amtsrichters.

Insoweit liegt § 6 Abs. 2 BerHG auch mit der Neufassung des § 11 RPflG durchaus noch auf einer gedanklichen Linie, nämlich der Unanfechtbarkeit der amtsrichterlichen Entscheidung, so dass die Rechtspflegererinnerung statthaft bleibt.

Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Beschränkung der Überprüfung auf eine richterliche Entscheidung mit der Reform des Rechtspflegergesetzes aufgeben wollte, ergeben sich aus den Gesetzesmaterialien nicht. Soweit sich der Gesetzesbegründung zu § 24 a RPflG (BT-Drs. 13/1244, Seite 8) nicht ausdrücklich entnehmen lässt, der Gesetzgeber habe im Bereich der Beratungshilfe keine Änderung herbeiführen wollen, ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass die Begründung des Entwurfes hinsichtlich des Abhilferechts des Rechtspflegers auf § 11 Abs. 2 S. 2 RPflG in der Neufassung abhebt. Dies impliziert, dass im Bereich der Beratungshilfe weiterhin der Rechtsbehelf der Erinnerung einschlägig sein sollte, denn nur dann, wenn man von der Fortgeltung des Ausschlusses der Beschwerde durch § 6 Abs. 2 BerHG und damit von der Statthaftigkeit der Erinnerung gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 erster Halbsatz RPflG n.F. ausgeht, ergibt sich nämlich die Abhilfebefugnis aus § 11 Abs. 2 Satz 2 RPflG. Soweit das Landgericht Potsdam in seiner Entscheidung (aaO.) davon ausgeht, weil dem Gesetzgeber mit dem Erlass des BerHG eine systematisch exakte Regelung gelungen sei, müsse dies auch für die Neuregelung des RPflG gelten, weshalb der Wortlaut des § 24 a Abs. 2 RPflG n.F. uneingeschränkt Anwendung finden müsse, ist dem nicht zu folgen, da von dem Gang des einen Gesetzgebungsverfahrens nicht sicher auf den eines anderen geschlossen werden kann.

Nach alledem verbleibt es dabei, dass in Beratungshilfesachen die Beschwerde durch § 6 Abs. 2 BerHG nach wie vor ausgeschlossen ist, da sich für einen Willen des Gesetzgebers, dies abzuändern, keine hinreichenden Anhaltspunkte finden. § 24 a Abs. 2 RPflG ist mithin einschränkend dahingehend auszulegen, dass die Erinnerung in Abweichung von § 11 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz RPflG unbefristet ist.

2. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen.

Hinsichtlich der hier zu entscheidenden Rechtsfrage besteht bereits eine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung, die durch das Bundesverfassungsgericht in verfassungsrechtlicher Hinsicht überprüft und bestätigt worden ist (vgl. BVerfG NJW-RR 2007, 1369). Bei dieser Sachlage kann nicht von einer noch klärungsbedürftigen Rechtsfrage ausgegangen werden.

RechtsgebietBerHGVorschriften§ 6 BerHG

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