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21.12.2010 · IWW-Abrufnummer 104111

Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 13.08.2010 – I-22 U 44/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Düsseldorf

I-22 U 44/10

Tenor: Auf die Berufung des Beklagten wird das am 28. Januar 2010 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 653,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.07.2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden dem Kläger zu 90 %, dem Beklagten zu 10 % auferlegt. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 40 %, der Beklagte 60 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen am 04.11.2007 unter Ausschluss der Gewährleistung von dem Beklagten erworbenen Gebrauchtwagen der Marke Opel Corsa B zu einem Kaufpreis in Höhe von 6.000,00 €.
Nach Übergabe des Fahrzeugs stellte der Kläger zahlreiche Mängel fest. Er erneuerte zwei Radlager für 76,80 €, erwarb zwei Radnaben für je 131,90 € und ließ für 20,00 € die Bremsen neu einstellen. Im Frühjahr 2008 wurde das Fahrzeug nach einer Polizeikontrolle durch die DEKRA-Prüfstelle überprüft. Der Kläger meldete das Fahrzeug danach ab, weil die Fahrzeugpapiere gefälscht waren. Für den Stellplatz des Fahrzeugs zahlte er 50,00 €.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.04.2008 erklärte der Kläger wegen der Mängel und der falschen Papiere den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Der Beklagte wurde vom Amtsgericht Hagen in dem Verfahren 84 Cs 232 Js 30/07 – 3003/07 wegen Fälschung von TÜV-Eintragungen in den Fahrzeugpapieren verurteilt.
Nach der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 15.08.2008 vereinbarten die Parteien, dass der Kläger dem Beklagten das Fahrzeug für 30 Tage zum Zwecke der Nachbesserung übergibt. Der Kläger übergab das Fahrzeug am 07.09.2008, der Beklagte kam jedoch seiner Verpflichtung trotz einer Nachfristsetzung bis zum 14.11.2008 und einer weiteren Frist zur Nacherfüllung bis zum 04.12.2008 zunächst nicht nach. Erst im Frühjahr 2009 bemühte sich der Beklagte, die TÜV-Abnahme für das Fahrzeug zu erlangen. Diese erfolgte am 28.04.2009 nach der Begutachtung durch den TÜV-Nord. Am 06.06.2009 übergab der Beklagte dem Kläger das Fahrzeug, welcher es seinerseits dem TÜV vorstellte und sodann eine Frist zur Nacherfüllung wegen angeblicher Mängel bis zum 04.09.2009 setzte. Am 08.10.2009 wurde dem Kläger bei einer Polizeikontrolle die Weiterfahrt untersagt, weil die Leuchtweitenregulierung nicht funktionierte, die Stoßstange unsachgemäß angebracht war und die Karosserie zu tief lag.
Der Kläger hat behauptet, bei der TÜV-Kontrolle am 12.06.2009 seien diverse Mängel festgestellt worden. Darüber hinaus weiche die im Fahrzeugschein angegebene Schadstoffklasse von der tatsächlichen ab.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.05.2008 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs Opel Corsa B, Fahrzeugidentifikationsnummer WOLOSBF08W4049575,
2. festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziffer 1 genannten PKW im Annahmeverzug befindet,
3. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 441,10 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.07.2008 zu zahlen,
4. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 603,93 € vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.07.2008 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat eingewandt, die Heckstoßstange sei bereits beim Verkauf "angesengt" gewesen, sie sei neu lackiert worden. Für die Motoreintragung sei eine neue, serienmäßige Auspuffanlage ordnungsgemäß vor der Begutachtung durch den TÜV Süd eingebaut worden. Eine bestimmte Schadstoffklasse sei nicht vereinbart worden.
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten (603,93 €), der Kosten für die Unterstellung des Fahrzeugs (50,00 €) und der Verwendungen des Klägers für zwei Radlager (76,80 €) und zwei Radnaben (263,80 €) sowie der Kosten für eine Bremseinstellung (20,00 €) stattgegeben, sie im übrigen jedoch abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe ein Rücktrittsrecht nicht zu. Er habe jedoch Anspruch auf Erstattung seiner vergeblichen Verwendungen für das Fahrzeug. Die Kosten für das Unterstellen des Fahrzeugs seien erforderlich gewesen, da der Kläger es wegen der gefälschten Fahrzeugpapiere habe abmelden müssen. Bei den Zahlungen für Radlager und Radnaben handele es sich um notwendige Verwendungen für den Erhalt der Funktionsfähigkeit und Sicherheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Dies gelte auch für die Einstellung der Bremsen. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten seien zu erstatten, da die Einschaltung eines Rechtsanwalts wegen des schwerwiegenden Gesetzesverstoßes des Beklagten in Form der zugestandenen Fälschung der Eintragungen in den Fahrzeugpapieren erforderlich gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil der Kammer vom 22.12.2009 Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er macht geltend, dem Kläger könne ein Anspruch auf Verwendungsersatz nicht zustehen, da es nicht zur Rückabwicklung des Vertrages gekommen sei. Darüber hinaus könne er auch deshalb keinen Ersatz für seine Verwendungen verlangen, weil es sich bei den Radlagern und Radnaben um Verschleißteile handele und das Fahrzeug unter Ausschluss der Gewährleistung verkauft worden sei; dies gelte auch für die Kosten der Bremseinstellung. Die Kosten für das Unterstellen des Fahrzeugs seien zwar ursprünglich geltend gemacht worden. Die Parteien hätten sich aber im Termin vom 15.08.2008 vor dem Landgericht dahin geeinigt, dass er, der Beklagte, nachbessern dürfe, was er auch getan habe. Er habe damit die Verpflichtung aus dem Vergleich erfüllt. Mit dessen Erfüllung sei der Anspruch des Klägers auf Erstattung der Unterstellkosten untergegangen. Schließlich sei auch kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten gegeben. Der ursprüngliche Verzug sei durch den Vergleich aufgehoben worden.
Der Beklagte beantragt,
das am 28.01.2010 verkündete Urteil des Landgerichts Wuppertal abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Feststellungen des Landgerichts hinsichtlich des ihm zuerkannten Zahlungsanspruchs für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung des Beklagten vom 19.04.2010 (Bl. 172 ff. GA) und die Berufungserwiderung des Klägers vom 12.05.2010 (Bl. 182 f. GA).
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat überwiegend keinen Erfolg. Dem Kläger steht gemäß § 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 603,93 € und der Unterstellkosten in Höhe von 50,00 € zu. Lediglich der Anspruch auf Ersatz der von ihm getätigten Verwendungen ist nicht begründet, die Berufung hat damit nur in Höhe von 410,60 € Erfolg, wobei ein Teilbetrag in Höhe von 50,00 € auf einem Rechenfehler des Landgerichts beruht.
1. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz der ihm durch die vorgerichtliche Einschaltung eines Rechtsanwalts entstandenen Kosten. Ein solcher Kostenerstattungsanspruch kann sich aus Vertrag, Verzug, positiver Vertragsverletzung (§ 280 BGB), culpa in contrahendo (§ 311 BGB) oder Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 28. Aufl., vor § 91, Rn. 11). Im vorliegenden Fall sind die Parteien durch einen Kaufvertrag miteinander verbunden. Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus § 280 Abs. 1 BGB. Der Beklagte hat sich vertragswidrig verhalten; er hat ein mangelhaftes Fahrzeug übergeben, da dieses wegen der Fälschungen im Fahrzeugschein nicht zur gewöhnlichen Verwendung geeignet war und die Gewährleistungsrechte wegen des vorsätzlichen Handelns des Beklagten nicht ausgeschlossen waren. Dem Kläger standen daher die sich aus §§ 434 Abs. 1, 437, 440 BGB ergebenden Gewährleistungsansprüche zu. Einer vorherigen Fristsetzung zur Nacherfüllung bedurfte es ausnahmsweise nicht, da eine Nachbesserung für den Kläger mit Blick auf die vorangegangene Täuschung nicht zumutbar war (vgl. BGH Urteil v. 12.03.2010, Aktenzeichen V ZR 147/09, zitiert nach juris, dort Rn. 9; Urteil v. 08.12.2006, Aktenzeichen V ZR 249/05, zitiert nach juris, dort Rn. 12, 13). Neben dem Rücktrittsrecht aus § 437 Nr. 2 BGB wegen der Lieferung einer mangelhaften Sache stand dem Kläger gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Ersatz solcher Schäden zu, die nicht an der mangelhaften Kaufsache entstanden sind (Begleitschaden). Dazu gehören die Kosten für die vorgerichtliche Einschaltung des Prozessbevollmächtigten des Klägers. Zur Durchsetzung seiner Gewährleistungsrechte durfte der Kläger die Einschaltung eines Rechtsanwalts für erforderlich halten.

Aufgrund der Rücktrittserklärung des Klägers ist das Vertragsverhältnis der Parteien zunächst in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt worden. Nach dem Termin vor dem Landgericht vom 15.08.2008 haben sich die Parteien (außergerichtlich) einvernehmlich auf eine Mängelbeseitigung durch den Beklagten verständigt, wodurch das Recht des Klägers zum Rücktritt erloschen ist (vgl. BGH Urteil vom 12.03.2010, Aktenzeichen V ZR 147/09, zitiert nach juris, dort Rn. 10). Der Beklagte ist seiner Verpflichtung zur Nacherfüllung zwar nicht in der ihm vom Kläger gesetzten Frist nachgekommen, jedoch hat der Kläger das Fahrzeug von ihm entgegen genommen, ohne zuvor die ihm nach Ablauf der Frist zur Nacherfüllung stehenden Rechte geltend zu machen. Im Zeitpunkt seiner erneuten Rücktrittserklärung vom 07.09.2009 lagen nach den unangefochtenen Feststellungen des Landgerichts in seinem Urteil vom 28.01.2010 die Voraussetzungen für einen Rücktritt nicht vor, da keine Mängel an dem Fahrzeug vorhanden waren, die nicht von dem im Kaufvertrag vereinbarten Gewährleistungsausschluss umfasst waren.
Die ursprünglichen weiteren Ansprüche des Klägers wegen des vertragswidrigen Verhaltens des Beklagten sind demgegenüber nicht durch die einvernehmlich durchgeführte Mängelbeseitigung erloschen. Der Kläger hat durch sein Einverständnis lediglich auf sein Rücktrittsrecht verzichtet, nicht aber auf Ansprüche wegen anderer, ihm durch das vertragswidrige Verhalten des Beklagten entstandener Nachteile. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die – wenngleich auf Vorschlag des Landgerichts – letztlich von den Parteien selbst herbeigeführte Einigung zur Abgeltung auch solcher Ansprüche erklärt worden ist.
Dies gilt gleichermaßen für den Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Unterstellen des Fahrzeugs in Höhe von 50,00 €. Auch diese Kosten sind durch die Pflichtverletzung des Beklagten verursacht worden und deshalb als Schaden zu ersetzen.
2. Weitere Ansprüche auf Erstattung von Verwendungen gemäß § 347 Abs. 2 BGB kommen dagegen nicht in Betracht. Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien wird in Ermangelung eines wirksamen Rücktritts nicht rückabgewickelt. Der Kläger kann die Kosten für die Beschaffung von Ersatzteilen und für das Einstellen der Bremse auch nicht als Schadenersatz geltend machen. Denn diese Kosten betreffen Mängel am Kaufgegenstand, für die die Regelungen in §§ 434 ff. BGB gelten. Da eine Gewährleistung im Kaufvertrag ausgeschlossen worden ist, haftet der Beklagte für diese Mängel nicht, § 444 BGB.
3. Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 284, 286 BGB.
4. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 434 Abs. 1 BGB § 437 Nr. 2 BGB § 437 Nr. 3 BGB

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