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05.11.2010 · IWW-Abrufnummer 103486

Amtsgericht Grevenbroich: Urteil vom 27.09.2010 – 16 C 158/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Grevenbroich

16 C 158/10

Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 470,98 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2009 zu zahlen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 43,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2009 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d
(entfällt gem. § 313 a Abs. 1 ZPO)
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.
I.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz der restlichen Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt 470,98 Euro aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 VVG.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z.B. BGH NJW 2009, 58) kann der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf.
Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs innerhalb eines gewissen Rahmens grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann. Ausgangspunkt für die Betrachtung bildet der am Markt übliche Normaltarif. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es grundsätzlich zulässig, zu dessen Bestimmung in Ausübung des tatrichterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO auf das gewichtige Mittel des "Schwacke-Autopreis-Spiegels" (sog. Schwacke-Liste) im Postleitzahlengebiet des Geschädigten zurückzugreifen. Die Eignung der Schwacke-Liste bedarf nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzgrundlage sich auf den entscheidenden Fall ausgewirkt haben.
Das Gericht übt vorliegend das ihm nach § 287 ZPO eingeräumte Ermessen dahingehend aus, dass die Höhe des Normaltarifs auf der Grundlage der Schwacke-Liste geschätzt wird. Da sich der Unfall im November 2009 ereignete, ist die Schwacke-Liste 2009 anwendbar. Beklagtenseits wurden keine konkreten Mängel gegen die vorgenannte Schätzgrundlage eingewandt. Der pauschale Verweis auf die Schätzgrundlage nach der Fraunhofer-Mietwagenliste stellt keinen Einwand dar, dem das Gericht nachgehen muss. Auch die beklagtenseits vorgebrachten Einwendungen gegen die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste greifen nach Ansicht des Gerichts nicht durch. Die Behauptung, einzelne Autovermieter hätten bei der von Schwacke gewählten Erhebungsmethode im eigenen Interesse überhöhte Preise angegeben, ist nicht durch konkrete Indizien zuverlässig erhärtet worden. Der Beklagten ist insoweit recht zu geben, dass die anonyme Datenerhebung der Fraunhofer-Liste grundsätzlich einen methodischen Vorteil bringt. Andererseits sprechen aber auch gewichtige Nachteile gegen die Anwendung der Fraunhofer-Liste als Schätzgrundlage. So beruht die Erhebung der Fraunhofer-Liste beispielsweise überwiegend auf der Abfrage von Internettarifen der sechs großen Autovermieter, was den Vorwurf der fehlenden Repräsentativität aufkommen lässt. Zudem beruht die Datenerhebung auf einer Vorbuchungsfrist von einer Woche, während die Anmietung bei einem Unfall in aller Regel kurzfristig erfolgt. Ferner spricht gegen die von Fraunhofer erhobenen Preise auch, dass ihr ein Selbstbehalt bei der Vollkaskoversicherung von 750,00 bis 1.000,00 Euro zugrunde liegt, während bei Schwacke der Selbstbehalt "üblicherweise bei 500,00 Euro" liegt. Schließlich ergeben sich Probleme daraus, dass in der Fraunhofer-Liste auch weitere Nebenkosten, die wesentlicher Bestandteil des zu ermittelnden Marktpreises sein können, nicht genannt werden.
Die pauschale Behauptung, der in Anspruch genommene Mietersatzwagen hätte zu Kosten von 220,00 Euro ortsüblich und marktangemessen bei allen zumutbar erreichbaren Vermietern angemietet werden können, reicht schließlich gleichfalls nicht aus, das gewichtige Mittel des Schwacke-Mietpreisspiegels als Entscheidungsgrundlage zu erschüttern.
Darüber hinaus hält das Gericht vorliegend einen pauschalen Aufschlag auf den Normaltarif in Höhe von 20 % für angemessen, um den Besonderheiten der Kosten und Risiken des Unfallersatzgeschäfts im Vergleich zur "normalen" Autovermietung angemessen zu berücksichtigen. Der Kläger hat entgegen der Behauptung der Beklagten zu den unfallbedingten Mehrleistungen hinreichend vorgetragen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung hat sich die Prüfung der Erforderlichkeit des Unfallersatztarifes darauf zu beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein den Mehrpreis rechtfertigen (BGH NJW 2008, 2910,2911; BGH Urt. v. 02.02.2010, VI ZR 7/09). Der Kläger trägt insoweit vor, der Mietvertrag habe keine Kilometerbeschränkung aufgewiesen, eine Insolvenz- oder Risikoprüfung gegenüber dem Kläger sei nicht erfolgt und er habe keine Kaution oder sonstige Sicherheit leisten müssen.
Die vom Kläger in Rechnung gestellten Nebenkosten für die Haftungsbefreiung und die Zustellung und Abholung sind gleichfalls erstattungsfähig (BGH, Urt. v. 15.02.2005, IV ZR 74/04; OLG Köln NZV 2007, 199). Ferner sind die Kosten für die Winterreifen erstattungsfähig. Den Autovermieter trifft die Pflicht, dem Kunden ein verkehrssicheres Auto zur Verfügung zu stellen, zu welchem in den Wintermonaten die Winterbereifung gehört. Es liegt im kalkulatorischen Ermessen des Autovermieters, ob er die Winterreifen als Zusatzkosten in Rechnung stellt, wenn sie tatsächlich in Anspruch genommen worden sind. Es ist mithin nicht zwingend davon auszugehen, dass die Kosten für die Winterreifen im Normaltarif mit enthalten sind.
Ersparte Eigenaufwendungen nach dem Grundsatz der Vorteilsausgleichung sind nicht in Abzug zu bringen, da der Kläger klassentiefer angemietet hat.
Nach alledem ergibt sich unter Anwendung der Schwacke-Liste 2009, Fahrzeugklasse 3, PLZ-Gebiet 411, 5 Tage, arithm. Mittel, folgende Berechnung:
1x 3-Tagespreis 285,30 Euro
1x 1-Tagespreis 190,62 Euro
Pauschaler Aufschlag von 20% 95,18 Euro
zzgl. Haftungsbefreiung:
1x 3 Tage á 60,68 Euro 60,68 Euro
1x 1 Tag á 20,49 Euro 40,98 Euro
Winterreifen 5x 12,32 Euro 61,60 Euro
Zustellung/Abholung 48,92 Euro
GESAMT 783,28 Euro
Die dem Kläger konkret in Rechnung gestellten Mietwagenkosten belaufen sich auf 740,98 Euro und halten sich mithin im angemessenen Bereich. Die Kosten sind gemäß § 249 Abs. 2 BGB voll erstattungsfähig. Die Beklagte hat bereits 270,00 Euro an den Kläger gezahlt. Damit verbleibt der geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 470,98 Euro.
Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten folgt als Verzugsschaden aus §§ 280, 286 BGB.
Die Zinsansprüche finden ihre Grundlage in den §§ 286, 288 BGB.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Streitwert: 470,98 Euro

RechtsgebieteBGB, StVGVorschriften§ 7 Abs. 1 StVG, §§ 249 ff. BGB

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