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21.12.2010 · IWW-Abrufnummer 104213

Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 19.10.2010 – 5 U 300/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


5 U 300/10

Gründe:

I.

Die Kläger begehren von dem Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter Begutachtung von Treppen an einem Haus, das sie von der Streithelferin des Beklagten als Bauträgerin erworben haben.

Wegen des Sachvortrags und der Anträge der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat nach Vernehmung des im selbständigen Beweisverfahren mit der Begutachtung der Treppen betrauten Sachverständigen unter Abweisung der Klage im Übrigen entsprechend dem Hilfsantrag der Kläger festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern den Schaden zu ersetzen, der diesen aus der unberechtigte Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts und der Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Treppen entstanden ist oder noch entstehen wird, soweit der Beklagte den Aufwand für die Behebung eines von ihm behaupteten Verstoßes gegen von der DIN geforderte Bequemlichkeits- und Sicherheitsregeln mit mehr als 2.260 EUR beziffert hatte, und den Beklagten zum Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt. Solange die Beschwer der Kläger wegen des noch nicht abgeschlossenen Rechtsstreits zwischen ihnen und der Bauträgerin B### AG (5 O 3262/08 LG Leipzig = 1 U 428/10 OLG Dresden) nicht bezifferbar sei, bestehe darüber hinaus zwar noch kein Zahlungs- oder Freistellungsanspruch, jedoch ein Feststellungsinteresse.

Der Schadensersatzanspruch ergebe sich aus §§ 280, 662 BGB, weil für den Beklagten erkennbar gewesen sei, dass seine Angaben als Fachmann für die Kläger von erheblicher Bedeutung gewesen seien, um auf deren Grundlage in bedeutendem Umfang Rechte gegenüber der Bauträgerin auszuüben. Der Beklagte habe den Klägern fahrlässig unrichtig mitgeteilt, dass ein Verstoß gegen eine Bequemlichkeits- und Sicherheitsregel der DIN 18065 vorliege, für dessen Behebung 10.000 bis 13.500 DM hätten aufgewendet werden müssen. Tatsächlich sei die DIN 18065 auf Einfamilienhäuser nicht anwendbar, die im Millimeterbereich liegenden Abweichungen einzelner Stufen von den Vorgaben dieser DIN unter Berücksichtigung der Lauflinie jenseits der Bequemlichkeits- und Sicherheitsregeln nicht zu beanstanden und der tatsächliche Kostenaufwand für die Herstellung einer mangelfreien Treppe allenfalls mit 2.260 EUR zu beziffern. Daher sei ein Zurückbehaltungsrecht nur in der dreifachen Höhe dieses Betrages gerechtfertigt gewesen. Dass die Kläger ein diesen Betrag übersteigendes Zurückbehaltungsrecht in Höhe von 50.000 DM ausgeübt und in diesem Umfang ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet hätten, beruhe auf der fehlerhaften Begutachtung der Treppen durch den Beklagten. Der Anspruch sei nicht verjährt und schließe auch die - aufgrund eines Gegenstandswertes in Höhe der von der B### AG geltend gemachten Zinsen von 11.073,52 EUR errechneten - vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten ein.

Gegen dieses ihm am 1.2.2010 zugestellt Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner am 1.3.2010 eingelegten und - nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - am 12.4.2010 begründeten Berufung. Er macht geltend, dass zwischen den Parteien kein Vertragsverhältnis bestehe. Der Beklagte habe den Klägern lediglich einen Gefallen erweisen wollen, weil er - was unstrittig ist - zuvor für die Eltern der Klägerin zu 1. bei einem Bauvorhaben tätig gewesen sei. Er habe kein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Begutachtung gehabt, insbesondere der B### AG kein eigenes Angebot für die Errichtung einer mangelfreien Treppe unterbreiten wollen. Die Kläger hätten gewusst, dass er seine Feststellungen lediglich pauschal aufgrund einer Ortsbesichtigung ohne umfangreiche Vermessungsarbeiten, die Einholung von Vergleichsangeboten und die Heranziehung von Fachliteratur getroffen habe; sie hätten jedoch den erheblichen Zeit- und Kostenaufwand für eine Begutachtung mit einer detaillierteren Kostenschätzung bewusst vermeiden wollen. Die wirtschaftliche Bedeutung seiner Auskunft sei für den Beklagten nicht erkennbar gewesen; insbesondere sei er in die Entscheidung der Kläger über die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts und dessen Höhe nicht involviert gewesen.

Hiervon abgesehen sei die Bewertung der Mängel durch den Beklagten zutreffend gewesen. Unabhängig davon, ob die DIN 18065 einschlägig seien, bestehe ein Mangel jedenfalls deswegen, weil die Kläger nach eigenem Vorbringen aufgrund der Beschaffenheit der Treppe wiederholt dort zu Sturz gekommen seien. Technische Mängel der Treppe habe auch der im selbständigen Beweisverfahren vom Gericht beauftragte Sachverständige W### festgestellt. Auch die Kostenschätzung des Beklagten sei auf der Basis eines kompletten Austausches der Stufen zutreffend gewesen. Der Sachverständige W### sei in seinem Ausgangsgutachten selbst noch von einem Kostenaufwand zwischen 10.100 EUR und 11.300 EUR zuzüglich einer Minderung von 4.450 EUR ausgegangen. Soweit er hiervon später in seinen Ergänzungsgutachten abgerückt sei und ein Nachjustieren einzelner Stufen für ausreichend angesehen habe, habe er nicht ausgeschlossen, dass auch dann der Austausch von Stufen zur Behebung von optischen Mängeln erforderlich werden könne. Im Übrigen werde Architekten und Ingenieuren bei Kostenschätzungen ein Toleranzrahmen von 30 bis 40 % zugebilligt.

Gehe man dennoch von einer Verletzung vertraglicher Pflichten aus, komme aufgrund ergänzender Vertragsauslegung allenfalls eine Haftung für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit in Betracht; denn wer Leistungen unentgeltlich in Anspruch nehme, könne nicht mit einer unbegrenzten Haftung des Leistenden rechnen. Ein erheblicher Teil der in Betracht kommenden Schadensersatzforderungen falle unter den mit seiner Haftpflichtversicherung vereinbarten Selbstbehalt von 2.556 EUR. Ihn treffe allenfalls leichte Fahrlässigkeit.
Weil die Kläger über den Umfang der Ausübung ihres Zurückbehaltungsrechtes eigenverantwortlich entschieden hätten, fehle es auch an der haftungsbegründenden Kausalität. Die Kläger seien nicht einmal der Empfehlung ihrer Prozessbevollmächtigten gefolgt, lediglich 40.000 DM zurückzubehalten. Der Beklagte wisse nicht, ob möglicherweise auch andere Mängel oder Zahlungsschwierigkeiten die Entscheidung der Kläger über die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts und dessen Umfang mitbestimmt hätten. Allenfalls komme eine Haftung des Beklagten innerhalb eines "Haftungsfensters" zwischen 13.260,53 DM (= 3 x 2.260 EUR) und 30.000 DM (= 3 x 10.000 DM) in Betracht.

Schließlich fehle es auch deshalb an einem Schaden der Kläger, weil aufgrund des Gefährdungspotentials der Treppe, der erfolglosen Nachbesserung durch die B### AG und der Verweigerung weiterer Mängelbeseitigungen - gerade bei geringerem Mangelbeseitigungsaufwand - die Zurückbehaltung des zehnfachen Mangelbeseitigungsaufwandes gerechtfertigt gewesen sei, um den erforderlichen Druck auf die nachbesserungspflichtige Streithelferin auszuüben.
Der Beklagte und seine Streithelferin, die dem Rechtsstreit zunächst auf der Seite der Kläger beigetreten ist, beantragen, die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Leipzig vom 25.1.2010 insgesamt abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil. Dass der Beklagte die wirtschaftliche Bedeutung seiner Einschätzung für die Kläger für die Geltendmachung von Rechten gegenüber der Bauträgerin erkannt habe, ergebe sich schon aus dem Inhalt seiner "Mängelfeststellungen vor Abnahme", die Vermerke wie "nicht abnahmefähig", "Nachbesserung erforderlich" und "Nachlass 50.000 DM" enthalte. Der Beklagte habe am 11.9.2001 Messungen vorgenommen und die Treppen 2001 dreimal und 2004 einmal besichtigt. Zudem ergebe sich aus den mit nachgelassenem Schriftsatz vom 18.8.2010 vorgelegten Anlagen B 6 bis B 8, dass der Beklagte seine direkt dem Klägervertreter übermittelte baufachliche Stellungnahme vom 14.2.2005 in Kenntnis eines von den Klägern gegen die Streithelferin geführten Beweissicherungsverfahrens abgegeben habe. Daraus, dass der Beklagte seine Stellungnahmen mit dem Stempel "Ingenieurkammer S###, Beratender Ingenieur" versehen habe, habe er sich erkennbar verpflichtet, gemäß § 16 S### KG die berechtigten Interessen seiner Auftraggeber zu wahren und für die Richtigkeit seiner Angaben einzustehen. Dass der Beklagte der Streitverkündeten ein Angebot zur Errichtung einer mangelfreien Treppe habe machen wollen, sei erstinstanzlich unstrittig geblieben, das jetzige Bestreiten mit Blick auf § 531 ZPO verspätet. Der Berufshaftpflichtversicherungsschutz des Beklagten spreche gegen eine Haftungsbeschränkung im Wege ergänzender Vertragsauslegung. Die Zurückbehaltung von 50.000 DM sei aufgrund der Angaben des Beklagten zum Mangelbeseitigungsaufwand auch dann gerechtfertigt gewesen, wenn man gemäß § 641 Abs. 3 BGB a.F. den dreifachen Mangelbeseitigungsaufwand zugrunde lege; denn es seien zwei Treppen von dem Mangel betroffen gewesen. Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens spreche dafür, dass die Kläger das selbständige Beweissicherungsverfahren in geringerem Umfang anhängig gemacht hätten, wenn sie nicht aufgrund der Einschätzung des Beklagten davon ausgegangen wären, dass die Sicherheits- und Bequemlichkeitsregel auch für den Einfamilienhausbau eine anerkannte Konstruktionsregel sei.
Der Senat hat den Kläger zu 2. und den Beklagten persönlich angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 3.8.2010 (Bl. 295 ff. d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet. Dabei bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob zwischen den Parteien ein reines Gefälligkeitsverhältnis ohne rechtsgeschäftlichen Charakter bestanden hat oder ob/ ggf. ab wann die Parteien ein Auftragsverhältnis gemäß §§ 662 ff. BGB oder ein Gefälligkeitsverhältnis mit rechtsgeschäftlichem Charakter begründet haben. Denn auch sofern man davon ausgeht, dass der Beklagte bei der für die Kläger entfalteten Tätigkeit Rechtspflichten übernommen hat, ist eine für die geltend gemachten Schäden ursächliche Pflichtverletzung des Beklagten nicht ersichtlich. Die Feststellung des Beklagten, dass die verfahrensgegenständliche Treppe aufgrund der Abmessungen der Stufen mangelhaft war, war nach dem Ergebnis des vor dem Landgericht Leipzig geführten Beweissicherungsverfahrens 5 OH 7712/04 zutreffend (dazu 1.). Dass der Beklagte den für die Beseitigung dieser Mängel erforderlichen Kostenaufwand pflichtwidrig und schuldhaft zu hoch eingeschätzt hätte, steht nicht zur Überzeugung des Senats fest (dazu 2.). Soweit der Beklagte dadurch zur Einschätzung eines Baumangels gelangt ist, dass er den tatsächlichen Zustand der Treppe möglicherweise fehlerhaft an einer für Einfamilienhäuser nicht verbindlichen Sicherheits- und Bequemlichkeitsregel gemessen hat, hat dies allein nicht zu einem Schaden der Kläger geführt, für den der Beklagte einzustehen hätte (dazu 3.).

1. Auch der vom Landgericht Leipzig im Beweissicherungsverfahren 5 OH 7712/04 beauftragte Bausachverständige J### W### ist in seinem Gutachten vom 28.6.2005 (Anlage B 3) und den Gutachtensergänzungen vom 28.2.2006 (Anlage B 4) und 30.8.2006 (Anlage B 5) zu der Einschätzung gelangt, dass die unterschiedliche Trittbreite der Treppenstufen in der Lauflinie einen Baumangel begründet, der das Auswechseln einzelner Treppenstufen erfordert. Hiergegen wird von den Klägern auch nichts vorgebracht.

2. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass der Beklagte mit Rechtsbindungswillen die Verpflichtung übernommen hat, über die Feststellung eines Baumangels hinaus auch den Mangelbeseitigungsaufwand rechtsverbindlich einzuschätzen und für die Richtigkeit einer solchen Schätzung die Gewähr zu übernehmen (dazu a.). Selbst wenn der Beklagte jedoch eine solche Verpflichtung übernommen hätte, wäre gemäß ergänzender Auslegung einer solchen Vereinbarung aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles jedenfalls davon auszugehen, dass der Beklagte lediglich für die Verletzung der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten einstehen sollte. Gegen diesen Sorgfaltsmaßstab hat der Beklagte nicht verstoßen (dazu b.).

a. Für den Umfang des Rechtsgeltungswillens einer auf eine Leistung bezogenen Abrede kommt es nicht auf den inneren Willen des Leistenden an. Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit der Leistungsempfänger aus dem Handeln des Leistenden nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen musste. Letztlich ist dies eine Frage der Einzelfallwürdigung, bei der die Art der Leistung, ihr Grund und Zweck, ihre wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung, insbesondere für den Leistungsempfänger, die Umstände, unter denen sie erwiesen wird, und die dabei bestehende Interessenlage zu berücksichtigen sind. Bei Gefälligkeiten des täglichen Lebens und solchen, die im rein gesellschaftlichen Verkehr wurzeln, wird regelmäßig nicht von einem Rechtsbindungswillen auszugehen sein (vgl. BGH, Urteil vom 22.9.1956, I ZR 198/54, zitiert nach juris, Tn. 14 f.). Dagegen stellen die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit für den Leistungsempfänger und eine besondere Sachkunde des Leistenden gewichtige Indizien für einen Rechtsbindungswillen dar, die für sich allein allerdings nicht in jedem Fall ausreichen. Für die Gesamtwürdigung des Einzelfalls können darüber hinaus weitere Gesichtspunkte wie etwa ein eigenes wirtschaftliches Interesse des Leistenden an einem Geschäftsabschluss, ein persönliches Engagement in der Form von Zusicherungen nach Art einer Garantieübernahme, das Versprechen eigener Nachprüfung von Angaben des Geschäftspartners des Auskunftsempfängers und die Hinzuziehung des Leistenden zu Vertragsverhandlungen als unabhängige neutrale Person eine Rolle spielen (vgl. BGH, Urteil vom 17.9.1985, VI ZR 73/84, zitiert nach juris, Tn. 8; Urteil vom 18.12.2008, IX ZR 12/05, zitiert nach juris, Tn. 11).

In diesem Zusammenhang sind zunächst die Umstände von Bedeutung, unter denen der Kontakt der Kläger mit dem Beklagten zustande gekommen war. Wie der Kläger zu 2. auf Fragen des Senates in der Sitzung vom 3.8.2010 bekundete, hatten die Kläger sich mit dem Gedanken getragen, ein Haus zu erwerben. Aus diesem Grund hatte sich der Kläger zu 2. an den Vater der Klägerin zu 1. mit der Frage gewandt, "ob er nicht jemanden kenne, der sich mit einer gewissen Sachkunde das Haus ansehen könne" (Seite 5 der Sitzungsniederschrift, Bl. 297 d.A.). Der Beklagte hatte seinerzeit gerade Bauarbeiten am Haus der Eltern der Klägerin zu 1. begleitet und kannte den Vater der Klägerin zu 1. - wie er in dem Termin vom 3.8.2010 unwidersprochen vorgetragen hat - aus der gemeinsamen Schulzeit. Deshalb war er ohne zusätzliches Entgelt als "Draufgabe" bereit, das von den Klägern für einen Erwerb ins Auge gefasste Haus zu besichtigen. Dass für den Kaufentschluss der Kläger das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Mängeln - auch für den Beklagten erkennbar - von erheblicher Bedeutung war, ist zwar nicht von der Hand zu weisen. Andererseits hatten die Kläger offenbar zunächst nicht an eine arbeits- und kostenintensive Begutachtung gedacht. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger zu 2. in der Sitzung vom 3.8.2010 im Zusammenhang mit der Vergütungsfrage selbst eingeräumt hat, er und die Klägerin zu 1. seien zunächst davon ausgegangen, dass die Bemühungen des Beklagten "nicht in dieser Art und Weise ausarten" würden, wie es letztlich geschehen sei (Seite 6 der Sitzungsniederschrift, Bl. 297 Rs. d.A.). Es ist auch nicht ersichtlich, dass für den Beklagten aufgrund der "Draufgabe" die konkrete Aussicht auf Nachfolgeaufträge von den Eltern der Klägerin zu 1. bestanden hätte. Mithin erwarteten die Kläger von dem Beklagten nicht dasselbe Maß an Mühewaltungen wie von einem gegen Entgelt beauftragten Bauingenieur.
Soweit der Beklagte seine Bemühungen im Zusammenhang mit der Begutachtung der Treppe intensivierte, führt dies nicht zu einer rechtlichen Einstandspflicht in Bezug auf seine Einschätzung des Mangelbeseitigungsaufwandes. Zwar verfügte der Beklagte für eine solche Schätzung über besondere Sachkunde, die er auch durch Verwendung seines Stempels als beratender Ingenieur der Ingenieurkammer S### nach außen bekräftigte. Auch war die Höhe des Mangelbeseitigungsaufwandes für das weitere Vorgehen der Kläger gegenüber der Bauträgerin von Interesse. Bereits der Umstand, dass der Beklagte seine Schätzungen lediglich als handschriftliche Notizen am Rande der von ihm zuvor noch druckschriftlich und unter Verwendung des Briefkopfes seiner Firma niedergelegten "Mängelfeststellungen vor Abnahme" dokumentierte (vgl. Anlage K 4, Bl. 38 f. d. A.), deutet jedoch darauf hin, dass er hierfür nicht in demselben Maße einstehen wollte wie für die Mängelfeststellung als solche. Dies wird noch dadurch unterstrichen, dass die dem Klägervertreter auf telefonische Bitte des Klägers zu 2. übermittelte "Baufachliche Stellungnahme" vom 14.2.2005 (vgl. Bl. 317 d.A.) keine Angaben zum Umfang der Mangelbeseitigungsarbeiten und den hiermit voraussichtlich verbundenen Kosten enthält. Dass die Kläger gerade auf eine genaue und sorgfältige Schätzung der Mangelbeseitigungskosten besonderen Wert gelegt hätten, wird außerdem durch die Bekundungen des Klägers zu 2. im Termin vom 3.8.2010 in Frage gestellt. Abgesehen davon, dass dieser einräumte, der Beklagte habe sich zu einem bestimmten gegenüber dem Bauträger vom Kaufpreis zurückzubehaltenden Betrag nicht definitiv geäußert, vermochte er nicht mehr sicher anzugeben, ob es sich bei einem vom Beklagten genannten Betrag von 13.500 DM um die Neuherstellungskosten für eine oder für beide verfahrensgegenständlichen Treppen handelte (Seite 7 der Sitzungsniederschrift, Bl. 298 d.A.).

b. Selbst wenn man jedoch - entgegen dem vorstehend Ausgeführten - von einer rechtlich bindenden Einstandsverpflichtung des Beklagten in Bezug auf seine Einschätzung zum Umfang der Mangelbeseitigungsarbeiten und der Höhe der hierdurch verursachten Kosten ausgehen würde, läge jedenfalls kein seine Haftung auslösendes Verschulden vor. In diesem Zusammenhang ist insbesondere von Bedeutung, dass auch der im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens 5 OH 7712/04 von Landgericht Leipzig beauftragte Gutachter J### W### in seinem ersten Gutachten vom 28.6.2005 (Anlage B 3) - in Übereinstimmung mit dem Beklagten - davon ausgegangen war, dass zur Beseitigung der Mängel beide Treppenläufe neu erstellt werden müssten, und den hiermit verbundenen Kostenaufwand auf ca. 11.300 EUR brutto schätzte. Erst in seiner

2. Gutachtensergänzung vom 30.8.2006 (Anlage B 5) vertrat der gerichtliche Sachverständige unter Berücksichtigung der von der Streithelferin zwischenzeitlich erhobenen Einwände die Auffassung, dass auch die mit einem Kostenaufwand von 2.260 EUR verbundene Auswechslung einzelner Trittstufen zur Mangelbeseitigung ausreichen könne. Da für den Beklagten - anders als für den gerichtlichen Sachverständigen - keine Veranlassung bestand, seine Kostenschätzung unter Berücksichtigung konkreter Einwände der Bauträgerfirma erneut zu überprüfen und nach unten zu korrigieren, ist diesbezüglich kein schuldhaftes Verhalten des Beklagten ersichtlich.
Im Übrigen müsste der Beklagte selbst für insoweit allenfalls in Betracht kommende leichte Fahrlässigkeit nicht einstehen. Denn unter Berücksichtigung der vorstehend ausgeführten Besonderheiten des Einzelfalls läge bei ergänzender Auslegung der zwischen den Klägern und dem Beklagten getroffenen Abrede jedenfalls eine Haftungsbeschränkung auf die Verletzung der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten vor. Eine solche Haftungsmildung kommt in Betracht, wenn der Geschädigte sich aufgrund besonderer Umstände einem ausdrücklichen Ansinnen des Schädigers nach einer solchen Haftungsmilderung billigerweise nicht hätte verschließen können (vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2003, III ZR 87/02, zitiert nach juris, Tn. 16; OLG Frankfurt, Urteil vom 28.3.2007, 13 U 62/05, zitiert nach juris, Tn. 53). Zwar ist bei einer solchen ergänzenden Auslegung jedenfalls dann Zurückhaltung geboten, wenn die Tätigkeit des Leistenden einem Vertrauensverhältnis entspringt und einen Gegenstand von wirtschaftlicher und geschäftlicher Bedeutung betrifft (vgl. BGH, Urteil vom 22.6.1956, I ZR 198/54, zitiert nach juris, Tn. 19; Urteil vom 7.10.1963, VII ZR 93/96, zitiert nach juris, Tn. 16; OLG Naumburg, Urteil vom 17.4.2003, 7 U 135/02, zitiert nach juris, Tn. 40 f.). Aufgrund der bereits dargestellten besonderen Umstände konnten die Kläger jedoch - selbst wenn sich das Haftungsrisiko des Beklagten bei dem Eintritt seiner Haftpflichtversicherung auf einen Selbstbehalt reduzieren würde - billigerweise nicht erwarten, dass der Beklagte für seine mit erkennbar begrenztem Aufwand gewonnene unentgeltliche Kostenschätzung dieselbe Gewähr übernehmen wollte wie der gerichtliche Sachverständige nach zweimaliger Überprüfung seines hinsichtlich des Nachbesserungsaufwandes im Ergebnis vergleichbaren Ausgangsgutachtens.

3.Soweit der Beklagte zu der - in der Sache zutreffenden - Einschätzung, dass die verfahrensgegenständlichen Treppen mangelhaft waren, dadurch gelangt ist, dass er deren Zustand fälschlicherweise an einer für Eigenheime nicht geltenden Sicherheits- und Bequemlichkeitsregel gemessen hat, ist eine hierin liegende Pflichtverletzung für den Umfang des von den Klägern eingeleiteten selbständigen Beweisverfahrens nicht ursächlich geworden. Zwar spräche der Anscheinsbeweis dann für eine Ursächlichkeit zwischen Pflichtverletzung und Schaden, wenn für die Kläger schon aufgrund des vom Beklagten zugrunde gelegten Verstoßes gegen die Sicherheits- und Bequemlichkeitsregel bei vernünftiger Betrachtungsweise nur die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens in dem Umfang des Verfahrens 5 OH 7712/04 des LG Leipzig in Betracht gekommen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2008, IX ZR 12/05, Tn. 18). Allein die Qualifizierung des Mangels als Verstoß gegen die Sicherheits- und Bequemlichkeitsregel führt jedoch noch nicht zwangsläufig dazu, dass der Umfang der bei einer ersten Schätzung zugrunde zu legenden Mangelbeseitigungsarbeiten und -kosten höher ausfällt als für die Behebung einer unterschiedlichen Trittbreite von Treppenstufen erforderlich wäre. Dies ergibt sich jedenfalls daraus, dass auch der gerichtliche Sachverständige W### in seinem ersten Gutachten vom 25.6.2005, obwohl er die Anwendbarkeit der Sicherheits- und Bequemlichkeitsregel verneint hatte, zunächst wie der Beklagte die Neuerstellung beider Treppenläufe als erforderlich angesehen hatte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO. Die Kosten der Streithelferin der Beklagten behält diese entsprechend den §§ 101 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO zur Hälfte auf sich. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Streithelferin, soweit sie mit ihrem "Seitenwechsel" auf die Beklagtenseite ihren ursprünglich auf der Seite der Kläger vollzogenen Beitritt zurückgenommen hat, die Kosten der (ursprünglichen) Nebenintervention entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO selbst zu tragen hat (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 11.4.2008, 13 W 210/08, zitiert nach juris, Tn. 11).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist mangels eines Zulassungsgrundes gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht veranlasst. Die Entscheidung des Senats beruht auf einer - nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gebotenen - Würdigung von besonderen Umständen des zu entscheidenden konkreten Einzelfalls und wirft keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB §§ 276, 277, 280

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