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11.01.2011 · IWW-Abrufnummer 110056

Finanzgericht Köln: Urteil vom 03.11.2010 – 4 K 4262/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FG Köln v. 03.11.2010 - 4 K 4262/08

Tatbestand
Die Klägerin, eine GmbH, wurde mit Vertrag vom 01.08.2002 gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist der Handel sowie der Im- und Export von Waren aller Art, insbesondere von gebrauchten und neuen Maschinen und Zubehörteilen.

Am 26.10.2006 begann das seinerzeit für die Klägerin zuständige Finanzamt (FA) B mit einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Jahre 2004 und 2005 mit dem Prüfungsschwerpunkt „innergemeinschaftliche Lieferungen” (Umsatzsteuer- Sonderprü-fungsbericht vom 01.08.2007).

Die Prüferin stellte fest, dass die Klägerin in den Streitjahren u. a. Geschäftsbeziehungen zur spanischen Firma C (C) hatte. Die Lieferungen an die C hatte die Klägerin als innergemeinschaftliche Lieferungen umsatzsteuerfrei behandelt. Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) der C hatte erst ab dem 24.02.2005 Gültigkeit. Lieferungen von Maschinen waren nach den Feststellungen der Prüferin aber bereits Ende 2004, also vor dem 24.02.2005 erfolgt. Die Klägerin selbst hatte bei der zusammenfassenden Meldung für das 4. Quartal 2004 Umsätze gegenüber der C i. H. v. 213.136,00 € angegeben. Der tatsächliche Umfang der Lieferungen, der vor der Erteilung der USt-IdNr. getätigt worden war, konnte trotz erheblicher Bemühungen sowohl auf Seiten der Prüferin als auf Seiten der Klägerin nicht geklärt werden. Aus den vorgelegten Unterlagen und den erteilten Auskünften ergab sich kein schlüssiges Bild. Deshalb wurde im Rahmen der Schlussbesprechung, die am 11.06.2007 stattfand, Übereinstimmung erzielt, dass wegen erschwerter Sachverhaltsaufklärung eine tatsächliche Verständigung erfolgen sollte.

Das Protokoll über eine Verhandlung zur Vereinfachung und Beschleunigung des Besteuerungsverfahrens (tatsächliche Verständigung) hatte auszugsweise den folgenden Wortlaut:

A. Vorbemerkung

...

3. Mit dem Abschluss der Vereinbarung sind die Beteiligten an die vereinbarte Tatsachenbehandlung gebunden.

B. Ergebnis der Verhandlung

C. Die Verhandlungsteilnehmer stimmen darin überein, dass wegen erschwerter Sachverhaltsermittlungen hinsichtlich folgender strittiger Punkte die Voraussetzungen für eine tatsächliche Verständigung vorliegen:

Es wurden insgesamt drei Maschinen an die C, Spanien verkauft. Die ID-Nr. der C hat seit dem 24.02.2005 Gültigkeit. Es besteht Einigung darüber, dass zwei Maschinen vor dem 24.02.2005 nach Spanien geliefert worden sind. Die Steuerfreiheit ist für die Lieferung dieser beiden Maschinen mangels gültiger USt-IdNr. zu versagen.

Für eine Maschine ist die Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen zu gewähren.

Der Gesamtpreis betrug 152.000,00 € (laut Rechnung vom 12.12.2006 110.000,00 € zuzüglich der bereits im Kalenderjahr 2004 geleisteten Anzahlungen i. H. von insgesamt 42.000,00 €).

2. Zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung bzw. –vereinfachung und zur Herstellung des Rechtsfriedens wird deshalb verbindlich vereinbart, hinsichtlich der o. a. strittigen Punkte bei der Besteuerung folgenden Sachverhalt zugrunde zu legen:

Der Wert i. H. v. 152.000,00 € für drei Maschinen ist folgendermaßen aufzuteilen: 87,5 % entfallen auf den Verkauf der beiden Maschinen, für die die Steuerfreiheit zu versagen ist.

12,5 % entfällt auf den Verkauf der Maschine, für die die Steuerfreiheit gewährt wird.

Berechnung des steuerpflichtigen Umsatzes:

87,5 % von 152.000,00 € = 133.000,00 € (Bruttobetrag)

Gemäß § 10 Abs. 1 UStG ist aus diesem Betrag die Umsatzsteuer heraus zu rechnen, so dass der Nettobetrag 114.655,17 € und die zu schuldende Umsatzsteuer 18.344,83 € beträgt.

Das Protokoll zur tatsächlichen Verständigung wurde am 21.06.2007 vom Sachgebietsleiter der Umsatzsteuer-Sonderprüfung und am 28.06.2007 von der einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführerin der Klägerin (Frau A) sowie dem damals für die Klägerin tätigen Steuerberater (Herr D) unterzeichnet.

Der Bericht der Umsatzsteuer-Sonderprüfung bzw. das Protokoll der tatsächlichen Verständigung wurden mit Umsatzsteuerbescheid 2004 vom 26.10.2007 umgesetzt.

Gegen den vorbezeichneten Bescheid richtet sich die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage.

Mit Schreiben vom 30.04.2008 legte die Klägerin eine Fax-Kopie einer Umsatzsteuererklärung der C aus dem Jahr 2006 vor und machte geltend, dass diese Firma im Jahr 2006 einen innergemeinschaftlichen Erwerb i. H. v. 110.000,00 € erklärt habe, der mit dem Betrag laut Rechnung vom 12.12.2006 aus dem Prüfungsbericht korrespondiere.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, das FA habe ihren Lieferungen an die C zu Unrecht die Steuerfreiheit versagt. Die Voraussetzungen des § 6a UStG seien vorliegend mit der Lieferung an die in Spanien ansässige Gesellschaft gegeben. Dies werde – abgesehen von dem Nachweis der USt-IdNr. - von dem FA nicht angezweifelt, auch nicht für den Zeitraum vor dem 24.02.2005.

Sie könne lediglich den in § 6a Abs. 3 UStG i. V. m. §§ 17a ff. UStDV vorgesehenen Nachweis durch Vorlage einer gültigen USt-IdNr. der Abnehmerin nicht führen. Dies stehe jedoch im vorliegenden Fall der Anerkennung der ausgeführten Lieferungen als innergemeinschaftlich nicht entgegen. Das Vorhandensein bzw. die Gültigkeit einer USt-IdNr. sei nicht zwingende Voraussetzung einer innergemeinschaftlichen Lieferung. Ein entsprechendes Tatbestandsmerkmal kenne § 6a UStG nicht und könne auch nicht über Abs. 3 Satz 2 der Vorschrift i. V. m. der UStDV konstruiert werden. Die Nachweispflichten des Unternehmers seien keine materiellen Voraussetzungen für die Befreiung als innergemeinschaftliche Lieferung. Die Regelungen des § 6a Abs. 3 UStG und §§ 17a ff. UStDV bestimmten lediglich, dass und wie der Unternehmer die Nachweise zu erbringen habe, vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2007, BFH/NV 2008, 515, BFH-Urteil vom 08.11.2007, BFH/NV 2008, 905. Hieraus folgere der BFH weiter, dass zumindest dann, wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten auf Grund der objektiven Beweislage feststehe, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorlägen, die Steuerbefreiung zu gewähren sei. Diese Schlussfolgerung müsste insbesondere im Hinblick auf die USt-IdNr. gelten. Gerade wenn keine ernsthaften Zweifel an der Unternehmereigenschaft des Abnehmers und der damit verbundenen Entlastung von der Umsatzsteuer bestünden, könne es auf die Vorlage der USt-IdNr. letztlich nicht ankommen. Im vorliegenden Fall sei der Anfang 2004 gegründeten spanischen Abnehmerin noch während der laufenden (Teil-) Lieferungen die USt- IdNr. erteilt worden. Vor und nach dieser Erteilung sei die C unter der gleichen Firma am Markt wettbewerbend tätig. Dies rechtfertige hier die Annahme, dass bereits vor dem 24.02.2005 die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG gegeben gewesen seien.

Letztlich stehe auch die im Protokoll vom 21.06.2007 getroffene tatsächliche Verständigung diesem Ergebnis nicht entgegen. Es sei bereits zweifelhaft, ob über eine ermittelbare Tatsache, hier den Zeitpunkt einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Maschinen, überhaupt eine tatsächliche Verständigung hätte getroffen werden können. Darüber hinaus beziehe sich die Verständigung hier lediglich auf den Zeitpunkt der Lieferung und den jeweils zuzurechnenden Kaufpreis, nicht aber auf die Frage, welche rechtlichen Folgen aus der erst ab dem 24.02.2005 gültigen USt-IdNr. resultierten. Dies sei eine Frage der Veranlagung, die mit dem Einspruch vom 27.11.2007 angegriffen worden sei.

Die Klägerin beantragt,

1.) die mit Bescheid vom 26.10.2007 festgesetzte Umsatzsteuer 2004 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 14.11.2008 i. H. v. 18.344,83 € niedriger festzusetzen;

2.) hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

1.) die Klage abzuweisen;

2.) hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte vertritt die Ansicht, er habe für die Lieferungen an die spanische Firma C im Umfang von netto 114.655,00 € zu Recht die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen versagt. Bei der rechtlichen Beurteilung sei der Sachverhalt zugrunde zu legen, wie er bei der tatsächlichen Verständigung vereinbart worden sei.

Die im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung zulässig getroffene tatsächliche Verständigung sei wirksam. Faktoren, die die Zulässigkeit der tatsächlichen Verständigung ausschlössen, seien nicht erkennbar. Darunter würde im vorliegenden Fall insbesondere eine Vereinbarung über die Rechtsfrage fallen, welche steuerrechtlichen Folgen daraus zu ziehen seien, dass die Klägerin bereits Maschinen an die Firma C geliefert gehabt habe, bevor diese eine gültige USt-IdNr. gehabt habe. Über die rechtliche Wirkung der fehlenden USt-IdNr. hätten sich die Beteiligten aber nicht verständigt. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut bzw. der Auslegung der tatsächlichen Verständigung und sei im Übrigen von der Prüferin bestätigt worden. Aus dem bloßen Umstand, dass bei Unterzeichnung der tatsächlichen Verständigung auch auf Seiten der Klägerin beteiligte Personen von einer Umsatzsteuerpflicht derjenigen Lieferungen ausgegangen seien, die vor dem 24.02.2005 erfolgt seien, könne nicht geschlossen werden, dass diese Rechtsfrage ebenfalls Gegenstand der tatsächlichen Verständigung gewesen sei. Die Verständigung habe vielmehr Vorfragen zum Sachverhalt betroffen, die geklärt hätten werden müssen, damit die steuerlichen Folgerungen aus der Nichtanerkennung der Steuerbefreiung wegen der fehlenden USt-IdNr. gezogen werden konnten.

Die streitigen Lieferungen seien nicht als innergemeinschaftliche Lieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfrei.

Eine innergemeinschaftliche Lieferung liege nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt seien:

1. Der Unternehmer oder der Abnehmer habe den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;

2. der Abnehmer ist

a. ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,

b. eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder

c. bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber

und

3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedsstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung.

Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG müsse der Unternehmer die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG nachweisen. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) könne

mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen habe (§ 6a Abs. 3 Satz 2 UStG).

Das BMF habe von dieser Ermächtigung in § 17a Abs. 1 der Umsatzsteuer- Durchführungsverordnung (UStDV) und in § 17c UStDV Gebrach gemacht.

Der Unternehmer müsse gemäß § 17 c UStDV die Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung buchmäßig nachweisen. Die Voraussetzungen müssten eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung ersichtlich sein (sog. Buchnachweise). Zur Führung des Buchnachweises müsse der Unternehmer die USt-IdNr. des Abnehmers aufzeichnen (§ 17c Abs. 1 UStDV).

Die Verpflichtung des Unternehmers aus § 6a Abs. 3 UStG, die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nach Maßgabe der §§ 17a, 17c UStDV nachzuweisen, sei mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar.

Im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung seien keine Feststellungen getroffen worden, die zu Zweifeln Anlass geben würden, dass die Maschinen zur Abnehmerin nach Spanien gelangt seien. Es fehle jedoch an der Aufzeichnung der USt-IdNr. (§ 17c Abs. 1 UStDV). Soweit die Klägerin die USt-IdNr. aufgezeichnet habe, könne dies nicht vor dem 24.02.2005 geschehen sein, weil die Firma C vorher noch keine USt-IdNr. gehabt habe. Eine gültige USt-IdNr. des Abnehmers sei jedoch Voraussetzung für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung i. S. des § 4 Nr. 1b UStG. Dieser Schluss folge aus der Auslegung des § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG. Eine Steuerbefreiung sei gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG nur zu gewähren, wenn „der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedsstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliege”.

Durch die Verlagerung der Besteuerung vom Ursprungslandmitgliedsstaat auf den Bestimmungsmitgliedsstaat ergäbe sich systembedingt die Notwendigkeit, die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung von der steuerlichen Erfassung des Abnehmers in dem empfangenden EU-Mitgliedsstaat abhängig zu machen. Die Aufzeichnung der ID-Nr. nach § 17c Abs. 1 UStDV gehöre zwar nicht ausdrücklich zu den Tatbestandsmerkmalen des § 6a Abs. 1 UStG. Da aber die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG praktisch nicht nachgewiesen werden könnten, trete an die Stelle des Nachweises dieser Voraussetzung die Aufzeichnungspflicht der USt-IdNr. des Abnehmers. Verwende der Erwerber gegenüber dem inländischen Unternehmer eine ihm von dem anderen Mitgliedsstaat zugeteilte USt-IdNr. könnten die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG als erfüllt angesehen werden. Denn damit gebe der Erwerber zu erkennen, dass er den Gegenstand steuerfrei erwerben wolle, weil er den Erwerb in dem anderen Mitgliedsstaat versteuern müsse (Sölch/Ringleb, UStG, § 6a UStG Rz. 35, 50). Der Unternehmer habe nicht nachzuweisen, dass der Erwerber des Gegenstandes die Erwerbsbesteuerung tatsächlich durchgeführt habe ( BMFSchreiben vom 29.03.1996, BStBl I BStBl 1996 I S. 1996, BStBl 1996 I S. 458).

Damit sei die USt-IdNr. als Buchnachweis mangels anderer Nachweismöglichkeiten für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG von entscheidender Bedeutung. Das gelte auch in zeitlicher Hinsicht, denn die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG müssten im Zeitpunkt der Lieferung vorliegen.

Die Lieferung der Maschinen auf Seiten der Klägerin bzw. der Erwerb der Maschinen auf Seiten der C sei hinsichtlich der streitbefangenen Umsätze nicht unter Verwendung einer (gültigen) USt-IdNr. der Abnehmerin erfolgt.

Soweit die Klägerin im Einspruchsschreiben vortrage, dass ein etwa vorliegender Mangel geheilt worden sei, weil die im Jahr 2004 verwendete USt-IdNr. mit der später gültigen USt-IdNr. identisch sei, könne dieser Auffassung nicht gefolgt werden.

Anders als in Deutschland, wo die USt-IdNr. in ihrer Zusammensetzung völlig unabhängig von der StNr. vergeben werde, sei die St-Nr. in Spanien Bestandteil der USt-IdNr. Der StNr. würden lediglich die Buchstaben ES (für Spanien) vorangestellt. Über die Gültigkeit bzw. das Vorliegen einer USt-IdNr. des Abnehmers könne sich der Lieferant über eine Bestätigungsanfrage beim Bundesamt für Finanzen nach § 18e Nr. 1 UStG Gewissheit verschaffen. Er müsse sich nicht allein auf die Angaben des Abnehmers verlassen.

Im Streitfall seien zum Zeitpunkt der Lieferungen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG nicht erfüllt. Die geltend gemachte Steuerbefreiung sei daher nicht zu gewähren.



Gründe
Die Klage ist begründet.

Die streitigen Lieferungen sind entgegen der Auffassung des FA steuerfrei. Dass die Abnehmerin dieser Lieferungen zum Zeitpunkt der Lieferungen nicht über eine USt-IdNr. verfügte ist unschädlich, weil zur Überzeugung des Senats feststeht, dass die von § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG geforderten Voraussetzungen für die Annahme von steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferungen vorlagen.

1. Eine --gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfreie-- innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;

2. der Abnehmer ist

a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,

b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder

c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber

und

3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung.

a) Diese Vorschrift steht im Einklang mit der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe des Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der im Streitjahr geltenden Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach befreien die Mitgliedstaaten u.a. die Lieferungen, die durch den Erwerber nach Orten außerhalb des Inlandes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt werden, der als solcher in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versandes oder der Beförderung des Gegenstandes handelt (BFHUrteil vom 06.12.2007 V R 59/03, BFHE 219, 469, BStBl II 2009, 57).

Nach der Rechtsprechung des EuGH setzt die innergemeinschaftliche Lieferung -- in Übereinstimmung mit den nationalen Grundsätzen-- neben den Anforderungen an den Abnehmer voraus, dass die Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übergegangen ist und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedstaat physisch verbracht worden ist (EuGH-Urteile vom 27.09.2007 Rs. C-409/04, Teleos u.a., UR 2007, 774 Randnrn. 42, 70; vom 27.09.2007 Rs. C-184/05, Twoh, UR 2007, 782 Randnr. 23). Hingegen ist nicht erforderlich, dass der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert worden ist (EuGH-Urteil Teleos u.a. in UR 2007, 774 Randnrn. 69 ff.).

b) Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG müssen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das bedeutet, dass der Unternehmer einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nur nachweisen muss, dass der Gegenstand der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat gelangt ist, sondern auch, dass die Abnehmervoraussetzung des Abs. 1 Nr. 2 und die Steuerpflicht des innergemeinschaftlichen Erwerbs vorliegen (Treiber in Sölch, Ringleb § 6a UStG Rz. 51).

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat (§ 6a Abs. 3 Satz 2 UStG).

Dazu ist in § 17a Abs. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) geregelt worden, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat; dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (sog. Belegnachweis).

Ferner bestimmt § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich USt-IdNr. des Abnehmers buchmäßig nachweisen muss; die Voraussetzungen müssen gemäß § 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV „eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen” sein (sog. Buchnachweis).

Der zwingend vorgeschriebenen Aufzeichnung der USt-IdNr. des Abnehmers kommt deshalb besondere Bedeutung zu, weil sie zusammen mit der zusammenfassenden Meldung (§ 18a UStG) in praktikabler Weise die Möglichkeit eröffnet, die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Umsatzes im Bestimmungsland zu gewährleisten. Die zutreffende Erfassung im Bestimmungsland setzt voraus, dass der Unternehmer die richtige USt-IdNr. des wirklichen Abnehmers aufgezeichnet hat und diese USt-IdNr. im Zeitpunkt der Lieferung schon oder noch gültig war. Hat das Bundeszentralamt für Steuern dem Unternehmer auf Anfrage nach § 18e UStG die Gültigkeit einer USt-IdNr. bestätigt, so hat der liefernde Unternehmer seine Nachweispflichten – was die Aufzeichnung der USt-IdNr. betrifft – erfüllt, wenn der Inhaber der USt-IdNr. tatsächlich Abnehmer der Lieferung war (vgl. Treiber in Sölch/Ringleb UStG § 6a UStG Rz. 82 m. w. N.).

c) Zum Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung hat der EuGH ausgeführt:

„Hinsichtlich der Nachweise, die die Steuerpflichtigen für eine Mehrwertsteuerbefreiung zu führen haben, ist festzustellen, dass die Sechste Richtlinie keine Vorschrift enthält, die sich unmittelbar mit dieser Frage befasst. Sie bestimmt lediglich in Art. 28c Teil A erster Halbsatz, dass die Mitgliedstaaten die Bedingungen für die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von Gegenständen festlegen” (EuGH-Urteil Collée in UR 2007, 813 Randnr. 24, IStR 2007, 747, HFR 2007, 1256, BFH/NV Beilage 2008, 34).

„Art. 22 der Sechsten Richtlinie regelt zwar bestimmte formelle Pflichten der Steuerschuldner in Bezug auf Aufzeichnungen, Rechnungen, Steuererklärungen und die der Finanzverwaltung vorzulegende Aufstellung. Nach Abs. 8 dieses Artikels können die Mitgliedstaaten jedoch weitere Pflichten vorsehen, die sie als erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern …

Aus der ständigen Rechtsprechung ergibt sich, dass die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten nach Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie erlassen dürfen, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern, nicht über das hinausgehen dürfen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist … Sie dürfen daher nicht so eingesetzt werden, dass sie die Neutralität der Mehrwertsteuer in Frage stellen, die ein Grundprinzip des durch das einschlägige Gemeinschaftsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist” (EuGH-Urteil Collée in UR 2007, 813 Randnrn. 25, 26, IStR 2007, 747, HFR 2007, 1256, BFH/NV Beilage 2008, 34).

Der Grundsatz der Neutralität erfordert es, dass „die Mehrwertsteuerbefreiung gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt hat. Anders verhielte es sich nur, wenn der Verstoß gegen die formellen Anforderungen den sicheren Nachweis verhinderte, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden” (EuGH-Urteil Collée in UR 2007, 813 Randnr. 31, IStR 2007, 747, HFR 2007, 1256).

„Bei der Ausübung ihrer Befugnisse müssen die Mitgliedstaaten … die allgemeinen Rechtsgrundsätze beachten, zu denen u. a. die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit gehören” (EuGH-Urteil Twoh in UR 2007, 782 Randnr. 25).

d) Hieraus ergibt sich, dass die Verpflichtung des Unternehmers nach § 6a Abs. 3 UStG, die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nach Maßgabe der §§ 17a, 17c UStDV nachzuweisen, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (vgl. bereits BFH-Urteile vom 18.07.2002 V R 3/02, BFHE 199, 80, BStBl 2003 II S. 616 unter II. 2. b; vom 01.02.2007 V R 41/04, BFH/NV 2007, 1059, unter II. 2. b).

Die Nachweispflichten sind aber keine materiellen Voraussetzungen für die Befreiung als innergemeinschaftliche Lieferung. Soweit die bisherige Rechtsprechung (BFH-Beschlüsse vom 02.04.1997 V B 159/96, BFH/NV 1997, 629; vom 05.02.2004 V B 180/03, BFH/NV 2004, 988; BFH-Urteil vom 30.03.2006 V R 47/03, BFHE 213, 148, BStBl 2006 II S. 634 unter II. 2. a) von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, hält der BFH angesichts der dargelegten neueren Rechtsprechung des EuGH daran nicht mehr fest. Dies gilt auch für die Aufzeichnung der USt-IdNr. (BFH-Urteil vom 06.12.2007 V R 59/03, BFHE 219, 469, BStBl 2009 II S. 57 Treiber in Sölch/Ringleb UStG § 6a UStG Rz. 52, 80 m. w. N., Schwarz in Vogel/Schwarz UStG § 6a UStG Rz. 100, Leonard in Buntjes/Geist UStG § 6a UStG Rz. 47).

Die Regelungen des § 6a Abs. 3 UStG und §§ 17a, 17c UStDV bestimmen vielmehr lediglich, dass und wie der Unternehmer die Nachweise zu erbringen hat. Diese Formvorschriften haben lediglich dienende Funktion. Sie sollen die Prüfung der Einhaltung der Voraussetzungen der Abs. 1 oder Abs. 2 des § 6a UStG ermöglichen, vor allem die Beförderungen oder Versendung der Gegenstände zum angegebenen Abnehmer in das übrige Gemeinschaftsgebiet und die Steuerpflicht des innergemeinschaftlichen Erwerbs in dem anderen Mitgliedstaat. Wo dies feststeht, sind formelle Fehler grundsätzlich zu vernachlässigen (vgl. Treiber in Sölch/Ringleb UStG § 6a UStG Rz. 52).

Daraus folgt: Kommt der Unternehmer seinen Nachweispflichten nicht nach, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 6a Abs. 1 UStG) nicht erfüllt sind. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn trotz der Nichterfüllung der -- formellen-- Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen. Dann ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die nach § 6a Abs. 3 UStG erforderlichen Nachweise nicht erbringt (BFH-Urteil vom 06.12.2007 V R 59/03, BFHE 219, 469, BStBl II 2009, 57). In Streitfällen müssen zukünftig die Finanzgerichte im Rahmen ihrer tatsächlichen Würdigung der vorliegenden Beweise, die der BFH nach § 118 Abs. 2 FGO nur eingeschränkt überprüfen kann (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 27.04.1995 V R 2/94, BFH/NV 1996, 184) entscheiden, ob Sie trotz eines Verstoßes gegen die Nachweispflichten des § 6a Abs. 3, §§ 17a ff UStDV von der Erfüllung der materiellen Voraussetzungen der Abs. 1 oder 2 überzeugt sind oder nicht. Für diese Überzeugungsbildung ist erforderlich, dass das Gericht persönliche Gewissheit in einem Maße erlangt, dass es an sich mögliche Zweifel überwindet und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen kann (vgl. z. B. BFH-Beschluss vom 11.07.2007 IV B 121/06, BFH/NV 07/2241), wobei der Richter nicht eine von allen Zweifeln freie Überzeugung anstreben darf, sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen vielmehr mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit überzeugen muss (vgl. BFHUrteil vom 24.03.1987 VII R 155/85, BFH/NV 1987, 560). Alle Indizien, die für oder gegen das Vorliegen einer Tatsache sprechen sind zu berücksichtigen und in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen (vgl. BFH-Urteil vom 14.09.1999 IX R 59/96, BFHE 189, 428, BStBl II 2000, 67). Im Rahmen dieser Würdigung kann das Gericht zwar auch die Nichterfüllung der §§ 17a ff UStDV mit berücksichtigen (Die Nichterfüllung der Nachweispflichten spricht gegen eine innergemeinschaftliche Lieferung.). Allerdings kann das Gericht gleichwohl davon überzeugt sein, dass die materiellen Voraussetzungen des 6a Abs. 1 UStG vorliegen. Verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Lieferers, der sich auf die Befreiung beruft (vgl. Sölch/Ringleb § 6a UStG Rz. 55 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH).

2. Danach sind die streitigen Lieferungen auch ohne den vollständig erbrachten Buchnachweis steuerfrei.

a) Die in § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG geforderten Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet.

Über dieses Tatbestandsmerkmal des § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG haben sich die Beteiligten tatsächlich verständigt. Denn es wurde ausdrücklich vereinbart, dass zwei Maschinen vor Erteilung der USt-IdNr. nach Spanien geliefert wurden.

An der Wirksamkeit dieser Verständigung bestehen keine Zweifel.

In der Rechtsprechung des BFH ist die Zulässigkeit tatsächlicher Verständigungen grundsätzlich anerkannt. In Fällen erschwerter Sachverhaltsermittlung dient es der Förderung und Beschleunigung des Besteuerungsverfahrens und allgemein dem Rechtsfrieden, besondere Vereinbarungen über eine bestimmte (steuerliche) Behandlung von Sachverhalten (nicht aber über das anzuwendende Recht) zuzulassen. Tatsächliche Verständigungen dienen dem Ziel, Unsicherheiten und Ungenauigkeiten in einem konkreten Besteuerungssachverhalt zu beseitigen (BFH Urteil vom 22.09.2004 - III R 9/03, BFHE 207, 549, BStBl II 2005, 160).

Die im vorliegenden Fall getroffene tatsächliche Verständigung war danach zulässig. Hierauf weist der Beklagte zu Recht in seiner Einspruchsentscheidung hin. Die bei der Prüfung vorgelegten Unterlagen und die erteilten Auskünfte ließen weder einen eindeutigen und sicheren Schluss zu, wann die Maschinen jeweils geliefert worden waren, noch welches Entgelt der jeweiligen Maschine zuzuordnen war. Im letzteren Fall lag ein Bewertungsspielraum vor, während die zeitliche Zuordnung in den Bereich der Beurteilung bzw. Beweiswürdigung fiel.

Ob die Beteiligten sich zugleich auch über die Frage einigen wollten, dass die vor der Erteilung der ID-Nr. abgewickelten Lieferungen zu steuerpflichtigen Umsätzen der Klägerin führten, mag im Streitfall dahingestellt bleiben. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre und aus diesem Grund dieser Teil der Vereinbarung unwirksam wäre, da nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, Vereinbarungen über Rechtsfragen unzulässig sind (vgl. Seer in Tipke/Kruse AO/FGO Vor § 118 AO Rz. 10 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH), würde dies die Wirksamkeit der übrigen Verständigung nicht berühren. Das gilt jedenfalls dann, wenn, wie im Streitfall, beide Beteiligte an dieser Vereinbarung festhalten wollen und sich an diese gebunden fühlen.

Die von den Beteiligten getroffene tatsächliche Verständigung war auch in formeller Hinsicht wirksam. Insbesondere besaßen die handelnden Personen die hierfür erforderliche Vertretungsbefugnis. Auf Seiten der Klägerin wurde die Vereinbarung von der einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführerin und dem von ihr bevollmächtigten Steuerberater abgeschlossen. Für das FA handelte der Sachgebietsleiter der Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Dieser war zur Entscheidung über die Steuerfestsetzung befugt.

b) Der Abnehmer war auch ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferungen für sein Unternehmen erwarb (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a UStG). Diese Voraussetzung für die Annahme innergemeinschaftlicher Lieferungen ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Für ihr Vorliegen sprechen auch die Art und der Preis der gelieferten Gegenstände, bei denen es sich um Kunststoff verarbeitende Maschinen handelte, von denen jede einzelne netto mehrere 10.000 € kostete (vgl. hierzu auch Schwarz in Vogel/Schwarz UStG § 6a UStG Rz. 109). Auch die Tatsache, dass der C später eine USt-IdNr. zugeteilt wurde, spricht dafür, dass es sich bei ihr um einen Unternehmer handelte.

c) Schließlich unterlag der Erwerb der Maschinen beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG). Auch dies wird, wie der Vertreter des Beklagten im Termin der mündlichen Verhandlung auf Frage des Vorsitzenden noch einmal bestätigt hat, vom Beklagten nicht angezweifelt. Nach Aktenlage bestehen hieran auch keinerlei Zweifel. Denn dafür, dass es sich bei der C um einen Kleinunternehmer gehandelt haben könnte oder diese Firma nur steuerbefreite, den Vorsteuerabzug ausschließende, Umsätze getätigt haben könnte, bestehen nicht die geringsten Anhaltspunkte. Vielmehr sprechen Art und Preis der angekauften Gegenstände eindeutig dagegen. Ob die C die Lieferung der Maschinen als innergemeinschaftlichen Erwerb tatsächlich versteuert hat, ist demgegenüber ohne Belang. Es mag deshalb dahingestellt bleiben, ob der von der Klägerin mit Fax- Kopie vorgelegten Umsatzsteuererklärung der C entnommen werden kann, dass eine derartige Versteuerung erfolgt ist.

d) Dass die C zum Zeitpunkt der Abnahme der beiden zuerst gelieferten Maschinen nicht über eine USt-IdNr. verfügte ist unerheblich. Zwar hat die Klägerin aus diesem Grund den ihr nach § 17c Abs. 1 UStDV obliegenden Buchnachweis nicht erbracht. Dies gereicht der Klägerin aber nicht zum Nachteil, weil aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorlagen. Dass die die Klägerin vertretenden Personen bei Abschluss der tatsächlichen Verständigung davon ausgingen, dass dieser Umstand (Fehlen einer USt-IdNr.) zu einer Steuerpflicht der streitigen Lieferungen führte, ist für die im Streitfall zu bejahende Steuerfreiheit ohne Bedeutung, da sich diese nach objektiven Kriterien richtet.

Der Senat lässt es dahingestellt, ob seine Beurteilung der Erlasslage des BMF widerspricht, da er an diese nicht gebunden ist. Im BMF-Schreiben vom 5.5.2010, IV D 3 - S 7141/08/10001 heißt es einerseits unter III 1. Rz. 22:

Kann der Unternehmer den beleg- und buchmäßigen Nachweis nicht, nicht vollständig oder nicht zeitnah führen, ist deshalb grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 6a Abs. 1 und 2 UStG) nicht erfüllt sind. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn - trotz der Nichterfüllung, der nicht vollständigen oder der nicht zeitnahen Erfüllung des Buchnachweises - aufgrund der vorliegenden Belege und der sich daraus ergebenden tatsächlichen Umstände objektiv feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 und 2 UStG vorliegen. Damit kann ein zweifelsfreier Belegnachweis Mängel beim Buchnachweis heilen.

Andererseits wird unter III 2. Rz. 23 ausgeführt:

§ 17c Abs. 1 UStDV setzt voraus, dass auch in der Person des Abnehmers die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung durch den liefernden Unternehmer vorliegen müssen und bestimmt (Mussvorschrift), dass der Unternehmer die USt-IdNr. des Abnehmers buchmäßig nachzuweisen, d.h. aufzuzeichnen hat.

3. Steuerberechnung und Nebenentscheidungen

Die festzusetzende Umsatzsteuer laut Urteil berechnet sich wie folgt:

Festgesetzte Umsatzsteuer laut angefochtenem Bescheid ./. 904,35 €

weniger Umsatzsteuer laut Urteil ./. 18.344,83 €

festzusetzende Umsatzsteuer laut Urteil ./. 19.249,18 €

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Es ist von grundsätzlicher Bedeutung, ob das Vorliegen steuerbefreiter innergemeinschaftlicher Lieferungen auch dann bejaht werden kann, wenn der Abnehmer nicht über eine USt-IdNr. verfügt.

RechtsgebieteUStG, UStDVVorschriftenUStG § 10 Abs. 1 UStG § 6a UStDV § 17a UStDV § 17c UStG § 4 Nr. 1b

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