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05.11.2010 · IWW-Abrufnummer 103415

Oberlandesgericht Koblenz: Beschluss vom 04.03.2010 – 10 U 412/09

AKB § 12; Betriebsschaden in der Kaskoversicherung; kein Entwendungsschaden, wenn offen, ob Sicherheitseinrichtung infolge Entwendung fehlt.
Betriebs- und kein Unfallschaden, wenn Kipplaster bei Kippvorgang durch Verdrehung beschädtigt wird, weil Sicherungsbolzen fehlt. Sofern für dieses Fehlen das äußere Bild einer Entwendung oder böswilligen Fremdmanipulation nicht gegeben ist, auch kein Beweis eines dahingehenden Versicherungsfalls.


Geschäftsnummer:

10 U 412/09

16 O 321/08 LG Koblenz

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ
HINWEISBESCHLUSS
(gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO)

in dem Rechtsstreit XXX

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und die Richterin am Oberlandesgericht Zeitler-Hetger

am 14. Januar 2010

einstimmig

beschlossen:

Der Senat erwägt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 22. Februar 2010.

Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der eingetretene Schaden an dem versicherten Fahrzeug des Klägers als Betriebsschaden nicht von der Beklagten zu ersetzen ist, da nach § 12 Nr. (3) Buchstabe a) der zwischen den Parteien vereinbarten Besonderen Bestimmungen zur Kaskoversicherung (Bl. 11 d. A.) die von dem Kläger bei der Beklagten unterhaltene Vollkaskoversicherung zwar grundsätzlich Schäden durch Unfall umfasst, jedoch Betriebsschäden nicht als Unfallschäden anzusehen sind.

Die Berufung erinnert hiergegen ohne Erfolg, vorliegend handele es sich nicht um einen Betriebsschaden, da das Verhalten des Zeugen M... E... in Form der unterlassenen Kontrolle des eingesteckten Sicherungsbolzens vor dem Kippvorgang im Hinblick auf die vorangegangene Kontrolle am Abend zuvor nicht als Bedienfehler anzusehen sei und der Schaden nicht die Verwirklichung eines typischen Betriebsrisikos darstelle.

Zu den Betriebsschäden gehören alle Schäden, welche durch falsche Bedienung des Fahrzeugs entstehen, sowie alle Schadensereignisse, mit deren Eintritt stets zu rechnen ist und die deshalb vorausschauend in die Betriebskostenkalkulation aufgenommen werden müssen (Stiefel-Hofmann, Kraftfahrt-versicherung, 17. Aufl., § 12 AKB Rdnr. 72 und 74, jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen). Zu Recht hat das Landgericht vorliegend einen Bedienfehler des Zeugen M... E... darin gesehen, dass dieser das Vorhandensein und die richtige Position des Sicherungsbolzens nicht unmittelbar vor dem eingeleiteten Kippvorgang kontrolliert hat. Die von dem Kläger behauptete Kontrolle des Bolzens am späten Abend des Vortages erscheint auch dann nicht ausreichend, wenn das Fahrzeug über Nacht sich auf dem Betriebsgelände des Klägers befunden hat und von keinem weiteren Fahrer bewegt wurde. Gerade im Hinblick darauf, dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt der Kläger Entwendungen an seinen Fahrzeugen festgestellt hat, bedarf es vor dem jeweiligen Kippvorgang der Kontrolle, ob der Sicherungsbolzen vorhanden und in der richtigen Position arretiert ist. Es kann nämlich auch nicht ausgeschlossen werden, dass eine Person – befugt oder unbefugt – vor dem Abholen des Fahrzeugs durch den Zeugen M... E... den Bolzen entfernt oder in seiner Position verändert haben könnte, auch wenn das Fahrzeug sich auf dem Betriebsgelände des Klägers befunden hat.

Hinzu kommt, dass sich gerade das Verdrehen des Kippers während des Kippvorgangs als ein Vorgang darstellt, mit dem der Fahrer eines Kippers im Rahmen des gewöhnlichen Betriebes rechnen muss. Es handelt sich damit im Hinblick auf den konkreten Verwendungszweck des Fahrzeugs, der für den Inhalt des Betriebsrisikos maßgeblich ist (vgl. Stiefel-Hofmann, a. a. 0., Rdnr. 75), gerade um ein typisches Betriebsrisiko, das deshalb vorausschauend von dem Betriebsinhaber in die Betriebskostenkalkulation aufgenommen werden muss. So hat bereits der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 2. Juli 1969 (VersR 1969, 940) entschieden, dass es einen Betriebsschaden an dem Zugfahrzeug darstellt, wenn ein Anhänger beim Abladen des Schüttgutes mit der hochgekippten Ladefläche umkippt und sich die Seitenbewegung auf den mit dem Anhänger starr verbundenen Sattelschlepper überträgt. Die vorliegende Fallgestaltung ist damit ohne Weiteres vergleichbar. Damit handelt es sich bei dem hier streitgegenständlichen Geschehen nicht um ein als Unfallschaden zu ersetzendes versichertes Ereignis.

Entgegen der Auffassung der Berufung ist der eingetretene Schaden an dem Fahrzeug des Klägers auch nicht als „Entwendungsschaden“ nach § 12 Nr. (2) Buchstabe b) der vereinbarten Besonderen Bestimmungen zur Kaskoversicherung zu ersetzen. Es ist bereits nicht nachgewiesen, dass der Sicherungsbolzen tatsächlich entwendet wurde. Allein der von dem Kläger behauptete Geschehensablauf, dass der Sicherungsbolzen am späteren Abend des Vortages vorhanden gewesen sei und dann bei dem Kippvorgang am nächsten Tage nicht mehr, reicht für die Annahme einer Entwendung nicht aus, so dass es auch keiner Beweisaufnahme zu diesem Geschehensablauf bedurfte. Da das Fahrzeug zwischen diesen beiden Zeitpunkten auf dem Betriebsgelände des Klägers abgestellt wurde, ist völlig unklar, von wem und wie der Sicherungsbolzen von dem Fahrzeug entfernt wurde. Ein typischer Geschehensablauf, der auf eine Entwendung schließen lassen würde, liegt nicht vor. Im Übrigen erscheint es als äußerst fraglich, ob die nachfolgende Beschädigung als „Entwendungsschaden“ zu ersetzen sein kann.

Ebenso kommt keine Ersatzpflicht der Beklagten unter dem Gesichtspunkt eines mut- oder böswilligen Handelns Dritter (§ 12 Nr. (3) Buchstabe b) der vereinbarten Besonderen Bestimmungen zur Kaskoversicherung) in Betracht. Da, wie bereits ausgeführt, bereits kein äußeres Bild der Entwendung des Sicherungsbolzens vorliegt, ist auch kein Rückschluss darauf möglich, dass die Entfernung des Sicherungsbolzens eine mutwillige oder böswillige Handlung eines Dritten in Schädigungsabsicht darstellt.

Zu Recht hat das Landgericht auch den Vortrag des Klägers zu einer Erfüllungshaftung der Beklagten nicht berücksichtigt. Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass die dem Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumte Stellungnahmefrist sich nur auf den in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis eines eventuell vorliegenden Betriebsschadens bezog, ihm jedoch nicht die Möglichkeit neuen Sachvortrags zu einem gänzlich anderen Sachverhalt eröffnete. Das Landgericht war auch nicht gehalten, zur Berücksichtigung dieses neuen Sachvortrags die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Zutreffend hat es in der angefochtenen Entscheidung insoweit ausgeführt, dass für den Kläger im Hinblick auf die Begründung der vorgerichtlichen Leistungsablehnung der Beklagten nahegelegen hätte, den Einwand der Erfüllungshaftung der Beklagten spätestens im vorliegenden Rechtsstreit vor der mündlichen Verhandlung des Landgerichts geltend zu machen. Der Kläger kann hierzu nicht geltend machen, er habe darauf vertrauen dürfen, das Landgericht teile seine Auffassung eines nicht vorliegenden Betriebsschadens. Zum einen würde dies ein bewusstes Zurückhalten von maßgeblichem Prozessvortrag darstellen, zum anderen hätte der Kläger sich dann spätestens in dem Termin zur mündlichen Verhandlung des Landgerichts aufgrund des dort erhaltenen Hinweises zu dem Vorliegen eines Betriebsschadens eine Stellungnahmefrist für ergänzenden Sachvortrag auch zur Erfüllungshaftung der Beklagten einräumen lassen müssen.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 12.516,84 Euro festzusetzen.

Beschluss (gemäß § 522 Abs. 2 ZPO)

in dem Rechtsstreit XXX

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und die Richterin am Oberlandesgericht Zeitler-Hetger

am 4. März 2010

einstimmig

beschlossen:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 19. März 2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

G r ü n d e :

Der Senat hat mit Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 14. Januar 2010 darauf hingewiesen, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe, auch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordere und die Berufung auch keine Aussicht auf Erfolg habe.

Der Kläger hat Einwendungen gegen die Zurückweisung der Berufung erhoben. Er ist der Auffassung, dass die von dem Senat in dem Rechtsstreit 10 U 622/08 aufgestellten Voraussetzungen für das Vorliegen eines Betriebsschadens im vorliegenden Rechtsstreit nicht gegeben seien, da wegen des Dazutretens von mutwilligem Handeln einer dritten Person ein vollkommen unüblicher Geschehensablauf vorliege und deshalb jedenfalls nicht allein das Verhalten des Zeugen E... schadensursächlich gewesen sei. Das Vorliegen eines Betriebsschadens sei daher zu verneinen. Das Fehlen des Sicherungsbolzens sei nur durch Entwendung erklärlich, da nach dem Vortrag des Klägers der Bolzen sich nicht habe von selbst lösen können auf der Fahrt von dem Betriebsgelände zu dem Abladeort und der Bolzen am späten Abend des Vortages bei der Kontrolle durch den Zeugen E... noch ordnungsgemäß an dem Fahrzeug eingesteckt gewesen sei. Der Zeuge E... habe wegen dieser Kontrolle auch nicht mit dem Fehlen des Bolzens rechnen müssen, zumal frühere Entwendungen nur im öffentlichen Verkehrsraum und nicht auf dem Betriebsgelände erfolgt seien. Da der Schaden durch das Hinzutreten des mutwilligen Verhaltens einer dritten Person eingetreten sei, liege eine bisher nicht von der Rechtsprechung entschiedene Fallkonstellation vor, wodurch die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts angezeigt sei.

Der Senat sieht keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung. Er hält an seinem Hinweis fest und nimmt auf ihn auch zur Begründung seiner abschließenden Entscheidung Bezug (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).

Der Senat hat in dem von dem Kläger angeführten Beschluss 10 U 622/08 (VersR 2009, 1613) ausgeführt, dass ein Betriebsschaden dann anzunehmen ist, wenn der Schaden allein durch einen Bedienfehler entstanden ist oder es sich um solche Schäden handelt, die durch ein Ereignis oder Umstände hervorgerufen werden, in denen sich Gefahren verwirklichen, denen das Fahrzeug im Rahmen seiner vorgesehenen konkreten Verwendungsart üblicherweise ausgesetzt ist, die also nur eine Auswirkung des normalen Betriebsrisikos sind, das in Kauf genommen wird. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind bei völlig unüblichen Vorgängen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist jedoch wegen der fehlenden Kontrolle des eingesteckten Sicherungsbolzens vor dem Kippvorgang ein Bedienfehler gegeben, wie der Senat bereits im Hinweisbeschluss ausgeführt hat. Der Schaden, der durch das Verdrehen der Kippfläche beim Kippvorgang wegen eines nicht ordnungsgemäß eingesteckten Sicherungsbolzens entsteht, stellt auch keinen völlig unüblichen Vorgang dar, gehört vielmehr im Hinblick auf die konkrete Verwendungsart des Fahrzeugs und den konkreten Einsatzort zum kalkulierten Risiko bei einem Kipplaster. Demnach ist von dem Vorliegen eines nicht versicherten Betriebsschadens auszugehen.

Der Kläger verkennt, dass das von ihm angenommene Dazutreten eines mutwilligen Handelns einer dritten Person in Form der Entwendung des Sicherungsbolzens eine bloße Vermutung des Klägers darstellt, die jedoch nicht hinreichend belegt werden kann. Selbst bei einer Entwendung des Sicherungsbolzens wäre diese jedoch nicht schadensursächlich, da erst durch die fehlende Kontrolle der Position des Sicherungsbolzens vor dem Kippvorgang eine eventuelle Entwendung des Bolzens ursächlich für den eingetretenen Schaden hätte werden können.

Wie der Senat in dem Hinweisbeschluss bereits ausgeführt hat, kann auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf eine Entwendung des Sicherungsbolzens durch eine dritte Person geschlossen werden. Es ist völlig unklar, wann und wo der Sicherungsbolzen von wem entfernt wurde und aus welchem Grund.

Der Senat hat in dem Hinweisbeschluss bereits ausgeführt, dass der Zeuge E... vor Beginn des Kippvorgangs die richtige Position des Bolzens hätte kontrollieren müssen, da nicht auszuschließen ist, dass die Position des Bolzens oder der Bolzen selbst verändert worden ist. Diese Kontrollpflicht besteht unabhängig von der Möglichkeit einer Entwendung des Sicherungsbolzens, da auch bei einer falschen Position des Sicherungsbolzens Schäden an dem Fahrzeug entstehen können. Bei einer entsprechenden Kontrolle der Position des Bolzens durch den Zeugen E... unmittelbar vor dem Kippvorgang wäre jedoch der eingetretene Schadens vermieden worden.

Eine Revisionszulassung ist vorliegend nicht geboten, da – wie bereits ausgeführt – das Hinzutreten eines mutwilligen Verhaltens einer dritten Person gerade nicht feststeht.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.516,84 € festgesetzt.

RechtsgebietAKBVorschriftenAKB § 12

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