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03.11.2010 · IWW-Abrufnummer 103496

Oberlandesgericht Naumburg: Urteil vom 17.07.2010 – 9 U 164/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


OLG Naumburg

Urteil vom 17.07.2007

9 U 164/06

In dem Rechtsstreit

...

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 2007 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Klier, des Richters am Oberlandesgericht Dr. Tiemann und des Richters am Landgericht Lienau

für Recht erkannt:

Auf die Berufungen der Beklagten (9 U 164/06 und 9 U 48/07) werden - unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel - das am 17. November 2006 verkündete Teilurteil und das am 27. Februar 2007 verkündete Schlussurteil des Landgerichts Magdeburg - 31 O 284/05 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin wird unter Abweisung der weitergehenden Widerklage verurteilt, an die Beklagte 46.231,73 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. März 2006 zu zahlen.

Die Berufung der Klägerin (9 U 37/07) gegen das am 27. Februar 2007 verkündete Schlussurteil des Landgerichts Magdeburg - 31 O 284/05 - wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Klägerin 80 % und die Beklagte zu 20 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 78 % und der Beklagten zu 22 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 136.744,31 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten restliches Architektenhonorar. Die Beklagte nimmt die Klägerin auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit Architektenleistungen in Anspruch.

Die Klägerin ist auf dem Gebiet der Bauplanung tätig. Die Beklagte ist eine auf der Grundlage von Fördermitteln tätige Gesellschaft, die mit der Verwirklichung geförderter Vorhaben befasst ist. Die Beklagte beabsichtigte im Jahr 2004 den Neubau eines Leichtathletikzentrums mit Rundlaufbahn und Wurfhalle im Sportkomplex E. in M. . Bestandteil der Finanzierung dieses Vorhabens waren u. a. Fördermittel der Arbeitsverwaltung in Höhe von 500.000 Euro im Zusammenhang mit einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM).

Mit den Architektenleistungen für das Bauvorhaben beauftragte die Beklagte zunächst die P. GmbH & Co. KG (im Folgenden: P. ) aus M. , welche eine Vor-, Entwurfs- und Genehmigungsplanung erstellte. Wegen weiterer Architektenleistungen kam es nachfolgend zwischen dem von der Beklagten mit der Projektsteuerung betrauten Dipl.-Ing. A. R. und dem Geschäftsführer der Klägerin zu Vertragsverhandlungen. Im Mai 2004 ließ der Ingenieur R. der Klägerin den Entwurf eines schriftlichen Architektenvertrags zukommen, welcher auf Seiten der Klägerin am 1. Juni 2004 unterzeichnet wurde. Die Vertragsurkunde (Bd. I Bl. 7 bis 12 d. A.) sah u. a. folgende Regelungen vor:

"... § 1 Gegenstand des Vertrages und Leistungen des Architekten

1.1 ... Der Architekt garantiert eine Baukostenobergrenze gemäß den anrechenbaren Baukosten der anliegenden Honorarermittlung von 4.263.000,00 € zuzüglich der Mehrwertsteuer für die Kostengruppen 300 und 400. Für eine von ihm zu verantwortende Überschreitung haftet er.

1.2 Der Architekt wird vom Bauherrn mit nachfolgenden Architektenleistungen beauftragt: - Lph 5 Ausführungsplanung - Lph 6 Vorbereitung der Vergabe ...

Erarbeiten und Einreichen der Vorlagen für die nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlichen Genehmigungen ...

Soweit die Parteien keine abweichende Vereinbarung treffen, gilt für Inhalt und Umfang der werkvertraglichen Leistungspflichten das Leistungsbild des § 15 Abs. 2 HOAI entsprechend.

1.3 Im Rahmen seiner vertraglichen Aufgaben hat der Architekt gegenüber dem Bauherrn eine umfassende Unterrichtungspflicht. Wenn erkennbar wird, dass die ermittelten Baukosten oder der vom Bauherrn bekannt gegebene wirtschaftliche Rahmen überschritten werden, ist der Architekt verpflichtet, den Bauherrn unverzüglich zu informieren. ... Eine weitere Beauftragung der Lph 7 - 9 behält sich der Bauherr vor ...

5.3 Der Architekt haftet nicht für Mängel resultierend aus den Leistungsphasen 1 - 4. ...

§ 7 Vorzeitige Auflösung des Vertrages Der Vertrag ist für den Bauherrn jederzeit, für den Architekten nur aus wichtigem Grund kündbar. Die Kündigung bedarf der Schriftform. Hat der Architekt die Kündigung zu vertreten, so hat er nur Anspruch auf Vergütung der bis dahin erbrachten Leistungen, wenn die Leistungen brauchbar sind und einen selbständigen Wert besitzen ... Die gesamte Vertragswirksamkeit sowie Inhalt/Umfang wird in Abhängigkeit des Fördermittelbescheides gesetzt. ...".

Die Klägerin hatte am 1. Juni 2004 bereits mit der Planungsarbeit begonnen. Sie hatte im Büro des Projektsteuerers R. Einblick in die Zeichnungen der P. genommen und Bedenken gegen deren Kostenberechnung nicht vorgebracht. Am 9. Juli 2004 forderte das Landesverwaltungsamt die Beklagte auf, die Architektenleistungen ab Leistungsphase 5 im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens zu vergeben. Der Projektsteuerer R. setzte den Geschäftsführer der Klägerin daraufhin vom Erfordernis einer Ausschreibung in Kenntnis.

Mit Anschreiben vom 20. Juli 2004 übersandte die Beklagte der Klägerin den Ausschreibungstext mit dem Hinweis, dass eine Vergabe der Architektenleistungen in einem nicht offenen Verhandlungsverfahren unter Aufforderung von fünf Büros zur Abgabe von Bewerbungsunterlagen beabsichtigt sei. Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen war ein "Finanzierungs- und Kostenplan", welcher Fördermittel der Arbeitsverwaltung in Höhe von 450.000,00 € auswies. Mit Schreiben vom 2. August 2004 bewarb sich die Klägerin um den Zuschlag. Im Rahmen einer Besprechung am 22. September 2004 stellte die Jury die Klägerin als am besten geeignete Bewerberin fest und beauftragte die Beklagte, einen Architektenvertrag auszuarbeiten.

Mit Schreiben vom 28. September 2004 setzte die Beklagte die Klägerin darüber in Kenntnis. In diesem Schreiben (Bd. II Bl. 20 d. A.) heißt es u.a.: "Wir bitten um Verständnis, dass die offizielle Beauftragung erst nach Ablauf der Einspruchsfrist erfolgen kann". Am 30. September 2004 unterzeichnete der Geschäftsführer der Beklagten sodann die auf Seiten der Klägerin bereits am 1. Juni 2004 unterschriebene Vertragsurkunde (Bd. II Bl. 5 d. A.; LG-Teilurteil S. 3). Am 20. Oktober 2004 fand eine Beratung statt, an welcher der Projektsteuerer R. und der Geschäftsführer der Klägerin teilnahmen. Ausweislich des von der Klägerin gefertigten Protokolls (Bd. II Bl. 21 d. A.) wurde festgehalten, dass entsprechend den Forderungen der Bundesagentur für Arbeit für eine ABM Leistungsverzeichnisse vorab zu übergeben seien. Die Fördermittel dafür sollten in Zusammenarbeit mit der Klägerin beantragt werden. Die Klägerin erhielt in diesem Zusammenhang einen Zusatzauftrag, für den sie am 26. November 2004 eine Honorarrechnung über 34.800,00 € legte. Mit selbem Datum übergab sie der Beklagten die Leistungsverzeichnisse für den Fördermittelantrag.

Im Folgenden stellte sie mit Schreiben vom 17. Januar 2005 eine "Aufteilung der Lose zur Absicherung der ABMaßnahme" dar, die sie in einem Schreiben vom 4. März 2005 (Bd. II Bl. 24 d. A.) näher konkretisierte. Am 2. Mai 2005 schlossen die Parteien eine mit "Nachtrag zum Architektenvertrag Honorarangebot vom 01.06.04" überschriebene Vereinbarung über die Vergütung neuer Leistungsverzeichnisse. In der Vertragsurkunde heißt es: " ... wird der bereits geschlossene Architektenvertrag wie folgt erweitert: § 3.4 Besondere Leistung ... Die weiteren Punkte des bestehenden Vertrages bleiben unberührt. ...". Am 16./21. Juni 2005 unterzeichneten die Parteien einen weiteren schriftlichen Architektenvertrag, nach dessen Inhalt die Klägerin Leistungen der künstlerischen Objektbetreuung zu erbringen hatte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vertragsurkunde (Bd. I Bl. 14 - 17 d. A.) Bezug genommen.

Nach Vorbereitung seitens der Klägerin nahm die Beklagte die öffentliche Ausschreibung vor, welche am 20. Mai 2005 im Submissionsanzeiger erschien. Die Submission fand am 1. Juli 2005 im Haus der Beklagten statt. Mit Schreiben vom selben Tag teilte die Klägerin dem Projektsteuerer R. das vorläufige Ergebnis der Submission mit und wies darauf hin, dass die rechnerische und technische Auswertung in der 28. Kalenderwoche erfolgen werde. Mit Telefaxschreiben vom 1. Juli 2005 wandte sich der Projektsteuerer R. an die Klägerin sowie die Fachplaner und wies darauf hin, dass nach der Submission eine erhebliche Überschreitung des Kostenbudgets - nach ungeprüfter Summe in Höhe von 1,2 Mio. Euro - festzustellen sei. Damit sei eine Realisierung des Projekts ausgeschlossen. Er erwarte deshalb "zur turnusmäßigen Planerbesprechung" am Freitag die Vorlage der Prüfergebnisse hinsichtlich der besten Bieter, das Vorweisen von Einsparmöglichkeiten und eine Erklärung, ob Mengenfehler vorlägen.

Des weiteren seien Vorschläge für kostenreduzierende planerische Veränderungen zu unterbreiten. In einem Telefaxschreiben vom 4. Juli 2005 (Bd. I Bl. 45 d. A.) sprach der Projektsteuerer R. gegenüber der Klägerin unter Bezugnahme auf das Submissionsergebnis eine Mängelrüge aus, da die vereinbarte Baukostenobergrenze erheblich überschritten sei. Zugleich forderte er die Klägerin auf, kurzfristig Möglichkeiten für eine Mangelbehebung unter Vermeidung von Schäden im Hinblick auf die erfolgte Ausschreibung aufzuzeigen. Mit weiterem Telefaxschreiben vom selben Tag (Bd. II Bl. 26 d. A.) teilte er der Klägerin mit, dass die Submissionslisten vorerst nicht veröffentlicht würden, da nach derzeitigem Stand die Ausschreibung aufgehoben werden müsse. Er erwarte zum 8. Juli 2005 die Auswertung unter Darstellung möglicher Einsparpotentiale.

Die Klägerin wandte sich mit Schreiben vom selben Tag (Bd. II Bl. 27 d. A.) an die Beklagte und wies die erteilte Mängelrüge "entschieden zurück". Die Arbeiten der Leistungsphasen 1 - 4 einschließlich Kostenschätzung und -berechnung habe ein anderes Büro erstellt. Eine Haftung für Mängel dieser Leistungen sei ausdrücklich ausgeschlossen worden. Für die Baukosteneinhaltung zeichne durchgängig der Projektsteuerer verantwortlich. Der Bauingenieur R. wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 5. Juli 2005 (Bd. II Bl. 28 f. d. A.) an die Klägerin und teilte mit, an der Mängelrüge festzuhalten. Die Klägerin reagierte darauf mit Schreiben vom 6. Juli 2005 (Bd. II Bl. 31 d. A.), in dem es u. a. heißt: "Es wäre erfreulich, wenn Sie nicht versuchen würden, uns für Ihre unzureichende Planung oder auch für Planungen allgemein aus den Leistungsphasen 1 - 4 verantwortlich zu machen. Dies ist im Vertrag ausdrücklich ausgeschlossen worden. Wir fordern Sie auf, Ihren Mangel zu beseitigen und an der Einsparung von Baukosten konstruktiv mitzuarbeiten".

Am 7. Juli 2005 übersandte der Projektsteuerer R. der Klägerin ein Telefaxschreiben (Bd. II Bl. 36 f. d. A.), in dem er rügte, die Klägerin habe die Aufgabe der kostenmäßigen, technischen und terminlichen Koordinierungspflicht gehabt, die erforderliche Kostenkontrolle aber nicht vorgenommen. Mit Anschreiben vom 8. Juli 2005 übermittelte die Klägerin dem Projektsteuerer eine Übersicht über die Kostenentwicklung und Einsparmöglichkeiten. In einer Besprechung am 8. Juli 2005, an der Vertreter der Prozessparteien und der Projektsteuerer R. teilnahmen, überreichte die Klägerin eine Kostenverfolgungstabelle auf der Grundlage der Preise in den günstigsten Angeboten. Zu diesem Zeitpunkt standen Mehrkosten gegenüber der von der P. erstellten Kostenberechnung in Höhe von 1.401.399,65 € im Raum. Wegen der Einzelheiten insoweit wird auf die Darstellung im Schriftsatz der Klägervertreter vom 22. Dezember 2005 (Bd. I Bl. 69 f. d. A.) Bezug genommen. Mit Schreiben vom 11. Juli 2005 (Bd. II Bl. 32 f. d. A.) wandte sich die Klägerin wie folgt an die Beklagte: " Es tut mir leid, zum wiederholten Male darauf hinzuweisen, dass Sie als Projektsteuerer das Vorhaben für alle am Bau Beteiligten in Bezug auf Kostenrahmen und Terminplanung gegenüber dem Bauherrn zu kontrollieren und zu vertreten haben.

... Durch die nachweisliche Kalkulation der Firmen zeigt es sich deutlich, wie auch in der Besprechung am 08.07.05 benannt, dass hauptsächlich die anfallenden Mehrkosten aus der nicht berücksichtigten ABM die Überschreitung der Bausumme entstehen ließen. ...". In einer von der Klägerin am 11. Juli 2005 gefertigten "Ergänzung zum Protokoll" über die Besprechung vom 8. Juli 2005 (Bd. I Bl. 78 ff.) heißt es:

"Ein Konzept aufzustellen, um den gesamten Kostenrahmen einzuhalten, wird auch vom zuständigen Projektsteuerer nicht möglich sein, da die angefallenen Mehrkosten z. B. für die ABM-Kräfte nicht in der Kostenberechnung des Fördermittelantrages enthalten sind. Die Lohnkosten belaufen sich vom Bieter E. auf brutto 886.276,83 Euro ... Wie dito bereits genannt, kann nicht allein mit Einsparungsmaßnahmen der vom Projektsteuerer unberücksichtigte Faktor ABM in der Kostenberechnung der KG 300 eliminiert werden... Die Auflistung dieser möglichen Einsparungspotentiale wird in der Anlage ergänzt... Bis Mitte der Woche sind die Auswertungen der Lose abzuschließen, nicht jedoch ein zweites planerisches Konzept zur Budgeteinhaltung aufzustellen. Eine letzte Möglichkeit zur Kostenminimierung besteht in der Veränderung der Dimensionen des Baukörpers".

Der Protokollergänzung war eine Auflistung von Einsparmöglichkeiten beigefügt, die neben anderem den Wegfall von Modulen nach der Akustikplanung für 283.641,75 € und ein komplettes Entfallen der Hallenlüftung vorsah. Des weiteren wies die Aufstellung einen einzusparenden Mehraufwand wegen der Beschäftigung von ABM-Kräften in Höhe von 446.538,57 € aus. Für die Kostengruppen 520 und 610 wurde der Wegfall der Erschließungsstraße sowie der Tribünenkonstruktion vorgeschlagen, womit Einsparungen in Höhe von 46.941,90 € und 40.000,00 € möglich seien.

Für den 13. Juli 2005, 13:00 Uhr, war vom Projektsteuerer R. eine Besprechung mit allen beteiligten Planern über Vorschläge zur Budgeteinhaltung anberaumt, für welche er mit Telefaxschreiben vom 12. Juli 2005 (Bd. II Bl. 34 f. d. A.) noch einmal darauf hinwies, dass die Klägerin ein plausibles Konzept zur Budgeteinhaltung vorlegen müsse. Mit weiterem Telefaxschreiben vom 12. Juli 2005 (Bd. I Bl. 83 d. A.) wandte er sich wie folgt an die Klägerin:

"Mit der Losauswertung, die Sie mir gestern vorgelegt haben, ist nun klar, dass das Los 1 und das Los 5 aufgehoben werden muss...". Mit Schreiben vom selben Tag (Bd. I Bl. 18 d. A.) sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin die Kündigung "mit sofortiger Wirkung" aus, da die Klägerin den Kostenrahmen für die Kostengruppen 300 und 400 erheblich überschritten habe. Ungeachtet der Kündigung übermittelte die Klägerin dem Projektsteuerer am 13. Juli 2005 eine überarbeitete Übersicht zu Einsparmöglichkeiten (Bd. I Bl. 84 ff. d. A.), die erneut den Wegfall der Module nach der Akustikplanung sowie der kompletten Hallenlüftung, verbunden mit Einsparungen in Höhe von 379.578,00 € und 74.942,04 € vorsah. Darüber hinaus weist die Aufstellung aus, dass ein erheblicher Mehraufwand für die Beschäftigung der ABM-Kräfte entstehe, dessen Einsparung möglich sei. Am Schluss der Aufstellung heißt es:

"Weitere Möglichkeiten der Einsparung können nur in Verbindung mit Grundrissänderungen bzw. Flächenminimierungen einhergehen".

Mit Datum vom 27. Mai 2005 legte die Klägerin Honorarschlussrechnungen für erbrachte Leistungen der Leistungsphasen 5, 6 und 7 sowie über entgangenen Gewinn für nicht erbrachte Leistungen der Leistungsphasen 8 und 9 (Bd. II Bl. 159 ff. d. A.). Für erbrachte Leistungen berechnete die Klägerin der Beklagten unter Berücksichtigung erfolgter Zahlungen und angefallener Zinsen einen Betrag in Höhe von 30.596,02 €. Sie legte dabei - ebenso wie bei der Rechnung für den nicht erbrachten Leistungsteil - anrechenbare Kosten in Höhe von 4.263.000,00 € netto zugrunde. In weiteren Honorarschlussrechnungen vom 5. September 2005 (Bd. I Bl. 23 ff. d.A.) berechnete sie der Beklagten auf der Grundlage anrechenbarer Baukosten nach Maßgabe der Submission noch zu zahlende Beträge von 57.057,31 € und 2.562,93 €.

Mit auf den 20. September 2005 datierendem Vertrag (Bd. I Bl. 132 ff. d. A.) beauftragte die Beklagte die K. GmbH (im Folgenden: K. ) damit, die von der Beklagten erstellte Planung der Leistungsphasen 5, 6 und 7 zu überarbeiten sowie einen Nachtrag zu den Vorlagen für die erforderlichen Genehmigungen zu fertigen.

Für diese Leistungen wurde eine "Grundpauschale" von 45.000,00 € für 810 Leistungsstunden vereinbart. Bei erkennbarem Mehraufwand sollte eine neue Vereinbarung abgeschlossen werden. Die K. legte eine Rechnung vom 1. Oktober 2005 über 23.200,00 €, eine von der Beklagten von 20.880,00 € auf 6.960,00 € gekürzte weitere Rechnung vom 25. Oktober 2005, eine Rechnung vom 23. November 2005 über 23.200,00 € und eine Rechnung vom 16. Dezember 2005, welche die Beklagte von 30.160,00 € auf 23.200,00 € kürzte. Wegen der Einzelheiten wird auf Bd. I Bl. 136 - 139 d. A. Bezug genommen. Die Beklagte zahlte auf diese Rechnungen insgesamt 76.560,00 €. Die Bauleistungen für den Neubau des Leichtathletikzentrums wurden im September 2005 erneut öffentlich ausgeschrieben und sind inzwischen realisiert.

Die Klägerin hat behauptet, bei der von beiden Seiten unterzeichneten Vertragsurkunde habe es sich um einen von der Beklagten gestellten Formularvertrag gehandelt. Die in dem Vertrag garantierte Baukostenobergrenze von 4.263.000,00 € netto für die Kostengruppen 300 und 400 sei unwirksam. Sie habe jedenfalls nicht den Auftrag gehabt, mit ihrer Planung diese Baukostengrenze unter Einbeziehung einer ABM einzuhalten.

Es sei für sie nicht erkennbar gewesen, dass das Bauvorhaben mit einer ABM verwirklicht werden solle. Die Kostenermittlung der P. habe dafür keine Kostenstelle ausgewiesen und auch sonst keinen Anlass geboten, von der Einbeziehung einer ABM ausgehen zu müssen. Erstmals über die Unterlagen im Rahmen der Ausschreibung der Architektenleistungen sei ihr bekannt geworden, dass die Beklagte die Einbeziehung einer ABM zugrunde lege. Der mit dem Einarbeiten der ABM erhöhte Aufwand sei Hintergrund des Nachtrags vom 2. Mai 2005 gewesen. Der ursprüngliche, schon am 1. Juni 2004 geschlossene Vertrag habe zwar eine Baukostenobergrenze von 4.263.000,00 € vorgesehen, jedoch nicht eine ABM zum Gegenstand gehabt. Nachdem die ABM auf Veranlassung der Beklagten dann in die Planungen einbezogen worden sei, habe sich das Bauvorhaben um 980.000,00 €, jedenfalls aber um 730.561,68 €, verteuert, weil der Einsatz von ABMKräften über zwölf Monate hinweg mit einer geringeren Produktivität bei stark erhöhtem Leitungs- und Kontrollaufwand einhergehe.

Im ursprünglichen Architektenvertrag vom 1. Juni 2004 habe die Baukostenobergrenze schon deshalb nicht wirksam vereinbart werden können, weil die Klägerin auf das Geschehen nach Abschluss der Leistungsphase 6 keinen Einfluss mehr habe nehmen können. Eine Baukostenobergrenze könne nur garantiert werden, wenn ein Architekt sämtliche Leistungsphasen abarbeite. Ein Architekt wisse regelmäßig erst nach Vorliegen des Submissionsergebnisses, ob eine Baukostenobergrenze eingehalten werden kann. Soweit die Beklagte sie nachfolgend im Schreiben vom 28. September 2004 mit den Arbeiten der Leistungsphasen 5 - 7 beauftragt habe, sei in diesem Zusammenhang eine Baukostenobergrenze nicht vereinbart worden. Abgesehen davon habe sie 4.263.000,00 € überschreitende Baukosten schon deshalb nicht zu vertreten, weil die ursprüngliche Kostenermittlung der P. , mit der sie nichts zu tun gehabt habe und für die sie nicht einstehen müsse, die ABM nicht berücksichtigt habe. Sie habe sich auf eine korrekte Baukostenberechnung der P. verlassen. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 12. Juli 2005 sei deshalb nicht gerechtfertigt gewesen.

Das Submissionsergebnis habe zum Kündigungszeitpunkt auch noch nicht festgestanden. Sie habe die Angebote der Bieter nachkalkulieren müssen. Dazu sei sie nicht mehr gekommen, weil die Beklagte trotz des für den 13. Juli 2005 anberaumten Gesprächstermins und ohne Ankündigung oder Fristsetzung zur Nacherfüllung die außerordentliche Kündigung ausgesprochen habe. Eine Kostenminimierung sei "leicht möglich" gewesen. Wenn die Beklagte von der ABM abgesehen hätte, würde allein damit ein ganz erheblicher Betrag eingespart worden sein. Hinzu gekommen wären die "üblichen Einsparungsmöglichkeiten durch Nachverhandlung bei sämtlichen submittenten Leistungsanbietern, etwa durch Reduzierung des Leistungsumfanges, der Leistungsqualität etc.". Allerdings habe das Bauvorhaben mit ABM zu den von der Beklagten gewünschten finanziellen Konditionen nicht realisiert werden können. Die Beklagte habe ihr ein Nachbesserungsrecht einräumen müssen. Die plötzliche außerordentliche Kündigung sei deshalb zur Unzeit ausgesprochen worden. Die Rechnungen der K. seien "fingiert", weil sie zum Ablauf der Dinge nicht passten.

Die Klägerin hat - nachdem sie die Klage zunächst erhöht und sodann teilweise wieder zurückgenommen hat - erstinstanzlich zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 60.184,31 € nebst Zinsen zu verurteilen. Die Beklagte hat die Abweisung der Klage sowie widerklagend eine Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 76.560,00 € nebst Zinsen beantragt. Die Klägerin hat die Abweisung der Widerklage beantragt.

Die Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe von Anfang an den Auftrag gehabt, die ABM in ihre Planungen mit einzubeziehen, und sei über die Vorstellungen der Beklagten im Einzelnen informiert gewesen. Da die Planung der Klägerin die vereinbarte Baukostenobergrenze erheblich überschritten habe, sei sie unverwendbar gewesen.

Vor diesem Hintergrund habe die K. damit beauftragt werden müssen, die Unterlagen neu zu bearbeiten. Es habe einer Änderung der Funktionsflächen bedurft. Bei der Größe der Nutzflächen habe es erhebliche Einschnitte gegeben, um die Kosten zu reduzieren. Die gesamte Planung der Klägerin habe überarbeitet werden müssen. Die neue Planung der K. habe auch Veränderungen hinsichtlich Haustechnik und Statik nach sich gezogen. Aufgrund der Änderungen seien zusätzliche Kosten in Höhe von insgesamt 150.000,00 € zu erwarten. Hinsichtlich der Baukostenobergrenze habe die Klägerin eine echte Garantie übernommen. Mit dem Überschreiten der Kostenobergrenze und dem Unterlassen einer rechtzeitigen Information der Beklagten darüber habe die Klägerin erheblich gegen ihre Pflichten verstoßen. Soweit sie nach der Submission Vorschläge zur Kosteneinsparung gemacht habe, seien diese untauglich gewesen. Die von der Klägerin vorgeschlagene Streichung der ABM sei im Hinblick auf die Geschlossenheit der Gesamtfinanzierung nicht in Betracht gekommen. Im Rahmen der erforderlichen öffentlichen Auftragsvergabe hätten Bauverträge nur auf der Grundlage der Ausschreibung geschlossen werden können.

Vergaberechtlich würde das Weglassen von Leistungen deshalb Probleme aufgeworfen haben. Mit ihrem Verhalten habe die Klägerin Leistungsunwilligkeit und -unfähigkeit gezeigt. Zugleich habe sie das Vertrauensverhältnis der Parteien tiefgreifend erschüttert, so dass der Beklagten ein Festhalten am Vertrag nicht mehr habe zugemutet werden können. Mit dem ihr zustehenden Schadensersatzanspruch rechne sie auf. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die beim Landgericht eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die tatsächlichen Feststellungen in den angefochtenen Urteilen Bezug genommen.

Mit am 17. November 2006 verkündetem Teilurteil hat das Landgericht die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Vorliegen einer Überschreitung der Baukostenobergrenze in der Planung der Klägerin könne dahinstehen. Jedenfalls fehle es an der für einen Schadensersatzanspruch der Beklagten erforderlichen Fristsetzung gegenüber der Klägerin zur Leistung bzw. Nacherfüllung. Dass eine solche Fristsetzung erfolglos gewesen sein würde, lasse sich nicht feststellen, da die Beklagte zu einem Zeitpunkt gekündigt habe, als sie selbst der Klägerin noch die Möglichkeit gegeben habe, im Besprechungstermin am 13. Juli 2005 weitere Einsparmöglichkeiten darzulegen. Die Beklagte habe das Ergebnis des für den 13. Juli 2005 vorgesehenen Besprechungstermins abwarten müssen.

Mit am 27. Februar 2007 verkündetem Schlussurteil hat das Landgericht Magdeburg sodann unter Abweisung der weitergehenden Klage die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 16.223,89 € nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 20. Oktober 2005 zu zahlen. Zur Begründung hat das Landgericht darauf verwiesen, dass der Klägerin gegen die Beklagte auf der Grundlage des am 1. Juni/30. September 2004 unterzeichneten Architektenvertrags ein Honoraranspruch für die erbrachten Leistungen der Leistungsphasen 5 und 6 nach Maßgabe der garantierten Bausumme zustehe.

Ob die Leistung der Klägerin wegen einer von ihr zu vertretenden Bausummenüberschreitung unbrauchbar sei, lasse sich nicht feststellen, da die Beklagte das Vertragsverhältnis zu einem Zeitpunkt gekündigt habe, als die der Klägerin zur Darlegung weiterer Einsparmöglichkeiten eingeräumte Frist - Besprechungstermin am 13. Juli 2005 - bei Kündigung noch nicht abgelaufen gewesen sei. Die Klägerin könne ihr Honorar aber nur auf der Grundlage der garantierten Bausumme abrechnen, weil sie jedenfalls ihrer Pflicht, die Beklagte über eine zu erwartende Bausummenüberschreitung zu informieren, nicht nachgekommen sei. Sie habe insoweit die Verpflichtung gehabt, die Planungsleistungen der P. zu überprüfen. Mangels schlüssiger Abrechnung könne die Klägerin für die Leistungsphasen 7, 8 und 9 kein Honorar fordern.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der erstinstanzlichen Urteile Bezug genommen.

Gegen das am 17. November 2006 verkündete Teilurteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung (9 U 164/06). Das am 27. Februar 2007 verkündete Schlussurteil greift sowohl die Klägerin (9 U 37/07) als auch die Beklagte (9 U 48/07) mit der Berufung an. Der Senat hat mit Beschluss vom 18. April 2007 die Verbindung der drei Berufungsverfahren zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Verfahrens 9 U 164/06 angeordnet.

Die Beklagte rügt, der Erlass des Teilurteils sei verfahrensfehlerhaft. Im Übrigen vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Klägerin habe schon während der Verhandlungen über den Architektenvertrag von der ABM gewusst. In dem Vertragsverhältnis der Parteien, das sich nach der von den Parteien am 1. Juni/30. September 2004 unterzeichneten Vertragsurkunde bestimmt habe, sei die Klägerin, obwohl sie eine Kostengarantie übernommen habe, ihrer Pflicht zur Kostenverfolgung nicht nachgekommen.

Wegen der erheblichen Kostenüberschreitung, auf welche die Klägerin nicht rechtzeitig hingewiesen habe, sei ihre Leistung mangelhaft gewesen. Nach der Submission habe an ihrem Arbeitsergebnis nicht festgehalten werden können. Entgegen ihrer Verpflichtung habe die Klägerin die Planung der P. unter Kostengesichtspunkten nicht geprüft. Da ihre Vorschläge zur Kosteneinsparung untauglich gewesen seien und die Klägerin eine Verantwortung für die Kostenüberschreitung abgelehnt habe, habe ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung vorgelegen. Mit ihrem Verhalten im Juli 2005 habe die Klägerin das Vertrauen in sie zerstört. Ihre Vorschläge, die ABM und einzelne Leistungsteile wie die Hallenlüftung komplett entfallen zu lassen, seien untauglich gewesen. Solchen Änderungen hätten schon vergaberechtliche Gründe entgegengestanden. Deshalb habe es einer Fristsetzung zur Nachbesserung nicht mehr bedurft.

Die Beklagte beantragt,

das Teilurteil des Landgerichts Magdeburg vom 17.11.2006, Az: 31 O 284/05, abzuändern und die Klägerin im Wege der Widerklage zu verurteilen, an sie 76.560,00 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung des erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 27.02.2006 zu zahlen,

hilfsweise,

das Teilurteil des Landgerichts Magdeburg, Az.: 31 O 284/05, aufzuheben und die Sache an das Landgericht Magdeburg zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt des weiteren, das Urteil des Landgerichts Magdeburg, Az.: 31 O 284/05, vom 27.02.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufungen der Beklagten gegen das am 17.11.2006 verkündete Teilurteil und das am 27.02.2007 verkündete Schlussurteil des Landgerichts Magdeburg zurückzuweisen, sowie, das Urteil des Landgerichts Magdeburg, 31 O 284/05, vom 27.02.2007 dahingehend abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, 60.184,31 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 59.620,24 € seit Klagzustellung sowie auf weitere 564,07 € seit dem 30.12.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin ergänzt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie vertritt den Standpunkt, eine Baukostenobergrenze sei, nachdem sie im Ausschreibungsverfahren nach Maßgabe der VOF den Zuschlag erhalten habe, nicht Vertragsgegenstand gewesen.

Im Rahmen des in diesem Zusammenhang begründeten Vertragsverhältnisses seien die Regelungen in der von ihr am 1. Juni 2004 unterzeichneten Vertragsurkunde nicht mehr maßgeblich gewesen. Für Fehler in der Planung der P. hafte sie nicht. Ihr stehe Honorar nach der zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bekannten Bausumme zu.

Soweit es die ihr zunächst nicht bekannte ABM angehe, sei sie von der Beklagten "hinters Licht geführt worden". Die Beklagte habe Unterlagen "frisiert". Die Klägerin habe nicht vor dem Besprechungstermin am 13. Juli 2005 außerordentlich kündigen dürfen. Die von der K. gelegten Abschlagsrechnungen seien unzulässig.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 2007 Bezug genommen.

II.

Die gem. § 511 Abs. 1 ZPO statthaften Berufungen der Parteien sind zulässig. Sie sind jeweils form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519 und 520 ZPO).

In der Sache sind die Berufung der Beklagten gegen das am 17. November 2006 verkündete Teilurteil des Landgerichts teilweise und die Berufung der Beklagten gegen das am 27. Februar 2007 verkündete Schlussurteil des Landgerichts in vollem Umfang begründet. Die Berufung der Klägerin gegen das am 27. Februar 2007 verkündete Schlussurteil des Landgerichts hat demgegenüber keinen Erfolg.

1.

Ob im erstinstanzlichen Verfahren die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils gemäß § 301 ZPO vorlagen, kann dahin stehen. Zwar durfte das Landgericht über die Widerklage im Wege des Teilurteils nur dann entscheiden, wenn Widersprüche zu einem späteren Schlussurteil ausgeschlossen waren. Die Entscheidung über die Klage durfte deshalb nicht eine Vorfrage umfassen, die auch den erledigten Teilstreit über die Widerklage berührte. Nachdem der Senat die Verfahren über die Berufungen gegen das Teilurteil und das Schlussurteil des Landgerichts nach § 147 ZPO zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, besteht die Gefahr widersprüchlicher Erkenntnisse indes nicht mehr.

Ein Verstoß gegen § 301 ZPO nötigt nicht stets zu einer Aufhebung des angegriffenen Urteils im Berufungsverfahren und zur Zurückverweisung der Sache an das Gericht der ersten Instanz. Steht fest, dass sich eine zunächst bestehende Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen aufgrund eines Teilurteils nicht verwirklichen kann, weil das Rechtsmittelgericht sowohl das Teil- als auch das Schlussurteil zu überprüfen und die Rechtsmittelverfahren verbunden hat, ist eine einheitliche Entscheidung gewährleistet (vgl. BGH NJW 1991, 3036; OLG Saarbrücken, OLGR 2002, 109).

2.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung restlichen Architektenhonorars für erbrachte Leistungen der Ausführungsplanung und der Vorbereitung der Vergabe (Leistungsphasen 5 und 6) sowie für teilweise erbrachte Leistungen der Mitwirkung bei der Vergabe (Leistungsphase 7) nicht zu.

Zwischen den Parteien ist ein als Werkvertrag gemäß § 631 BGB einzuordnender Architektenvertrag nach Maßgabe der von der Klägerin am 01. Juni 2004 und von der Beklagten am 30. September 2004 unterzeichneten Vertragsurkunde, wie sie die Klägerin als Anlage 1 (Bd. I Bl. 7 - 12 d. A.) eingereicht hat, zustande gekommen. Er sieht unter § 3 ein Honorar der Klägerin auf der Grundlage der HOAI mit näheren Maßgaben vor. Der Vertrag wurde zwar noch nicht im Juni 2004 geschlossen, mag die Klägerin zum Zeitpunkt der Unterzeichnung auch schon begonnen haben, Architektenleistungen für das Bauvorhaben zu erbringen.

Indem die Klägerin die Vertragsurkunde am 01. Juni 2004 unterzeichnet hat, hat sie der Beklagten den Abschluss des Vertrags gemäß § 145 BGB angetragen. Die Beklagte hat diesen Antrag indes gemäß § 146 BGB abgelehnt mit der Folge, dass er erlosch und nicht mehr angenommen werden konnte. Die Ablehnung der Beklagten ergibt sich daraus, dass sie die Vertragsurkunde zunächst nicht unterzeichnet, sondern für die hier maßgeblichen Architektenleistungen ein Vergabeverfahren eingeleitet und die Klägerin in diesem Zusammenhang mit Schreiben vom 20. Juli 2004 unter Übersendung des Ausschreibungstextes zur Abgabe von Bewerbungsunterlagen aufgefordert hat. Die Beklagte hat damit zum Ausdruck gebracht, der Klägerin den Auftrag ausschließlich im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens erteilen zu wollen. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Architektenvertrag zwischen den Parteien sodann nicht mit Übersendung des Schreibens der Beklagten vom 28. September 2004 (Bd. II Bl. 20 d. A.) zustande gekommen. In diesem Schreiben hat die Beklagte der Klägerin lediglich mitgeteilt, die Jury sei zu dem Ergebnis gekommen, der Klägerin den Auftrag zu erteilen. Anders als nach Abschnitt 1 § 28 Nr. 2 (1) VOB/A, der einen Vertragsschluss bereits mit Zuschlagserteilung vorsieht, auch wenn noch eine anderweitige urkundliche Festlegung zu erfolgen hat, geht die Mitteilung an einen Bewerber im Verfahren zur Vergabe freiberuflicher Leistungen, dass er den Auftrag erhalte, noch nicht mit einem Vertragsschluss einher. Die Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) stellt dies in § 16 (1) VOF klar:

der Auftragsgeber schließt den Vertrag mit dem Bewerber, der aufgrund der ausgehandelten Auftragsbedingungen die bestmögliche Leistung erwarten lässt. Dies entspricht dem Charakter des gemäß §§ 5 (1) und 10 (1) VOF als Verhandlungsverfahren ausgestalteten Vergabeverfahrens. Bei der Vergabe von Architektenleistungen entscheidet der Auftraggeber gemäß § 24 (1) VOF nach Abschluss der Auftragsgespräche über die Auftragsvergabe.

Vorstehende Grundsätze gelten ungeachtet der konkreten Ausgestaltung des hier von der Beklagten veranlassten Ausschreibungsverfahrens und unabhängig davon, welchen Bestimmungen die hier maßgebliche Vergabe im einzelnen unterlag. Das Schreiben der Beklagten vom 28. September 2004 trägt dem Rechnung: die Klägerin ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Beauftragung erst nach Ablauf der Einspruchsfrist erfolgen könne und der Architektenvertrag mit dem Projektsteuerer R. abzustimmen sei. Dass der sodann zwischen den Parteien zustande gekommene Vertrag den Inhalt der von der Klägerin am 01. Juni 2004 unterzeichneten Vertragsurkunde haben sollte, haben die Parteien übereinstimmend zugrunde gelegt.

Die Beklagte hat die Vertragsurkunde unstreitig am 30. September 2004 unterzeichnet. Die Klägerin hat im Oktober 2004 Architektenleistungen erbracht. Den ergänzenden schriftlichen Vertrag vom 2. Mai 2005 haben die Parteien ausdrücklich mit "Nachtrag zum Architektenvertrag Honorarangebot vom 01.06.04" überschrieben. Unstreitig ist eine andere Vertragsurkunde nicht erstellt worden. Dass die Parteien die am 01. Juni/30. September 2004 unterzeichnete Urkunde als den ihre Rechte und Pflichten bestimmenden Vertrag ansahen, ergibt sich auch aus der zwischen ihnen im Juli 2005 geführten Korrespondenz. Die Klägerin und die Beklagte bzw. ihr Projektsteuerer R. haben jeweils auf Regelungen hinsichtlich Baukosten und Verantwortlichkeiten abgestellt, wie sie nur in der am 1. Juni/30. September 2004 unterzeichneten Vertragsurkunde getroffen sind. Die Klägerin hat sich im Rechtsstreit zunächst auch ausdrücklich auf diese Vertragsurkunde bezogen und deren Maßgeblichkeit für das Vertragsverhältnis der Parteien erst im Laufe des Rechtsstreits in Frage gestellt. Das Landgericht hat mithin zu Recht angenommen, dass die Regelungen in der am 01. Juni/ 30. September 2004 unterzeichneten Vertragsurkunde die Rechte und Pflichten der Parteien hinsichtlich der Leistungsphasen 5 und 6 bestimmen. Im Rahmen des Vertragsschlusses nach der Ausschreibung sind die von der Klägerin zu erbringenden Leistungen zugleich auf das Mitwirken bei der Vergabe (Leistungsphase 7) erstreckt worden.

Die Beklagte war als Bestellerin mithin grundsätzlich verpflichtet, für diese Leistungen der Klägerin das vereinbarte Honorar nach Maßgabe der HOAI zu entrichten. Diese Vergütungspflicht war indes nach allgemeinen Grundsätzen, welche die Parteien in § 7 Satz 3 der Vertragsurkunde zudem ausdrücklich festgelegt haben, dahin eingeschränkt, dass der Klägerin im Fall einer von ihr zu vertretenden Kündigung ein Vergütungsanspruch nur für die bis dahin erbrachten Leistungen zusteht, soweit diese brauchbar sind und einen eigenständigen Wert haben.

Die Beklagte hat das Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 12. Juli 2005 berechtigt aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt. Die bis zu diesem Zeitpunkt von der Klägerin erbrachten Leistungen der Ausführungsplanung, der Vorbereitung der Vergabe und der Mitwirkung bei der Vergabe sind derart mangelhaft, dass sie sich bezogen auf die der Klägerin vertraglich konkret gestellte Aufgabe ohne grundlegende Überarbeitung bzw. Neuplanung als - zumindest weitgehend - unbrauchbar darstellen. Der Klägerin steht das geltend gemachte restliche Honorar - jedenfalls im Hinblick auf einen aufrechenbaren Schadensersatzanspruch der Beklagten in übersteigender Höhe - nicht zu. Im Einzelnen:

Unstreitig hat die Beklagte den Architektenvertrag im Schreiben vom 12. Juli 2005 mit sofortiger Wirkung gekündigt. Die Klägerin hat diese Kündigung zu vertreten. Mit ihrem Verhalten hat sie Anlass zu einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund gegeben.

Ein zur fristlosen Kündigung eines Werkvertrags berechtigender wichtiger Grund liegt dann vor, wenn das Vertragsverhältnis wegen Vertrauensverlusts so erschüttert ist, dass von der kündigenden Partei ein Festhalten am Vertrag nicht verlangt werden kann (vgl. BGH NJW 1993, 1972 [1973]). Auf einen solchen Vertrauensverlust, der ein weiteres Festhalten am Architektenvertrag für sie am 12. Juli 2005 unzumutbar machte, beruft sich die Beklagte zu Recht. Von Seiten des Auftraggebers eines Architektenvertrages ist eine außerordentliche Kündigung im Regelfall gerechtfertigt, wenn die Planung des Architekten vorgegebene Baukosten erheblich überschreitet, weil der Architekt die ihm bekannten Kostenvorstellungen seines Auftraggebers nicht berücksichtigt und eine Information über etwaige Kostenmehrungen unterlassen hat (vgl. BGH BauR 1999, 1319 [1322]). Hier haben die Parteien in der am 01. Juni/30. September 2004 unterzeichneten Vertragsurkunde unter Ziffer 1.1 ausdrücklich eine Baukostenobergrenze von 4.263.000,00 € zuzüglich Umsatzsteuer für die Kostengruppen 300 und 400 festgelegt. Angesichts dieser Regelung sollte die Einhaltung der Baukostenobergrenze Hauptpflicht der Klägerin sein. Bei sachgerechter Auslegung der Klausel übernahm die Klägerin zwar - worauf sie sich zu Recht beruft - keine selbständige Garantie für die Einhaltung dieser Baukostenobergrenze. Eine selbständige Garantie im Sinne eines unbedingten Verpflichtungswillens des Architekten, für Abweichungen bei den Baukosten einstehen zu wollen, kann wegen der für ihn weitgehenden Risiken nur in seltenen Ausnahmefällen angenommen werden. Sie setzt in der Regel voraus, dass der Umfang der für die Bausumme zu erbringenden Leistungen auf der Grundlage der Entwurfsplanung bereits im Detail feststeht (vgl. OLG Düsseldorf NJW RR 1993, 285 [286]; Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 5. Aufl. 2007, Rn. 2132 und 2179). Daran fehlt es hier.

Die unter Ziffer 1.1 des Architektenvertrages getroffene Regelung stellt sich jedoch als Beschaffenheitsvereinbarung - sogenannte unselbständige Garantie - dar. Ein beziffertes Kostenlimit, nach dessen Inhalt der Architekt für die Auskömmlichkeit eines bestimmten Baubudgets einzustehen hat, stellt im Regelfall eine Vereinbarung der Beschaffenheit des Architektenwerks im Sinne von § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB dar (vgl. Löffelmann/Fleischmann, a. a. O., Rn. 2133, 2136 und 2139). Für die Übernahme einer unselbständigen Garantie seitens der Klägerin spricht hier auch, dass sie nach dem Wortlaut der getroffenen Regelung die Baukostenobergrenze "garantiert". Die Klägerin schuldete mithin Leistungen der Leistungsphasen 5, 6 und 7 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI, die dieses Kostenlimit beachteten. Zugleich war sie gemäß Ziffer 1.3 des Architektenvertrages verpflichtet, die Beklagte auf eine zu erwartende Baukostenüberschreitung unverzüglich hinzuweisen.

Zu Unrecht zieht die Klägerin die Wirksamkeit der getroffenen Regelungen in Zweifel. Selbst wenn es sich um formularmäßige Klauseln der Beklagten gehandelt haben sollte, wären diese im Verhältnis zur Klägerin als Formkaufmann nach dem Maßstab des § 307 BGB nicht zu beanstanden. Unzutreffend ist auch der Standpunkt der Klägerin, sie habe auf die tatsächlichen Baukosten im Rahmen der Ausführungsplanung, der Vorbereitung der Vergabe und der Mitwirkung bei der Vergabe keinen hinreichenden Einfluss nehmen können und sich auf die Kostenberechnung der P. , für deren Leistungsmängel sie nicht hafte, verlassen dürfen. Die Klägerin durfte die Ergebnisse der vorangegangenen Leistungsphasen nicht einfach übernehmen. Auch hinsichtlich der Baukosten war es eine Grundleistung der Leistungsphase 5 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI, die Ergebnisse der vorangegangenen Leistungsphasen durchzuarbeiten. In diesem Zusammenhang hatte sie die von der P. erstellte Kostenberechnung zu prüfen und fortzuschreiben. Die einzelnen Leistungsphasen gemäß § 15 Abs. 2 HOAI gehen mit fortschreitenden, immer konkreter und verfeinerter werdenden Kostenermittlungen einher (vgl. Löffelmann/Fleischmann, a. a. O., Rn. 2145). Nur im Zusammenhang mit einer Kostenfortschreibung im Rahmen der Leistungsphasen 5, 6 und 7 war die Hinweispflicht der Klägerin nach Ziffer 1.3 des Architektenvertrages sinnvoll. Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, die Kosten eines Bauvorhabens seien erst näher ermittelbar, wenn die Vergabe erfolgt ist, trägt dies den in § 15 Abs. 2 HOAI vorgesehenen vorangehenden Kostenermittlungen - Kostenschätzung, Kostenberechnung und Kostenanschlag - nicht Rechnung. Die Klägerin hatte mithin eine Ausführungsplanung und Vorbereitung der Vergabe zu leisten, welche - soweit es nicht Unvorhergesehenes betraf - die Baukostenobergrenze im Rahmen einer korrekten eigenen Kostenberechnung berücksichtigt. Jedenfalls nicht ganz unerhebliche Fehleinschätzungen der P. musste sie feststellen und der Beklagten mitteilen.

Dass die Klägerin diese Verpflichtung missachtet hat, wird durch die Angebote der besten Bieter in dem von der Klägerin vorbereiteten Vergabeverfahren indiziert. Dass die Überschreitung der Baukostenobergrenze von 4.263.000,00 € dabei auf nicht vorhersehbaren Umständen beruht haben könnte, ist weder ersichtlich noch von der Klägerin dargetan.

Nach Maßgabe der von der Klägerin am 10. Juli 2005 erstellten Kostenberechnung betrugen die Baukosten in den Kostengruppen 300 und 400 insgesamt 5.724.662,36 € brutto. Dabei wichen einzelne Kostenpositionen gegenüber der Kostenberechnung vom 26. Mai 2004 nach unten, andere nach oben ab. Gegenüber der Baukostenobergrenze von 4.945.080,00 € brutto (4.263.000,00 € zuzüglich 16 % Umsatzsteuer) bedeutete dies in der Gesamtsicht Mehrkosten in Höhe von 779.582,36 €, mithin eine Überschreitung der Baukostenobergrenze von 15,76 %. Dabei verursachte nach dem Vortrag der Klägerin allein die ABM zusätzliche Kosten in Höhe von mindestens 730.561,68 €. Dass die ABM Mehrkosten verursachen würde, war für die Klägerin vorhersehbar. Im Rahmen ihrer Kostenermittlungen stand ihr deshalb insoweit keine "Toleranz" zu. Beruht eine Kostenüberschreitung auf mangelhafter Planung, kann der Architekt keine Toleranzgrenze für sich beanspruchen (vgl. Wirth in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 6. Aufl. 2004, Einführung Rn. 239 f.). Die Klägerin hatte die ABM von Vertragsbeginn an zu berücksichtigen. Der der Klägerin am 20. Juli 2004 übersandte Ausschreibungstext wies auf eine Förderung der Arbeitsverwaltung ausdrücklich hin. Im Besprechungstermin am 20. Oktober 2004 wurde die ABM erörtert. Die Klägerin, die am Fördermittelantrag mitwirken sollte, hat das Protokoll über diese Besprechung selbst verfasst. Am 17. Januar 2005 fertigte die Klägerin einen Vorschlag für die Aufteilung der Lose hinsichtlich der ABM. Mit Datum vom 04. März 2005 konkretisierte sie diese Festlegungen. Mögen auch unmittelbar nach Vertragsschluss die konkreten Kosten der ABM noch unklar gewesen sein, ließen sie sich jedenfalls im Folgenden berechnen. Die Klägerin hatte dem im Rahmen der ihr obliegenden Kostenfortschreibung mittels Anpassung der ursprünglichen Kostenberechnung Rechnung zu tragen. Dass die Klägerin dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, rechtfertigt die Annahme eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden endgültigen Vertrauensverlustes der Beklagten. Ein Festhalten am Vertrag war der Beklagten, nachdem sich im Rahmen der Submission die erheblich fehlerhaften Kostenermittlungen der Klägerin herausgestellt hatten, nicht mehr zumutbar. Entgegen der Auffassung des Landgerichts musste die Beklagte der Klägerin im Kündigungszeitpunkt auch keine weitere Gelegenheit zur Nacherfüllung mehr geben.

Zu Recht beruft sich die Beklagte darauf, dass die ihr gegenüber von der Klägerin bis zum 12. Juli 2005 vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verringerung der Baukosten auf einen Betrag unterhalb der vorgegebenen Baukostenobergrenze untauglich waren. Soweit es die ABM angeht, hatte die gemeinnützige Beklagte die allein ihr zustehende Entscheidung getroffen, dass das Bauvorhaben mit einer solchen ABM verwirklicht werden sollte. Diesen ihr bekannten Umstand hatte die Klägerin zu akzeptieren. Für die Beklagte bestand deshalb kein Anlass, sich auf eine Änderung ihres Gesamtfinanzierungs- und -baukonzepts einzulassen. Es ist mithin unerheblich, dass ein Verzicht auf die Förderung der Arbeitsverwaltung bei gleichzeitigem Absehen von der ABM möglicherweise zu geringeren Baukosten geführt hätte. Es war der Beklagten auch nicht zumutbar, sich auf den Wegfall ganzer Hallenbestandteile wie der geplanten Akustikmodule oder der Hallenlüftung einzulassen. Bei einer anderen Beurteilung käme eine außerordentliche Kündigung wegen Baukostenüberschreitung kaum jemals in Betracht, weil praktisch jedes Bauwerk durch Weglassen von Teilen bzw. Baugruppen zu geringeren Kosten erstellt werden kann. Ein nachträgliches Weglassen von Bauteilen als dem Bauherrn zumutbare Maßnahme zur Einhaltung der Baukostenobergrenze kommt nur dann in Betracht, wenn die Planung ausgewogen bleibt, der Charakter des Bauvorhabens nicht wesentlich verändert wird und anzunehmen ist, dass der Auftraggeber von Anfang an damit einverstanden gewesen wäre, eine Verringerung der Baukosten durch das Entfallen von Bauteilen in dieser Form zu akzeptieren. Ansonsten hat der Auftraggeber das Recht, eine baukostenmindernde neue und ausgewogene Planung einzufordern, bei der letztlich er bestimmt, wie die Ersparnis herbeigeführt wird. Abgesehen davon ließ die öffentliche Ausschreibung der Bauleistungen auf Veranlassung der Beklagten die von der Klägerin vorgeschlagenen baukostenmindernden Änderungen nicht zu. Gemäß Abschnitt 1 § 24 Nr. 3 VOB/A sind Verhandlungen über eine Änderung der Angebote grundsätzlich unstatthaft. Das Verhandlungsverbot dient insbesondere der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Wettbewerbs, der durch eine nachträgliche Änderung von Angeboten nicht verfälscht werden soll. Der Bieter, der ein ordnungsgemäßes Angebot abgegeben hat, soll darauf vertrauen dürfen, den Zuschlag auf sein Angebot, falls es das wirtschaftlichste ist, ohne Abänderungen zu erhalten (vgl. Rusam in Heiermann u. a., Handkommentar zur VOB, 10. Aufl. 2003, A § 24 Rn. 20). Bei einer wesentlichen Abänderung der Bauleistung ist zudem nicht mehr gewährleistet, dass das Ergebnis der Ausschreibung nicht zum Nachteil des Bauherrn von dem einer neuen Ausschreibung abweicht. So kann sich die Reihenfolge der Bieter bei einer nachträglichen Verringerung des Leistungsumfangs ändern. Zudem ist nicht auszuschließen, dass Bieter bei einer anderen Leistungsstruktur andere Einheitspreise angeboten oder auf eine Teilnahme am Wettbewerb verzichtet hätten. Auch deshalb sind nachträgliche Angebotsänderungen grundsätzlich wettbewerbswidrig.

Die Einigung des Auftragsgebers mit einem Bieter über eine Änderung der Leistung gemäß Abschnitt 1 § 28 Nr. 2 (2) VOB/A ist mithin nur im Rahmen des nach Abschnitt 1 § 24 Nr. 3 VOB/A Erlaubten zulässig. (vgl. VÜA Hessen IBR 1999, 146.). Ergibt die Submission, dass das vom Auftraggeber angesetzte Budget mit der Baumaßnahme überschritten wird, stellt dies deshalb einen schwerwiegenden Grund dar, der die Aufhebung der Ausschreibung nach Abschnitt 1 § 26 Nr. 1 lit. c) VOB/A rechtfertigt (vgl. Rusam in Heiermann, a. a. O., A § 26 Rn. 10). Die von der Klägerin angebotene "Nachbesserung" war für die Beklagte - ungeachtet der Details - mithin von vornherein unzumutbar. Geeignete Vorschläge waren von der Klägerin am 12. Juli 2005 oder danach nicht mehr zu erwarten. In der von ihr mit Datum vom 11. Juli 2005 gefertigten "Ergänzung zum Protokoll vom 08.07.2005" hatte sie bereits darauf hingewiesen, dass eine "letzte Möglichkeit zur Kostenminimierung" nur in der Veränderung der Dimension des Baukörpers bestünde.

Dass auch die für den 13. Juli 2005 angesetzte Besprechung zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte, ergibt sich aus der als Anlage 14 (Bd. I Bl. 84 ff. d. A.) eingereichten "Übersicht der Kostenminimierung" mit Stand 13. Juli 2005. Ohne wesentlich neue Vorschläge zu machen, hat die Klägerin in dieser Übersicht erneut darauf hingewiesen, dass weitere Möglichkeiten der Einsparung nur in Verbindung mit Grundrissänderungen bzw. Flächenminimierungen einhergehen könnten. Auf eine so weitgehende Neuplanung der Klägerin, wie sie im Folgenden die K. vorgenommen hat, musste sich die Beklagte im Verhältnis zur Klägerin nicht mehr einlassen. Die Klägerin hatte bis zum 12. Juli 2005 dokumentiert, die für die Beklagte besonders wichtigen Gesichtspunkte einer Einhaltung der Baukostenobergrenze sowie einer Integration der ABM in die Baumaßnahme nicht beachtet zu haben. Die Klägerin hatte damit zu vertreten, dass die Leistungsphasen 5, 6 und 7 unter Aufhebung der erfolgten Ausschreibung der Bauleistungen neu zu bearbeiten waren.

Zudem zeigte sich die Klägerin im Juli 2005 - wie auch im vorliegenden Prozess - hinsichtlich der Mangelhaftigkeit ihrer Leistungen uneinsichtig. Sie stritt für die Beklagte besonders bedeutsame Hauptleistungspflichten ab. Die Beklagte hatte vor diesem Hintergrund berechtigten Anlass zu erheblichen Zweifeln, dass die Klägerin im Wege der Nacherfüllung ihre Leistungen vollständig überarbeiten bzw. neu erbringen würde.

Aufgrund der von ihr zu vertretenden außerordentlichen Kündigung hat die Klägerin einen Vergütungsanspruch nur hinsichtlich erbrachter Leistungen, soweit sie für die Beklagte brauchbar waren und einen eigenständigen Wert haben. Dies folgt aus § 7 S. 3 des Architektenvertrags.

Es entspricht im Übrigen den allgemein anerkannten Grundsätzen über die Vergütung von Architektenleistungen nach einer vom Architekten veranlassten außerordentlichen Kündigung (vgl. BGH BauR 1999, 1319 [1323]; NJW 1997, 3017 [3018]; OLG Naumburg IBR 2005, 31). Für eine weitgehende Unbrauchbarkeit der von der Klägerin erbrachten Leistungen spricht hier der Umfang der sich aus dem Planungsvertrag der Beklagten mit der K. vom 20. September 2005 und den Rechnungen der K. ergebenden Leistungen zur Änderung bzw. Neuerstellung der Planung. Dass die Planungsleistungen der Klägerin andererseits in Teilen verwendbar waren, ergibt sich daraus, dass die K. sie als Grundlage für ihre Änderungsplanung herangezogen hat. Die K. hat sich bereitgefunden, die von der Beklagten gewünschten Architektenleistungen zu einem das Honorar für eine eigenständige Neuplanung unterschreitenden Entgelt zu erbringen. Es ist deshalb gerechtfertigt, einen die Klageforderung übersteigenden Minderwert der von der Klägerin erbrachten Leistungen nur im Umfang der von der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nachgewiesenen Kosten der Änderungsplanung von 76.560,00 € anzunehmen. Die Angriffe der Klägerin gegen die Rechnungen der K. , welche die Beklagte in Höhe von 76.560,00 € beglichen hat, sind nicht gerechtfertigt. Dass diese Rechnungen für die Nachbesserungsleistungen nicht näher spezifiziert sind, spricht angesichts der Ausgestaltung des Vertrags vom 20. September 2005 - insbesondere in § 6 hinsichtlich der Honorierung - nicht gegen ihre Berechtigung. Entgegen der Ansicht der Klägerin stellt auch der im Vertrag vom 20. September 2005 der Leistungsphase 4 zugeordnete Nachtrag hinsichtlich Genehmigungsvorlagen eine Nachbesserung der klägerseitigen Leistung dar. Die Klägerin schuldete solche Nachträge gemäß Ziffer 1.2 des Architektenvertrags. Für die Behauptung der Klägerin, die Rechnungen seien fingiert, gibt es keinen greifbaren Anhaltspunkt. Soweit die Klägerin aus den Zeitpunkten und der Abfolge der Rechnungen Rückschlüsse auf zeitliche Abläufe der Leistungen der K. ziehen will, ist dies verfehlt.

Ungeachtet des Vorstehenden steht im Rahmen des Abrechnungsverhältnisses der Parteien nach der außerordentlichen Kündigung der Beklagten dem Resthonoraranspruch in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe jedenfalls ein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch der Beklagten in Höhe von 76.560,00 € gegenüber. Die Beklagte hat hilfsweise die Aufrechnung erklärt. Wegen der Berechtigung der Beklagten, von der Klägerin Schadensersatz zu fordern, wird auf die nachfolgenden Ausführungen zur Widerklage Bezug genommen.

3.

Im Hinblick auf die von der Klägerin während der Ausführung der Leistungsphase 7 veranlassten außerordentlichen Kündigung der Beklagten stehen der Klägerin auch für die nicht erbrachten Leistungen Vergütungsansprüche nicht zu. Soweit der Architektenvertrag vom 16./21. Januar 2005 für die Teilleistungen der Leistungsphasen 8 und 9 in § 13 (2) vorsieht, dass bei einer vom Architekten zu vertretenden Kündigung die volle Vergütung abzüglich - mit einem Anteil von 40 % vereinbarter - ersparter Aufwendungen als Honorar zu zahlen sein soll, liegt entweder eine versehentlich falsch gefasste Regelung oder eine Klausel vor, auf die sich die Klägerin nach Treu und Glauben nicht stützen kann. Mit der Regelung war erkennbar beabsichtigt, dem Architekten für den Fall einer freien Kündigung des Auftraggebers, die der Architekt nicht zu vertreten hat, einen Vergütungsanspruch in Höhe von 60 % des vollen Honorars zu sichern. Auf eine Regelung, wie sie ihrem Wortlaut nach getroffen worden ist, könnte sich die Klägerin nach dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 162 BGB, wonach niemand aus seinem treuwidrigen Verhalten Vorteile ziehen darf, nicht berufen.

4.

Die Widerklage ist in Höhe von 46.231,73 € begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet. Die Beklagte hat gegen die Klägerin einen Schadensersatzanspruch in dieser Höhe gemäß §§ 634 Nr. 4 Alt. 1, 636, 280, 281 BGB. Spricht der Auftraggeber eines Werkvertrags die außerordentliche Kündigung aus, die als Gestaltungsrecht Wirkungen nur für die Zukunft entfaltet, werden seine Rechte nach den §§ 634 ff. BGB davon nicht berührt (vgl. Peters in Staudinger, BGB, Bearbeitung 2003, § 634 Rn. 11). Die Klägerin hat hier - wie ausgeführt - eine mangelhafte Werkleistung erbracht. Entgegen der Auffassung des Landgerichts bedurfte es von Seiten der Beklagten keiner Fristsetzung zur Nacherfüllung. Nach § 636 BGB ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn eine Nacherfüllung dem Besteller unzumutbar ist. Hat der Besteller das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt, ist ihm eine Nacherfüllung des Unternehmers im Regelfall nicht zuzumuten (vgl. Peters in Staudinger, a. a. O., § 634 Rn. 11). Die Beklagte brauchte hier nicht den Ablauf des von ihr zunächst angesetzten Besprechungstermins am 13. Juli 2005 abzuwarten. Die Besprechung war angesichts der unbrauchbaren Vorschläge der Klägerin zur Kostenminimierung objektiv sinnlos. Aufgrund der von der Klägerin jedenfalls fahrlässig herbeigeführten Mängel ihrer Leistung ist der Beklagten ein finanzieller Aufwand in Höhe der Kosten für die grundlegende Überarbeitung bzw. Neuerstellung der Architektenleistungen über die K. entstanden. Der Betrag von 76.560,00 € entspricht jedoch nicht dem Schaden der Beklagten. Sie muss sich im Wege der Vorteilsausgleichung - jedenfalls aber im Hinblick auf die Hilfsaufrechnung gegenüber der Klageforderung - in Abzug bringen lassen, was sie im Vertragsverhältnis zur Klägerin an Honorar nicht zahlen muss. Soweit die Beklagte für die Architektenleistungen der Ausführungsplanung, der Vorbereitung bei der Vergabe und der Mitwirkung bei der Vergabe ohnehin Honorar zu zahlen hatte und dieses an die Klägerin nicht geleistet hat sowie aus den oben genannten Gründen auch nicht mehr begleichen muss, liegen anrechenbare ersparte Aufwendungen (sog. "Ohnehin- Kosten" bzw. "Sowieso-Kosten") vor. Für eine ordnungsgemäße Abarbeitung der Leistungsphasen 5, 6 und 7 hätte die Beklagte entsprechend der Honorarschlussrechnung der Klägerin vom 27. Juli 2005 unter Abzug der unberechtigt angesetzten Zinsen noch 30.328,27 € zu zahlen gehabt. Die Maßgeblichkeit der Honorarschlussrechnung vom 27. Juli 2005 folgt daraus, dass die Klägerin nur auf der Grundlage der vertraglich vereinbarten Baukostenobergrenze abrechnen durfte. Aus deren Überschreitung darf ihr bei der Honorarberechnung kein Vorteil erwachsen (vgl. OLG Hamm, IBR 2006, 570). Auf die zutreffenden Erwägungen dazu in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Schlussurteils wird Bezug genommen. Der von der Beklagten geltend gemachte Schadensersatzanspruch in Höhe von 76.560,00 € ist mithin um anzurechende 30.328,27 € zu kürzen, sodass der Beklagten 46.231,73 € zustehen.

Ein Schadensersatzanspruch in eben dieser Höhe ergibt sich auch unmittelbar aus §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 unter dem Gesichtspunkt eines so genannten "Auflösungsverschuldens".

Die Klägerin hatte die vertraglichen Nebenpflicht, der Beklagten keinen Anlass für eine außerordentliche Kündigung zu geben (vgl. dazu Gaier in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2007, § 314 Rn. 24 m. w. N.).

Der Ausspruch zu den Zinsen, der unter sachgerechter Auslegung des gestellten Antrags neu zu formulieren gewesen ist, ergibt sich aus den §§ 288 Abs. 2, 291 BGB.

5.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 543 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat lediglich feststehende rechtliche Grundsätze auf den konkreten Fall anzuwenden gehabt.

RechtsgebieteBGB, HOAIVorschriftenBGB §§ 631, 633; HOAI a.F. § 15 Abs. 2

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