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10.11.2010 · IWW-Abrufnummer 104191

Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 15.04.2010 – 1 Ta 70/10

1. Eine Rechtsverfolgung ist offensichtlich mutwillig i. S. v. § 11 a Abs. 2 ArbGG, wenn die Rechtsverfolgung bereits auf den ersten Blick keinen Erfolg haben kann.

2. Im Falle einer Klageerweiterung erfordert die Erstreckung der Prozesskostenhilfe einen ausdrücklichen Antrag des Klägers.


Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 04.01.2010 wird kostenpflichtig als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts für ihre Klage vom 18.12.2009, mit der sie festgestellt wissen will, dass die Kündigung des Beklagten vom 09.12.2009 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen über den 15.01.2010 fortbesteht. Sie rügt die Sozialwidrigkeit der Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG und macht geltend, da das Arbeitsverhältnis seit dem 01.07.2008 bestehe und in dem Betrieb des Beklagten mindestens sieben Mitarbeiter beschäftigt seien, finde das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Im Übrigen sei die Kündigung im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung ausgesprochen worden. Mit Schriftsatz vom 17.02.2010 hat die Klägerin die Klage um einen Zahlungsanspruch wegen ausstehenden Restlohns und Urlaubsgeld erweitert.

Das Arbeitsgericht Köln hat den Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 04.01.2010 mangels Erfolgsaussicht der Klage zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die streitgegenständliche Kündigung sei wirksam. Das Kündigungsschutzgesetz finde gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Anwendung. Die Voraussetzungen für eine Anwaltsbeiordnung gemäß § 11 a ArbGG seien ebenfalls nicht erfüllt.

Gegen den am 07.01.2010 zugestellten Beschluss hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 03.02.2010, eingegangen beim Arbeitsgericht Köln am 08.02.2010, sofortige Beschwerde eingelegt und diese mit weiterem Schriftsatz vom 08.02.2010 begründet. Sie trägt vor, sie erhalte aufgrund des Bewilligungsbescheides der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Köln, vom 26.01.2010 monatlich 437,70 - Arbeitslosengeld.

Das Arbeitsgericht Köln hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 26.02.2010 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde gegen den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 04.01.2010 ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO i. V. m. §§ 11 a Abs. 3 ArbGG, 46 Abs. 2 Satz 3 ArbGG, 569 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat sie indes keinen Erfolg.

1. Für die Gewährung von Prozesskostenhilfe sieht § 114 ZPO in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise vor, dass für die Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussicht bestehen muss (BVerfG v. 08.12.2009 - 1 BvR 2733/06 WM 2010, 208 m. w. W.; BAG v. 26.01.2006 - 9 AZA 11/05 - AP Nr. 81 zu § 233 ZPO 1977). Die Kündigungsschutzklage der Klägerin erfüllt diese Voraussetzung nicht. Sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

a) Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die insoweit darlegungsbelastete Klägerin die Voraussetzungen für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes nicht aufgezeigt hat. Nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG findet § 1 Abs. 2 KSchG auf Arbeitsverhältnisse, die nach dem 31.12.2003 begonnen haben, nur Anwendung, wenn der Arbeitgeber mehr als Arbeitnehmer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist erst weit nach dem Stichtag begründet worden und die Klägerin selbst gibt an, es seien Arbeitnehmer bei dem Beklagten beschäftigt. Mit der danach eindeutigen Rechtslage hat die Beschwerdebegründung sich auch nicht ansatzweise auseinandergesetzt.

b) Anhaltspunkte dafür, dass die streitgegenständliche Kündigung aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, sind von der Klägerin nicht dargelegt. In Betracht käme insoweit allenfalls ein Verstoß gegen Treu und Glauben i.S.v. § 242 BGB wegen des von der Klägerin dargestellten Zusammenhangs zu ihrer Erkrankung. Da Krankheit aber selbst unter Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes ein Kündigungsgrund sein kann, folgt daraus zwangsläufig, dass dieser Aspekt allein keinen Verstoß gegen Treu und Glauben rechtfertigt. Es wäre Aufgabe der Klägerin gewesen, insoweit besondere Umstände aufzuzeigen, die die Kündigung als rechtsmissbräuchlich ausweisen könnten. Insoweit fehlt jeglicher substantiierter Sachvortrag.

2. Soweit in der Beschwerdebegründung Ausführungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin gemacht werden, sind diese angesichts der schon fehlenden Erfolgsaussicht der Klage unerheblich.

3. Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch von einer Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 11 a Abs. 1 ArbGG abgesehen.

Gemäß § 11 a Abs. 1 ArbGG kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn die Gegenpartei durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Von einer Beiordnung ist indes abzusehen, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich mutwillig ist, § 11 a Abs. 2 ArbGG. Die Voraussetzungen dieser Ausnahme sind erfüllt, wenn die Rechtsverfolgung auf den ersten Blick erfolglos ist (LAG Düsseldorf v. 29.10.1986 - 14 Ta 245/86 - LAGE § 11 a ArbGG 1979 Nr. 4; Germelmann/Matthes/Prütting/ Müller-Glöge, ArbGG, 7. Aufl. 2010 § 11 a Rn. 69). So liegt der Fall hier. Die fehlende Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ergibt sich aus der gesetzlichen Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG. Andere Unwirksamkeitsgründe bezüglich der streitgegenständlichen Kündigung kommen jedenfalls mangels konkreten Sachvortrags nicht zum Tragen.

4. Über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den von der Klägerin im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten Zahlungsantrag war im Beschwerdeverfahren nicht zu entscheiden. Bei einer Klageerweiterung muss die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auch auf diesen Antrag ausdrücklich beantragt werden (LAG Köln v. 15.10.2007 - 11 Ta 287/07 - bei juris; Zöller/Geimer, 28. Aufl., 2010, § 119 Rn. 14 m.w.N.). Einen solchen Antrag hat die Klägerin bisher nicht gestellt. Aus diesem Grund kann auch dahingestellt bleiben, ob für das zwischenzeitlich zum Ruhen gebrachte Verfahren überhaupt Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann (vgl. dazu LAG Hamm v. 11.11.2003 NZA-RR 2004, 102).

III.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin musste nach alledem mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückgewiesen werden.

IV.

Gegen diesen Beschluss ist mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde, für die kein Anlass besteht, ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben (§ 78 Satz 2 ArbGG i. V. m. §§ 72 Abs. 2 ArbGG, 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

Dr. vom Stein

RechtsgebieteZPO, ArbGG, KSchGVorschriften§ 114 S. 1 ZPO § 117 Abs. 1 ZPO § 11a Abs. 2 ArbGG § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG

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