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01.12.2010 · IWW-Abrufnummer 103577

Amtsgericht Mosbach/Baden: Urteil vom 19.08.2010 – 1 C 49/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


1 C 49/10
Amtsgericht Mosbach
Urteil
In dem Rechtsstreit XXX
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Mosbach durch die Direktorin des Amtsgerichts Dr. Heneka
auf die mündliche Verhandlung vom 22.07.2010
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt 862,05 Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 1.10.2009 zu bezahlen..
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Auszahlung des Rückkaufwertes einer Restschuldversicherung.
Mit Beschluss vom 02.10.2008 eröffnete das Amtsgericht Mosbach über das Vermögen der Frau XXXXXXX (nachfolgend Insolvenzschuldnerin genannt) das Verbraucherinsolvenzverfahren (AZ: 1 IK 187/08) und ernannte den Kläger zum Treuhänder.
Am 05.03.2007 schloss die Insolvenzschuldnerin bei der C-Bank, Rechtsvorgängerin der Beklagten, einen Ratenkreditvertrag ab, welcher eine Restschuldversicherung beinhaltete. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Kreditlebensversicherung gegen Einmalbetrag (ABEB04) sowie Versicherungsbedingungen für Arbeitslosigkeitsversicherung (KLVAL04) der Beklagten zugrunde. Auf S. 1 des Vertrages ist geregelt, dass Beitragszahler und bezugsberechtigt für alle Leistungen der Versicherungsnehmer sei. Des weiteren findet sich an gleicher Stelle folgende Formulierung: „Die Kreditentscheidung der Bank ist in keiner Weise beeinflusst vom Abschluss und Fortbestand dieser Versicherung.“ Ebenfalls findet sich oben rechts auf dem Formular folgende Regelung: „Dieser Vertrag gilt nur in Verbindung mit dem gleichzeitig bei der C-Bank (C-bank aufgenommenen Kredit (versichertes Kreditkonto) und dient der Absicherung dieses Kredits.“ In § 10 KLVAL04 ist geregelt, dass der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen kündigen kann. Weiter heiβt es, „nach der Kündigung wird die zum Kündigungstermin berechnete Rückvergütung dem versicherten Kreditkonto gutgeschrieben“. Gem. § 5 Ziff. 2 ABEB04 wird die Rückvergütung im Falle einer Kündigung dem versicherten Kreditkonto gutgeschrieben.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens meldete die Beklagte ihre Forderung aus dem Darlehensvertrag zur Insolvenztabelle an. Mit Schreiben vom 21.09.2009 (AS. 17) kündigte der Kläger die Restschuldversicherung und bat um Anweisung der Rückvergütung in Höhe von 862,05 Euro auf das Insolvenzanderkonto bis zum 30.09.2009. Der Kläger wies darauf hin, dass die Rückvergütung der Restschuldversicherung ausschließlich der Insolvenzmasse zustehe.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten verweigerte die Auszahlung des Rückkaufwertes. Mit Schreiben vom 13.11.2009 (AS 21) teilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit, dass die Restschuldversicherung wunschgemäβ aufgelöst wurde und der Rückkaufwert 862,05 EUR betrage. Unter Hinweis auf § 10 KLVAL04 i.V.m. § 5 Abs. 2 ABEB04 der Versicherungsbedingungen verrechnete die Rechtsvorgängerin der Beklagten diesen Rückkaufswert mit der bestehenden Kreditforderung und reduzierte entsprechend die angemeldete Forderung.
Der Kläger behauptet, die Beklagte sei zur Auskehr des Rückkaufwertes verpflichtet und befinde sich seit 01.10.2009 mit der Rückzahlung in Verzug. Er ist der Ansicht, dass die von der Beklagten verwendete Klausel überraschend und damit gemäß § 305 c BGB unwirksam sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 862,05 EUR nebst 8 % Zinsen über dem Basiszins seit 01.10.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe den Rückkaufswert dem versicherten Kreditkonto gutschreiben dürfen, weil sich aus § 5 Ziff. 2 ABEB04 eine unwiderrufbare Zahlungsanweisung ergebe. Dies ergebe sich aus dem Vertragszweck. Der Kläger sei unter keinem Gesichtspunkt berechtigt, die Forderung zur Masse einzuziehen. Die Beklagte befinde sich daher nicht in Verzug.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Auszahlung Rückkaufwerts aus der Kreditlebensversicherung.
Die Frage, ob nach Kündigung der Restschuldversicherung der Rückkaufswert dem Kreditinstitut oder der Insolvenzmasse zusteht, hängt davon ab, ob die in den dem Versicherungsvertrag zu Grunde liegenden AVB geregelte Leistungsbestimmung zu Gunsten des versicherten Kreditkontos eine unwiderrufliche Anweisung darstellt oder nicht. Denn nur bei einer Festlegung des Bezugsrechts als unwiderruflich erwirbt der Bezugsberechtigte zugleich die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag, während der Begünstigte andernfalls lediglich die Hoffnung auf eine künftige Leistung erwirbt, aus der er im Falle des Widerrufs keinerlei Rechte ableiten kann (Jacob jurisPR-VersR 4/2010 Anm. 4 m.w.N.).
Teilweise wird in der Rechtsprechung vertreten, dass es sich bei der Regelung des § 5 Abs. 2 der Versicherungsbedingungen um eine unwiderrufliche Verrechnungsabrede handele, die nicht einseitig kündbar sei und im Ergebnis auf ein unwiderrufliches Bezugsrecht zu Gunsten der Versicherung hinauslaufe, die das Bezugsrecht des Versicherungsnehmers beschränke. Dies ergebe sich aus Sinn- und Zweck des Versicherungsvertrages, da die Restschuldversicherung nur der Finanzierung des Kreditbetrages diene. Dieser Sicherungszweck könne nur gewahrt werden, wenn das Bezugsrecht als unwiderruflich angesehen werde. Die Klausel benachteilige den Kreditnehmer nicht unangemessen und sei auch nicht überraschend. Die Versicherung erwerbe diesen Anspruch auch bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens und nicht erst mit Kündigung durch den Insolvenzverwalter. Schließlich liege weder ein Verstoß gegen insolvenzrechtliche Vorschriften vor noch eine unzulässige Aufrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 und 3 InsO vor (st. Rspr. LG Düsseldorf z.B. Urteil vom 31.03.2010 23 S 119/09; Urteil vom 26.02.2010 22 S 257/09; Jacob, Anmerkung zum Urteil des LG Düsseldorf vom 20.01.2010, Jacob jurisPR-VersR 4/2010 Anm. 4 und jurisPR-VersR 1/2010 Anm. 1 jeweils mit weiteren Nachweisen).
Teilweise wird vertreten, dass ein entsprechender Anspruch des Insolvenzverwalters bzw. Treuhänders besteht, da weder dem Wortlaut noch dem Vertragszweck eine unwiderrufliche Bezugsberechtigung der Bank bzw. der Versicherung entnommen werden kann und die Klausel im Hinblick auf das ausweislich des Versicherungsvertrags dem Versicherungsnehmer bzw. Insolvenzschuldner zustehende Bezugsrecht überraschend und damit unwirksam sei (LG Memmingen Urteil v. 06.05.2009 BeckRS 2009, 87599; LG Lüneburg Beschluss v. 26.03.2008 1 T 47/08). Im Übrigen werde der Betrag dem Kreditkonto gutgeschrieben, dessen Inhaber der Insolvenzschuldner sei und der gemäß §§ 80, 81 InsO hierüber nicht mehr verfügen dürfe (so AG Memmingen Urteil v. 25.11.2008 BeckRS 2009/25662). Zum Teil wird auch vertreten, dass in § 5 Abs. 2 der Bedingungen ein Auftragsverhältnis des Versicherungsnehmers mit der Lebensversicherung begründet werde, welches ohnehin mit Eröffnung der Insolvenz gemäß §§ 115, 116 InsO erloschen sei, mindestens aber durch Kündigung des Insolvenzverwalters widerrufen. Auch eine Aufrechnung gemäß § 96 InsO komme nicht in Betracht, da die Bank erst nach Eröffnung der Insolvenz etwas zur Masse schuldig geworden sei (AG Düsseldorf, Urteil v. 18.12.2007 BeckRS 2009, 00002).
Das Gericht folgt im Ergebnis der zuletzt genannten Ansicht.
Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus 816 Abs. 2 BGB und §§ 143 InsO i.V.m. 812 BGB.
Die Versicherung hat an die Beklagte gemäß § 816 Abs. 2 BGB als Nichtberechtigte geleistet, da der Rückkaufwert nicht der Beklagten sondern der Insolvenzmasse zustand. Indem der Kläger die Beklagte direkt zur Zahlung aufforderte liegt zumindest eine konkludente Genehmigung der Zahlung der Versicherung an die Beklagte. Im übrigen hat der Kläger die Zahlung an die Beklagte wirksam angefochten, da die Zahlung an die Beklagte nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurde und die Beklagte so eine Befriedigung erlangt hat, die sie nicht beanspruchen konnte, vgl. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
Der Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswerts gehört zur Insolvenzmasse gemäß § 35 Abs. 1 InsO. Bei Lebensversicherungen steht der Anspruch auf den Rückkaufwert im Fall einer widerruflichen Bezugsberechtigung der Insolvenzmasse zu (BGH st. Rspr Beschluss v. 27.04.2010 BeckRS 2010, 1257). Im Falle eines unwiderruflichen Bezugsrechts erwirbt der Begünstigte eines Lebensversicherungsvertrages den Anspruch mit Eintritt des Versicherungsfalles originär (BGH a.a.O m.w.N.). Die Beklagte hat kein unwiderrufliches Bezugsrecht bezüglich des Rückkaufwerts der Lebensversicherung.
Ausgehend von § 5 Ziff 2 bzw. 10 der Versicherungsbedingungen soll die Rückvergütung dem Kreditkonto gutschrieben werden. Gemäß § 159 VVG kann der Versicherungsnehmer, hier die Insolvenzschuldnerin, ein widerrufliches bzw. unwiderrufliches Bezugsrecht eines Dritten bestimmen.
Die Auslegung der Versicherungsbedingungen gemäß §§ 133, 157 BGB nach Maßgabe des Parteiwillens bei Abschluss der Restschuldversicherung ergibt kein unwiderrufliches Bezugsrecht der Beklagten. Ausgehend vom Wortlaut der Bedingung soll die Rückvergütung dem Kreditkonto gutschrieben werden. Inhaber des Kreditkontos ist aber nicht die Beklagte sondern die Insolvenzschuldnerin. Darüber hinaus ist im Vertrag angegeben, dass bezugsberechtigt der Versicherungsnehmer und damit die Insolvenzschuldnerin ist. Auch eine Unwiderruflichkeit ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen.
Auch aus dem Vertragszweck ergibt sich kein unwiderrufliches Bezugsrecht der Beklagten. Zwar wurde die Versicherung zunächst aus dem Kreditkonto finanziert und gilt auch nur im Zusammenhang mit dem bei der Beklagten abgeschlossenen Kreditvertrag, doch ist hieraus der Schluss auf ein unwiderrufliches Bezugsrecht der Beklagten bzw. ein durch das Bezugsrecht der Beklagten beschränktes Bezugsrecht der Insolvenzschuldnerin nicht geboten. Die Kreditversicherung sichert nach ihrem Zweck die Rückführung des Kredits im Falle des Todes, der Arbeitsunfähigkeit oder der Arbeitslosigkeit des Kreditnehmers, das mögliche Ausfallrisiko der Beklagten im Falle der Insolvenz des Kreditnehmers ist nicht ausdrücklich geregelt. Im Übrigen ergibt sich aus dem Passus des Vertrages, dass die Kreditentscheidung der Beklagten nicht vom Abschluss oder Fortbestand der Kreditlebensversicherung abhänge, zumindest mittelbar, dass der Kreditvertrag und der Versicherungsvertrag unabhängig voneinander sind, mit dem Ergebnis, dass die Beklagte gerade nicht von einer Absicherung des Insolvenzrisikos ausgeht. Darüber hinaus entspricht die Zuführung des Rückkaufswerts zur Insolvenzmasse gerade dem Interesse des Insolvenzschuldners, um beispielsweise entstehende Verfahrenskosten abdecken zu können und eine gleichrangige Befriedigung der Gläubiger uns schließlich eine Restschuldbefreiung zu erlangen.
Gerade die konkrete Ausgestaltung des Vertrages in § 5 Abs. 2 der Bedingungen, nämlich eine Weisung des Versicherungsnehmers an seine Versicherung, den Rückkaufwert dem Kreditkonto gutzuschreiben, spricht gegen das von der Beklagten angenommene unwiderrufliche Bezugsrecht, denn ein Recht der Beklagten wird nicht begründet, auch wenn die Gutschrift des Betrages der Beklagten zugutekommt. Schließlich hat es die Beklagte selbst in der Hand, eine Versicherung zu ihren Gunsten abzuschließen, um auch das Insolvenzrisiko abzudecken oder sich etwaige Ansprüche im Voraus abtreten zu lassen. Dies hat sie ersichtlich nicht getan. Damit liegt es in ihrem Risikobereich, dass im Falle der Insolvenz, die Absicherung des Kredites fehlschlägt (so auch AG Düsseldorf BeckRS 2009 00002).
Wenn man gleichwohl in § 5 Abs. 2 der Bedingungen ein unwiderrufliches Bezugsrecht der Beklagten sehen wollte, wäre die Klausel gemäß § 305 c BGB überraschend, da in den Versicherungsbedingungen der Fall der Insolvenz nicht geregelt ist und im Versicherungsvertrag der Versicherungsnehmer/Insolvenzschuldner als bezugsberechtigt bezeichnet ist. Der Versicherungsnehmer muss nicht damit rechnen, dass auch im Falle der Insolvenz, eine Absicherung der kreditgewährenden Bank erfolgt.
Zwar liegt in Anbetracht der vollständigen Erfüllung des Versicherungsvertrages durch Zahlung des Einmalbetrages wohl kein Fall des § 103 InsO vor, so dass ein Wahlrecht des Insolvenzverwalters nicht mehr bestehen dürfte, ob der Vertrag erfüllt wird. Allerdings liegt entgegen der Auffassung der Beklagten in § 5 Abs. 2 der Bedingungen auch keine unwiderrufliche Zahlungsanweisung des Versicherungsnehmers. Eine unwiderrufliche Zahlungsanweisung ist lediglich in § 783 BGB geregelt, was vorliegend ersichtlich nicht gegeben ist. Die hier geregelte Anweisung (also ein durch Allgemeine Geschäftsbedingungen geregelter Auftrag) ist gemäß § 115 InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erloschen, da der Rückkaufwert mangels unwiderruflicher Bezugsberechtigung der Beklagten in die Insolvenzmasse fällt. Jedenfalls ist aber die Anweisung durch Kündigung des Insolvenzverwalters wirksam widerrufen worden, da mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht der Insolvenzschuldnerin den Widerruf zu erklären und Zahlung an sich zu verlangen, gemäß §§ 80, 81 InsO auf den Insolvenzverwaltern übergegangen ist (so auch LG Memmingen a.a.O; AG Memmingen a.a.O und AG Düsseldorf a.a.O).
Damit hat die Beklagte eine Leistung erhalten, die der Insolvenzmasse zusteht, denn die Versicherung hat an die Beklagte als Nichtberechtigte geleistet.
Die Beklagte kann auch nicht mit ihren Darlehensansprüchen aufrechnen, da sie gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 nur durch die anfechtbare Auszahlung des Betrages an Sie und damit durch eine anfechtbare Rechtshandlung die Möglichkeit der Aufrechnung erlangt hat.
Die Klage ist daher umfänglich begründet. Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 288, 286 BGB aus Verzug begründet.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 , 711 ZPO.
Dr. Heneka
Direktorin des Amtsgerichts

RechtsgebietBGBVorschriften§ 305c BGB, §§ 133, 157 BGB

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