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22.02.2011 · IWW-Abrufnummer 110709

Verwaltungsgericht Minden: Urteil vom 22.09.2010 – 10 K 876/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Verwaltungsgericht Minden
10 K 876/09
Tenor: Der Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide vom 16. Juli 2008 und 7. Januar 2009, soweit sie entgegenstehen, und des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2009 verpflichtet, dem Kläger eine weitere Beihilfe in Höhe von 257,67 EUR zu gewähren. Der Beklagte trägt die Kosten der Verfahren. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Der am 1954 geborene Kläger, Richter am W. im Richterverhältnis auf Lebenszeit, legte der Beihilfestelle des P. I. (künftig: Beihilfestelle) am 26. Juni 2008 einen Kostenvoranschlag über 2.160,59 EUR vor. Dieser stammt von einem Zahnarzt und verhält sich zu einer Behandlung, in deren Rahmen der Kläger in der Region 24 mit einem Implantat versorgt werden sollte. Unter dem 30. Juni 2008 äußerte sich die Beihilfestelle dazu: Sollte eine der - von ihr gleichzeitig aufgeführten - Indikationen vorliegen, bitte man unter Vorlage eines Heil- und Kostenplans bei dem zuständigen Gesundheitsamt eine amtszahnärztliche Stellungnahme einzuholen zu den Fragen, ob die beabsichtigte Maßnahme aufgrund einer der genannten Indikationen notwendig sei und ggf. ob die veranschlagten Kosten angemessen seien. Der Heil- und Kostenplan sowie die amtszahnärztliche Stellungnahme seien ihr, der Beihilfestelle, sodann zur vorherigen Entscheidung über die Beihilfefähigkeit vorzulegen. Sollte keine der Indikationen vorliegen - so sei es nach ihrer Einschätzung -, verweise man auf die VV 11c zu § 4 BVO.
Am 15. Juli 2008 beantragte der Kläger eine Beihilfe u.a. zu Aufwendungen in Höhe von 866,67 EUR. Diese waren im Zusammenhang mit dem ersten Teil der zuvor angezeigten Behandlung entstanden. Von dem Betrag erkannte die Beihilfestelle (450,- EUR + 68,05 EUR =) 518,05 EUR als beihilfefähig an, worauf sie mit Bescheid vom 16. Juli 2008, dem eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht beigefügt war, eine Beihilfe in Höhe von 259,03 EUR gewährte. Zur Begründung für die Entscheidung, keinen höheren Betrag als beihilfefähig anzuerkennen, legte sie dar: Eine vorherige Anerkennung der Notwendigkeit der beabsichtigten Maßnahme und der Angemessenheit der Kosten durch sie sei nicht erfolgt. Daher seien die Aufwendungen grundsätzlich nicht beihilfefähig. Gemäß VV 11c zu § 4 BVO bestünden im Hinblick auf die Aufwendungen für eine herkömmliche Zahnersatzversorgung allerdings keine Bedenken, neben den Aufwendungen für die Suprakonstruktion für die ersten drei durch ein Implantat ersetzten Zähne pauschal je 450,00 EUR ... als beihilfefähige Aufwendungen anzuerkennen. Mit dem Pauschalbetrag seien sämtliche Kosten der zahnärztlichen und kieferchirurgischen Leistungen einschließlich notwendiger Anästhesie und der Kosten u.a. für Implantate, Implantatteile ... abgegolten. Mit diesem Bescheid habe man die Pauschale i.H.v. 450,00 EUR anerkannt und abgerechnet.
Am 30. Dezember 2008 erhob der Kläger Widerspruch, "soweit ... die beihilfefähigen Aufwendungen für die Implantatversorgung pauschal auf 450,00 EUR festgesetzt" worden seien. Er verweise auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. August 2008 - 6 A 2861/06 -.
Am 30. Dezember 2008 beantragte er eine Beihilfe u.a. zu Aufwendungen in Höhe von 1.369,79 EUR, die im Zusammenhang mit der Fortsetzung der Behandlung entstanden waren. Davon erkannte die Beihilfestelle 469,10 EUR als beihilfefähig an, worauf sie mit Bescheid vom 07. Januar 2009 eine Beihilfe in Höhe von 234,55 EUR gewährte.
Am 14. Januar 2009 erhob der Kläger auch insoweit Widerspruch, "soweit die beihilfefähigen Aufwendungen für die Implantatversorgung auf 450,00 EUR begrenzt" worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2009 wies die Beihilfestelle die beiden Widersprüche zurück. Sie wiederholte und vertiefte früheres Vorbringen und machte ergänzend geltend: Das zitierte Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. August 2008 sei nicht einschlägig. Ihm liege eine andere Rechtslage zugrunde, da neben der Pauschale nunmehr auch die gesamten Kosten der Suprakonstruktion beihilfefähig seien.
Der Kläger hat am 03. April 2009 Klage erhoben mit dem Antrag,
das beklagte Land zu verpflichten, ihm unter Aufhebung der Beihilfebescheide vom 16. Juli 2008 und 07. Januar 2009 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2009 eine weitere Beihilfe für die zahnärztliche Implantatversorgung in Höhe von noch 257,67 EUR zu gewähren.
Auf die Gesamtkosten der Implantatversorgung in Höhe von 2.236,46 EUR sei eine Beihilfe von 493,53 EUR gewährt worden. Die private Krankenversicherung (E. ) habe tarifgemäß insgesamt 1.294,49 EUR erstattet. Soweit in den noch ungedeckten Kosten von 448,39 EUR in den Rechnungen Steigerungssätze von 3,50 enthalten seien, würden nur die Kosten geltend gemacht, die sich bei Anlegen des Faktors 2,30 errechneten, so dass eine noch offene Restforderung in Höhe von 257,67 EUR verbleibe.
Das beklagte Land beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 29. Juni 2009 ist das Verfahren gemäß § 6 Abs. 1 VwGO auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den von der Beihilfestelle vorgelegten Verwaltungsvorgang (1 Heft) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten haben sich hiermit wirksam einverstanden erklärt (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft und auch sonst uneingeschränkt zulässig. Ein ordnungsgemäßes Vorverfahren - zu dessen Notwendigkeit vgl. § 68 Abs. 2, 1 VwGO i.V.m. § 179 a LBG a.F. - hat stattgefunden. Zur Reichweite der von dem Kläger erhobenen Widersprüche ist klarstellend zu bemerken: Die Beihilfestelle hat bei Festsetzung der Beihilfen zwischen a) implantatbezogenen und b) nicht implantatbezogenen Aufwendungen unterschieden. Soweit es um die vom Kläger mit Antrag vom 9./15. Juli 2008 vorgelegte Rechnung über 866,67 EUR geht, ist die Behörde so zu Teilbeträgen von a) 798,62 EUR und b) 68,05 EUR gelangt. Die Aufwendungen von 68,05 EUR hat sie in vollem Umfang, von den 798,62 EUR hat sie 450,- EUR als beihilfefähig anerkannt. Der Widerspruch vom 27./30. Dezember 2008 richtete sich - was angesichts der Umstände auch allein in Betracht kam - gegen die Behandlung der 798,62 EUR, also gegen eine "Kürzung" in Höhe von (798,62 EUR - 450,- EUR =) 348,62 EUR.
Im Rahmen des Beihilfebescheides vom 07. Januar 2009 unterteilte die Beihilfestelle den Gesamtbetrag der Rechnung vom 22. Dezember 2008 in Höhe von 1.369,79 EUR in Teilbeträge von 1) 490,82 EUR (= Honorar des Zahnarztes), 2) 96,09 EUR (= Verbr.-/Abdruckmaterial) sowie 3) 782,88 EUR (= Material- und Laborkosten). Davon erkannte sie als beihilfefähig Teilbeträge von 1) 203,37 EUR, 2) 0,00 EUR und 3) 265,73 EUR an (zusammen 469,10 EUR). Als nicht beihilfefähig bezeichnete sie gleichzeitig 1) von dem Honorar des Zahnarztes 32,33 EUR + 167,40 EUR + 87,72 EUR (zusammen 287,45 EUR), 2) dem Verbrauchsmaterial 96,09 EUR und 3) den Material- und Laborkosten 177,15 EUR + 340,0 EUR (zusammen 517,15 EUR), insgesamt also 900,69 EUR. Die "Kürzungen" von 900,69 EUR erklärte sie in dem Bescheid vom 7. Januar 2008, soweit es um die Teilbeträge von 1) 167,40 EUR, 2) 96,09 EUR und 3) 340,00 EUR, also insgesamt 603,49 EUR geht, damit, diese seien implantatbezogen, insoweit würden nur 450,- EUR anerkannt, und das sei bereits im Rahmen des Bescheides vom 16. Juli 2008 geschehen. Für die weiteren Kürzungen von (32,33 EUR + 87,72 EUR + 177,15 EUR =) 297,20 EUR gab sie andere Begründungen. Wenn der Kläger unter dem 12. Januar 2009 Widerspruch erhob, "soweit die beihilfefähigen Aufwendungen für die Implantatversorgung auf 450 EUR begrenzt" worden seien, so ist das dahin zu verstehen, dass er sich lediglich gegen die Behandlung der 603,49 EUR als nicht beihilfefähig wandte und die "Kürzung" der weiteren 297,20 EUR als nicht beihilfefähig hinnahm.
Für spätere Berechnungen als belangvoll hervorzuheben ist noch: Wenn die Beihilfestelle im Rahmen des Bescheids vom 7. Januar 2009 von den Material- und Laborkosten in Höhe von 782,88 EUR den Betrag von 265,73 EUR als beihilfefähig berücksichtigte, so ging sie dabei davon aus, dass die implantatbezogenen Material- und Laborkosten von 340,- EUR ohnehin nicht anzuerkennen seien, weil insoweit mit Bescheid vom 16. Juli 2008 ein Pauschalansatz von 450,- EUR erfolgt sei. Von dem Restbetrag von (782,88 EUR - 340,- EUR =) 442,88 EUR berücksichtigte sie sodann unter Rückgriff auf § 4 Abs. 1 Nr. 1 letzter Satz BVO nur 60 v.H. als beihilfefähig (= 265,73 EUR), was zu einer weiteren "Kürzung" von (442,88 EUR - 265,73 EUR =) 177,15 EUR führte.
Gegen die Zuordnung der einzelnen Beträge zu den Kategorien "implantatbezogen" und "nicht implantatbezogen" hat der Kläger im Übrigen zu keiner Zeit Einwendungen erhoben.
Gegenstand der beiden Widerspruchsverfahren waren damit Aufwendungen von insgesamt (348,62 EUR + 603,49 EUR =) 952,11 EUR. Allein dazu verhält sich auch der Widerspruchsbescheid vom 19. März 2009. Dass die Beihilfestelle die Reichweite der Widersprüche verkannt und eine weitergehende Widerspruchsentscheidung erlassen hätte, ist nicht erkennbar.
Die danach zulässige Klage ist auch begründet.
Die Ablehnung der Gewährung einer weiteren Beihilfe in Höhe von 257,67 EUR ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Er hat einen dahingehenden Anspruch.
Die Klageforderung in Höhe von 257,67 EUR begründet er - im Anschluss an seine Argumentation im Rahmen der Widerspruchsverfahren - im Ansatz damit, es sei unzulässig, von den implantatbezogenen Aufwendungen von insgesamt (798,62 EUR + 603,49 EUR =) 1.402,11 EUR nur 450,- EUR als beihilfefähig anzuerkennen. Allerdings will er nicht die vollen 1.402,11 EUR als beihilfefähig berücksichtigt wissen. Wenn er vorgetragen hat, es würden, soweit in den Zahnarztrechnungen Steigerungssätze von 3,50 enthalten seien, nur die Kosten geltend gemacht, die sich bei Anlegung des Faktors 2,30 ergäben, so führt das zu folgenden Berechnungen: Angesprochen sind damit in der Rechnung vom 7. Juli 2008 Teilbeträge von 94,50 EUR und 94,50 EUR = 189,- EUR und in der Rechnung vom 22. Dezember 2008 von 63,- EUR und 63,- EUR = 126,- EUR, insgesamt also (189,- EUR + 126,- EUR =) 315,- EUR. Bei Ansatz des Faktors 2,30 ergibt sich der Betrag von nur 207,- EUR. - Die in der Rechnung vom 22. Dezember 2008 unter Ansatz des Faktors 3,50 mit 255,88 EUR abgerechnete Leistung gemäß GOZ 221 ist in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen; es geht insoweit um eine Vollkrone, also eine nicht implantatbezogene Aufwendung, und deren rechtliche Würdigung durch die Beihilfestelle hat der Kläger von Anfang an akzeptiert -. Die Klageforderung von 257,67 EUR soll also deshalb begründet sein, weil - so die Ansicht des Klägers - implantatbezogene Aufwendungen in Höhe von (1.402,11 EUR - (315,- EUR - 207,- EUR =) 108,- EUR - (bereits von der Beihilfestelle berücksichtigte) 450,- EUR =) noch 844,11 EUR nicht berücksichtigt worden sind.
Dieser Argumentation folgt die Kammer im Wesentlichen.
Für die Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgebend
- vgl. OVG NRW, Urteile vom 23. Mai 2007 - 6 A 1959/05 - und vom 01. August 2003 - 6 A 29/01 -, jeweils in juris -.
Die Rechnung vom 07. Juli 2008 über 866,67 EUR verhält sich zu einer Behandlung, die in der Zeit vom 17. Juni bis 01. Juli 2008 stattfand, diejenige vom 22. Dezember 2008 über 1.369,79 EUR zu einer solchen, zu der es in der Zeit vom 03. bis 17. Dezember 2008 gekommen war. Am 17. Juni 2008 galt die Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfenverordnung - BVO -) vom 27. März 1975 (GV NRW S. 332), damals zuletzt geändert durch Verordnung vom 06. Dezember 2007 (GV NRW S. 657). Mit Wirkung vom 01. Juli 2008 trat eine weitere Änderungsverordnung - vom 27. Juni 2008 (GV NRW S. 530) - in Kraft. Sie galt für Aufwendungen, die nach dem 30. Juni 2008 entstanden. Am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft trat schließlich die Änderungsverordnung vom 08. Dezember 2008, verkündet im Gesetz- und Verordnungsblatt vom 30. Dezember 2008 (GV NRW S. 877). Die Änderungsverordnung vom 27. Juni 2008 braucht dabei nicht näher betrachtet zu werden. Denn die im vorliegenden Zusammenhang maßgebende Regelung wurde durch sie nicht berührt. Gemäß § 4 Abs. 2 Buchst. b BVO waren sowohl vor wie ab dem 01. Juli 2008
Aufwendungen nach Abschnitt K des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Zahnärzte einschließlich aller damit verbundenen weiteren zahnärztlichen Leistungen sowie der Suprakonstruktionen ... beihilfefähig,
allerdings nur bei Vorliegen bestimmter, im Einzelnen in der Beihilfenverordnung genannter Indikationen -.
Lag eine entsprechende Indikation nicht vor - so ist es im Falle des Klägers -, sollte nach der Konzeption des beklagten Landes Nr. 11 c der Verwaltungsverordnung zur Ausführung der Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen in der Fassung eines Runderlasses des Finanzministeriums vom 10. Oktober 2007 (Ministerialblatt NRW (künftig: MBl.) S. 714, 715) - der Sache nach also § 4 Abs. 2 Buchst. b) BVO ergänzend - eingreifen. Die Regelung lautete:
Wird eine Implantatversorgung gewählt, obwohl die Indikationen nach § 4 Abs. 2 Buchst. b BVO nicht vorliegen, oder umfasst bei Vorliegen der genannten Indikationen die Versorgung mehr Implantate als nach dem amtsärztlichen Gutachten notwendig wären, sind die Aufwendungen grundsätzlich nicht beihilfefähig. Es bestehen im Hinblick auf die Aufwendungen für eine grundsätzlich beihilfefähige herkömmliche Zahnersatzversorgung allerdings keine Bedenken, neben den Aufwendungen für die Suprakonstruktion für die ersten drei durch ein Implantat ersetzten Zähne pauschal je 450 EUR und für jeden weiteren Zahn (für Ober- und Unterkiefer insgesamt 8 Zähne - 3 plus 5 -) 250 EUR als beihilfefähige Aufwendungen anzuerkennen (bereits durch vorherige Implantatversorgung ersetzte Zähne, für die keine Indikation nach § 4 Abs. 2 Buchst. b BVO vorlag, sind auf die Gesamtzahl anzurechnen); bei Reparaturen sind neben den Kosten für die Suprakonstruktion einheitlich 250 EUR je Implantat beihilfefähig. Mit dem Pauschalbetrag sind sämtliche Kosten der zahnärztlichen und kieferchirurgischen Leistungen einschließlich notwendiger Anästhesie und der Kosten u.a. für Implantate, Implantatteile, notwendige Instrumente (z.B. Bohrer, Fräsen), Membranen und Membrannägel, Knochen- und Knochenersatzmaterial, Nahtmaterial, Röntgenleistungen, Computertomographie und Anästhetika abgegolten. ...
Für Aufwendungen, die nach dem 30. Juni 2008 entstanden waren, erhielten durch Runderlass des Finanzministeriums vom 24. November 2008 (MBl. 2009, 3) die Sätze 2 und 3 in Nr. 11 c folgende Fassung:
Es bestehen im Hinblick auf die Aufwendungen für eine grundsätzlich beihilfefähige herkömmliche Zahnersatzversorgung allerdings keine Bedenken, neben den Aufwendungen für die Suprakonstruktion für insgesamt 8 Implantate (je 2 für jede Kieferhälfte) je Implantat 450 EUR als beihilfefähige Aufwendungen anzuerkennen (bereits durch Implantate ersetzte Zähne, für die eine Beihilfe gewährt wurde, sind auf die Gesamtzahl anzurechnen); ... Mit den Pauschalbeträgen sind sämtliche Kosten der zahnärztlichen und kieferchirurgischen Leistungen einschließlich notwendiger Anästhesie und der Kosten u.a. für die Implantate selbst, die Implantataufbauten ... abgegolten.
Die Behandlung der beiden Beihilfeanträge des Klägers findet, soweit es um implantatbezogene Aufwendungen geht, in der Verwaltungsvorschrift ihre Erklärung.
Die Kammer meint indessen, dass dieses Vorgehen nicht rechtmäßig ist.
Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden hat sich wiederholt mit der hier zu beurteilenden Problematik befasst und dabei etwa mit
Urteil vom 20. August 2009 - 4 K 291/09 -
dargelegt:
"Die Beurteilung beihilferechtlicher Ansprüche bemisst sich grundsätzlich nach denjenigen Vorschriften, die zum Zeitpunkt des Entstehens der fraglichen Aufwendungen gegolten haben.
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 23.05.2007 - 6 A 1959/05 - und vom 01.08.2003 - 6 A 29/01 -, jeweils in juris.
Grundlage des Anspruchs ... sind hiernach § 88 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz - LBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 01.05.1981 (GV. NRW S. 234), §§ 3 und 4 der Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfenverordnung - BVO). Die erst nach dem Entstehen der hier fraglichen Aufwendungen ... am 01.04.2009 in Kraft getretene Neufassung des Landesbeamtengesetzes auf Grund des Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 21.04.2009 (GV. NRW S. 224) ist somit im vorliegenden Falle ohne rechtliche Bedeutung.
...
Die Versorgung ... mit Implantaten war notwendig im Sinne des § 3 Abs. 1 BVO.
Ob Aufwendungen notwendig und damit dem Grunde nach beihilfefähig sind, bestimmt sich danach, ob sie medizinisch geboten sind. Dies richtet sich in aller Regel nach der Beurteilung des behandelnden Arztes.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801; OVG NRW, Urteil vom 31.08.2007 - 6 A 2321/06 -, juris.
Im vorliegenden Falle ergibt sich die Notwendigkeit der Aufwendungen aus den Bewertungen, die den Behandlungsplänen des Arztes ... vom ... und des Zahnarztes ... vom ... zu Grunde liegen. Darin ist eine Implantatversorgung ... im Hinblick auf dessen Gebisssituation für geboten erachtet worden.
Die Frage der Angemessenheit im Sinne des § 3 Abs. 1 BVO in Bezug auf Aufwendungen für ärztliche oder zahnärztliche Leistungen beurteilt sich grundsätzlich abschließend nach Maßgabe der für die Abrechnung dieser Leistungen einschlägigen Gebührenordnungen für Ärzte (GOÄ) und für Zahnärzte (GOZ).
Die Beihilfefähigkeit setzt demgemäß regelmäßig voraus, dass der Arzt oder Zahnarzt die Rechnungsbeträge auf der Grundlage der Gebührenordnung zu Recht in Rechnung gestellt hat. Ob dies der Fall ist, ist gerichtlich voll überprüfbar.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 10.95 -, ZBR 1996, 314.
Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 lit b) Satz 1 BVO ist für die Beurteilung der Angemessenheit ohne Bedeutung. Werden nämlich notwendige Aufwendungen - wie in § 4 Abs. 2 lit b) Satz 1 BVO außerhalb des in ihm genannten Indikationsbereichs - in jedem Umfange für unangemessen erklärt, liegt darin bereits begrifflich keine Regelung der Angemessenheit mehr.
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15.08.2008 - 6 A 2861/06 -, juris, - 6 A 4309/05 -, juris, und - 6 A 3995/06 -, n.v.
Die Kosten der Implantatbehandlung ... sind in den Liquidationen des Arztes ... vom ... und der Ärzte ... vom ... an Hand der anzuwendenden gebührenrechtlichen Vorschriften abgerechnet worden. An der Korrektheit der Abrechnungen bestehen keine Zweifel. Die Beihilfefähigkeit der nach den obigen Ausführungen zu berücksichtigenden Aufwendungen ist nicht (wirksam) durch § 4 Abs. 2 lit b) BVO in der mit Änderungsverordnung vom 12.12.2003 (GV. NRW S. 756) eingeführten Fassung ausgeschlossen. Denn diese Vorschrift, nach der Aufwendungen gemäß Abschnitt K des Gebührenverzeichnisses der GOZ nur bei Vorliegen einer der dort aufgeführten Indikationen beihilfefähig sind, ist unwirksam, weil sie mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn unvereinbar ist. Das hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinen ... Urteilen vom 15.08.2008
- 6 A 2861/06 -, - 6 A 4309/05 - und - 6 A 3995/06 -
festgestellt. Diese Feststellungen, denen die Kammer folgt ist, sind den Beteiligten bekannt; auf sie wird verwiesen.
Die genannten Feststellungen haben ihre rechtliche Bedeutung nicht dadurch verloren, dass die Verwaltungsvorschriften zu § 4 Abs. 2 lit b) BVO - Nr. 11 c - nach den Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15.08.2008 in der Weise geändert wurden, dass in ihnen nunmehr neben bestimmten Pauschalbeträgen auch die Aufwendungen für die Suprakonstruktion als beihilfefähig bezeichnet werden: Eine "Reparatur" der unwirksamen Vorschrift des § 4 Abs. 2 lit b) BVO durch Verwaltungsvorschriften ist nämlich schon deshalb nicht möglich, weil die Verwaltungsvorschriften in § 4 Abs. 2 lit b) BVO keine Grundlage finden.
So VG Düsseldorf, Urteil vom 16.01.2009 - 26 K 4142/07 -, juris.
Der streitige Beihilfeanspruch ... wird nicht durch § 4 Abs. 1 Nr. 1 Satz 7 BVO in der Höhe begrenzt. Denn eine Implantatversorgung ist nicht als Versorgung mit Zahnersatz im Sinne dieser Vorschrift zu verstehen.
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15.08.2008 - 6 A 2861/06 -, - 6 A 4309/05 - und - 6 A 3995/06 -."
Dem schließt sich die erkennende Kammer an. Nicht anspruchshindernd ist, dass die Beihilfestelle nicht vor Behandlungsbeginn gemäß § 4 Abs. 2 Buchst. b) Satz 3 BVO die Notwendigkeit der beabsichtigten Maßnahme und die Angemessenheit der Kosten anerkannt hat. Denn offensichtlich lag keine der in Satz 1 genannten Indikationen vor. Unter diesen Umständen auf dem Erfordernis des § 4 Abs. 2 Buchst. b) Satz 3 BVO zu bestehen, wäre bloße Förmelei
- vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2008 - 6 A 3995/06 - -.
Die dem Kläger noch zustehende Beihilfe berechnet sich danach wie folgt: Aus den noch streitbefangenen implantatbezogenen Aufwendungen von insgesamt 844,11 EUR und des im vorliegenden Fall gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a) geltenden Bemessungssatzes von 50 v.H. ergibt sich an sich ein Beihilfeanspruch von 422,06 EUR. Doch sind die 844,11 EUR um 136,- EUR zu vermindern. Die implantatbezogenen Material- und Laborkosten von 340,- EUR dürfen nämlich nur zu 60 v.H. berücksichtigt werden (s.o.). Bei somit berücksichtigungsfähigen Aufwendungen von (844,11 EUR - 136,- EUR =) 708,11 EUR ist indessen die Klage immer noch in vollem Umfang begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

RechtsgebieteBeihilferecht, GebührenrechtVorschriftenBVO, GOZ, VwGO, ZPO, LGB

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