Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

26.05.2011 · IWW-Abrufnummer 110633

Oberlandesgericht Saarbrücken: Urteil vom 22.09.2010 – 5 U 625/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


5 U 625/09-126
In dem Rechtsstreit

des B. B., ...,

- Kläger und Berufungskläger -

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte -

gegen

XXX XXX Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand, dieser vertr. d. d. Vorstandsvorsitzenden Dr. H.-P. R., ...,

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte -

hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken

auf die mündliche Verhandlung vom 1.9.2010

unter Mitwirkung des Richters am Oberlandesgericht Dr. Knerr, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Müller und des Richters am Oberlandesgericht Reichel

für Recht erkannt:

Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 30.11.2009 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken, Az.: 12 O 84/09, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 51.511,70 € festgesetzt.

Gründe
I. Die Parteien streiten über die Höhe des von der Beklagten an den Kläger nach Ablauf der Laufzeit einer Lebensversicherung auszuzahlenden Betrages.

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten seit 1.12.1985 zwei kapitalbildende Lebensversicherungen mit einer Versicherungssumme von 1.000.000 DM (Versicherungsscheinnummer ~7, Bl. 17 d.A.) und 500.000 DM (Versicherungsscheinnummer ~6, Bl. 18 d.A.), denen die Allgemeinen Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung der Beklagten (Stand: 10/85, Bl. 52 ff. d.A.) zugrunde lagen. Als Ende der Laufzeit war jeweils der 1.12.2005 vereinbart.

Die Lebensversicherung mit der Endziffer 77 wurde auf den Antrag des Klägers ab dem 1.4.2001 beitragsfrei gestellt. Im Hinblick darauf bezifferte die Beklagte mit an den Kläger gerichtetem Schreiben vom 9.2.2001 (Bl. 85 d.A.) die prämienfreie Versicherungssumme - unter Verrechnung offener Prämien vom 1.6.2000 bis zum 1.4.2001 in Höhe von insgesamt 35.250 DM - mit Schreiben vom 9.2.2001 (Bl. 85 d.A.) auf 1.053.865,00 DM (= 538.832,61 €). Weiter heißt es in diesem Schreiben:

"In den neuen Leistungen sind die bisher erreichten Anteile an den Überschüssen unserer Gesellschaft enthalten. An dem erwirtschafteten Überschuß unserer Gesellschaft bleiben Sie weiter beteiligt."

Mit weiterem Schreiben vom 3.12.2002 (Bl. 86 d.A.) machte die Beklagte den Kläger in Bezug auf die vorgenannte Versicherung darauf aufmerksam, dass bei den Zeitwertangaben ihres jährlich übersandten Leistungsspiegels der bei vorzeitiger Vertragsauflösung bedingungsgemäß vereinbarte Stornoabzug ebenso unberücksichtigt bleibe wie etwa bestehende Prämienrückstände oder eine eventuell abzuführende Kapitalertragssteuer. Entsprechend könnten sich bei tatsächlicher vorzeitiger Vertragsänderung (z.B. Rückkauf oder Prämienfreistellung) Abweichungen zum Zeitwert ergeben. Ferner hat die Beklagte die Zeitwertentwicklung für den Zeitraum 30.11.2000 bis 30.11.2001 beigefügt, aus der sich für den Prämienfreistellungstermin (1.4.2001) eine Absenkung des Zeitwerts von 999.529,20 DM ("prämienpflichtig") auf 964.652,50 DM ("prämienfrei") ergibt.

Zum 1.4.2004 ließ der Kläger sich außerdem einen Teilbetrag von 100.026,15 € aus der Versicherung mit der Endziffer 77 auszahlen. In dem Nachtrag zum Versicherungsschein vom 23.3.2004 wurde die Versicherungsleistung mit 442.921 € angegeben (Bl. 90 d.A.).

Mit Schreiben vom 11.8.2005 (Bl. 94 d.A.) erläuterte die Beklagte - offenbar auf entsprechende Anfrage des Klägers -, dass sich ohne die Teilauszahlung von 100.026,15 € zum 1.12.2005 eine Ablaufleistung von 596.989 € ergeben hätte, woraus sich zur Ablaufleistung von 490.725 € eine Differenz von 106.264 € ergebe. Der "Zinsverlust" durch den geringeren Zinsträger betrage rund 6.238 € und entspreche - auf die Teilauszahlung bezogen - einem Zinssatz von rund 3,7 % für den Zeitraum vom 1.4.2004 bis zum 1.12.2005.

Nach Vertragsablauf bezifferte die Beklagte das Gesamtguthaben des Klägers mit Schreiben vom 14.9.2005 (Bl. 91 d.A.) auf 890.411,10 €, wobei ausweislich des Einzelnachweises auf die Versicherung Nr. 76 ein Betrag von 399.686,10 € (Versicherungssumme: 255.646 €; Gewinnbeteiligung: 144.040,10 €) und auf die Versicherung Nr. 77 ein Betrag von 490.725 € (Versicherungssumme: 442.921 €; Gewinnbeteiligung: 47.804 €) entfiel.

Mit Schreiben vom 19.1.2007 (Bl. 97 d.A.) erläuterte die Beklagte gegenüber den Prozessbevollmächtigten des Klägers zunächst die Zusammensetzung des mit Schreiben vom 3.12.2002 (Bl. 86 d.A.) mitgeteilten "prämienfreien" Zeitwerts von 964.652,50 DM wie folgt:

Rückvergütungswert aus der garantierten Leistung (unter Berücksichtigung des Stornoabschlags)
662.657,00 DM

Überschussguthaben
271.649,70 DM

Schlussguthaben
30.345,50 DM

964.652,50 DM

abzgl.

offener Prämien vom 1.6.2000 bis 1.4.2001
35.250,00 DM

Zinsen auf Prämien
1.405,55 DM

927.996,94 DM


Weiter heißt es in dem Schreiben:

"Aus diesem Wert wurde dann unter Berücksichtigung von Sterblichkeit und Garantieverzinsung die prämienfreie Versicherungssumme in Höhe von 1.053.865,00 DM (= 538.833 €) ermittelt, die sofort im Todesfall bzw. im Erlebensfall zum Ablauf fällig wird.

Aus dem erwirtschafteten Überschuss unserer Gesellschaft blieb die Versicherung weiterhin beteiligt, allerdings sind für prämienfreie Versicherungen keine weiteren Gutschriften zur Schlussgewinnbeteiligung mehr vorgesehen".

Daran schloss sich die folgende Darstellung der Ablaufleistung ohne Berücksichtigung der Prämienfreistellung und des Teilrückkaufes an (Bl. 98 d.A.):

garantierte Leistung
511.292,00 €

Überschussguthaben
221.962,00 €

Schlussgewinn
66.120,20 €

Gesamt
799.374,20 €


Der Kläger hält den von der Beklagten ermittelten Auszahlungsbetrag zur Versicherung Nr. 77 für unrichtig. Er hat deshalb mit Schreiben vom 28.3.2007 bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Beschwerde eingelegt. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt er die Beklagte auf der Grundlage seiner eigenen Berechnung (Bl. 45/46 d.A.), auf die Bezug genommen wird, auf Zahlung weiterer 51.511,70 € in Anspruch.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei aufgrund der Prämienfreistellung nicht zu einem Stornoabzug von 34.876,70 DM berechtigt gewesen. Die Klausel des § 4 Abs. 5 ALB sei wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam, da der Versicherungsnehmer aus dem Wortlaut der Klausel nicht entnehmen könne, in welcher Höhe eine Herabsetzung der Versicherungssumme erfolgen solle. Die Klausel des § 16 Abs. 2 b) ALB verstoße ebenfalls gegen das Transparenzgebot und sei im Streitfall außerdem schon deshalb nicht einschlägig, weil sie ausdrücklich auf den hier allerdings nicht vorliegenden Fall Bezug nehme, dass der Versicherungsnehmer aufgrund einer Kündigung von der Prämienzahlungspflicht befreit ist. Zudem hätten ihm zwei leitende Angestellte der Bezirksdirektion S., die Zeugen K. und W., auf entsprechende Rückfrage versichert, dass ihm weder durch die Prämienfreistellung noch durch die vorzeitige Teilauszahlung finanzielle Nachteile entstünden. Er, der Kläger, habe alternativ zu der Teilauszahlung im Jahr 2004 die Aufnahme eines Kredites bei einem Kreditinstitut erwogen. Ihm sei von den vorgenannten Mitarbeitern der Beklagten versichert worden, dass die Auszahlung lediglich zu einer Reduzierung der Lebensversicherung um den Auszahlungsbetrag zuzüglich 6 % Zinsen aus diesem führe. Die Bestimmungen der § 4 Abs. 5 und § 16 Abs. 2 b) ALB seien ungeachtet ihrer Wirksamkeit jedenfalls durch die Zusicherung der vorgenannten Mitarbeiter, die die Beklagte sich zurechnen lassen müsse, abbedungen worden. Die Versicherung mit der Endziffer 77 habe sich deshalb ebenso wie die Versicherung mit der Endziffer 76 entwickeln müssen, worauf auch seine Berechnung (Bl. 45/46 d.A.) aufbaue. Demgegenüber sei die Berechnung der Beklagten auch nicht nachprüfbar, insbesondere könne nicht nachvollzogen werden, ob die Anwendung des Geschäftsplans der Beklagten korrekt erfolgt sei; eine entsprechende Überprüfung habe auch die BaFin nicht vorgenommen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 51.511,70 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.12.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die an der Entwicklung der Versicherung mit der Endziffer 76 orientierte Berechnung des Klägers für nicht nachvollziehbar erachtet. Diese lasse außerdem außer acht, dass eine Beitragsfreistellung und Teilauszahlung eben eine unterschiedliche Entwicklung der beiden Versicherungsverträge bedingten. Im Übrigen verkenne der Kläger, dass es im Streitfall um vor der Deregulierung geschlossene Versicherungsverträge gehe, für die anerkannt sei, dass eine Verweisung auf den aufsichtsbehördlich genehmigten Geschäftsplan dem Transparenzgebot genüge.

Das Landgericht hat die Klage mit am 30.11.2009 verkündetem Urteil (Bl. 126 d.A.) abgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen aufrechterhält und hinsichtlich der behaupteten Zusicherungen der Mitarbeiter der Beklagten dahingehend vertieft, dass diese als Angebot auf Prämienfreistellung ohne finanzielle Nachteile zu werten seien, das der Kläger mit der Prämienfreistellung konkludent angenommen habe. Das Vertragsangebot vor dem "Teilrückkauf" sei dahingehend auszulegen, dass neben dem Auszahlungsbetrag lediglich Zinsverluste in Höhe der Bankzinsen für einen Kredit angefallen wären. Dieses zweite Angebot habe der Kläger durch sein Verlangen nach Auszahlung angenommen. Die Verluste des Klägers hätten aber weit höher als die zu dem Zeitpunkt üblichen Zinsen eines Baukredites gelegen. Selbst wenn die "Falschauskunft" nicht zu einer Vertragsänderung geführt haben sollte, so bestehe zumindest ein deliktischer Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus §§ 823 Abs. 1, 831 BGB. Soweit das Landgericht darauf abgestellt habe, dass es an der substantiierten Darlegung eines Schadens fehle, hätte es eines entsprechenden Hinweises bedurft.

Der Kläger beantragt,

das am 30.11.2009 verkündete Urteil des Landgerichts - 12 O 84/09 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 51.511,70 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.12.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrages im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschrift des Landgerichts vom 26.10.2009 (Bl. 117 d.A.) und des Senats vom 1.9.2010 (Bl. 186 d.A.) sowie auf das Urteil des Landgerichts vom 30.11.2009 (Bl. 126 d.A.) Bezug genommen.

II. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landgericht ist zu Recht und mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass der Kläger den geltend gemachten Zahlungsanspruch weder auf den Versicherungsvertrag mit der Endziffer 77 noch auf die behaupteten Zusicherungen von Mitarbeitern der Beklagten stützen kann.

1. Ungeachtet des Umstandes, ob der Berechnung des Klägers (Bl. 45/46 d.A.) überhaupt eine hinreichend substantiierte Darlegung der konkret auf 51.511,70 € bezifferten Klageforderung entnommen werden kann, sind die Einwände des Klägers gegen den von der Beklagten ermittelten Auszahlungsbetrag nicht geeignet, einen über diesen hinausgehenden Zahlungsanspruch zu begründen.

a) Entgegen der Ansicht des Klägers war die Beklagte aufgrund der Beitragsfreistellung der Versicherung mit der Endziffer 77 zur Vornahme eines Stornoabzugs berechtigt. Diese Berechtigung folgt aus § 4 Abs. 5 Satz 2 ALB, wonach die Befreiung von der Beitragszahlungspflicht die Herabsetzung der Versicherungssumme gemäß dem Geschäftsplan der Beklagten zur Folge hat. Des Weiteren hat die Beklagte hinsichtlich der Überschussbeteiligung zu Recht auf die Regelung des § 16 Abs. 2 b) ALB abgestellt, wonach dem Versicherungsvertrag im Falle einer Befreiung von der Prämienbeitragspflicht ab Beginn des folgenden Versicherungsjahres ausschließlich ein alljährlicher Summenzuwachs gutgeschrieben wird.

aa) Der Kläger kann sich nicht auf eine Unwirksamkeit dieser Regelungen wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot stützen.

§ 4 Abs. 5 Satz 2 ALB nimmt hinsichtlich der Herabsetzung der Versicherungssumme ausdrücklich auf den (genehmigten) Geschäftsplan der Beklagten Bezug. Dasselbe gilt für die Regelung des § 16 ALB, die hinsichtlich der Beteiligung der Versicherungsnehmer am Überschuss - neben dem Hinweis zur im alljährlichen Geschäftsbericht bekanntgegebenen Höhe der jeweiligen Überschussanteile - eine grundsätzliche Verweisung auf den Geschäftsplan enthält (§ 16 Abs. 1 ALB). Dies genügt dem Transparenzgebot.

(1) Gegenteiliges lässt sich entgegen der Ansicht des Klägers insbesondere nicht aus den vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 9.5.2001 (IV ZR 121/00 - VersR 2001, 841) entwickelten Grundsätzen ableiten. Diese Entscheidung befasste sich mit den Transparenzanforderungen, die an Klauseln betreffend Beitragsfreistellung, Kündigung, Rückkaufswerte und Abschlusskosten und Überschussermittlung und -beteiligung zu stellen sind, bezog sich allerdings auf Lebensversicherungsbedingungen, die in der Versicherungswirtschaft erst nach der sogenannten Deregulierung - also auf der Grundlage der ab dem Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften (Drittes Durchführungsgesetz/EWG zum VAG) vom 21. Juli 1994 (BGBl. I, S. 1630) geltenden Gesetzeslage - verwendet werden. Auf die zur Zeit des Inkrafttretens des vorgenannten Gesetzes bestehenden Lebensversicherungsverhältnisse finden nach dessen Art. 16 § 6 Satz 1 indes die §§ 173 bis 178 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag in der bis dahin geltenden Fassung Anwendung (vgl. auch BGH, Urt. v. 23.11.1994 - IV ZR 124/93 - VersR 1995, 77 wonach die Neuregelungen für den sogenannten Altbestand außer Betracht bleiben; Brömmelmeyer in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 42, Rdn. 169).

(2) Auf die streitgegenständlichen Bedingungen findet mithin § 174 Abs. 4 VVG in der bis dahin geltenden Fassung Anwendung, wonach der Versicherer bei Umwandlung der Versicherung in eine prämienfreie Versicherung zu einem angemessenen Abzug berechtigt ist (Satz 1; grundlegend zur Zulässigkeit des Stornoabzugs RG, Urt. v. 30.12.1936 - VII 346/36 - RGZ 152, 268); ist für den Abzug mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde in den Versicherungsbedingungen ein bestimmter Betrag festgesetzt, so gilt dieser als angemessen (Satz 2). Gemäß § 11c Satz 1 VAG gilt für die vor dem 29. Juli 1994 abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge der von der Aufsichtsbehörde bis zu diesem Zeitpunkt genehmigte Geschäftsplan in vollem Umfang weiter.

Dass die hier in Streit stehenden Versicherungsbedingungen auf den fortgeltenden Geschäftsplan verweisen, verstößt nach gefestigter Rechtsprechung nicht gegen das Transparenzgebot (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.1994 - IV ZR 124/93 - VersR 1995, 77; Urt. v. 21.6.1990 - VII ZR 308/89 - BGHZ 111, 388 zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Verweisung von Allgemeinen Bedingungen auf ein anderes Regelwerk). Der Bundesgerichtshof hat eine unzumutbare Benachteiligung des Versicherungsnehmers weder allein darin gesehen, dass das hier in Bezug genommene Regelwerk, der Geschäftsplan, dem Versicherungsnehmer im Allgemeinen wegen des Geheimhaltungsbedürfnisses des Versicherers nicht zugänglich ist, noch allein darin, dass ein durchschnittlicher, mit der Materie nicht besonders vertrauter Versicherungsnehmer einen den Geschäftsplan in seinen Zusammenhängen und damit in seiner Aussage über ihn betreffende Vor- und Nachteile nicht verstehen wird (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.1994 - IV ZR 124/93 - VersR 1995, 77 [BGH 23.11.1994 - IV ZR 124/93]). Zwar gebietet das Transparenzgebot dem Versicherer, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners, des Versicherungsnehmers, möglichst klar und überschaubar darzustellen. Mit Blick auf den Sinn des Transparenzgebotes kann ein Verstoß indes nicht schon immer dann angenommen werden, wenn der Versicherungsnehmer keine oder nur erschwerte Möglichkeiten hat, ihn betreffende Regelungen zu verstehen. Da das Transparenzgebot der Gefahr vorbeugen soll, dass der Versicherungsnehmer von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (vgl. BGH, Urt. v. 23.3.1988 - VIII ZR 58/87 - BGHZ 104, 82), ist der Versicherungsnehmer erst dann unangemessen benachteiligt, wenn die Gefahr besteht, dass er wegen unklarer oder für ihn zumindest nicht ohne weiteres nachvollziehbarer Versicherungsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt. Eine solche Gefahr besteht bei der Verweisung auf die - überdies regelmäßig durch die Aufsichtsbehörden überprüften (vgl. OLG Köln, VersR 2002, 600 unter besonderer Hervorhebung dieses Aspekts; ebenso Bruck-Möller-Winter, VVG, 8. Aufl., Anm. G 422) - Geschäftspläne der Versicherer nicht (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.1994 - IV ZR 124/93 - VersR 1995, 77; Urt. v. 7.11.2007 - IV ZR 116/04 - VersR 2008, 338; siehe auch OLG Karlsruhe, VersR 2007, 1256 [OLG Karlsruhe 01.02.2007 - 12 U 192/06]).

bb) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Klausel des § 16 Abs. 2 b) ALB im Streitfall nicht einschlägig sei, weil sie ausdrücklich auf den hier allerdings nicht vorliegenden Fall Bezug nehme, dass der Versicherungsnehmer aufgrund einer Kündigung von der Betragspflicht befreit ist.

Die Regelung des § 16 ALB unterscheidet hinsichtlich der Überschussbeteiligung zwischen prämienpflichtigen Versicherungen - Beteiligung durch Bonus, Summenzuwachs und Schlussgewinnanteil (vgl. 16 Abs. 2 a) ALB) - und "aufgrund einer Kündigung" prämienbeitragsfreien Versicherungen, für die ab Beginn des folgenden Versicherungsjahres ausschließlich ein alljährlicher Summenzuwachs gutgeschrieben wird, der bei Fälligkeit der herabgesetzten Versicherungsleistung mit dieser ausgezahlt wird (vgl. § 16 Abs. 2 b) ALB). Dass letztere Bestimmung nicht eine den Versicherungsvertrag vollständig beendende Kündigung meint, sondern eine sich lediglich auf die Beitragspflicht beziehende Teilkündigung, versteht auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnis es bei der Auslegung Allgemeiner Versicherungsbedingungen nach gefestigter Rechtsprechung ankommt (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.1993 - IV ZR 135/92 - BGHZ 123, 83 m.w.N.). Abgesehen davon, dass eine Regelung der (künftigen) Überschussbeteiligung nach Freistellung von der Beitragspflicht nur bei einem Fortbestand des Versicherungsvertrages Sinn macht, erschließt sich ohne Weiteres auch dem versicherungsrechtlich nicht versierten Versicherungsnehmer, dass es für den Umfang der Überschussbeteiligung maßgeblich darauf ankommt, ob und inwieweit er durch Prämienzahlung zur Erwirtschaftung von Überschüssen beiträgt (vgl. Benkel/Hirschberg, Berufsunfähigkeits- und Lebensversicherung, § 16 ALB, Rdn. 17, wonach die Überschussbeteiligung sich weitgehend als Rückerstattung erhobener Beiträge darstellt; Bruck-Möller-Winter, aaO., Anm. G 361: Überschussbeteiligung als Gegenleistung für die Prämienzahlung).

b) Der Kläger kann ferner nicht mit dem Einwand durchdringen, die Berechnung der Beklagten sei nicht nachprüfbar, insbesondere könne nicht nachvollzogen werden, ob die Anwendung des - nicht veröffentlichten - Geschäftsplans der Klägerin korrekt erfolgt sei. Dabei bedarf es einer vertieften Auseinandersetzung mit der Frage, ob und inwieweit der Versicherer zur Offenlegung und Erläuterung seiner Berechnungsgrundlagen verpflichtet ist (vgl. hierzu OLG Celle, VersR 2007, 930 [OLG Celle 09.03.2006 - 8 U 181/05]), schon deshalb nicht, weil der Klageanspruch auf Zahlung und nicht auf Offenlegung oder Auskunft gerichtet ist. Dessen ungeachtet hat die Beklagte sich auch nicht auf die schlichte Angabe der Ablaufleistung beschränkt, sondern die Auswirkungen der Beitragsbefreiung und der Teilauszahlung mit Schreiben vom 3.12.2002 (Bl. 86 d.A.), vom 11.8.2005 (Bl. 94 d.A.) und vom 19.1.2007 (Bl. 97 d.A.) im Einzelnen unter Darstellung der Zusammensetzung des prämienfreien Zeitwerts und unter Gegenüberstellung des Versicherungsverlaufs ohne Beitragsbefreiung und Teilauszahlung in nachvollziehbarer und plausibler Weise erläutert.

Im Übrigen ergeben sich konkrete Anhaltspunkte für eine Missachtung oder fehlerhafte Anwendung der Berechnungsgrundlagen weder aus dem Vorbringen des Klägers, noch sind solche offenbar bei der Überprüfung durch die BaFin zutage getreten.

2. Das Landgericht ist schließlich zu Recht davon ausgegangen, dass ein Zahlungsanspruch des Klägers sich auch nicht aus den behaupteten Äußerungen leitender Mitarbeiter der Beklagten ableiten lässt.

a) Ungeachtet der fehlenden Einhaltung der in § 12 Abs. 1 ALB vorgesehenen Schriftform und der Frage der Zulässigkeit von den Bedingungen oder dem Geschäftsplan abweichender individualvertraglicher Regelungen kann der Äußerung, weder die Beitragsfreistellung noch die Teilauszahlung seien mit Nachteilen für den Kläger verbunden, nicht ein rechtsgeschäftlicher Wille entnommen werden, dem Kläger abweichend von den Bedingungen eine Ablaufleistung zu versprechen, die über diejenige anderer Versicherungsnehmer hinausgeht, die zu den gleichen Bedingungen Versicherungsverträge abgeschlossen haben. Dasselbe gilt für die angebliche Zusicherung, die Teilauszahlung führe lediglich zu einer Reduzierung der Lebensversicherung um den Auszahlungsbetrag zuzüglich 6 % Zinsen aus diesem. Wie das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, lässt sich dem Vortrag des Klägers auch nicht entnehmen, ob der Berechnung der Beklagten überhaupt eine darüber hinausgehende Herabsetzung der Versicherungssumme zugrunde liegt. Die - unwidersprochenen - Ausführungen der Beklagten in ihrem Schreiben vom 11.8.2005 (Bl. 94 d.A.), der "Zinsverlust" durch den geringeren Zinsträger betrage rund 6.238 € und entspreche - auf die Teilzahlung bezogen - einem Zinssatz von rund 3,7 % für den Zeitraum vom 1.4.2004 bis zum 1.12.2005 lassen diesen Schluss jedenfalls nicht zu.

b) Die Klageforderung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer - allein in Betracht kommenden - Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Erteilung objektiv fehlerhafter Auskünfte begründet.

Erteilt der Versicherer dem Versicherungsnehmer falsche Auskünfte, so ist er diesem zum Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verpflichtet. Er hat den Versicherungsnehmer so zu stellen, als wäre ihm die richtige Auskunft gegeben worden (vgl. OLG Köln, VersR 1983, 1045; Benkel/Hirschberg, aaO., § 4 ALB, Rdn. 49). Das Landgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass es schon an der substantiierten Darlegung eines Schadens in Höhe der Klageforderung fehle. Der Kläger hat insbesondere nicht dargetan, dass er anderenfalls auf eine Beitragsfreistellung verzichtet hätte bzw. zu welchen (günstigeren) Bedingungen er - statt der Teilauszahlung - einen Kredit bei einem Kreditinstitut hätte aufnehmen können. Da es an entsprechendem Vorbringen nach wie vor fehlt, kann der Kläger sich in der Berufungsinstanz auch nicht mit Erfolg darauf berufen, das Landgericht habe vor der Klageabweisung einen entsprechenden Hinweis erteilen müssen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

RechtsgebietALBVorschriften§ 4 Abs. 5 S. 2 ALB § 16 ALB

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr